haben und daß er den sonstigen Gewinn nur so nebenher ein» heimste. Natürlich schwieg ich aber dem Schäfer gegenüber über diese Vermuthung und verabredete mit ihm nur, daß er sorgsam wachen und von etwaigen bedrohlichen Anzeigen sofort mir oder doch dem Lindcnbaner Mitthcilung machen solle.
„Noch Eins," sprach ich, schon zum Abschiede gewendet. .Die Scheunen und Fruchträume Sauer's schienen mir bis zum Dache gefüllt-"
„Ja, schienen," wiederholte der Alte bedeutungsvoll.
„So läuft also auch hier ein Schwindel unter?"
„Natürlich. Bielleicht kanu ich Ihnen bald einmal beweisen, wie schlau der Pächter auch in diesem Bezüge verfahren ist."
Etwa drei Wochen später befand ich mich um die Dämmerstunde in Lemkc's Gasthofszimmer, um von dem licbgewonncnen Freunde und Kollegen Abschied zu nehmen. Sein Reisekoffer stand schon gepackt auf einem Stuhle und wir felbst warteten nur noch, in der Stube aus- und abfchreitend, auf den Augenblick, in welchem der Omnibus den Polizeirath nach dem Bahnhöfe entführen sollte.
„Genutzt habe ich Ihne» halt wenig, aber mir desto mehr," bemerkte Lemke in seiner munteren Weise. „Ich bin so zu sagen wieder jung geworden. Aber welch prächtiges Weller habe ich auch zu allen meinen Ausflügen gehabt."
„Das ist freilich wahr," erklärte ich zustimmend.
„Ha ha ha! das sagen Sie wahrhaftig mit der Miene eines Leichenbitlers. Freilich für unsere speziellen Zwecke wäre rin Landregen besser. Da er aber nun einmal nicht kommen will, so werde ich wohl oder übel nun abreisen müssen."
„Könnten Sie nicht noch einige Tage bleiben?" bat ich.
„Was sollte das nützen, Herr Kollege? Der Himmel ist nun einmal blau wie Stahl. Also kommen Sie, lieber Freund, und lassen Sie uns hinabgehen. Apropos, haben Sie dem Pächter auf feinen Brief geantwortet?"
„Nein, hier trage ich dies Sendschreiben an den Seifensieder Dehmke, das unser Zentralbureau glücklich erwischt und an mich befördert hat, noch immer in der Brusttasche. Ich konnte doch unmöglich das Spiel so weit treiben, daß ich ihm das Micth- geld im Voraus bezahlte. Wer hätte im Grunde denken sollen, daß der schlaue Vogel so leicht auf die Leimruthe gehen und sich seinen Belastungszeugen selbst herbcirufen würde?"
»Ja, sehen Sie, ich kenne den Sauer genau," entgeguele Lemke. „Er ist eben fast blind, wenn ihn die Habsucht gerade packt. Freilich haben Sie Ihre Rolle gewiß so gut gespielt, daß er Sie für einen rechten Gimpel hält, den man zur Noth entfernen, vielleicht sogar zur Entlastung brauchen kann."
„Der Omnibus wird sogleich Vorfahren, meine Herren," meldete in diesem Augenblicke der gefällige Wirth in sichtlicher Eile. „Bitte, sich fertig zu machen "
„Das sind wir schon, liebweithester Herr Hotelier," antwortete Lemke. „Haben Sie Dank für Ihre freundliche Be- wirthung und vor Allem für Ihr treffliches Wetter."
Danke, danke bestens," sagte der Wirth schmunzelnd, indem er sich die feisten Hände rieb. „Die gute Zeit wird übrigens nun bald vorüber sein. Mein Wetterglas ist in dieser einen Nacht von Schön bis aus Regen und Wind gefallen. Hären Sie nur, wie die Hähne krähen und wie der Pfau schreit."
„Wie? schlecht Wetter gibt es?" fragte Lemke mit blitzenden Augen. „Wenn Sie mir das garantiren können, dann bleibe ich noch bei Ihnen."
„Ha ha ha! der Herr scherzen. Sie wollen bleiben — —"
„Weil schlecht Wetter droht. Lassen Sie also den Omnibus ohne mich abfahren."
„Ganz wie Sie befehlen," erklärte der Wirth und eilte dann schleunigst die Treppe hinab, .jedenfalls um seine Frau Eheliebste und seine Biergäste von der wunderlichen Laune des Herrn in Nummer Neunzehn zu benachrichtigen.
Der Hotelier und sein Pfau waren übrigens wirklich diesmal sehr gute Propheten gewesen. Schon am Abende dieses Tages begann der Wind in einzelnen unruhigen Stößen durch die Straßen zu wehen, während sich zugleich der Himmel erst leicht umschleierte und dann in schweres schieferblaues Gewölk mit kupferfarbigen Rändern kleidete.
Nachts aber weckte mich aus dem tiefsten Schlafe ein Windstoß, der das nicht genügend verwahrte Fenster meiner Kammer aufriß und klirrend zurückschlug. Als ich mich erhob, um den Flüge! wieder zu schließen, wurde mir schon ein nebelseincr Regen in das Gesicht geweht.
Das scheint allerdings ein gründlicher Landregen werden zu wollen! dachte ich halblaut und streckte mich, durch die Hoffnung sehr erfreut, wieder auf mein Lager, konnte aber leider wegen einer seltsamen Aufregung, die nnn über mich kam, lange nicht wieder einschlafcn.
Der Morgen dämmerte grau in grau heran, als könne sich die Sonne gar nicht entschließen, das heute so hoffnungsvolle Geschäft der Beleuchtung zu beginnen und als bliebe sie gleich mir lieber noch einige Stunden im Bette liegen. ES sah auch draußen, wie mich ein Blick zwischen den Vorhängen hervor be
lehrte, verdrießlich genug aus, denn ein dichter, wie ein graulicher Vorhang vom Sturm hin- und hergewehter Regen ließ kaum die Nachbarhäuser erkennen und hatte längst das dunkle Straßenpflaster in einen glitzernden Spiegel, die Gossen aber in trübe dahinrinnende Ströme verwandelt.
„Sind Sie munter, Herr Inspektor?" rief draußen Rie- maun's Stimme.
„Allerdings bin ich das," entgegnet« ich, indem ich mich ausrichtete. „Was gibt es so früh?"
„Nun, allzufrüh ist es gerade nicht mehr," entgegnet« der Sergeant lachend. „Es wird sogleich auf dem Rathhause sieben ein halb Uhr schlagen."
Etwas ärgerlich über die verschlafenen besten Morgenstunden kleidete ich mich rasch an und öffnete dann die Thür.
„Was bringen Sic, lieber Sergeant?" fragte ich. „Sie sehen aus, als ob Sie wichtige Dinge auf der Seele hätten."
„Ich bringe mich und einen bekannten Gast aus Dachhausen."
„Den Schäfer?" fragte ich rasch.
„Nein, den Lindenbaucr Kleinschmidt, der aber im Aufträge unseres Schäfers kommt."
„Wo ist er?"
„Er wartet ungeduldig vor der Thüre Ihres Bureau». Sie können sich denken, wie früh der Wackere von Dachhausen aufgebrochen sein muß, um jetzt schon hier sein zu können."
„So wollen wir den armen Menschen wenigstens nicht länger warten lassen, als nöthig ist. Kommen Sie."
„Wie? Sie wollen ohne Kaffee, ohne Frühstück fortgehn?" rief der Sergeant erstaunt und doch zugleich erfreut.
„Jeder Bissen würde mir bitter schmecken, wenn ich dabei an die Aufregung des armen Teufels von Lindenbauer dächte. Meine kleinen Bedürfnisse lassen sich vielleicht später in einer Restauralion befriedigen."
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— Der Begriff der Hauptworte ist doch noch weiter ausgedehnt, als man nach dem Sprachgebrauche gewöhnlich an- zunchmen pflegt. Ein Schuhmacher brachte seinem Kunden, einem Professor, ein Paar vorgeschuhte Stiefeln nebst Rechnung dazu, welche lautete: „ein paar siiefcl Vorgeschuhet." Der Empfänger machte ihn auf die Mängel der Schreibweise aufmerksam, erhielt aber zur Antwort: „Ja, lieber Herr Professor, meine Hauptworte sind die, woran ich etwas verdiene; wenn ich ein Paar Stiefeln vorschuhe, so verdiene ich nichts an den Stiefeln, sondern an dem Vorschuhen, und diese Worte schreibe ich alle groß."
— (Das ll eberfirnissen einesThieres) übt, wie Versuche dargethan haben, eine solche Wirkung auf den Stoffwechsel aus, daß der Tod in Bälde erfolgt. Bisher erklärte man sich die Thatsache aus der Unterdrückung der Hautthätigkcit; neuere Forschungen Pettcnkofer's haben jedoch diese Ansicht dahin berichtigt, daß der Tod in dem genannten Falle durch gesteigerte Wärmestrahlung, durch Erfrieren erfolge. Damit scheint zugleich auch eine richtigere Auslegung der Erscheinungen bei umfangreichen Brandwunden re. angebahnt.
(Ein junges Bräutchen.) Die Rumburger Ztg. berichtet : „Dieser Tage wurde in einer Gemeinde bei Zin » wald eine eigenthümliche Hochzeit gefeiert. Die in dem ansehnlichen Alter von 130 Jahren stehende Wittwe Anna K. heirathete nämlich zum viertemnale. Zu ihrem Gatten hatte sie einen 60jährigen Wittwcr erkoren. Die Braut ist trotz ihres hohen Alters noch vollkommen gesund und besorgt noch immer alle häuslichen Arbeiten. In ihrem ganzen Leben war Anna K. bloß einmal, und zwar als Schulkind, durch 6 Wochen krank. Das Hochzeitsfest verlief in der fröhlichsten Stimmung; es hatten sich fast alle Kinder der greisen Braut eingefunden, darunter der älteste Sohn, ein pensionirter Beamter aus Prag, welcher auch bereits das 80. Lebensjahr überschritten hat."
— (Der treue Wolf) Auf dem herzoglich württem- bergischen Schlosse Ludwigsburg befand, oder befindet sich noch unter anderen Gemälden von schönen Pferden und Hunden auch eines von einem schwarzen Wolf, der Melac hieß und seinen Herrn, den Herzog, überall hin begleitete. Er folgte ihm auch einmal auf einem Feldzug am Rhein; da derselbe aber zu lange in den Herbst hineindanerte, fand man den Wolf an einem schönen Tag vor der Zimmerthür des Herzogs zu Lndwigsburg, ohne daß man ausfindig machen konnte, wie er über den Rhein gekommen. Im Jahre 1711 begleitete er seinen Herrn zur Kaiserkrönung nach Frankfurt; da ihm aber das häufige Kanonenfeuer nicht behagte, so machte er sich heimlich fort und kam glücklich nach Ludwigsburg. Er blieb seinem Herrn getreu bis in den Tod. Fremde durften ihm nicht trauen; so riß er einmal einem Offizier, der ihm zu nahe kam, ein Stück aus der Wange.
Auflösung des Buchstaben-Räthsels in Nro. 23:
Bach. Buch. Bauch.