Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

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Lage--Neuigkeiten.

* Nagold, 2. August. Große Aufregung verursachte die­len Vormittag das verbreitete Gerücht, daß die Magd des Herrn W. Geigte hier heimlich geboren und das Kind umgebracht habe. Das erstere wurde durch die herbeigerufene Hebamme bald be­stätigt und wie weit letzere Beschuldigung zutreffend, wird die Untersuchung zeigen, indem in einer Ecke des Kellers ihrer Dienstherrschaft wirklich ein noch etwas Leben zeigendes Knäb- lein mit starken Kopfverletzungen, zugedeckt mit Bodeutüchern, vorgesunden wurde. Die Person wurde vorerst in das Spital verbracht, welchen Aufenthalt sie nachher wohl mit dem Gerichts- gefängniß vertauschen dürfte. Letzten Donnerstag wurde durch das Abbrechen des gespannten Wiesbaums der bejahrte Lchultheiß Kübler von Gaugenwald von einem mit Waldstreu beladenen Wagen auf die Erde geschleudert und starb an den Verletzungen in der darausfolgenden Nacht. Vorgestern büßte in Walddors der zehnjährige Sohn des dortigen Rappenwirths dadurch sein Leben ein, daß er sich zu nahe an einen mit Floßholzstämmen beladenen Wagen hinwagte, so daß er von dem Gipfel einer der Stämme erdrückt wurde. Am gleichen Tage schlug der Blitz in die Zehntschcuer in Kuppingen, infolge dessen dieselbe niederbrannte.

Stuttgart, 30. Juli. Soeben ist folgendes Telegramm hier eingelaufen: Bad Gast ein, 30. Juli. An das Mitglied des Festkomit^s Oskar Henke, Stuttgart. Seine Majestät der deutsche Kaiser geben einen Ehrenpreis zum Bundes­schießen. Wer ist Präsident des Festkomites oder an wen kann ich die Ehrengabe senden? Geheimerath Bork, Korrespondenz- Sekretär Sr. Majestät. -- Diese Ankündigung wird nicht ver­fehlen, in den Reihen der Festbesucher die größte Freude zu er­regen.

Am Samstag Nachmittags brach über Stuttgart und Cannstatt ein Gewitter aus, das durch Schlossen und den wolkenbruchartigen Regen besonders aus Eannstatter Markung nicht unerheblichen Schaden anrichtete.

Stuttgart. Der Festzug zur Eröffnung des V^ deutschen Bundesschießens setzt sich Sonntag den 1. August Schlag 10 llhr Vormittags in Bewegung. Derselbe zerfällt in VII. Abthei­lungen und ist folgendermaßen zusammengesetzt: I. Vorhut 4 Abtheilungen Turner, Jugendwehr und Feuerwehr. II. Eröff­nung des Zugs: Stadtrciterkorps mit eigener Musik, 1 Herold, 1 Bannerträger mit der Stadlfahne und 2 Fahnenjunker zu Pferd. Der Vorsitzende des Zugs- und Festkomites, 1 Abtheilung be­rittene Schützen von den Stuttgarter Gilden. III- Schwäbische Trachten, 1 ländliche Musik; 26 Paare Batiernbursche, Bauern­mädchen in ihrer Heimathtracht aus den württembergischen Ort­schaften: Amstetten, Betzingen, Hirrlingen, Hessenthal, Lauterbach, Liebenzell, Mühringen, Niedernau, Onstmettingen, Schönaich, Schrezheim, Thalheim. 3 Paare Salzsieder aus Schwäbisch Hall mit eigener Musik. IV. Historische Gruppe. Darstellung des Festzugs des unter Herzog Christoph von Württemberg im Jahre 1560 in Stuttgart abgehaltenen deutschen Schützenfestes. 1 Herold,

1 Bannerträger mit dem württembergischen Wappen und 2 Fahnen­junker, 3 Musiker, 4 Edelknaben mit Ehrengaben; berittene Grafen und Herren aus verschiedenen deutschen Landen; 2 Pritschen- meistcr; 4 Zeiger, 1 Abtheilung Armbrustschützen, 1 Fähnlein Landsknechte. V. Die Bundesfahne. Musikkorps des I. Dra­gonerregiments, 1 Herold; die Deputieren der früheren Feststädte Frankfurt a. M., Bremen, Wien und Hannover als Ehrenbe­gleitung der Bundesfahne; die Bundesfahne auf einem vierspänni­gen Wagen und gehalten von einem Stuttgarter Schützen, 1 Abthcilung Stuttgarter zur Bedeckung der Bundesfahne. VI. Der Bundesausschuß, die Ehrengäste und die Mitglieder der Localcomites: 1 Bannerträger mit der deutschen Fahne und

2 Bannerträger zu Pferd; der Vorstand und die Ausschußmit­glieder des deutschen Bundes; auswärtige Deputationen und Ehren­gäste; die bürgerlichen Collegien von Stuttgart; Mitglieder von einzelnen Localcomites; die Sänger welche bei der Uebergabe der Bundesfahne Mitwirken. VII. Die Schützen. Musikkorps des 1. Jnf.-Reg., 1 Abtheilung Zeiger, 1 Abthlg. Stuttgarter

Schützen; l) die nichtdeutschen Schützen: Amerika, Belgien, Frankreich, Schweiz; 2) die Mitglieder des deutschen Schützen­bundes: a) 1 Abthlg. Musikkorps des 3. Jns. Reg.; Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig, Bremen; b) 2. Abth. Elsaß- Lothringen, Hamburg, Hessen, Lippe-Detmold, Lübeck, Mecklen­burg-Schwerin, Mecklendurg-strelitz, Oldenburg; e) 3. Abth. Musikkorps des 7. Jnf.-Reg.; österreichisch-ungarische Monarchie: Böhmen und Mähren, Cärnthen und Kcain, Nieder- und Ober­österreich, Steuermark, Tyrol mit Salzburg und Vorarlberg, Ungarn; ä) 4. Abth. Musik des 2 Ulanenreg.; Königreich Pren - ßeu. Brandenburg, Frauksurt a. M., Hannover, Hessen Cassel, Hohenzollern-Sigmaringen,Lauenburg, Pommern, Posen, Preußen, Rheinlande, Sachsen, Schlesien, Schleswig-Holstein: «) 5. Ab­heilung Musikkorps des 6 Juf.-Regim.: Reußische ^ünten- thümer, Königreich Lachsen, Sachsen-Altenbnrg, Sachsen Coburg- Gotha, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Weimar, Schwarzburg- Rudolstadt, Schwarzburg Sondershausen, Waldeck; k) 6. Abth. Musikkorps des 5. Jnf.-Reg. Königreich Württemberg: Donau kreis; Jagftkreis; Ncckarkreis; Schwarzwaldkreis; die Stuttgarter Schützengilde, 1 Abtheilung Feuerwehr, 2 Transportwägen mit Schützenverein. Der Zug bewegt sich mit dem Schlage 10 Uhr von dem Schillerplatz durch die Dorothecnstraße, über den Char- lottenplatz, durch die Neckarstraße bis in die Nähe der Akademie und von hier aus auf der breiten Fahrstraße der Plante die Akademie und die Südwcstseite des kgl. Schlosses entlang bis zum Schloßplatz, indem sich auf diesem ganzen Wege die seitlichen aufgestellten Colonnen nach der Zugordnung allmählich anreihen, so daß jeder Theil des Zuges den ganzen Zug zu sehen bekommt. Am Schloßplatz biegt der Zug, der Frontseite des Residenzschlosses entlang bis zum Theater und mündet von hier aus in die Königs­straße ein. Sobald die Nummer V. vor dem Königsbau und der Wagen für die Bundesfahne vor der Festlribüne angekommen ist, macht der ganze Festzug. Halt, bis die feierliche Uebergabe der Bundesfahne stattgefunden hat. Alsdann setzt sich der Zug wieder in Bewegung und nimmt nun seinen Weg durch die Königs­straße, Tübiugerstraße, Hauptstädterstraße, über den Wilhelms­platz, durch die Wilhelmsstraße, Olgastraße, Charlottensiraße und Ncckarstraße zum Festplatz, woselbst sich der Zug auflöst. Die Fahnen werden in der Festhalle aufgestellt. Die Theilnehmcr am Festmahl sammeln sich in der Festhalle; um 1 Uhr beginnt das Festbankett. Der 2. August, Montag, ist nur dem Schießen gewidmet. Die Zahl der Ehrengaben beträgt jetzt über 700. Am 3., Dienstag, Gesangsproduktion von 23 Sängergesellschaf­ten, die Sängerzahl ist im Ganzen ca. 500. Am 4. August, Mittwoch, Ball im Königsbau; am 5. August, Donnerstag, lebende Bilder. 6. August, Freitag, großes Militär-Conzert, ausgeführt durch die Capellen der kgl. württembergischen Infan­terie-Regimenter Nr. 1, 6 und 7. Sonntag den 8. August Fest­fahrt auf die Burg Hohenzollern mit Aufenthalt in Hechingcn, Tübingen und Reutlingen, Festfahrt nach Heilbronn und Weins­berg (Weibertreu.) Montag, 9. August, Abschied von den Schützen.

Tettnang, 28. Juli. Als weiterer Beweis, welche Di­mensionen der Haaelschlag am 5. Juli im Oberamt Tettnang angenommen hat, möge die den Frachtbriefen entnommene Notiz dienen, daß allein das Gewicht der Pflanzensetzlinge, welche auf den öffentlichen Aufruf des Oberamtmanns aus alle» Theilen des Landes, namentlich aber aus dem Unterlande als Liebesgaben zur Vertheilung an die Beschädigten geschickt wurden, sich auf 300 Zentner beläuft. Diese Zahlen sprechen deutlicher als alles andere von dem regen Wohlthätigkeitsstnn, der, in unserem Lande groß gezogen und gepflegt, alle Schichten der Bevölkerung durch - dringt; sie aber legen auch ein beredtes Zeugniß ab von dem liebe­vollen Eifer, mit dem sich der Oberbeamte der schwer Heimge- suchten seines ihm anvertrauten Bezirks angenommen hat. Man muß Zeuge gewesen sein von dem Andrang der Massen, welche täglich den Schloßhof in Tettnang belagerten, um die Ankunft der mit Setzlingen beladenen Wagen zu erwarten und die Pflan­zen in Empfang zu nehmen, um sich einen Begriff machen zu können von der Mühe, welche die Austheilung verursachte. War