wunderthätige Wasser der dort nachgeahmten Trotte von Lourdes zu exemplifiziren. Im wahren Sinne des Wortes konnte man die Wallfahrer eine Heerde nennen, denn einige unter ihnen trugen Plakate, auf welchen mit weit sichtbaren Worten stand: „Vertraut auf die heil. Jungfrau von Lourdes und trinkt Wasser aus der Quelle der Grotte und eßt Las Gras, welches rund um die Grotte wächst." (S. M)
London, 7. Juni. Im Unterhause theilte Whalley mit, daß er demnächst Disraeli interpelliren werde, ob er davon unterrichtet sei, daß eine beträchtliche Anzahl von Jesuiten trotz dem Gesetz in England ansässig ist und ob die Regierung bereit sei, dieselben zu verfolgen, oder welche Maßregeln sie sonst zu ergreifen gedenke.
Die Wittwe Liucslus ist auf Antrag ihres Lohnes für geisteskrank erklärt und in einer Privat-Jrrenanstalt untergebracht worden. Die ersten Zeichen der Krankheit traten bald nach der Ermordung ihres trefflichen Mannes ein.
Der Ring der Muttier.
(Fortsetzung.)
Leonie war wieder allein, eine fieberhafte Aufregung hatte sich ihrer bemächtigt.
Hatte dieser Mann wirklich ein Recht, in diesem Tone mit ihr, der Tochter des Verstorbenen, zu reden?
Unwillkürlich schweiften ihre Gedanken weiter. Da er schon jetzt die Rolle des Gebieters übernahm, so mußte er dafür einen Haltpunkt haben, ans den er sich stützen konnte. Sein Testament zu Gimsten Henriettens, sowie die völlige Uebereinstimmung der Letzteren mit dem Hauslehrer konnten diesen Haltpunkt bieten.
Sollte sie wirklich ihnen den Raub lassen?
Leonie entsann sich, daß ihr Vater einmal geäußert hatte, ihre Mutter sei sehr reich gewesen. Ueber ihr Vermögen konnte er nicht verfügen-nun, sie wollte das ihrem Gatten über
lassen.
Der alte Kammerdiener war wieder eingetreten, er berichtete der jungen Frau, daß die Depesche an ihren Gatten abgegangen sei.
„Ich danke Euch," sagte Leonie; „Ihr habt mir einen großen Dienst erzeigt. Setzt Euch, ich möchte gerne einen Augenblick mit Euch plaudern, wer weiß, ob wir nach dem Begräbniß dazu Zeit und Gelegenheit finden. Hat mein Vater vor seinem Tode irgend ein Wort gesprochen, welches sich auf mich bezog?"
Der alte Mann ließ sich in den Sessel nieder und öffnete gedankenvoll seine Tabaksdose.
„Er nannte Ihren Namen," erwiderte er; „nur den Namen Leonie, aber in erschütterndem Tone."
„So hat er mir nicht vergeben?"
„Doch, Madame, in diesem Tone lag Alles, Kummer und Liebe, Schmerz und Verzeihung!"
Leonie senkte das Köpfchen, ein Seufzer entrang sich den Lippen.
„So wäre noch Alles gut geworden, wenn er meine Briefe erhalten hätte!" sagte sie wetzmüthig.
„Haben Sie ihm geschrieben?"
„Oft, sehr oft."
„Und er wußte nicht einmal, daß Sie verheirathet waren, er vermuthete, Sie irrten nnstät in der Welt umher, eine betrogene Bettlerin. O, Madame, er zeigte Niemanden seinen Kummer, seinen entsetzlichen Seelenschmerz, aber wenn er allein war, denn — — Ich habe oft gemeint, das Herz müsse mir brechen, wenn ich ihn ganze Nächte hindurch ruhelos auf- und abwandsrn hörte und seine Klagen, sein schmerzliches stöhnen vernahm. Ich schlief nebenan in seinem Gemach, und einmal, als ich es nicht mehr anhörsu konnte, trat ich zu ihm. Ich bat ihn, mich hinaus zu schicken, ich wollte nicht eher ruhen, bis ich Sie gefunden hätte — aber er sah mich mit seinem strengen, eisigen Blick an und befahl mir, mich um sein Thun nicht zu bekümmern."
„Wußtet Ihr denn, daß er aus Gram über —"
„O, er nannte ja so oft Ihren Namen!"
„Mein Gott, wäre ich doch früher gekommen!" seufzte Leonie. „Hätte ich den Zug meines Herzens, früher beachtet und —"
„Ich glaube kaum, daß Sie Ihren Zweck erreicht haben würden," sagte Joseph kopfschüttelnd, während er die Taback- körnpr von seiner Weste schnellte. „Frau von Weinheim würde durch ihre Spione von Ihrer Ankunft unterrichtet worden sein, und düs HauS wäre Ihnen verschlossen geblieben."
Er sagte die letzten Worte in flüsterndem Tone, nachdem er sich vorher scheu umgesehen hatte.
„Es lag ja im Interesse dieser Dame, jede Versöhnung unmöglich zu machen, und in diesem Vorhaben wurde sie durch der, Erzieher ihres Sohnes bestärkt, der ihr volles Vertrauen genießt."
„Ahnte mein Vater das nicht?"
„O doch, aber er liebte den Frieden, und er hatte wohl auch nicht den Muth. die Fesseln abzuwerfcn, deren Druck er gleichwohl schwer empfand. Er wollte den Hauslehrer entlasten, aber Madame wußte es zu verhindern; nach einem sehr heftigen Auftritte wurde der Gehalt des Mannes erhöht."
„Abscheulich l«
„Je nun, Herr von Weinheim hätte es ooraussehen können, als er die stolze Dame heirathete, sie hat ihn nie geliebt. Ich spreche darüber ohne Rückhalt mit Ihnen, es thut mir wohl, mein Herz einmal ausschütten zu können. Ihr Herr Vater hat sich seit Ihrer Flucht sehr unglücklich gefühlt; ich weiß, daß er sich bittere Vorwürfe machte darüber, daß er Sie so kalt und lieblos behandelt. —"
„Ja kalt war er gegen mich, aber lieblos? Das kann ich nicht glauben, er hat mich immer lieb gehabt, und wenn er seine Liebe mir nicht zeigte, wenn er sein Herz vor mir verschloß, so suche ich die Gründe dafür in den Einflüsterungen meiner Stiefmutter, die ihn ganz beherrschte."
„Es mag sein," nickte der alte Mann; „wir können Beide nicht hinter den Schleier blicken. Aber mit Ihnen floh auch der Friede aus dem Hause, mit dem Hauslehrer zog der Unfrieden ein. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn der Herr von Weinheim länger gelebt hätte, die Dienerschaft erwartete täglich die Nachricht, daß Madame auf Nimmerwiederkehr abgereist sei. Aber sie war zu klug dazu, sie mochte sich auch mit dem Gedanken nicht befreunden können, dem Wohlleben entsagen zu können. Sodann fesselt auch nicht die wahre Liebe sie an den Hauslehrer, er beherrscht sie, wie sie den Verstorbenen beherrschte."
„Und mein Bruder?" fragte Leonie.
„Das Kind hat mich oft gedauert. Herr von Weinheim vergötterte cs, aber seine Mutter hat ihm nie Liebe gezeigt. Es geht einer traurigen, trostlosen Zukunft entgegen, und man
kann voraussehen, daß-aber wir können es nicht ändern,
die Verantwortung ruht auf der Mutter."
„Wie viel Elend und Schmutz ruht doch unter dieser glänzenden Hülle!" sagte Leonie mit gepreßter Stimme.
Der alte Mann griff nachdenklich in die Dose.
„Das ist noch lang nicht Alles," fuhr er fort; „Sie würde« auch die Verworfenheit darunter finden. Madame hat ein Testament zu ihren Gunsten erschlichen, ich weiß das aus znverläßiger Quelle, und es ist mir gleichgültig, ob Sie sich später auf mein Zeugniß berufen wollen, denn ich werde nach dem Begräbniß dieses Haus verlassen. Sie sind enterbt —"
„Hatte mein Vater mir nur seinen Segen hinrerlaffen; ich wollte gerne aus alles andere verzichten."
„Das hat er gethan, Madame, wenn auch nicht mit Worten, so doch im Geiste. Und dann — aber dieß ist ein Geheim- niß, über welches Sie noch nicht reden dürfen — dann glaube ich auch. Laß in seinem Sekretär ein Dokument liegt, welches die stolzen Hoffnungen der Frau von Weinheim vernichten wird. Herr von Weinheim hat häufig in der Nacht dort gesessen und geschrieben und einmal sah ich zufällig ein versiegeltes Couvert mit der Aufschrift: „Nach meinem Tode zu öffnen" dort liegen. Geben sie Acht, daß es Ihnen nicht geraubt wird!"
„Wenn es nicht schon geschehen ist!" erwiderte Leonie, deren Blick auf dem Sekretär ruhte.
„Ich glaube es nicht, das Dokument liegt jedenfalls in einem verborgenen Gefach, und ich kenne allein die Geheimnisse in diesem Möbel, Herr von Weinheim hat sie mir einmal gezeigt mir der Weisung, den Sekretär zu hüten und nicht zu dulden, daß er geöffnet werde, außer im Beisein des Gerichtsbeamten. Kennen Sie den Ring an seiner rechten Hand?"
„Gewiß, dieser Brillant ist der Berlobungsring meiner Mutter," erwiderte Leonie.
„So sagte er mir acht Tage vor seinem Tode. „Er ist das Eigenthum meiner Tochter," setzte er hinzu, aber wenn sie ihn nicht reklamirt, soll er mich in's Grab begleiten."
Das letzte Wort war kaum über die Lippen des alten Mannes, als Fahrenschmidt eintrat, mehrere Lakaien begleiteten ihn, sie blieben vor der Thüre im Korridor stehen.
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— sDie Kunst, Kassenschlösser ohne Schlüssel zu öffnen.) Ein ungarischer Ingenieur erbot sich kürzlich, einem Wiener Privatmanue seine mit Schlössern der neuesten und rassinirtesten Construktion gegen eine gewisse Prämie binnen einer Stunde aufzusperren. Der der Unfehlbarkeit seines Brahma- Chubbschlosses vertrauende Geldmann ging auf die Wette ein, um nach einer Stunde gewahr zu werden, daß die vielgepriesene Einbruchssicherheit der Kassaschlöffer im Grunde illusorisch sei. Der ingeniöse Magiare bewaffnete sich nämlich mit einer feinen Sprize, füllte diese mit Wasser und spritzte dieses mit eigener Manier in die Schlüssellöcher. Nach ein paar vergeblichen Versuchen, die aber auch von halben Umdrehungen der Schloßklinke begleitet waren, hatte er die Schlösser geöffnet. Der Druck des Wasserstrahls wirkte in gleicher Weise wie das Gezähne des Schlüssels, er griff in die Riegel ein und verschob sie. Unsere Kassafabrikanten werben jetzt nicht nur bedacht sein müssen, einbruchssichere und feuerfeste, sondern auch spritzenstchere und wasserfeste Schlösser zu ersinnen.