Ars. SS
60 . Jahrgang
Amts- unä
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Jatelligenzdlatt für äen Aezirü.
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Spalte im Bezirk, sonst 12 H.
Dienstag, äen 5. Mai 1885.
Abonnementspreis halbjährlich 1 ^ 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70
AmUicHe WekcrrrnLmcrchurrgerr. Departement äes Innern unä äes Ariegswefens.
Bekanntmachung
der Königliche« Ministerien des Innern und des Kriegswesens, betreffend Uemonte-Ankanf.
Nachstehende Bekanntmachung des Königl. Preußischen Kriegsministeriums, Abtheilung für das Remontewesen, betreffend den Remonte-Ankauf im Königreich Württemberg im Jahre 1885, wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht.
Stuttgart, den 24. April 1885.
Höl der. Steinheil.
Bekanntmachung
dm Htemonte-AnLanf im Königreich Württemberg für 1885 betreffend.
Zum Ankauf von Remonten im Alter von vorzugsweise drei und ausnahmsweise vier Jahren sind im Bereiche des Königreichs Württemberg für dieses Jahr nachstehende, Morgens 8 Uhr beginnende Märkte anberaumt worden und zwar:
am 17. August cr. in Ravensburg,
„ 18. „ „ „ Saulgau,
„ 19. „ „ „ Riedlingen,
„ 20. „ „ „ Münsingen,
„ 21. „ „ „ Ehingen.
Die von der Königlich Preußischen Remonte-Ankaufs-Kommission erkauften Pferde werden zur Stelle abgenommen und sofort gegen Quittung baar bezahlt. Zu wenig entwickelte, oder solche Pferde, die zu schwach, schwerfällig und ordinär sind, den Anforderungen an ein Militär-Zug- oder Reitpferd nicht entsprechen, auch Pferde, welche durch zu frühen Gebrauch gelitten haben, mangelhaft gebaut, mit Knochen- oder anderen erheblichen Fehlern behaftet und nicht gängig sind, können nicht gekauft werden.
Pferde mit solchen Fehlern, welche nach den Landesgesetzen den Kauf
rückgängig machen, sind vom Verkäufer gegen Erstattung des Kaufpreises und der Unkosten zurückzunehmen, auch sind Krippensetzer (Köpper) vom Ankauf ausgeschloffen. Es wird sich empfehlen, hierauf besonders zu achten, damit die Zurückgabe derjenigen Pferde, welche sich innerhalb der ersten 28 Tage nach dem Eintreffen in dem Depot mit solchen Fehlern behaftet zeigen, vermieden wird.
Pferde, welche den Verkäufern nicht eigenthümlich gehören, oder durch einen nicht gehörig legitimitirten Bevollmächtigten der Kommission vorgestellt werden, sind vom Kauf ausgeschloffen.
Die Verkäufer sind ferner verpflichtet, jedem verkauften Pferde eine neue starke rindlederne Trense mit starkem Gebiß und eine Kopfhalfter von Leder oder Hanf mit 2 mindestens zwei Meter langen, starken hänfenen Stricken ohne besondere Vergütung mitzugeben.
Um die Abstammung der vorgeführten Pferde feststellen zu können, ist es erwünscht, daß die Deckscheine möglichst mitgebracht werden, auch werden die Verkäufer ersucht, die Schweife der Pferde nicht zu coupieren oder übermäßig zu verkürzen.
Berlin, den 10. März 1885.
Königlich Preußisches Kriegsministerium.
Abtheilung für das Remonte-Wesen.
(gez.) Freiherr v. Troschke, Graf v. Klinckowström.
96. 3. 85. k. ä.
H^oLiiische Wachvichlerr.
Deutsches Reich.
Stuttgart. Ein Bericht der Kommission der Kammer der Abgeordneten für Gegenstände der inneren Verwaltung ist erschienen über Petitionen , welche 1) die Ermächtigung verlangen, frei herumstreifende oder in fremdes Eigentum eindringende Katzen drevi manu töten zu dürfen, und 2) um die Vorbereitung einer förmlichen Katzensteuer analog der Hundesteuer bitten. Berichtserstatter Egger. Die Kommission stellt den Antrag, es. bei den bestehenden Verordnungen zu belassen und über die Petitionen zur Tagesordnung überzugehen.
Feuilleton.
Im Abgründe.
Roman von Louis Hackenbroich. (Verfasser des Romans: ,EinVampy r.-)
Fortsetzung.
IV.
Die ruhige und berechnete Drohung Jsmaels hatte sofort die bessere Regung, die eben im Herzen des Grafen aufgewallt war, erkalten lassen; allein und sich selbst überlassen, hatte er nicht mehr vor einem Zeugen seiner Schande zu erröten und bald fand er mit seiner Ruhe auch seine Geistes, klarheit wieder, die ihm gestattete, seine kritische Lage von allen Seiten zu prüfen und die Größe der Gefahr, in der er schwebte, genau zu ermessen. Diese Prüfung bis ins Kleinste hinein hatte den Erfolg, daß ein großer Teil seiner Befürchtungen ohne Weiteres verflog. Er sagte sich, leichtsinnig wie alle um die Zukunft unbesorgten Leute, die gewohnt sind, in den Tag hinein zu leben, daß er Jsmael erst nach Ablauf eines Monats Wiedersehen würde, und daß bis zu diesem nach seiner Meinung noch fernem Zeitpunkte einige Glückszüge im Spiel ihm leicht den Preis in den Schooß werfen könnte, dessen er zum Loskaufe seiner Ehre und Freiheit bedurfte; hatte er doch in der vergangenen Nacht erst binnen etlichen Stnnden vierzigtausend Franken gewonnen! Und auch vorausgesetzt, daß er am bestimmten Termine seinem gierigen Feinde nicht den ganzen geforderten Betrag in den Rachen zu schleudern im Stande wäre, war nicht tausend gegen eins zu wetten, daß derselbe ihm eine neue Frist gestatten werde? Jsmael, für den keine andern Beweggründe in die Waagschale fielen, als einzig der Vorteil, der Gewinn, konnte gar nichts bei einer Denunciation gewinnen; es lag vielmehr durchaus in seinem Interesse, seinem Schuldner alle Erleichterungen zu gewähren, damit derselbe überhaupt seine Rechnung bei ihm zu regeln im Stande sei. Jsmael hatte ihm nur einen heftigen Schrecken einjagen wollen, indem er jenes Damoklesschwert über seinem Haupte aufhing; gegen alle, und selbst die ernstest gemeinten Drohungen des Wucherers gab es ein unfehlbares Rettungsmittel, und dieses war die bodenlose Geldgier desselben.
Halb beruhigt über die von dieser Seite zu befürchtenden Ungelegenheiten wandte der Graf seine Aufmerksamkeit nun ausschließlich den Angelegenheiten seiner Nichte zu. Bei derselben däuchte ihm die Gefahr, wenn auch nicht größer, doch schwieriger zu beseitigen. Die stürmische Scene, die er am frühen Morgen erst mit Lucienne gehabt, hatte ihm den Charakter des jungen Mädchens gezeigt; er empfand ein wahres Grauen vor der Energie und der Willensgewalt, von dem sie ihm soeben eine Probe gezeigt hatte, und er fragte sich mit Schrecken, was es werden solle, wenn nach Jahresfrist Lucienne ihre Großjährigkeit erreicht haben würde; er zweifelte nicht im entferntesten, daß am gleichen Tage, an welchem für sie die Stunde der freien Unabhängigkeit begänne, sie von ihm, ihrem Vormunde, strenge und unnachsichtliche Rechenschaft verlangen würde. Und wenn sie alsdann eben so stolz und eben so ungezähmt ihm gegenüber stände und die volle, ungeschminkte Wahrheit erführe, zu welchem Grade würde dann ihr Zorn über die Niederträchtigkeit ihres Vormundes sich erheben, des Mannes, von dem sie allen Schutz, alle Sorge eines Vaters zu beanspruchen ein Recht hatte? Sie hatte sich gerühmt, Egoistin vor Allem zu sein, und das ließ befürchten, daß sie alsdann nur ihrem racheglühenden rücksichtslosen Charakter folgen und ihn dem Skandal preisgeben werde; der Skandal aber hätte die Einmischung der Gerichte zur Folge, die in seiner hohen gesellschaftlichen Stellung noch einen besonders erschwerenden Umstand erblicken und ihn die ganze Schärfe des Gesetzes würden fühlen lassen.
Und doch gab es für ihn ein Mittel, um auch diesen drohenden Eventualitäten vorzubeugen, und dasselbe erblickte er darin, daß er die Interessen seines Mündels mit denen seines Sohnes verschmolz; war Lucienne erst einmal Leo's Gattin, so konnte sie, ohne sich selbst zu brandmarken, nicht mehr den Vater ihres Gatten vor den Gerichten zur Rechenschaft ziehen. Eine so nahe liegende Berechnung war selbstverständlich niemals dem Scharfsinn des Grafen entgangen, seit lange schon war dieses das Ziel seiner Pläne gewesen, und gerade sein festes Vertrauen auf das Gelingen derselben hatte ihn bei seinen Veruntreuungen in eine so unglaubliche Sicherheit und Seelenruhe gewiegt.
In der That hatte Lucienne trotz ihres angeborenen Stolzes es nicht genügend verstanden, die geheimen Gefühls ihres Herzens so zu verschleiern, daß nicht der so sehr dabei interessierte Oheim dieselben erraten hätte. Oefter