Der Gesellschafter
Amtsblatt für den Obemmtsbezirk Nagsld.
Nr. 16.
Srstdemt wScken'ttrch amal und kvite. ^ ^
daldjädrtt» hier-1 kr., i« Bezirk , MlStag dtll 9. MlUar. : Lücküng 3 " «reuz-r" l8?5.
bei medrmatiaer ic ä Kreuzer.
mit PvstaufjÄiag 1 ft. b kr.
LageS-Neuigkeiten.
--- Am gestrigen Sonntag Morgen brannte in Spielberg ein Haus theilwcise ab. Enlstehungsursachc noch unbekannt.
MF?- Die k. Eisenbahn-Hauptkasse macht die Stationskassen darauf aufmerksam, daß gefälschte großherzoglich badische 10 fl.-Scheine kursiren, welche am dünneren Papier, mangelnden Wasserzeichen, verwischtem Druck und an mangelnden oder schlecht ausgedrückten Trockenstempeln kenntlich sind und von der badischen Regierung unter keinen Umständen vergütet werden.
Lauphcim, 4. Febr. Nachdem bereits gestern die Nachricht hier angclangt war, daß in Basel zwei verdächtige Individuen ungehalten und im Besitz von Gegenständen getrosten worden seien, welche aller Wahrscheinlichkeit nach in Laupheim geraubt wurden, kamen heute die Gegenstände selbst ei» und wurden sofort von den Beraubten anerkannt, welche ihnen gelegentlich der Ermordung ihrer Haushälterin am 28. v. M. entwendet wurden. Es kann somit nicht wohl einem Zweifel unterliegen, daß die in Basel Verhafteten die Urheber des hier verübten Raubmords sind.
Friedrichshofen, 4. Febr. Die Mörder der jüdischen Haushälterin Emilie Lcvinger in Laupheim haben nach vollbrachter That den Weg über hier genommen, um in die Schweiz zu entkommen. Durch zwei erprobte Diener im Dienste der öffentlichen Sicherheit, durch den Stationskommandanten Brodbcck und Polizeiwachtmeister Bauer von Ulm, welche beide die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung der Mörder abschickte, wurde in Erfahrung gebracht, dag in einem hiesiger» Kleiderladen eine neue Montur angejchasst und ungezogen und ein paar alte zerrissene Strümpfe ll 8. gezeichnet und Hofen mit Blutspuren zurückgelassen wurden. Ebenso wurden in einem andern Laden ein wollenes Hemd und einige Stehkragen gelaust und mit einem der geraubten 10 Thalerscheine bezahlt. Die beiden Polizeiosfizianten setzten ihre Nachforschungen bis Zürich fort, woselbst aber alle L>pur verloren ging. Nach heute hier eingelauscner Nachricht sind die muthmaßlichen Mörder, ein Kutscher S ch n eid er aus dem Tübinger Obcraml, und ein Steinschleifer Säuger aus Hohebach, Oberamls Künzelsau, in Basel verhaftet worden. (N. T.)
Aus dem Roththal, 2. Febr. Letzten Sonntag war in Kirchenkirnberg eine seltene Hochzeit. Braut wie Bräutigam waren je 78 Jahre alt. Diese Leutchen hatten schon mehrere Jahrzehnte zusammengelebt. Früher wurde ihnen das Heirathen nicht erlaubt, werl sie arm sind ; nun im Alter hielten sie es auch nicht mehr für nolhwendig. Allein die Frau war aus einer anderen Schultheißerei und würde nach dem gegenwärtigen Armenunterstützungsgesetz ausgewicsen. „So jetzt heirathen wir", sagte der Mann, „dann kann man uns nicht mehr trennen". Und so geschah es auch. (N. T-)
Kaiserslautern, 3. Febr. Wie wir hören, wird vom 1. Mäcr an in allen Werkstätten der pfälzischen Bahnen statt der zehnstündigen Arbeitszeit die elfstündige Arbeitszeit (exclusive der Vesperzeit) wieder eingeführt werden.
Kassel, 5. Febr. Großes Aufsehen erregt hier die Entdeckung einer aus Gymnasiasten, Real- und Bürgerschülern bestehenden Verbindung mit ca. 15 Mitgliedern, denen das Unglaubliche nachgesagt wird, daß sie seit vorigen Sommer Uhren, Wurst, Bier u. s. w. im Werthe von mindestens 100 Thlr. sich widerrechtlich angeeignet und verjubelt hätten.
Wenn der öftcrrnchische Staatsschatz ein Gesicht hätte, so würde er recht freundlich lächeln; denn es ist ihm durch dieAnsel m Rothschild'sehe Hinterlassenschaft eine Erbschaftssteuer von beiläufig 4 Millionen zugesallcn. Das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Verstorbenen belief sich aus 235 Millionen. Da war es schwer, nicht lachender Erbe zu sein.
Der O f e n h ei m'sehe S cand al - Proceß in Wien zieht immer größere Kreise und hat schon jetzt die unglaublichsten Dinge zu Tage gefördert. Wrr beschrärken uns daraus, zwei der wichtigsten Zeugenvernehmungen aus den Gerichtsverhandlungeu der Haupsache nach in Kürze mitzntheilen: die des vr. Carl Giskra und die des dcrmaligen österreichischen Handclsministers vr. Ban- Hans. vr Giskra, einer der gesuchtesten Advokaten des ganzen Kaifersiaatcs, Abgeordneter, Präsident des Parlamentes, Bürgermeister der Hauptstadt Mährens, Delegationsmitglied und längere
, Zeit Minister des Innern, Halle in seiner Eigenschaft als Ver- , wallungsrath der Lcmberg-Ezcruowitzcr Bahn als Zeuge vor dem Gerichtshof zu erscheinen. Jedermann wollte ihn sehen, die feurigen wunderbare Gewalt seiner Rede zu hören, lind man sah und hörte, vr. Giskra fand an Osenheims Verhalten nichts zu tadeln, erklärte ihn mit Aufbietung seiner ganzen Redegewandtheit für einen Ehrenmann, den Bau der Bahn für vollkommen legal und den Gründergewinn für einen erlaubten. Er selbst, Giskra, habe sich für seine Concession 100,000 Gulden bezahlen lassen. Warum auch nicht? Man möge ihm erst in Oesterreich Jemand sagen, der die „Trinkgelder, Douceurs, Provisionen" u. s. w. nicht annehme. Dies reiche vom Kellnerjungeu bis zum höchsten Vcrwaltungsbeamten hinaus. So sprach Giskra 5 Stunden lang in blühender Rede für den Angeklagten, hielt aber seiner Ehre — die Leichenrede. Der Handclsministcr vr. Banhans war auf Antrag des Vcrtheidigers Osenheims als Zeuge vorgeladen. Im Lause der Verhandlung beschuldigte der Vcrtheidiger den Minister, von der Hypothekar Nentcnbank G r n n d c r ge w in il bezogen zu haben, woraus vr Banhans unter ungeheurer Aufregung des Publikums auf seinen Eid und sein Gewissen die Un» Wahrheit dieser Behauptung versichert. Der Berlheidiger, damit nicht zufrieden, schleuderte dem Minister in ziemlich unzweideutiger Weise den Vorwurf des Meineids zu. Bauhaus habe doch einen Gründergewinn erhallen und diesen mit einer andern Person gethcilt. Er, der Vcrtheidiger, besitze selbst hierüber eine schrist» liche Bestätigung von der Hand des Handclsministers. Abermalige feierliche Zurückweisung dieser Verdächtigung auf Eid und Gewissen. „Also Exzellenz erklären" — ruft der Vcrtheidiger und fährt mit der Hand in die Rocktasche . . . „Exzellenz sind entlassen!" fällt hier der Präsident des Äerichtshoss, Baron Witlmann, ein. Tief ergriffen verläßt vr. Banhans den Saal und es entsteht ein unbeschreiblicher Tumult. — Die seltsamsten Gerüchte von einer Minisierkrisis erfüllen seildem die Luft in der Residenz.
Man hat im Lüneburgischen eine reiche Petr 0 leumqu elle entdeckt, die schon zwei Fuß unter der Erde an den Tag tritt. Von Bremen aus ist ei» Ingenieur an Ort und Stelle gesendet worden, die Farbe des entdeckten Petroleums ist ganz wasserhell.
Madrid, 5. Febr. Zorilla erhielt wegen'"Agitationen zu Gunsten der Republik die Aufforderung, Spanien zu verlassen, und reiste in Folge dessen nach Frankreich ab. (Wie schnell ändern sich doch die Zeiten!)
London, 5. Febr. Heute hat die Eröffnung des Parlaments stattgefunden. Die Eröffnungsrede betont die befriedigenden Beziehungen Englands zum ganzen Auslande. Zur Fortsetzung der Brüsseler Conferenzen über das Kriegs-Völkerrecht habe die Regierung ihren Beitritt wegen der Unvereinbarkeit der anseinandergehenden Ansichten, die bei der Conferenz hervorgetreten, versagen zn müssen geglaubt. Die Frage der Anerkennung Alfonso's werde erwogen und baldigst entschieden werden. Die Königin hoffe lebhaft, daß der Friede in Spanien bald wieder hergestellt werden würde. Die Finanzlage Englands sei eine befriedigende, der Wohlstand des Volkes nehme andauernd zu.
Der Guckkasten. (Fortsetzung.)
„Ja, aber dieser Verwalter Math war ein großer Thier- freund urw sein eigenes Lieblingspfcrd, sein alter, treuer Hans, das er mit auf den Hof gebracht hatte, ist damals, verbrannt. Dann ist der Math noch mehrere Tage ruhig dagebliebeu und hat mir und dem Unlersiichungsrichier auf alle Fragen so gelassen und unbefangen geantwortet, daß gar kein Verdacht gegen ihn auskommen konnte."
„Schließlich aber ist er dennoch entwichen?"
,,Ja, am dritte» Tage, nachdem ihn mein Kollege Peter- maiur in Arbeit genommen hatte. Wer weiß, was damals ge» schehen,ist. So viel steht fest, daß der Muth nicht für das Petermännle paßte, denn er hatte sich eine Art von Naturreligion gebildet und ging selten in die Kirche."
„Ist er nicht steckbrieflich verfolgt worden?"
„Natürlich."
„Und man hat nichts über ihn gehört?"