unser friedfertiges Vaterland beim Auslände in tiefsten Mißeredit brachte und gar nicht nachdrücklich genug desavouirt werden kann. Es mns; dem Reichskanzler dieser Unfug selber zu viel geworden sein; er hat einem Bruchtheil der Preß-Piraten den Lauspaß gegeben und die Uebrigen werden sich das hoffentlich znHerzen nehmen!

Berlin, 29. Mai. Dis heutige Generalversammlung des deutschen Handelstages nahm eine Resolution an, welche sich gegenüber oem Beschlüsse der Reichstags-Justiz Commission ent­schieden. für Beibehaltung besonderer Handelsgerichte ausspricht.

Nach amtlichen Angaben bet-ägt der Pserdestand des Deut­schen Reiches 3,352,231 Stuck (in Württemberg 96,970); Rind­vieh 15,776,702 Stück (Württemberg 946,228); Schafe 24,999,406 Stück (Württemberg 577,290); Schweine 7,124,086 Stück (Württemberg 267,350); Ziegen 2,320,002 Stück (Würt­temberg 38,305); Bienenstöcke 2,333,484 Stück (Württemberg 106,359).

Die beiden großen Parteien der deutschen Lojialiftrn haben sich an- dem Konarens in Gotha über eit: gemeinsames Programm ge­einigt und den Gesammtnameu ..sozialistische Arbeiterpartei Deutsch­lands" angenommen. Die Hauptsprecher waren Haiencleser, Liebknecht, Bebel und Geid.

Wer Geld und Aerger sparen will, achte au! Folgendes. Die Reichs- telegrapden-Verwaltung hat ihre Beamten angewiesen, jedes Wort, das aus zwei Hauptwörtern zusammengesezt ist, doppelt zu zählen, damit jedes einfache Telegramm auch wirklich nur 20 Worte enthalte. Sie läßt also den Arnimprozeß oder die Aeichskanzlerrrisis nickt als je ein Wort gelten, sondern macht zwei daraus: Arnim-Prozeß und Reichs- kanzlerOlrijis. Auch Berichterstatter von Zeitungen und Geschäftsleute rc. müssen künftig telegraphiren: Getreide-Lieferung, Pseree-Ausfuhr, Effekten-Lendung, Börsen-Geschäft Und will ein Bräutigam seiner Braut telegraphiren, daß er dieVerlobnngsanzeige" in der Zeitung veröffentlicht bade, so darf er ihr außerdem nur noch 18 Worte zuge- bsn lasten, weil die ..Verlobungs-Anzeige" doppelt zädlc.

Köllig Oskar II. von Schweden (der mit Gemahlin ge­stern in Berlin cingetroffen ist) gilt als ein Freund Deutschlands, was man seinen Vorfahren, in denen das Blut der französischen Bernadottes noch allzu lebhaft rollte, nicht nachsagen kann. Er wurde in Berlin sehr freundlich ausgenommen und wird mit Fe­sten, -evchauspielen und Ehren aller Art überhäuft. Bei seiner Landung in Kiel lernte ec schon etwas kennen, was keiner seiner Vorfahren kannte: eine deutsche Kriegsflotte, er wurde von der­selben eingeholt und geleitet. Ganz besonders hat er sich voc- genommen, Nürnberg zu besuchen. Die Nürnberger sehen zum erstenmale wieder sei: dem 30jährigen Kriege einen lebendigen Schwedenkönig und können ihm noch die alten Schwedenjchanzen, die gegen Wallenstein aufgeworfen wurden, zeigen. Der alte bedenkliche Schwedentrunk ist glücklicherweise verloren gegangen. Etwas Besseres kann den König Oskar daran erinnern, daß das Andenken seiner größten Vorfahren in Deutschland nicht er­loschen ist: der Gnstav-Adolf-Verein. Wenn er zwei Monate später nach Berlin gekommen wäre, so könnte er der diesjähri­gen Generalversammlung des Vereins in Potsdam beiwohnen.

Der Cnltnrkampf hat nun in der abgelaufenen Woche in polnisch-preußischen Landestheilen zu lumultarischen Auftritten geführt, indem von wem ist nicht nachgewiesen unter dem leichtgläubigen Landvolk die Nachricht verbreitet wurde, man wolle ihre Kinder nach Rußland schleppen und sie dort vorn wahren katholischen Glauben abwendig machen.

Aus Schlesien, 24. Mat. In derSchlesischen Zeitung" erläßt ein katholischer Priester folgende Aufforderung: Katholische Priester! Verehrte Amtsbrüder! Seit meiner frühe­sten Jugend bi» ich immer ein gläubiger Katholik gewesen, meine Pflichten als Priester glaube ich stets gewissenhaft erfüllt und den schuldigen Gehorsam gegen meine Oberen nie verletzt zu haben. Aber ich hin auch Staatsbürger, und weil ich als solcher, und weil meine Religion cs gebietet, auch verpflichtet bin, die Gesetze meines Landes zu befolgen, so habe ich hiernach jederzeit gehan­delt und gedenke auch für die Zukunft darnach zu handeln. Da wir katholischen Priester aber gegenwärtig, jedenfalls in nächster Zukunft, fast sämmtlich in unserer Existenz ans das Empfindlich­ste bedroht sind, so möchte ich hiermit nachstehend folgende Mah­nung an meine lieben Amtsbrüder richten: Verehrte Ämtsbrüver! Es ist die höchste Zeit, daß wir uns über die Situation ver­ständigen, Bis jetzt haben wir von unfern Bischöfen Alles er­wartet. Diese Hoffnung ist gänzlich vernichtet. Verehrte Amls­brüder! Es ist endlich Zeit, die volle Wahrheit zu sagen. End- wcder ist die Befolgung der Gesetze gegen das katholische Ge­wissen, und dann muß sie es überall sein, oder die Befolgung ist nicht gegen das Gewissen, und dann ist sie es überall nicht. Da dieselben Kirchengesetze aber in unsern Nachbarstaaten vom Papst und den Bischöfen für befolgbar erklärt worden sind, so können sie nicht gegen das katholische Gewissen verstoßen und müssen, auch bei uns besolgbar sein. Sind wir denn unmündige Kinder, die sich nicht selbst ein Urtheil bilden können? Daher also, liebe Amtsbrüder, ungesäumt vorwärts! Für den Einzel­nen allerdings allein zu handeln ist nicht möglich. Bei dem jetzt herrschenden Erstem würde er von seinen Obern unbedingt zer­malmt werden. Auch wenn die Staats-Negierung ihn schützt, ist er rettungslos verloren; denn alsdann wird er dem ultra- montanen Pöbel erbarmungslos überliefert. Nur dann ist Hoff­

nung auf Gelingen, wenn wir als compacte Masse, welche man nicht mehr anzugreifen wagt, anfzntretei: vermögen. Wie aber ist das möglich? Jeder Einzelne richte sofort an den Herrn Eultusminister ein Schreiben, in welchem ec die unbedingte Unter­werfung unter die Staatsgesetze zusagt, aber darum bittet, seinen Namen erst dann zu veröffentlichen, wenn sich eine Mehrzahl herausgestellt hat. Bei der traurigen Lage, in welcher der niedere Klerus sich befindet, und bei der großen Schwierigkeit, den über ihm schwebenden Bann zu durchbrechen, wäre es wohl zu hoffen, daß der Herr Cultus-Minister auf die Bitten entginge; die Ver­öffentlichung von Hunderten von Namen, die ihre Unterwerfung zugesagt hätten, würde auf die Bischöfe sowohl, als auch auf den zurückgebliebenen Theil der Priester einen gewaltigen Ein­druck machen, sowie die sich den Gesetzen fügenden Priester zu einer untrennbaren Partei vereinigen."

Uebcr die elsäßischen Freiwilligen wird der Bad. Landesz. aus Straß bürg geschrieben: Das Eintreten der Elsäßer als Freiwillige ins deutsche Heer bietet manche interes­sante Vorgänge. In der ersten Zeit stellten sich bekanntlich aus den besseren Familien des Landes wenig junge Leute zur vorläu­figen Prüfung, obgleich ne damals wahrhaft lächerlich leicht war; man protesiirte noch viel zu lebhaft gegen die Rücksichtslosigkeit und die diplomatischeUngeschicklichkeit" Bismarcks, welcher wenig­stens 3 oder 2 Jahresklassen hätte sollen brach liegen lassen, bloß damit die Nachkommenden um so eher Geschmack an der Sache bekommen hätten. Sehr viele verließen auch damals trotzig die Heimath. Später mehrten sich die Anmeldungen fürs Examen; einzelne dieser jungen Leute kamen zu diesem Zwecke selbst aus Frankreich, mehr als einer sogar aus französischem Kriegsdienst zurück. Die Vermögenderen aber unter ihnen, besonders die Straßburger, scheuten sich noch häufig vor ihren Freunden und Bekannte», hier in der eben noch so sehr geschmähten Uniform anfzutreten und begaben sich in außerelsäßische Garnisonsstädte. Frug man beim Herrn Papa oder der Frau Mama nach dem lieben Söhnlein, so hieß es gewöhnlich:er isch in Baris" oder er isch in der Schwiz", während der Herr Filius ganz ruhig, mit seinem Schicksal ziemlich ansgesöhut, den Stechschritt und das Gewehrpräsentiren in Frankfurt oder in Stuttgart übte. Allein nachgerade brachten viele Herren Papas auch heraus, daß diese ihrer Umgebung gebrachten Opfer doch ein Bischen schwer ans die Börse drückten, und nun entschied man sich in den meiste» Fällen fürs einfache Hierbleiben. Dabei hieß es aber:nur zu den Wülttembergern, nur zu den Sachsen; die letzteren gelten ja ohnehin als die feinsten und Gebildetsten unter allen Deutschen." Das war nun eben auch wieder ein Raisonnemeitt. Kurz und gut, jetzt stehen die meisten jungen Straßburger vorzugsweise bei den sonst so sehr gemiedenen Preußen und scheuen sich gar nicht, vor den Freunden, Tanten, alten und jungen Kousinen und Nicht- kousinen in der eigenen Uniform einherzuwaudeln. So kommt Alles mit Zeit und Geduld.

Die Ernteaussichten in Oestreich - Ungarn werden als ganz ausserordentlich günstig geschildert. Da Oestreich vor­wiegend ein Agrikultur staat ist, so äussert sich der gute oder geringe Ausfall der Ernte von eminentem Einfluß auf das Ge­schäftsleben. Verwirklichen sich die Hoffnungen, wozu der heu­rige Saatenstand berechtigt, so fließen Millionen in das Land, die wie ein befruchtender Regen wirken. Der ausserordentliche Aufschwung, den im Jahre 1867 die Geschäftstätigkeit und Unternehmungslust in Oestreich nahmen, war in erster Linie der guten Ernte und dem reichlichen Getreideexport zu verdanken. Vielleicht gibt auch Heuer wieder eine gesegnete Ernte zur Rege­neration des gelähmten wirtschaftlichen Lebens den Anstoß.

DenBaseler Nachrichten" zufolge ist Marschall Bazaine seit einigen Tagen bei dem Grasen Persigny am Quai des eaux vives in Gens abgestiegen.

Die fortdauernden vulkanischen Ausbrüche auf der Insel Island haben einen großen Thei! der reichsten und furchtbar­sten Gegend des Landes lief mit Asche überschüttet und lassen für die nächsten Jahre wenig Hoffnung auf Gewinnung von Gras und Fntterkräntern übrig. Zahlreiche Bauernhöfe, deren Hauptreichthum im Viehstande besteht, werden durch diesen Unfall hart betroffen. Bedeutendere Ausbrüche fanden am 10. und 29. März statt, wo die Asche vom Winde bis noch Norwegen und Schweden getragen wurde, und am 4 April; am 10. April war jedoch der Widerschein der aussteigenden Flammen noch immer so stark, daß er des Nachts meilenweit das Innere der Häuser erleuchtete. Die Landesgeschichts hat noch niemals solche anhal­tende Unruhen im Innern der Erde zu verzeichnen gehabt.

Nach dem Fackslzuge, den man den kronprinzlichen Herr­schaften in Venedig gebracht hatte, sendeten die Veranstalter des­selben folgendes Telegramm ab :Fürst Bi-smarck. Berlin. Die Venetianer benutzten die Anwesenheit der kronprinzlichen Herrschaften zu einer großartigen Demonstration, um ihre leb­hafteste Sympathie für Deutschland zu erkennen zu geben."

Rom, 26. Mai. In der gestrigen Sitzung des Senats wurde das Rekrutirungs-Gesetz mit dem Artikel 11, welcher die