lassen. Der Pächter selbst aber schien gleichwohl auch hier eine Erklärung für geboten zu erachten.
„Ich habe jetzt, nachdem die Erntefuhren gethan sind, meine übrigen Pferde verkauft", sagte er. „Erst später, wenn die Pferdemärkte beginnen, denke ich mich wieder mit frischem Zugvieh zu versehen."
„Ah, ich verstehe", ries ich mit weise an die Nase gelegtem Zeigefinger. „Sie wollen als gescheiter Oekonom für einige Wochen das Futter sparen." ^
„Sie haben meinen Grund mit glücklichem Scharfsinn her» ausgedrachl", entgegncte der Pächter mit einem Blicke, der zwischen einer erkünstelten Bewunderung und einem versteckten Hohne tn der Mitte schwebte. „Wollen wir nun nach den Wohn- räumcn — —"
„Bitte recht scheen, zeigen Sie mir tätigst noch etwas von Ihrer sonstigen Wirthschafi" , wandte ich ein. Sie klauben kar nicht, welchen Reiz diese ländlichen Dinge — itillisch nennt man das bei uns in der Hauptstadt — für uns Stadtmenscheu haben."
„Es ist da nicht viel zu sehen, lieber Herr Dehnike," entgegnet« der Pächter etwas ungeduldig. „Meine Schafe haben Sie draußen am Walde gesehen, meine Kühe aber sind aus der Weide."
„Wie schade'." beklagte ich. „Ich kloobte erst ein Stück Rindvieh in jenem Stalle dort brummen zu hören."
„Das ist im Nachbarhofe gewesen," log der Pächter frech.
„Aber die Schweinchen, die lieben niedlichen Schweinchen!" fuhr ich beharrlich fort. „Kann ich nicht wenigstens diese anke- nehmen Dierchen eenmal sehen?"
„Es thut mir wahrlich schmerzlich leid, Ihnen so ungefällig erscheinen zu müssen," entgegncte Sauer ein wenig verlegen. „Ich habe meine Schweine vor Kurzem mit vielem Glück verkauft."
„Schade, wirklich recht sehr schade," klagte ich mit betrübter Miene, während mir die eigenthümlichsten Gedanken über diesen vorzeitigen Ausverkauf der sämmtlichen Schweine in rascher Folge durch das Gehirn gingen, Gedanken, von denen sich Sauer hoffentlich nichts träumen ließ.
„Sie haben eine kute Ernte dies Jahr kehabt," fuhr ich nach einem raschen Blicke durch das offene Scheunenthor fort. „Das ist ja alles voll bis unter das Dach."
„Ja, ja, ganz recht, mein bester Herr Dehnike," bestätigte der Pächter flüchtig, während er mich zugleich am Arme erfaßte und fast gewaltsam nach dem Wohnhause zog. „Darf ich nicht bitten, näher treten zu wollen?"
Was blieb mir übrig, als dem Dränger diesmal nachzu- geben? Ein längerer Widerstand hätte schließlich doch den Verdacht des schlauen Burschen erregen können. So ließ ich mich denn von Sauer in das Hans und nach einem kurzen Aufenthalte in dem Wohnzimmer nach den für mich bestimmten Man- sardräumen hiuaufführen. Der Pächter verstand es nicht übel, die kaum bemerkbaren Reize dieser kleinen und wüsten Zimmer in ein glänzendes Licht zu stellen. Aber trotz alles dringlichen Zuredens, 'welches der Schlaue an den schon halbgefangenen Gimpel verschwendete, erklärte ich zwar schließlich, das für die Verhältnisse von Dachhausen schwindelhaft hohe Miethgeld sogar für passabel billig und die Aussicht auf die Düngergrube des Pachthofes für wunderbar „itillisch," aber ich behielt mir zum großen Verdrusse Sauer's schließlich — die Zustimmung meiner Frau-Eheliebsten beharrlich vor. Vergeblich zuckte Sauer zu diesem Vorbehalte seine schmalen Schultern recht spöttisch, indem er mich lächelnd fragte, ob die Lieblingspantoffeln meiner Frau von Sammt, Leder oder Holz verfertigt würden. Ich verwahrte meine hausherrliche Würde sehr feierlich gegen diesen bösen Vorwurf, hielt aber den Vorbehalt selbst aufrecht und verließ endlich das Wohnhaus, ohne einen Zoll breit von meiner Meinung zurückgewichen zu sein, mit dem Aufgebote aller höflichen Redensarten, aber auch mit allem Selbstbewußtsein eines wirklichen zur Ruhe gesetzten Seifcnsiedermeisters, der von seinen Renten lebt.
„Sie werden cs unter diesen Umständen begreiflich und billig finden, daß ich über die Mansarde verfüge, sobald sonst Jemand darauf reflektiren sollte," rief mir der Pächter mit schlecht verhehltem Aerger noch unter der Thür nach.
„Das versteht sich von selbst, mein verchrtester Herr Kuts- bächter," entgegncte ich. Indessen aber hoffe ich dennoch, daß ich die hibsche Wohnung noch frei finden werde, wenn ich vielleicht kanz pletzlich, Heeren Sc, binnen Bälde, wie Ziethen aus dem Busche, wiederkehre. Die Sähsong ist ja im Grunde vor- iber, wie der Herr Kutspächter selbst kanz richtig bemerkten. Ja, ja, halten Sic das Quartier nur immer scheene barat und im Stande, daß ich nich etwa in der Dorfschenke ibernachtcn muß. Nee, Heeren Se, das wäre mir was Scheines."
Ich hatte die Ueberraschung absichtlich in Aussicht gestellt, weil ich hoffte, der Pächter werde sie als unbequem betrachten und dagegen protcstiren. Wenn es mir aber auch einen Augenblick laug so vorkam, als habe Sauer eine solche Absicht, so schien er sich doch rasch anders besonnen zu haben. Genug, er schwieg.
Probiren wir ein anderes Stück, dachte ich.
„Der Weg bis zum Holze ist wohl nicht zu verfehlen?"
fragte ich wie oben hin. „Und von dort wcest mich dann Ihr kurioser Schäfer zurecht."
Diesmal ging der schlaue Bursche an den Köder.
„Warum wollen Sie den unbequemen und weiten Weg wählen?" sagte er mit wunderbarer Ruhe. „Folgen Sie lieber der näheren und bequemeren Chaussee."
Da ich sehr genau wußte, daß unser Fußweg der weit nähere war, so stand damit auch fest, daß der Pächter Berührungen zwischen mir und Math vermeiden wollte.
„Bedanke mich zum Allerscheensten," entgegnete ich. Freilich hätte ich den alten Burschen, der ein wunderliches, pudelnärrisches Gewächs scheint, kanz kern noch einmal kesehn."
„Hm, den Schäfer?" wiederholte Sauer. „Sic halten den Burschen in der Arglosigkeit Ihres eigenen Gemüths wohl für eine recht harmlose Seele?"
„Was? ist er das nicht?" fragte ich mit dem Ausdrucke des an gelinden Schrecken grenzenden Erstaunens, „'s ist wohl kar am Ende ein schlechtes Subjekt? He?"
„Nun, ich will nicht gerade das behauptet haben," entgegnete Sauer. „Das verhüte Gott, daß ich einem meiner Mitmenschen, die wir als wie uns selbst lieben sollen, einen üblen Namen anhänge. Nein, nein, ich glaube nicht an seine Schuld."
,,An seine Schuld? Was heeßt denn daS wieder? Hat er am Ende kar ein Verbrechen belangen?"
„Stünde das fest, so würde ich ihn nicht in meinem christlichen Hause dulden. Es ist aber allerdings einmal vor Jahren der Verdacht eines schweren Verbrechens gegen ihn entstanden."
„Und trotz dieses Verdachts haben Sie ihn Ihre Dienste kenommen?" fragte ich mit möglichst weit aufgeriffenen Augen.
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— (Am Spieltisch.) In den Lloires, ck'un ckouruallists von H. de Pillemessant, vierte Serie, wird folgender Vorfall, den Villemessant in Baden-Baden beobachtete, erzählt: „Bekanntlich war den preußischen Officieren das Spiel, auch mit dem allergeringsten Einsatz, verboten. Ein solcher aber, in Civilkleidung, hatte 10 Louisd'or auf eine Farbe gesetzt, die zweimal herauskam; eben wollte er seine 40 Goldstücke vergnügt einstreichcn, als sein Blick auf den König von Preußen fiel, der sich damit unterhielt, dem Spiele znzusehen. In seinem Schreck wagt der Offizier nicht, die Summe einzuziehen. Dieselbe Farbe kommt noch ein drittes, viertes und fünftes Mal heraus, es stehen 3200 Francs; aber der Glückliche steht unbeweglich, den kleinen Finger an der Hosennaht, in Paradestellung, der Gefahr ins Auge sehend, wenn die Kugel das nächste Mal minder günstig rollt, die ganze Summe wieder zu verlieren. Der König machte der gespannten Situation ein Ende, indem er näher trat und ihm gütig sagte: „Ich rathe Ihnen, Ihren Gewinn einzuziehen und sich schnell davon zu machen, noch ehe ich Sie bemerkt habe; das Glück könnte Ihnen nicht so günstig bleiben."
— (Hosenteufel.) Eine der unsinnigsten Erfindungen, welche die Mode je gemacht, waren die Pluderhosen, wahre Ungeheuer von Beinkleidern, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts aufkamen und namentlich von den Landsknechten in's Fabelhafte erweitert wurden. Fabelhaft ist gewiß nicht zu viel gesagt, wenn man erfährt, daß 60, 80, ja 130 Ellen Zeug zu solchen Pluderhosen verwendet wurden. Die Geistlichkeit jener Zeit hat gegen diese tolle und geschmacklose Verschwendung unzählige Predigten gehalten und der brandenburgcr Hofprediger Masoulus schrieb sogar eine eigene „Vermahnung und Warnung vom zuluderten, zucht- und ehrverwegenen plndrichten Hosenteufel".
— (Ein artiger Gauner.) Der Sattler K. in Berlin empfing durch die Post folgende Zeilen: Einliegend empfangen Sie den Pfandbrief über die goldene Repetiruhr. Vielleicht ist es ein Familienstück und Sie legen Werth darauf. Hochachtungsvoll!" „Was ist das?" ruft der Sattler aus. Er geht eilends nach der Schlafstube, wo die Uhr immer über seinem Bette hing. Die Uhr war fort. Der Dieb hatte sie ins Leihhaus getragen und dem Eigenthümer den Pfandschein zur Einlösung zugesandt.
Buchftabenräthsel.
Einsilbiges Wort.
1. Mit a, ob krumm, ob langgestreckt,
Rennt's ruhelos von Ort zu Ort,
Jedoch nicht ohne Murren.
2. Mit rr erscheint es viergeeckt,
Geht nie vom Platz freiwillig fort
Und steckt voll Weisheit oder Schnurren.
3. Thut sich's mit a und u Dir kund,
Dann wölbt sich's rund
Und seine Sprach' ist böslich Knurren.
Dem, der stets gut auf I und 2 und 3 gab Acht,
Hat Freud' und Wohlstand auch stets 1 und 2 und 3 gebracht.
Dem, der nicht weislich die Gefahr in 1 und 2 und 3 erkannt,
Nahm's Ehr' und Leben schon, auch Haus und Hof, Sinn und Verstand.