3te und 4te Offizier. Viele Personen hatten sich auf die Masten in die Raen zu retten gesucht. Gegen Morgen wurden jedoch beide Masten von den Wellen fortgerissen. Nachdem das Quar­terdeck sorlgerissen war, ging das Schiff rasch in Stücke und zertrümmerte gänzlich. Die geretteten Passagiere spenden dem Kapitän Thomas hohes Lob wegen seiner sorgfältigen treuen Pflichterfüllung vor dem Eintreten deZ Unglücks, und wegen seiner muthigen Bestrebungen zur Rettung von Menschenleben, nachdem das Unglück geschehen war. Von den Poskbeuteln sind bis jetzt 56 geborgen worden. DieHamburger Börsenhalle", dasBerliner Tageblatt" und andere größere Leitungen veröf­fentlichen das Verzeichniß der geretteten, wie der verunglückten Passagiere.

Wien, 12. Mai. Orientirte politische Kreise erfahren aus Paris, daß Frankreich die praktische Ausführung des Cadres- Gesetzcs wesentlich zu beschränken gedenkt

Paris, 10. Mai. Der Schrecken über die englischen Zeitungs-Artikel, die auch einen nahen Krieg wittern wollen, ging nicht über gewisse Kreise hinaus, ins Volk ist er nicht einge­drungen. Haben aber die Monarchisten keine Aussicht auf Erfolg, so ist von französischer Leite auf keine Störung des Frie­dens zu rechnen. Nur Intriganten, ergrimmte schlechte Gene­rale und Armee-Lieferanten haben ein Interesse am Krieg, die Nation will Ruhe und Arbeit und Freiheit. Wenn die Blätter der herrschenden Classen so viel und oft vom Heerwesen sprechen, der Heeresreform solche Aufmerksamkeit schenken, die Truppen- Manöver viele Monate vorher verkünden und Aufhebens machen von der ins Werk gesetzten Reorganisation der Armee, so ge­schieht es weniger, um Kriegs-Gelüste damit zu befriedigen, als im Gegentheil deren Apathie für alles Soldatische zu bekämpfen. Das Volk hat andere Sorgen, der Bürger will sein Hab und Gut, das Leben seiner Kinder nicht mehr so leichtsinnig und blöd­sinnig aufs Spiel setzen; die Nation verfolgt für jetzt andere Ziele, als einen Rachckrieg, der, wenn selbst glücklich gelungen, nur einen ferneren Rachckrieg von des überwundenen Gegners Seite zur Folge hätte. Und ist es heute schon an Dem, so wird sich in einigen Jahren das Friedens-Gefühl, die Sehnsucht nach Ordnung und fleißiger Arbeit noch mehren.

Versailles, 12. Mai. DieUnion" veröffentlicht einen Brief des Don Carlos, worin dieser Don Alphons lebhaft be­glückwünscht, die Grazer Demonstrationen nach Gebühr gewür­digt zu haben.

Es ist bekannt geworden, daß der Herzog von Decazes, um die französische Friedensliebe einerseits, das Nichtvorhanden­sein von militärischen Rüstungen andererseits recht prägnant zu betonen, vor einiger Zeit erklärte, wenn Deutschland den Krieg wolle, könnte es lieber gleich den Frieden diktiren; Europa werde dann richten. Neuerdings soll der Herzog ähnlich bemerkt haben: Wer Frankreich angreise, werde keine Kombattanten finden. Die Armee werde sich hinter die Loire zurückziehen und die Welt werde über die Invasion ihr Unheil sollen.

Lo ndon, 11. Mai. Unterhaus. Der Untersiaatssekretär Bourke, die Interpellation Dilke über angebliche deutsche Reklamationen in Paris beantwortend, erklärt, er sei erfreut, konstcttiren zu können, daß er heute Morgen aus Berlin Ver­sicherungen durchaus befriedigenden Charakters erhalten habe. Wir sind der Ansicht, daß kein weiterer Anlaß zu Befürchtun­gen hinsichtlich der Aufrechthaltung des europäischen Friedens vor­handen ist." (S. M.)

Der Vicekönig von Egypten hat einen Deutschen, den be­rühmten Afrika-Reisenden vr. Nachtigall, zum Statthalter des neu eroberten Königreiches Darsur gemacht. Darfuc ist halb so groß wie Italien und zählt u. a. 5 Millionen Araber, deren Herr vr. Nachtigall geworden ist. Es ist der erste Fall, daß ein Europäer ein Christ und noch dazu ein Deutscher solche Macht in Egypten erlangt hat.

Der Ring der Muttler.

(Fortsetzung.)

Sie haben freilich Ihre Briese aufgefangen," sagte er, aber trotzdem kann einer Ihrer Aufmerksamkeit entgangen und in seine Hände gekommen sein."

Er würde es mir mitgetheil! haben."

Wer weiß! Wenn er Mißtrauen hegte"

Eduard, weßhalb diese Besorgnisse?" fragte Frau von Weinhcim lächelnd.Das Testament ist rechtsgültig, wir.wer­den das Erbe antreten, ehe Leonie von dem Tod ihres Vaters benachrichtigt ist, alsdann können wir ja noch immer etwaigen Gefahren Vorbeugen. Augenblicklich beschäftigt mich nur eine Sorge, die Befürchtung, daß diese abscheuliche Krankheit"

Diese Befürchtung ist unbegründet, Henriette, ich habe alle nöthigen Maßregeln getroffen, einer Ansteckung vorzubeugen."

Und wann wird der Arzt kommen?"

«Joseph ist heute Morgen hingeritlen, ich denke, er bringt ihn mit. Wenn wir nicht den Todlenschein beidringen müßten, wäre es überflüssig, den Doktor kommen zu lassen."

Er soll mir rathen, Sie sehen ja, wie rasch es in solchen

Fällen zu Ende geht, und wir haben in unserer Hausapotheke kein Mittel, welches"

Opium, Henriette."

Weßhalb wurde es meinem Gatten nicht gegeben?"

Hm, wer dachte daran!" erwiderte Fahrcnschmidt kühl. ' »Ich hielt es für meine Pflicht, zuerst Sie zu schützen."

Wofür ich Ihnen sehr dankbar bin, Eduard," sagte Frau von Weinheim und ein bezaubernder Blick traf aus ihren dunk­len Augen den Hauslehrer, der noch immer am Kamin stand und nachdenklich in die Flammen stierte.Ich hatte den Kopf ver­loren, mein Gott, wer wäre auch auf dieses Ereigniß vorbereitet gewesen?"

Niemand, aber im Grunde genommen, war es für unS ein erfreuliches Ereigniß."

Insofern als es mich von drückenden Fesseln befreite."

Fahrenschmidt nickte zustimmend.

Eine Ehe ohne Liebe muß in der That eine drückend« Fessel sein," entgegnete er.Oder haben Sie früher ihren Gat­ten geliebt?"

Lassen wir das."

Bah, wenn Sie es auch behaupten wollten, ich würde Ihnen nicht glauben, Henriette."

Ein düsterer Schatten glitt über die Stirne der stolzen Dam«.

Man liebt nur einmal im Leben," sagte sie.

Der stechende Blick des Hauslehrers ruhte durchdringend auf Ihr, er schien die geheimsten Falten ihrer Seele erforschen zu wollen."

Und Sie haben geliebt!" warf er hin.

Wer sagt Ihnen das?" fuhr Frau von Weinheim auS ihrem Sinnen auf.Ich war damals eine arme Waise, kein Freund stand mir zur Seite, ich lebte von den Almosen meiner Verwandten. Das war für mich ein drückendes Gefühl, ich wollte keine Almosen, ich

»Ja, ja, sie zogen das Brod fremder Leute vor und boten sich als Gouvernante aus."

War dieser Enschluß nicht ehrenwerth?"

Gewiß, nur vermuthe ich, daß ihm andere Absichten zu Grunde lagen, als - bah, es ist ja geichgültig, jeder Mensch ist mehr oder weniger Egoist, weßhalb sollten Sie es nicht ge­wesen sein."

Eduard, Sie beleidigen mich," zürnte Frau von Weinheim.

Durchaus nicht, es liegt nicht in meiner Absicht. Sie kamen hieher, Herr von Weinheim suchte eine Gouvernante für seine Tochter."

Eine Gesellschafterin."

Oder auch das. Ec bot Ihnen seine Hand an."

Und ich nahm sie an. Was war natürlicher?"

Nun freilich," sagte Fahrenschmidt gelassen,die Partie war zu glänzend. Aber Sie waren eine Gefangene, eine Skla­vin der Launen eines eigensinnigen, harten Mannes"

So lange, bis er mein Sklave wurde," fiel Frau von Weinheim ihm mit scharfer Betonung in's Wort,vielleicht wer­den Sie es auch."

Nimmermehr!"

Ich aber werde mich auch Ihren Launen nie fügen, Eduard, die Versicherung gebe ich Ihnen schon setzt, damit Sie von jedem Versuche absehen "

Aus den lauernden Blicken des kleinen Herrn traf ei« tückischer Blick die schöne Dame, die sich rasch erhoben hatte und an's Fenster getreten war.

Wozu auch?" entgegnete er ruhig.Wir werden beide frei bleiben und das Leben genießen, wie es uns gefällt. Wir werden binnen vierzehn Tagen dieses Haus verlassen und den Winter in Italien verbringen, wir werden später das Gut ver­kaufen und in der Residenz wohnen."

Ja, wir wollen das Leben genießen," sagte Frau von Weinheim mit leuchtenden Augen,man lebt ja nur einmal, und der ist ein Narr, der an der schäumenden Quelle sitzt und nicht aus ihr schöpft."

Der Eintrit eines Dieners brach die interessante Unterhal­tung ab.

Was gibts?" fragte Fahrcnschmidt barsch.

Eine Dame wünscht mit der gnädigen Frau zu reden."

Mit mir?" fragte Frau von Weinheim erstaunt.

Es wird eine Bettelei sein," bemerkte der Hauslehrer trocken.

Mein Gott, welche Unverschämtheit? Weiß denn diese Dame nicht, daß sie in einem Sterbehause ist?"

Ich habe ihr das schon vorgestellt, aber sie besteht daraus."

Frau von Weinheim blickte ihren Freund fragend an, er zuckte leicht die Achseln.

Ein Wink befahl dem Diener, die Dame eintreten zu lassen.

Das Haupt stolz erhoben, ging Frau von Weinheim der Ein­tretenden entgegen, aber als diese nun den Schleier zurückwarf, trat sie mit unverkennbaren Zeichen der Bestürzung zurück. Eine geraume Weile standen die beiden Damen einander schweigend ge­genüber, aber wozu bedurfte es auch der Worte, redeten doch die Auge» in einer verständliche« Sprache. (Forts, folgt.)