Stuttgart, 6. Juni. In der gestrigen 30, Sitzung der Kammer der Abgeordneten wurden 30,000 Gulden für die Alb- wasscrversorgung, 40,000 fl für Herstellung eines neuen Ge­bäudes zur Reutlinger Frauenarbeitsschule und 10,74l fl, zur Vermehrung des Mobiliars der erweiterten Jrreupflsgaustalt Zwiefalten aus außerordentlichen Mitteln verwilligi. Sodann wurde das Eisenbahnbaugesetz einstimmig angenommen und dem­gemäß 24 Millionen Mark zum Eisenbahnbau im Jahre 187576 verwilligt, die durch Staatsanlehen aufgebracht werden sollen. Darunter sind auch 150,000 M, sür neue Telegraphenanlagen und 500,000 Mark für Verbesserungen und Neubauten auf ältere Bahnen begriffen, unter Anderem 350,000 Mark für Umbau des Eßlinger Bahnhofs,

Die Abgeordnetenkammer hat Samstag Miuag den Gesetz­entwurf rüber Erhöhung der Drälrn der Ständemitglteder mit 63 gegen 19 Stimmen adgelehnt.

Stuttgart. Die Vorstände der hiesigen Bäckergenosssn- schaft haben an die städtischen Behörden eine Eingabe abgesandt, worin sie mittheileu, daß sie zugleich mit der Einführung der Markwährung das Gewicht des Bcodes statt bisher auf 3 Psd. und 10- Pd,, auf 2 Kilo und 1 Kilo Gewicht zu verkaufen be­absichtigen. Für die meisten Haushaltungen wird das Kilobrod am zweckmäßigsten zur Verwendung kommen.

Mit höchster Genehmigung sind die Gemeinden L o ß b n r g und Nodt von ihrem bisherigen kirchlichen Verband mit Lam­bach getrennt und zu einer eigenen Pfarrei mit dem Pfarrsitz in Lvßburg vereinigt wordr«.

Der frühere Inhaber der Bandfabrik in Metzingen, Linden­maier, ist als der Brandstiftung in dem von ihm verkauften und zwei Tage vorher abgegebenen Etablissement verdächtig verhaftet und an das Königl. Oberamtsgericht Urach eingeliefert worden.

Ulm, 3. Juni. Die Zufuhren zu dem herannahenden Wollmarkte, welcher am 17., 18, und 19, Juni stattfinden wird, mehren sich täglich in erfreulicher Weise. Schon sind zwei von den vier geräumigen Hallen gefüllt, und wird die dritte zur Auf­nahme der noch aussteheuden Waare zugerichtet. Wie die bereits aufgeschichteten Vorräthe zeigen, ist Heuer die Wäsche eine sehr schöne, was sich auch bei der ausgezeichneten Frühlingswitterung nicht anders erwarten läßt. (N. T )

* Bei der Einführung der Markwährung dürste sich auch für die andern Orte die Anordnung des Stuttgarter Gemeinde­raths empfehlen, nämlich, daß diejenigen Nahrungsmilteihändler, welche ihre Preise in ihren Lokalen anschlagen müssen, angehal­ten werden, dieselben vom 7. Juni an auch in Markwährung anzuschrciben und daß vom gleichen Tage an die Marktmeister­ämter Sorge zu tragen hätten, daß die in den offenst, Blättern bekannt gemachten Viktualien-Marktpreise auch in der Mark- währung ausgedrückt werden.

Das Publikum wird darauf aufmerksam gemacht, daß mit Einführung der Markrechnnng vom 1. Juli d, I. ab auch auf die Markwährung lautende Postwerthzeichen (Freimarken, gestem­pelte Briefumschläge, Postkarten, Postanweisungsumschläge und Karten, Streifbänder), zur Frankirnng zu verwenden sind, und daß von diesem Tage an nur noch diejenigen Postwerthzeichen der Süddeutschen Währung benutzt werden können, deren Werth­betrag sich ohne Bruchpfennigs genau in die Markwähruna über­tragen läßt, nämlich die Werthzeichen zu 7 und 14 kr, gleich 20 und 40 Pfennig Reichsmüuze, Zur thunlichsten Vermeidung des lästigen Umtausches alter gegen neue Postwerthzeichen, wozu eine Frist von 6 Wochen vom Tag der Einführung der Mark- rechnung ab vorgesehen ist, wird es sich daher empfehlen, wenn das Publikum seine Einkäufe an Postwerthzeichen der Süddeut­schen Währung auf den Bedarf für den Monat Juni d. I, beschränkt

Manche n, 2. Juni, Ein von den Ministern des Kultus und des Innern unterzeichnetes Ministerialreskript verbietet für das gesammte Königreich die Abhaltung von Jubiläumsprozes- sionen, indem die Nichteinholung des klnestum rsginm als Grund der Maßregel angeführt wird.

Darmstadt, 3. Juni, Die Stadtverordneten sprachen sich mit 32 gegen 2 Stimmen für die Einführung von Commü- nal-Schulen aus. (F. I )

Von Darmstadt wird berichtet, daß das Send schrei­ben Johannes Range's an den Bischof von Mainz der vielbeschäftigten Bürgerklasse in dortiger Gegend erst die Angen geöffnet habe, an welch' furchtbarem Abgrund sie gestanden. Der geistige Einfluß des Bischofs verliere dadurch immer in weiteren Kreisen seine bisherige Macht. Der Fels zerbröckelt immer mehr.

Der Preußische Kultusmiuister Dr. Falk ist in Teplitz zum Kurgebrauche angckommen.

Berlin, 2. Juni. Der Kaiser hat dem König von Schwe­den zur Erinnerung an den Aufenthalt in Berlin und Potsdam eine prächtige Vase aus der hiesigen k. Porzellanmanufaktur mit den Ansichten des k. Schlosses in Berlin und der Burg Hohen- zollern zum Geschenk gemacht. Der König von Schweden hat außer dem Fürsten Bismarck auch dem Prinzen August von Württemberg den Seraphinenorden verliehen. Dem Kaiser über­

reichte der König eine historisch merkwürdige Tapferkeitsmedaille mit dein Bemerken, daß eine gleiche Auszeichnung während seiner Negiernngszeit weder verliehen worden, noch wahrscheinlich ver­liehen werden würde.

Berlin, 3, Juni. Die Nordd. A, Z, schreibt aus Ver­anlassung der gestrigen Mittheilung aus Wien, welche konstatirt, daß Oe st re ich die Betheiligung au der Vermittlung Englands abgelehut habe, Deutschland werde des Freundes nicht vergessen, der es ablehiitc, sich an einer gegen den Freund gerichteten feind­lichen Insinuation zu betheiligeu. (Z. M.)

Berlin, 3. Juni. DerStaats-Anzeiger publicirt daS Gesetz betr. die Aufhebung der geistlichen Orden und Congrega- tionen,

Am Dienstag Nachmittag wurde dem König von Schweden zu Ehren ein großes Feuerwehrmanöver veranstaltet. Der Brand wurde im dritten «Stockwerke des llebungshauses der Feuerwehr supponirt, König Oscar folgte jeder einzelnen Uebung mit ge­spannter Aufmerksamkeit und ließ sich die verschiedenen Vorrich­tungen erläutern. Darauf besichtigte König Oscar, begleitet vom Kaiser und dem Kronprinzen, das Zeughaus und begab sich von dort allein zum Reichskanzler, woselbst Se. Majestät nahezu 1 Stunden verweilte.

Der Abg, Lasker ist von einem seiner politischen Freunde, dem Stadt-.ichler Abg. Lehfeld, besucht worden. Der Rekon­valeszent lebt im Hause seines Bruders in Freiburg (Breisgau) in angenehmen Familienverhältnissen, befindet sich auf dem Wege der vollständigen Herstellung und ist eben so heiteren Geistes, wie körperlich gekräftigt.

Der Ka n o n en k önig Ho lt um, gegenwärtig ohne Zwei­fel der bewunderungswürdigste Athlet Europa's, veranstaltete am l. d. M. in Leipzig vor einem größeren Kreis besonders Gela­dener eine Probevorstellung seiner Künste, die in der That in's Unglaubliche gehen. DasLeipz. Tageblatt" berichtet darüber wie folgt: Im Trianougarten war ein großes Hinderladungs- geschütz aufgefahren, welches in seinem Kaliber etwa die Mitte hält zwischen Feld- und Festungsgeschütz. Lafette, Protzkasten sind beschaffen wie bei einer gewöhnlichen Kanone, der Lauf des Rohres dagegen erweitert sich sichtlich au seinem Ausgang. Be­vor nun Holtum an die Exercitien mit dem Geschütz selbst ging, führte ec eine Anzahl Spiele mit Vollkngeln, die bis zu 50 Pfund wogen, in einer überraschend kühnen und sicheren Weise vor. Der Athlet warf die schweren Kugeln wie Federbälle durch einan­der bis zur Höhe von zwei Stock, fing sie bald auf de» Händen und Armen, auf der Brust und im Nacken wieder auf, und das Alles ging so blitzschnell, daß das Auge das Ganze kaum ver­folgen konnte. Mit Entsetzen sah der Zuschauer nach dem Künst­ler, als dieser schließlich die aller schwerste Kugel aus einer Höhe von dreißig Fuß in seinen Nacken fallen ließ und dabei ganz wohlgemnth und unversehrt blieb. Das Merkwürdigste an Hol- tum's Leistungen ist das Auffangen einer Kugel aus dem Geschütz. Die Kanone wird vor den Augen des Publikums mit einer Pulver­patrone richtig geladen, desgleichen die Kugel, welche 1215 Psd. wiegen mag, in den Lauf gelassen und darauf daS Rohr gerichtet. Der letzteren Manipulation scheint der Athlet besonders große Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das Geschütz wird zweimal abgeseuert. Beide Male geschieht dabei eine heftige Detonation, aus dem Rohrlauf dringt ein mächtiger Feuerstrahl und Pulver- damps. Das erste Mal stellt sich Herr Holtum in einer Ent­fernung von etwa 40 Fuß an eine Bretterwand und läßt unmit­telbar über seinem Kopf durch die Kugel das schwarz markirte Ziel treffen, wobei die Bretterwand zersplittert. Das zweite Mat fängt er in einer ctwas geringeren Entfernung vom Geschützrohr die Kugel selbst auf uns dabei trägt er dicke Handschuhe. Heute gelang dem Künstler, dem eine riesige Körperkraft eigen sein muß, das Auffangen der Kugel ganz ausgezeichnet.

Ems, 3. Juni. Ihre Majestäten der König und die Königin von Württemberg sind heute Abend 8'/- Uhr mit Extrazug hier augekommen, herzlichst begrüßt durch Kaiser Ale­xander mit Gefolge, empfangen durch den Regierungspräsidenten Wurmb, Landrath Rolhofen und die Spitzen der hiesigen Be­hörden,

W i e n, 2 Juni. Aus Veranlassung der Rede von D er bjy in der Moittagssitzung des - englischen Oberhauses wird auf das Bestimmteste konstatirt, daß Oestreich die Betheiligung an der Vermittlung Englands rundweg abgelehnt hat, weil es keine Ver­anlassung erkannte, der deutschen Regierung den Frieden störende Absichten unterzulegen, <s. oben Berlin)

W i e n, 3, Juni, Es verlautet, daß Erzherzog Albrecht den Kaiser Wilhelm in Ems und die Kaiserin Augusta in Kob­lenz besuchen wyrde.

Die unter tüchtiger Leitung betriebenen Bohrarbeiten am Gotthardt unnel nehmen einen befriedigenden Fortgang; in neuerer Zeit auch auf der südlichen Seite, weil man dort nicht mehr wie früher mit starkem Wasserzudrang zu kämpfen hat und Bohrmaschinen und Sprengladungen gegen eine weichere Fels- maffe mit bestem Erfolg arbeiten. Die bis Ende April gebohrte Länge des Richtungsstollens betrug von Geschenen aus 2004,,