Amtsblatt für den OberaMtsbezirl Nagold.

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LageS-N-nigkeir e n.

* Nagold, 4. August. Wir haben also wirklich eine Kmdsmörderin in unser» .Mauern; denn die Legalinspektion hat nicht nur festgestellt, daß das Kind einen gewaltsamen Tod, mehr als wahrscheinlich durch Schlagen des Kopfes an die Kellecwaud, erlitten, sondern die Mörderin, Friederike Roßwag vonPfalzgrasen- weiler, hat gleich beim ersten Berhör dem Untersuchungsrichter un­umwunden gestanden, daß sie zu dieser Thal sie will das Kind blos in die Kellcreckegeworfen" haben schon 14 Tage vor der Niederkunft den Entschluß gefaßt hatte. Diese schon längst ver­blühte Sünderin war schon einmal wegen Verdachts des Kinds­mords in Untersuchung, welche aber wegen mangelnder Beweise eingestellt wurde.

Als Hauptgeschworene bei dem K. Krsisgerichtshos Tübingen haben für das 3 Quartal u. a. zu sungiren: Gärtner, 'Friedrich, Kronen- wirth von Wildberg. Köhler, Peter, Lammwirth von Witdberg. Kuom, Christian Ludwig, Waldhornwirth von Calw. Münfinger, Carl, Gemeinderath von Ostelsheim. NoppeI, Johann Georg, Schutt- heiß von Kayh. Nüßle, Johann Georg, Werkmeister von Stamm­heim. Raus er, Johannes, Hirschwirth von Jselshausen.

Ulm, 31. Juli. Heute Nachmittag wurden abermals drei elegant gekleidete Bauernfänger (Napoleonsspieler) aufge- griffen. Dieselbe hatten einen harmlosen Studenten aus Over­schwaben in die Falle zu locken gewußt und ihm in der Frieds richsau nicht nur seine Baarschaft, sondern auch noch seine Uhr abgespielt und zwar mittelst des gewöhnlichen Dreiblatt- oder Nopoleonsspiels. Als die Verhaftung ersolgte, war eben ein anderer Student, aus Berlin, in die Falle gegangen und sollte gleichfalls ausgeplündert werden. Die vor einigen Monaten hier verhafteten Bauernfänger wurden von dem Bericht mir je 8 monatlichem Gefängniß bestraft. Zur Warnung für Jedermann fügen wir eine kurze Beschreibung der betrügerischen Manipula­tion bei, aus welcher das Dreiblattspiel beruht. Es werden drei Karten, verdeckt von einem der Spieler auf den Tisch ge­legt und hat nun der Mitspielende eine derselben umzuwenden, das Bild desselben zu zeigen und wieder verdeckt aufzulegen; nun verdeckt der Erstere nach^Belieben die Lage ocr drei Karle, mit großer Geschwindigkeit, wobei der zweite stets die vorge­zeigte Karte im Auge behalten und schließlich wieder bezeichnen muß; trifft er eine andere, so hat er verloren. Das Betrügeri­sche dabei aber besteht darin, daß die Lauernsäuger vermöge ei­ner aus Fingergeschwindigkeit beruhenden Manipulation, die der Uneingeweihte unmöglich bemerken kann, cs ganz in der Hand haben, den Mitspielenden die Karte errathen zu lassen oder sie seinem Auge zu entziehen und eine andere an deren Stelle zu schieben. Im Anfang lassen sie den in ihre Hände Gefallenen mehrmals gewinnen und auf einmal muß er nothwendig Alles verlieren. Unbegreiflich ist, daß trotz der vielen Warnungen im­mer wieder auch Gebildete in das Netz gehen.

Friedrich sh äsen, 31. Juli. Ihre Majestäten der König und die Königin haben Sich gestern mit Ihrem hohen Gaste, dem Erzherzog Alb recht von Obstreich, Kais. Hoh., mittelst Extraschiffs nach Lindau begeben, um den gegenwärtig in Villa Amsec sich aufhaltenden Bayerischen Herrschaften, sowie dem gleichfalls dort verweilenden Erzherzog und der Frau Erz­herzog Rainer von Oestreich einen Besuch abzustatten.

t Stuttgart, 1. Aug. Heute Vormittag fand, vom schön­sten Wetter begünstigt, der Festzug zur Eröffnung des deutschen Schützenfestes statt. Derselbe bewegte sich vom Schützenfestes dem Festplatze durch die Königs-Straße, die Tübinger-, Hauptstäd­ter-, Olga-und Neckar-Straße. Der Zug setzte sich um 10 Uhr in Bewegung und traf um halb 1 Uhr auf dem Festplatze ein. Der Festzug wurde durch die voraufreitende Stadt-Reiter eröffnet. So­dann folgten Bauern-Paare in den Landestrachten und historische Gruppen. Endlose Schützen-Züge aus allen Theilen Deutschlands, Oestreichs, der Schweiz und einige amerikanische Schützen schlossen sich an. Vor dem.Königsbau fand die Uebergabe der Bundes- Fahne durch Albrecht (Hannover) an den Ehrenpräsidenten Herzog Eugen von Württemberg und den Oberbürgermeister von Stutt­gart Hack statt. Albrecht sagte hiebei: Die uns übertragene Fahncnwacht ward uns leicht, Dank dem mächtigen Scepter des Kaisers, der, gestützt auf die Reichstreue der Fürsten und des

Volkes und einträchtig zujammenstehend mit Oesterreich- Herrscher und Volk, dem Vaierlande den Frieden erhallen ha:. ' Herzog Engen erwiderte:Ich verspreche im Namen Schwabens, das Banner hoch und heilig zu halten. Wie wir uns heute um dieses Banner schaaren, zo wollen wir auch einst, wenn das Vaterland seine Söhne zum ernsten Kampfe ruft, uns Mann >ür Mann um seine Fahnen drängen und durch die Thal beweisen, raß wir sind ein einig Volk von Brüdern." Hack, die Fahne ans der Hand des Ehren-Präsidenten übernehmend, schloß:Mi1;e das Fest, zu dessen Begehung wir uns anschickcn, den Charak-.er einer durch keinen Mißton gestörten Feier gewinnen." Der .Zug wurde überall von einer zahllosen Zuschauer-Menge mit den lebhaftesten Kundgebungen begrüßt. Bcr dem ersten Banket, welches von I bis 3 Uhr währte, war die Festhalle überfüllt. Oberbürgermeister Hack brachte ein Hoch dem deutschen Laterlaude. Leuawr Wäldern aus Hannover der Stadt Stuttgart, Pros. Klaiber ans Sruttgar: den Gästen des deutschen Schützenbundes. Landammanu Sax aus St. Gallen lies die Freundschaft der Völker leben uud sagrc: Bleibe chu unsere Leuchte, deutscher Geist, an dich sind wir nur tausend Banden gekettet. Nimm den Dank der Republik." Der Redacteur derDeutschen Moskauer Zeitung" Hanneman-i brachw folgenden Toast aus:Mögen die Freundschaftsbande, welche um Deutschlands und Rußlands Herrscher sich schlingen, immer fester auch beide Völker verknüpfen. Der Freundschastsbund Deutschlands, Oesterreichs und Rußlands ist die bette Garantie gegen Rachegelüste von Westen. Hoch die Freundschaft des deut­schen, österreichischen und russischen Volkes!" Nachdem daraus »och der Syndicus Albrecht (Hanncver) ein Hoch ans die deut­schen Frauen ausaebracht hatte, war damit die Reihe der Toaste geschlossen. Sämmtliche Lrinksprüche wurden mit lautem Jubel ausgenommen. Die weiten Räume des Festplatzes sind bei^herr- lichem Wetter von einer unübersehbaren Volksmenge erfüllt. Aus­wärtige Schützen sind etwa gegen 7000 awescnd.

Stuttgart, 2. August. Lei dem heutigen F-estbankct brachte Mittermaier einen Toast auf das deutsche Vaterland aus. Kopp aus Wien hielt einen Trinkspruch auf den unzertrennbaren politischen und geistigen Bund zwischen Oesterreich und dem deut­schen Reiche. Die heute eingetroffene Ehrengabe des deutschen Kaisers, ein prachtvoller Pokal, wurde bei Tafel unter lautem Jubel der Anwesenden vorgezeigt. Bisher sind bereits 150 Becher namentlich von Schweizer Schützen erschossen worden.

Stuttgart, 2. August. Während des gestrigen Festbankcts wurde das folgende Telegramm an den Kaiser gerichtet:Die festlich versammelten Schützen senden Ew. Majestät ihren unter- thänigsten Gruß. Zugleich wagt das Ccutral-Comite seinen ge- rührtesten Dank für die herrliche Ehrengabe auszusprechen, die Ew. Majestät die Gnade zu senden hatten. Herzog Eugen, Ehren Präsident." Heute früh um 6 Uhr begann das Schießen. Zwei Schweizer, Knecht aus Sanci Gallen und Ellmer von Glarus, gewannen die ersten Becher. Dann folgten zwei Stutt­garter, Menninger und Heritier. Die Schießhalle war außer­ordentlich belebt.

Stuttgart, 2. August. Die Zahl der gestern nach Stutt­gart gekommenen Fremden wird von Sachkundigen ans 40,000 Personen geschätzt, dabei sind inbegriffen etwa 10,000 Schützen aus ganz Deutschland, der österreichischen Monarchie und der Schweiz, letztere kamen 2700 Mann stark, fast alle gleichmäßig mit dem Vetterli Ordonnanz-Stutzen, theilweise mit dem Martini­gewehr versehen, hier an; Oesterreicher waren etwa 700 Wiener, Steiermärker, Vorarlberger und Tyroler etwa 1000 Mann stark vertreten. Der flotteste und zugleich originellste Tycolerschütze war der joviale Hr. Kaufmann Schrot aus Innsbruck, welche- im Nationalkostüm mit der Inschrift ,,Ledig" aus dem Hut er­schienen ist uud überall, wo er sich zeigte, Aufsehen und Sym­pathie, namentlich bei den Damen erregte. Bayern, die Rhein­lande, Hannover, Westphalen, überhaupt ganz Deutschland war im Zuge imposant vertreten. Alles ist darüber einig, daß das V. Deutsche Schützenfest eines der gelungensten ist, welches je in deutschen Landen begangen worden.

Eine der originellsten Ehrengaben ist die der ältesten Slult- garterin, der 96 Lebensjahre zählenden Wittwe Entenmann, welche