aber seiner Bitte, sich für dis Nacht zurückzuziehen, wollte sie nicht
nachgeben. ^
Sie wußte selbst nicht, was sie an den Sarkophag fesselte, sie wußte nur, daß sie in einem andern Raume des Hauses keine Ruhe finden werde, und das Bedürfniß des Schlafes empfand sie nicht.
Das Versprechen Josephs, den S-ekretar bewachen zu wollen würde sie gewiß beruhigt haben, das war cs nicht, was sie bewog, seiner Bitte zu widerstehen, wepn sie auch ahnte, daß Krau von Weinheim und deren Freund nur deßhalb die Leiche entfernen wollten, um ungestört und unbemerkt den Sekretär durchsuchen zu können.
Sie forderte den Diener auf, sich in leni Schlafzimmer zurückzuziehen, er zögerte lange, aber endlich gab er doch nach, als
sie darauf bestand.
Und nun saß sie wieder allein und der Zeiger ihrer Uhr
zeigte auf Elf. Sie entpfand keine Furcht, kein Bangen, sie
blickte lange unverwandt auf die erstarrten Züge und hauchte endlich einen Kuß auf die kalte Stirne.
Vor ihr stand ein Glas Glühwein, welches ein Diener ihr gebracht hatte, sie nippte daran, die Wärme durchströmte wohl- thuend ihren Körper.
Sie lehnte sich in den Sessel zurück und ließ abermals die Bilder der Vergangenheit an ihrer Seele vorziehen.
Sie gedachte ihres Gatten und ihres Kindes, sie versetzte sich im Geiste an die Wiege des Lieblings und summte, ganz in ihren Gedanken versunken, leise ein Schlummerliedchen für sich hin.
War es die einschläfernde Weise oder die Wirkung des stark gewürzten Weines, was sich wie Blei auf ihre Augenlider senkte? Sie grübelte der Ursache nicht nach, liebliche Träume umgaukelten sie, der Schlummer schloß sie fest in seine Arme.
Es war still in dem Sterbezimmer, nur die Athemzüge der Schlummernden unterbrach die Stille.
Leise wurde die Thür geöffnet, das eckige Haupt Fahrenschmidts blickte durch die Spalte, und ein boshaftes Lächeln glitt über sein Gesicht, als sein Blick auf die junge Frau fiel.
Im nächsten Augenblicke trat er ein; Frau von Weinheim begleitete ihn.
„Sehen Sie, Henriette, mein Mittel ist probat," spottete Fahrenschmidt, auf die Schlummernde zeigend „sie wird vor morgen früh nicht erwachen."
„Ich hoffe, bis dahin haben wir alle Geheimnisse entdeckt," erwiderte Henriette kalt.
„Sie fürchten sich doch nicht vor dem Tosten?"
„Bah, habe ich mich vor dem Lebenden gefürchtet?"
Frau von Weinheim öffnete den Sekretär, Fahrenschmidt ließ sich vor der Klappe nieder.
„Ich begreife nicht, daß Sie nie versucht haben, die Geheimnisse dieses altmodischen Möbels zu erforschen," sagte er, während er einige Schiebladen durchsuchte. „Das wäre Ihnen doch nicht schwer gefallen."
„Ich habe nie daran gedacht, daß die Kenntniß derselben mir einmal wünschenswerth sein könne, zumal später nicht, als es mir gelungen war, meinen Mann zur Ausfertigung des gewünschten Testaments zu bewegen.
„Dachten Sie denn nie daran, daß er es bereuen könnte, Lesnie enterbt zu haben?"
„Nein."
„Freilich, Sie bemühten sich, die Kluft zwischen ihm und zu erweitern."
„Lag das nicht in meinem Interesse?"
„Ich bin weit entfernt, Ihnen deßhalb zu zürnen. Aber könnte doch einmal der Verstoßenen gelingen, durch einen Brief oder eine persönliche Zusammenkunft eine Versöhnung herbeizuführen."
„Bewahre, es führte kein Weg zu meinem Gatten, den ich nicht scharf bewachen ließ," sagte Frau von Weinheim, und ihr Blick streifte mit boshafter Tücke die Schlummernde, „nachdem sie das Haus verlassen hatte, waren alle Brücken hinter ihr abgebrochen, es gab für Sie keine Rückkehr mehr. Man darf in den Mitteln nicht wählerisch sein, wenn man seinen Zweck erreichen will, Eduard, das Ende krönt das Werk."
„Und wir können mit der Krönung zufrieden sein!" bemerkte Fahrenschmidt. „Ein Prozeß wird freilich nicht zu vermeiden sein, indeß wo die Beweise fehlen, ist die Sache des Klägers von vorne herein verloren. Leonie wird nicht beweisen können, daß das Vermögen ihrer Mutter in der Hinterlassenschaft liegt, die Papiere sind vernichtet, die Enterbung ist also vor dem Gesetz gültig, der tüchtigste Jurist kann sie nicht an- fechten."
„Dennoch werde ich ihr eine Abfindungssumme anbieten, natürlich eine kleine Summe, um den Schein zu wahren und der öffentlichen Meinung Sand in die Augen zu streuen," sagte Henriette in sarkastischem Tone.
„Wie Sie wollen, aber bieten Sie nicht zu viel I Es muß ganz den Anschein haben, als ob wir aus Mitleid der Enterbten
ihr
es
ein Almosen reichen wollen."
Während Fahrenschmid diese Worte sprach, hatte er mehrere Schiebladen ganz ausgezogcn.
„An dieser Stelle muß ein geheimes Fach sich befinden," fuhr er fort; „einige Notizen, die ich so eben sand, bestätigen meine Vermuthung, daß der Verstorbene andere Verfügungen über sein Vermögen getroffen hat."
„Wo sind diese Notizen?" fragte Frau von Weinheim
hastig.
„Hier, lesen Sie selbst. Vormund Theodor von Romberg, Kurator Justizrath Stein, Nutznießung der Zinsen —"
„Suchen Sie," unterbrach Henriette ihn erregt, „wir müssen dieses Kodizill finden. Soll ich mein Leben nutzlos diesem Manne geopfert haben? Suchen Sie, unsere schönen Pläne für die Zukunst sind keinen Heller werth, wenn unser Testament nicht gültig wäre."
„Ja, suchen Sie," erwiderte Fahrenschmidt ärgerlich, da sehen Sie, wie wünschenswerth es gewesen wäre, wenn Sie zu Lebzeiten des Verstorbenen die Geheimnisse dieses alten Kastens erforscht hätten. Was war das?"
Bestürzt blickten Beide auf Leonie. (Forts, f.)
Allerlei.
— Ein ne n entdeckterBerg. Einem canadischen Blatte „Ottawa Weekly Citizen," zufolge ist aus der Insel Neu-Gui- nea auf der Höhe der australischen Küste, wo sich das Indische und das stille Meer begegnen, ein neuer Berg, der Herkules genannt wird, entdeckt worden. Er hat eine Höhe von 32,786' oder über 6 englische Meilen, während der Berg Evere im Himalayagebirge, der bisher für den höchsten Berg galt» nur 29,002 Fuß hoch ist. Der Herkules steht ciwa in der Mitte der Inseln und sein Entdecker, Capitän I. A. Lawson, berichtet, daß ihm und seinem Begleiter bei der Ersteigung desselben bis zu einer Höhe von 26,314 Fuß das Blut aus Nase und Ohren floß und Schnappen nach Luft an Stelle des Athmens trat.
— Gutes Rauchfleisch soll aus folgende Weise dargestellt werden: Schinken, oder überhaupt zu räuchendes Fleisch wird sofort blutwarm mit einem Gemenge von 32 Theilen Kochsalz und nur 1 Theil Salpeter tüchtig eingerieben, hierauf gehörig mit Roggen- oder Weizenkleie überstreut; hängt recht viel daran, so umwickelt man das Stück mit Druckpapier und hängt es in den Rauch. Hierdurch werden die unangenehmen brenzlichen Raucheinwirkungen abgehalten und das Fleisch vor allzu- großem Austrocknen bewahrt.
— (Rattenplage in Birma). In einem Berichte der „Mail" aus Rangnhn vom 7. März wird erzählt, daß die Völkerschaft der Karens an der Nordgrenze von Birma einer Hun- gersnoth ausgesetzt war, weil die ganze Ernte von den Ratten anfgezehrt worden ist. Glücklicherweise haben sie aus den verschont gebliebenen Nachbargegenden Zufuhr an Lebensmitteln erhalten. In Birma tritt die Rattenplage periodisch auf. Ungeheure Schwärme durchziehen das Land weit und breit, fressen Alles kahl und dringen mit größter Frechheit auch in die Dörfer ein, welche dann von den Bewohnern verlassen werden. AlS vor einigen Wochen ein Förster die Tikwälder besuchte, in welchen ein Lombayer Haus Holz schlagen läßt, war er Augenzeuge, als eine Rattenarmee durch den Sittang-Fluß schwamm. Er fuhr denselben in seinem Boot hinab und das Schiffsvolk machte ihn aufmerksam, daß dunkele Massen sich von den hohen Ufern nach dem Wasser hinab bewegten. Es waren Ratten, die beim Hindurchschwimmen eine Art von militärischer Ordnung beobachteten. Es waren ihrer Myriaden und aber Myriaden, große gewöhnliche Feldratten, und sie kamen dem Boote ganz nahe vorüber. Schon vr. Mason hat in seinem werthvollen Buche über Birma dieser Plage erwähnt, es scheint aber, daß die Ratten früher nicht in so gewaltiger Menge aufgetreten sind und so arge Verwüstungen angerichtet haben wie in der jüngsten Zeit. Man nimmt an, daß sie ihre Heimath im Hügellande haben, aus welchem sie in Schwärmen Hervorbrechen, und das Unterland überziehen, wenn im Gebirge die Nüsse und Früchte fehlgeschlagen sind.
— (Was ein Bergmann ist), haben sicherlich die meisten unserer Leser recht gut zu wissen geglaubt; wir selber waren in solchem Jrrthum befangen, wollen nun aber auch die gewonnene bessere Belehrung auch Andern nicht vorenthalten; aus einem schwungvollen Bericht der ultramontanen „Dortm. Volks-Ztg." über die Frohnleichnamsprozesfion in Hörde haben wir's nämlich soeben gelernt, daß der Bergmann ist — „ein Werkzeug in der Hand Gottes, den Untergang dieser Erde allmählich anzvbahnen." — Nachdem so Ziel und Zweck des Bergbaues überhaupt festgestellt, werden hoffentlich auch die Iserlohner, Essener rc. endlich anfhören, sich zu beklagen!
— In einer Zeitungsdruckerei. Der Setzer. Sagen Sie Herr Faktor, soll ich diesen Artikel aus der letzten Nummer ablegen? Der Faktor. Lassen Sie sehen (er liest): „die Königin Jsabella von Spanien befindet sich guter Hoffnung." Nein, lassen Sie den Artikel nur stehen, der wird doch immer gebraucht!"