vermißte er sie, erfuhr aber von seiner Frau, daß dieselbe nach Ems zur Arbeit gegangen sei und den Abend nicht zurrückkehre. Nach angestellten Nachforschungen, aber erwies sich die Nachricht als falsch, woraufhin er, Schreckliches ahnend, nach ihr suchte und sie als Leiche entdeckte. Der That dringend verdächtig ist seine Frau, die schon seit langer Zeit an Geistes-Störungen leidet. Eine andere Tochter aus der ersten Ehe dieses unglück­lichen Mannes hat vor mehreren Jahren ihren Tod auf den Eisenbahn-Schienen gefunden, wo sie von einem Zug überfahren wurde.

Dortmund, 1,7. Juli. Wie die Wests. Ztg. meldet, ist heute der Freiherr v. Loe von dem hiesigen Gericht wegen Maje- stätsbeleidung, die derselbe in einer bei der vorjährigen Katho­likenversammlung gehaltenen Rede begangen hat, zu 6 Monaten Festung verurtheill worden.

Bon den beiden in Albrechtshöhe bei Königsberg in Preußen vom Thurmseile gestürzten Seiltänzern ist, nach neueren Nachrichten, keiner gestorben, vielmehr sind beide mit dem Leben davon gekommen.

Ueber denschlafenden Ulan" zu Potsdam, der be­reits nichts viel weniger von sich reden macht, als Louise Lateau, können wir folgende authentische Nachrichten mittheilen. Der schlafende Mann heißt Gurs, ist aus Qberschlesien gebürtig und gehört zu den in Nauen garnisonirenden Schwadronen, Seit dem Herbste vorigen Jahres klagte er über Kopf- und Rücken- schmcrzen, und er wurde deshalb am 25, Mai ins Potsdamer Lazareth gebracht. Die Schmerzen waren so heftiger Natur, daß er schon bei der leisesten Berührung laut auffchrie. Erst nach und nach stellte sich der krampfartige Zustand ein, in welchem Gurs seit 6 Wochen sich befindet. Vollständig regungslos und ausgestreckt liegt er da, die geöffneten Augen starr nach der Zimmer­decke gerichtet. Des Nachts schläft er mit geschlossenen Augen und schnarcht öfters. Da man ihn Anfangs für einen Simu­lanten hielt, ließ man den intensiven Strom eines Induktions­apparats auf ihn wirken; man überzeugte sich bald, daß man es mit einem sehr Erkrankten zu thun habe. Um ihm kräftige Bouillon einzuflößen, muß man ihm die Zähne mittelst eines hölzernen Knebels aufbrechen; dieselbe« fallen mit einem lauten Schlag zusammen, sobald der Knebel entfernt wird. In der ersten Zeit goß man ihm die Bouillon mit einer Röhre, die bis an den Magenmund reichte, ein, jetzt gießt man ihm die Flüssig­keit in den Mund, die er dann, da man ihm die Nasenlöcher zuhält, schlucken muß. Die Funktionen der Verdauung sind ganz normal. Eine von ihm selbst vorgenommene Veränderung seiner Lage ist noch nicht eingetreten; dagegen scheint es, als stände eine Aenderung seines entsetzlichen Zustandes bevor: in der letzten Zeit ist häufig Schweiß eingetreten, er ächzt und stöhnt mitunter; er blinzelt mit den Augen, wenn man ihm mit der Hand nahe kommt. Während er in der ersten Zeit an Körpergewicht zu­nahm, nimmt er jetzt ab. Sein Vater hat erklärt, der Unglück­liche hätte schon in seiner Jugend einen ähnlichen Anfall gehabt und sei durch Blutegel, die ihm hinterm Ohre angesctzt wurden, gerettet worden. Man wandte dieses Mittel auch jetzt an, allein ohne Erfolg.

In Pommern hat die Trunksucht der niederen Volksklassen so überhand genommen, daß beispielsweise die Negierung zu Cös- lin eine öffentliche Mahnung zu erlaffen sich genöthigt sieht, in welcher sie es geradezu ausspricht, daß die in der bedrohlichsten Weise zunehmende Trunksucht und die dadurch schon herbeige- sührte oder noch drohende körperliche, geistige und sittliche Ver­kommenheit der Einzelnen und der Verfall des Familienlebens im pommer'schen Volke auf das dringendste auffordern, alles zu lhun, was geeignet ist, die Weiterverbreitung des bereits über­großen Schadens entgegen zu wirken, um allmählich wieder ge­deihlichere Zustände herbeizuführen.

Auch eine Hochzeit. Heute Morgens um 9 Uhr fand in der Kirche zu St. Joseph auf der Laimgrube in Wien die Trauung derMundkünstlerin" Katharine Pulvermacher, welche ohne Füße und Hände zur Welt gekommen, mit dem Maschini­sten Eduard Gutta statt. Die Kirche und der Platz vor der­selben, sowie die langen Corridore waren seit 8 Uhr bereits dicht mit Menschen gefüllt. Doch die Neugierigen sollten vergebens harren, denn auf Wunsch des Brautpaares wurde die Trauung in der Saccristei vorgenommen. Die Braut war im Wagen vorgefahren und wurde von einem der Zeugen i» die Schatz­kammer getragen, wo sich alle Gäste und Theilnehmer versam­melten. Von hier verfügte sich Alles in die Saccristei, wo di« Vermählung erfolgte Nach der Vermählung wurde diejunge Frau" , welche sich übrigens bereits im reiferen Alter befindet, von dem zärtlichen Gatten in den offenen Fiaker getragen, mit welchem sie, gefolgt von drei weiteren Wagen, über die Ring­straße in den Prater fuhren. Produktionen dürste die Mund- künstlerin heute nicht gegeben haben. Sie trug einen Myrthen- kranz und war in ein sackartiges weißes Kleid gehüllt.

Welche Bestie machen Dummheit, Rohheit, Aberglauben und Rachsucht aus dem Menschen! Bor dem Gericht in Graz

stand dieser Tage ein junges Ehepaar vom Lande, Vincenz und Agnes Weißbacher, des Vatermordes angeklagt. Seit einem Jahre verheirathet, lebten sie mit dem hochbetagten Vater des Mannes in einem Häuschen zusammen. Es gab in dem armen Haushalte bald mancherlei Streit, namentlich wenn der Alte von dem Mehlvorrath zum Kochen nahm. Der Zorn des Sohnes entbrannte lichterloh, als er Hörle, daß sein Vater das Häuschen verkaufen wolle. Ich muß ihn umbriugen, sagte er zu seiner Frau, und diese antwortet: Warte, bis ich auch in Zorn gekommen bin! Ihr Zorn kam, als der Alte von ihrem Mehl kochte. Da wurde der Tod des Alten beschlossen, llm Mitternacht gingen sie in die Stube des Alten und warfen sich auf ihn. Der Sohn hielt ihm die Hände, die Tochter legte ihmein Tüchel" um den Hals, machte eine Schlinge und zog aus Leibeskräften zu. Dann hielt die Frau dem Alten die Hände, der sich verzweifelt wehrte, und der sohu zog an der Schlinge. Diese Folter dauerte zwei Stunde». Richter zur Frau: War der Alte daun todt? An- gekl.: No, schwächer ist er alleweil worden, aber geschreit hat er halt stark und da haben wir ihm ein Tüchel auf den Mund gelegt, damit mau ihn in der Nachbarschaft nicht hört; aber er­stickt ist er damit uo nit und darum haben wir wieder angefan­gen zu würgen. Wie man aber gesehen hat, daß er schon zu End' geht, da hat mein Mann eine Kerzen geholt, die wir zu Ostern haben weihen lassen, hat sie dem Alten in die Händ' geben und wir haben ang'fangeu, den Rosenkranz zu beten, bis er ganz gar war. Richter: Ist etwas gesprochen worden, als Ihr Beide zu dem Alten ins Zimmer gegangen seid? Angekl.: A Bis! was, ja. Mei Mann hat zum Vätern gesagt: Jetzt mußt sterben. No und der Vater hat halt beten, wir möchten ihm nix rhun. Richter: Sie haben aber darauf nicht gehört? Angekl.: Na, wir haben gleich ang'fangeu. Richter: Haben Sie die Schule besucht? Angekl.: In die Schul' bin i gangen, aber g'lernt Hab' i just nit viel. Richter: Kennen Sie auch die 10 Gebote? Angekl.: No ja, die hab'n wir in der Christen- lehr' g'lernt. Richter: Also das Gebot: Du sollst nicht tödtcn! war Ihnen bekannt. Angekl.: Freilich! Richter: Wissen Sie, was mit dem geschieht, der seinen Nebenmenschen um's Leben bringt? Angekl.: No, der Mörder wird halt ein- gesperrt. Richter: Es kann ihm aber auch mehr geschehe». Angekl.: O je, früher is wohl vorgekommen, daß mananMörderaufg'hängthat, aber so was g'schieht heute nimmer. Richter: Wac's Ihnen dann nicht leid um den Vater? Angekl.: Ah na, i bitt' Ihnen, alt war er ja ah schon! Jetzt wird der unnatürliche Sohn vorgerufeu. Er sagt, der Alte habe ihm Mehl genommen und da habe er ihn g'haut, auf die Erde g'worfen und mit die Füß' treten." Der Vater, der dumme Kerl, hat mi deswegen beim Gemeinde­vorstand augezezeigt und der Vorstand ist mi scharf ang'gangeu und hat mi auch g'sagt, daß der Vater das Häuschen verkaufen will, und das hat mi gift." Richter: Was haben Sie dem Vater gesagt, als Sie in sein Zimmer traten? Angekl.: Nu, ich Hab' ihm halt g'sagt, daß wir heut komme, weil er gor ka Ruh' gibt und weil wir endlich unfern Zorn auslassen wollen. Richter: Und was sagte Ihr Vater darauf? Angekl.: Er hat mi gesagt: I bitt Di gar schön, bring mi nit um, thu' mi das net an, i will die Hütten doch lieber nit verkauf'n, sondern Di vermachen. Jetzt aber is schon alles eins g'wesen. Er hat mi scho z'nug sekirt und kujonirt g'habt. Richter: Hat Ihr Weib den Vater auch gewürgt? Angekl: Ja auch, aber meistens hats ihn bei die Händ' g'halten und wann er sich im Bett aufg'sessen hat, da hat's ihn bei die Haar packt und ihn wieder niederdruckt. Richter: Und wie war es denn mit der geweihten Kerze? Sohn: No, wie er schon geröchelt hat, Hab i die Kerzen g'holt und ihm in die Hand druckt. I und mein Weib habe aber ein'Rosenkranz abg'bet'. Richter: Wie kommen Sie auf diesen Gedanken? Sohn: Nu ja, man will do am End', daß sei Vater nit in d' Höll' kommt. Richter: Kennen Sie die Gebote Gottes und wissen Sie, daß auch das irdische Gesetz den Mord mit schweren Strafen belegt? Angekl.: Dös weiß i Alles, aber i bitt Ihnen, i bin halt zornig g'wese. vr. Holzinger: Thut es Ihnen leid, daß Sie den Vater ermordet haben? Angekl.: Ah gar nit is mir leid, i Hab mi ja schon selber ums Leben bringen wollen wegen ihm, so arg hat er mi sekirt. Die Geschwornen sprachen das Schuldig über die beiden Angeklagten, die vom Gerichtshöfe zum Tode durch den Strang verurtheilt wurden.

Wie die Schlesische Zeitung hört, beabsichtigt auch Prinz Arthur von England, Herzog von Connaught, an den großen September-Manövern in Schlesien Theil zu nehmen. Außer dem Erzherzog Albrecht von Oesterreich, dem Herzog von Coimbra einzigem Bruder des Königs von Portugal, und dem Prinzen Arthur von England werden auch ein russischer Großfürst und noch mehrere andere ausländische Prinzen und fürstliche Per­sonen erwartet.

London, 19. Juli. Lady Franklin, die hochbetagte Gattin deS Nordpolfahrers Sir John Franklin, ist gestern Abend ge­storben.