müsse. Uebrigens habe er,in Amerika das Boxen gelernt; es wäre ihm also, wenn er gewollt hätte, ein Leichtes gewesen, den Gendarmen und den Gerichtsboten niederzuboxen". Daß er dies nicht gelhan und daß er nicht dem Staatsanwalt das Tintenfaß an den Kops geworfen, schien er für hinreichende Entschuldigungsgründe zu halten. Nach geschlossener Beweisaufnahme verurtheilte ihn der Gerichtshof im Anschluß an den Antrag des Staatsanwalts zu einer Gesängnißstrafe von zwei Jahren. ,,Theils zur Berichtigung ungenauer Referate" fügt der königliche Staatsanwalt hinzu, ,,theils im öffentlichen Interesse" halte ich diese Bekanntmachung für geboten. Die in voller Uebereinstimmung zwischen Staatsanwalt und Gerichtshof verhängte Strafe entspricht der von dem Angeklagten bis zum lehren Moment an den Tag gelegten Frechheit und wird hoffentlich dazu beitragen, Gleichgesinnten den Geschmack an dergleichen zu verleiden. Amerikanische Zustände sind, wie ich bereits bei anderer Gelegenheit hervorgehoben, bei uns nicht möglich, strenge Strafen vielmehr für die Schuldigen unausbleiblich."
Bon der Saar, 25. Jnli. Auch in unserer Gegend trieb vor Kurzem eine B l u t s ch w i tz e ri n ihr Unwesen. In dein Dorfe Eppelborn bei Saarbrücken sing nämlich eine Dame, deren Rosen zu welken begonnen, plötzlich an, inspirirt zu werden, an den Freitagen Blut zu schwitzen ee. Schaarcmveise strömten die Gläubigen, Männlein und Weiblein, zu der Gottbegnadeten und ließen sich für Geld und gute Worte den Segen geben. Der intelligente Bürgermeister des Ortes machte der Komödie jedoch bald ein Ende, indem er an die Kirchthüre eine originelle Bekanntmachung anschlagen ließ. Die Jnspirirte selbst wurde in Haft genommen und seit dieser Zeit hört das Blutschwitzcn sammt dem Entzücktsein gründlich auf.
Der Kaiser hat dem Erbgroßherzog von Laden den Schwarzen Adler-Orden verliehen. Dieselbe Auszeichnung erhielt der General v. Göben.
Im nächsten Monat findet die große Usbungsreise der zum großen Gencralstab kommandirenden Offiziere unter persönlicher Leitung des Chefs des großen Generalstabs, Generalfeldmarschall Grafen Moltke statt. Dieselbe wird sich, wie die „D. Reichs- Korr." vernimmt, diesmal auf die Provinz Hannover erstrecken und werden an dieser Reise etwa 40 Offiziere theilnehmen.
In Mainz wurde dieser Tage das 25jährige Amtsjubiläum des Bischofs Ketteler gefeiert. Eine Anzahl hoher geistlicher Würdenträger, darunter Kübel aus Freiburg, waren zur Gratulation erschienen. Auch der „weltberühmte Abgeordnete von Meppen", wie das Mainz. I. sich ansdrückt, war herbeigeeilt und redete eine Rede über den „sieg der Wahrheit".
Wie man der ,,Magdeb. Zlg." von hier schreibt, wird Preußen demnächst beim Bundesrath die Ausdehnung des Gesetzes über die Orden und ordensähnlichen Kongregationen, sowie des Gesetzes über die Verwaltung des Kirchenvermögens in den katholischen Gemeinden auf das Reich beantragen. Bekanntlich deutete der Cnltusminister seiner Zeit daraus hin, daß dieser Antrag gestellt und damit die kirchenpolitische Gesetzgebung wenigstens vorläufig zum Abschluß gebracht werden würde.
Am 2 t. Jnli sind beim Schichtenwechsel 14 Bergleute in der „Liebe-Gottes-Grube" in Zbeschan bei Rossttz in Mähren bei einem Durchbruch in einer senkrechten Tiefe von beiläufig 140 Klaftern durch schlagende Wetter getödtet worden. Alle bis aus einen Mann waren verbrannt; die meisten waren an die Wände geschleudert und mehr oder weniger verstümmelt worden.
Paris, 27. Juli. Die Kammer-Commisston, welche mit der Prüfung des Antrags des Hrn. Destreux, betreffend die Bewässerung und die Untcrwassersetzung der von der Reblaus heimgesuchten Weinberge, beauftragt ist, hat soeben ihre» zweiten Bericht eingebracht. Diesem zufolge greift die durch die Reblaus verursachte Krankheit in erschreckendem Maße um sich und ruft nach möglichst wirksamer Abhülfe. Ein untrügliches Mittel, das einzige, das keinem Zweifel unterliegt, ist die Unterwasser- Setzung der betroffenen Rebgelände, die leider nur in der geringsten Zahl von Fällen, nämlich in wasserreichen Ebenen, bewerkstelligt werden kann. Als ein anderes Mittel, dem Uebel vorzubeugcn, nennt die Commission die Pfropfung französischer Rebschößlinge auf amerikanische Weinstöcke und endlich die von dem Akademiker Dumas empfohlenen schwefligsauren Oxidsalze. Diese bedürfen ebenfalls als Vorbereitung und Rachhülse nicht unerheblicher Quantitäten Wasser, circa 100 Liter per Weinstock, die für viele Gegenden unerschwinglich wären, wenn nicht durch Canali- strunz dem in den südlichen, von der Reblaus am hartnäckigsten heimgesuchten Departements herrschenden Wassermangel abgeholfen würde.. Das bezweckt der projectirte Canal Dumont, der vier Departements mit Wasser versehen würde, so zwar, daß 80,000 Hektaren Rebland ganz unter Wasser gesetzt und 30,000 Hektaren hinreichend bewässert werden könnten. Die Kosten des Unternehmens sind auf 100 Millionen veranschlagt. Schon haben sich überall in Südfrankreich Syndikate gebildet, um Subscriptionen zu sammeln, und wenn, wie man hofft, die National-Versamm- lung die Gemeinnützigkeit des Werks anerkennt, macht sich der
JngenieurZOumont, der den Plan dazu entworfen hat, anheischig, es ohne Subvention von Seiten des Staats, nur aus Privat» Mitteln, auszuführen.
(Der Protestantismus in Frankreich.^j Frankreich bietet zur Zeit das traurige Schauspiel stets wachsender Unduldsamkeit in religiösen Dingen. Wir sehen eine stille, aber unermüdliche Propaganda im Werke, die dahin strebt, das der protestantischen Kirche bisher verbliebene Terrain fortgesetzt einzuengen und das mittelalterliche Dogma von der „nothwendigen Glaubenseinheit im Staate" wieder in die Praxis einznführen. Vergebens alle Lehren der Erfahrung, der Geschichte! Vergebens die lebendigen Beispiele bei jenen Völkern, deren geistiger Aufschwung gleichzeitig mit ihrer materiellen Entfaltung die beste Kraft aus der Freiheit der religiösen Bekenntnisse zu schöpfen gewohnt ist; vergebens der Hinblick auf England, Nordamerika, Deuschland. Frankreichs Entwicklung soll gewaltsam zurnckqe- schraubl werden bis zu ihren Anfängen, und leider, daß ein in der Irre gehender geheimer Instinkt des französischen Volkes jene rückschrittlichen Tendenzen nur zu sehr fördert. Dieser geheime Antrieb läßt das sranzös. Volk in jener verhängnißvollen Wiederherstellung der „Glaubenseinheit" den sichersten Hebel für die Erreichung bekannter politischer Ziele erkennen, worüber die Führer selbst nur zu leicht vergessen, daß der entfesselte Fanatismus der Massen eine zweischneidige Waffe ist, die gerade in Frankreich selbst am öftesten schon Denjenigen verwundete, der sich ihrer zu seinen Zwecken bedienen wollte. Eine neue Bestätigung der sich mehrenden Bedrängnisse der protestantischen Kirche in Frankreich finden wir in einem Pariser Briefe der neuesten Nummer des in Siraßburg erscheinenden französisch geschriebenen Kirchenblattes „Der religiöse Fortschritt" Nr. 29. vom 17. Juli d. I.). Der Zustand unserer rcformirten Kirche, so lesen wir da, verschlimmert sich von Tag zu Tag. „Immer dieselben Ungerechtigkeiten, dieselben Kümmernisse. Wie auch könnte es anders sein? Mehrere Mitglieder des Pariser Konsistoriums und der Synode gehören der äußersten Rechten der Nationalversammlung an und leihen dort Doupanloup und den wüihendsten Vorkämpfern des Syllabus ihre eifrige Unterstützung. Der mit dem Gesetze gegen den höheren Unterricht von den Ultramontanen geführte Feldzug fand in ihnen seine Helfershelfer. Welche Schmach für unsere Kirche! Liefe Entrüstung oder doch schwere Betrübniß muß sich Angesichts solcher Abtrünnigkeit jedes Protestanten mit ehrlichem Gewissen bemächtigen. Könnten die Unfehlbarkeitsfrennde ihr Vaterland zu Grunde richten, sie würden es zweifellos >hun; aber in unseren Augen sind sie weniger schuldbeladen, als jene Pseudo-Protestanten, die wahrlich besser daran thäten, sich demüth'g der römische» Kirche zu unterwerfen, als daß sie den Zwiespalt in die unsere tragen und da ihre Gewaltakte verüben". . . Wir wüßten diesen Schmerzensaccenten eines gepreßten Protestantenherzens nichts beiznfügen, können auch leider die Hoffnungen nicht tcheilen, welche der Briefschrieber ans eine herannahende Morgen- röthe besserer Zustände setzt.
Das englische Unterhaus halte dieser Tage eine jener unerquicklichen Scenen, dD man nur aus Amerika oder aus Versailles zu lesen das Vergnügen hat. Es sollte die Schiff- sahrtsvorlage, die die von dem bekannten Menschenfreunde und Mitglieds des Hauses, Plimsoll, schon lange geforderten Sicher- heitsinaßregeln zum Schutze der Seeleute enthält, fallen gelassen werden, wogegen Plimsoll in leidenschaftlicher Weise protestirie. Er drang in den Premier, nicht durch Beseitigung der Bill Tausende von Menschen dem Tode zu überliesern. Ja znuehmender Aufregung sprach er von Schiffseigenthümern, dis nicht besser als Räuber und Einbrecher seien und durch ihre Vertreter im Hanse die Bill unter einer Last von Amendements erdrückt hätten. Wahrend dieser Aeußerungen erhob sich großer Lärm in allen Theilcn des Hauses, ans welchem laute Ruse nach Namen vernehmbar waren. Plimsoll, der nach und nach fast außer sich gerielh, trat in die Milte des Hauses und rief, er wolle schon mit den Namen dienen. Der Sekretär von Lloyd's, fuhr er fort, habe ihm die Versicherung ertheilt, es sei ihm seit 30 Jahren kein Fall bekannt geworden, daß ein Schiff als alt und mibrauch- bar abgebrochen worden sei. Im Gegcntheil gingen die Schiffe von Hand zu Hand, bis sie schließlich im schlechtesten Zustandin die Hänüe eines armen Eigenthümers gerielhen, der sie dann mit einer kostbaren Fracht an Menschenleben auf die See hinaus sende. Schisssschinder nenne man diese Leute, und er habe von einem Sekretär des Schatzamtes erklären hören, daß ein Mitglied des Hauses ein solcher Schisssschinder sei. Unter allgemeinem Aufruhr und Rufen „zur Ordnung!" erhob sich der Sprecher und erinnerte Plimsoll daran, daß er nicht die Schiff- sahrtsvorlage erörtern dürfe, bis dieselbe zur Sprache komme. Sehr wohl, entgegnete Plimsoll, dann zeige ich hiermit an, daß ich am kommenden Dienstag an den Präsidenten des Handelamtes die Frage richten werde, ob gewisse Schisse (deren Namen er verlas) aus der See zu Grund gegangen sind, ob ihr Eigen- thümcr Eduard Bates heißt und ob dieser Herr Eduard Bates ein Mitgliedes Hauses ist. Der Sturm und Lärm auf allen Bänken des Hauses wurde nach diesen Worten so heftig, daß