60. Jahrgang.

Mo. 49.

Amts- unä InteMgenAkatt Ar äen Kezir^.

Erscheint Z»ie«st«g, Z»s«n«r»tag L Sorustag.

Die EinrückungSgebühr beträgt S ^ p. Spalte iw Bezirk, sonst 12 H.

Aamstag, äea 23. Aprik 1883.

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Abonnementspreis halbjährlichst 80 H, dmch die Post bezogen im Bezirk 2 30 sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

ZUM Abounrmenl auf das

für Mai Mld Juni ladet Jedermann m Ztadt und Fand stevnd-

llch^ kill äie Aella^iion äegEa^ver Moäen^aÜ8."

Amtkiche Wekcrnntmcrchungerr.

Calw.

Amlsversammlung.

Am Mittwoch, de» 29. d. M., Vormittags 8 Uhr,

findet eine Sitzung der Amtsversammlung auf hiesigem Rathaus statt, bei der nach dem bestehenden Turnus die Gemeinden Calw, Aichhalden, Altheng- stett, Bergorte, Breitenberg, Deckenpfronn, Gechingen, Hirsau, Holzbronn, Hornberg, Liebenzell, Möttlingen, Neuhengstett, Oberkollwangen, Oberreichen­bach, Ostelsheim, Ottenbronn, Schmieh, Simmozheim, Sommenhardt, Speß- hardt, Stammheim und Würzbach und zwar Calw mit 6, Deckenpfronn und Stammheim mit je 2 Stimmen, die übrigen Gemeinden mit jck 1 Stimme stimmberechtigt sind. Die Ortsvorsteher der nicht stimmberechtigten Gemeinden sind °'n.gckod?n, der Amtöversaniinlung mit-beratbrnder Stimme auzuwohnem Die Ortsvorsteher von Calw, Deckenpfronn und Stammheim werden aufgefordert, für die Erwählung der Amtsdeputirten pr. 1885/86 alsbald Sorge zu tragen und das Ergebniß der Wahl rechtzeitig hieher anzuzeigen. Gegenstände der Berathung sind:

1) Mittheilung des Ergebnisses der Abhör der Amtspflegerechnung pr.

1883/84.

2) Vortrag der Rechnungsergebnisse der Amtspflege pr. 30. Sept. 1884

und 31. März 1885.

3) Feststellung der Amtsvergleichungstaxen pr. 1885/86.

4) Mittheilung der Beschlüsse der Landarmenkommission pr. 1884/85.

5) Dekretur der Amtsvergleichungskosten pr. 1884/85.

6) Naturalverpflegung armer Reisender.

7) Uebernahme der Kosten der Haltung und Heizung von Amtslokalen

für die Notariate auf die Amtskorporation.

8) Benützung der Bezirkspostwerthzeichen für den Postverkehr der Bezirks­

krankenkasse.

9) Verwilligung eines Jahresbeitrags für die Arbeiterkolonie Dornahof

OA. Saulgau.

10) Berathung des Amtskörperschaftsetats und der Amtsschadensumlage

pro 1885,86.

11) Bitte des Kaminfegers Georg Eberhard um Uebertragung seines Kehr­

bezirks an seinen Sohn Ferdinand.

12) Abänderung des zwischen der Amtskorporation und der Stadt Calw

abgeschlossenen Vertrags über die Benützung des Krankenhauses.

13) Antrag auf Uebernahme der Unterhaltung sämtlicher Vicinalstraßen

des Bezirks in die Verwaltung der Amtskorporation.

14) Wahlen und zwar:

s) des Amtsversammlungs-Aktuars. (tz 77 des Verw.-Ed.)

b) des Amtsversammlungs-Ausschusses. (8 83 des Verw.-Ed.)

e) der Mitglieder der Landarmenkommission. (Art. 16 des Ges. vom 17. April 1873).

ä) der Oberamtswahlkommission für eine etwaige Landtagsabgeord­netenwahl. (Art. 18 «t des Ges. vom 16. Juni 1882 und 25 der Min.-Verf. vom 6. Nov. 1882 (Reg.-Bl. S. 216 und 352)).s

e) der Mitglieder der Kommission zur Vertheiluug der Quartierlast. (8 7 des Ges. vom 20. Juni 1868, Reg.-Bl. von 1875 S. 212).

'' >) der IbürgerrW» MitgÜever' det' Nr stKrte« Crjatzwinii.u sur« (H 2

Z. 6 der Ers.-Ord.) auf die Kalenderjahre 1886, 87. u. 88.

») der Sachverständigen für die nach dem Kriegsleistungs-Gesetz vom 13. Juni 1873 nökhig werdenden Abschätzungen auf die Jahre 1886, 87 und 88 (Min.-Amtsbl. von 1877 S. 251 und 1881 S. 17).

k) eines Stellvertreters des Vorsitzenden der Farrenschaubehörde.

15) Sonstige Gegenstände von untergeordneter Bedeutung.

Den 23. April 1885. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Calw.

An die Orlsvorsteher.

Die Ortsvorsteher derjenigen Gemeinden, welche den Staatsbeitrag zu den Kosten des Schneebahnens und Schneeschäufelns auf Staatsstraßen und auf Nachbarschaftsstraßen mit Postwagenverkehr für den Winter 1884/85

Feuilleton.

Im Abgrun-e.

Roman von Louis Hackenbroich. (Verfasser des Roman«:Ein Vampyr.-)

Fortsetzung.

Leo hatte, als er geendet, mit gebeugtem Haupte, in passiver, resignierter Haltung der Entscheidung geharrt, die sein Richter nun fällen würde. Bal­timore hatte ihm mit unverkennbarer Unruhe und Angst zugehört; das Glück des Bewußtseins, daß er seiner Tochter nichts zu verzeihen hätte, erstickte sofort das Feuer seines vorigen Zornes, und sein Ton hatte schon nichts Drohendes mehr, als er antwortete:

Also Therese hat Sie niemals zu Ihrem Verhalten ermutigt? Gesegnet sei sie dafür, das edle Kind! Und dennoch, sie liebt Sie!"

Sie liebt mich!" rief Leo mit unvergleichlicher Wonne aus.

Kommen wir zu Ende, Herr!" unterbrach ihn rauh Baltimore, der die fieberhafte Erregung des jungen Mannes keiner Beachtung wert hielt. Ich habe Sie gefragt, welches Ihr Zweck war. da Sie eben in mein Eigen­tum eindrangen, und auf diese Frage blieben Sie mir die Antwort schuldig. Sie wollten doch nicht, denke ich, Theresens Liebe gewinnen und Sie dann verraten ?"

O, Herr!" rief Leo im Tone wahrhafter Entrüstung aus.

Sie wollten sie also zu Ihrer Gattin machen?" fragte Baltimore kalt weiter.

Meine Gattin! O, wenn der Himmel mir dieses Glück gewähren wollte!"

Die Einwilligung des Himmels findet vor dem Notar und dem Standes­beamten keine Erwähnung", fiel mit Spott Baltimore dem begeisterten jungen Manne ins Wort.Mir genügt die Einwilligung Ihres Vaters. Führen Sie mich zu diesem!"

O, sofort!"

Gut. Erlauben Sie mir jedoch, daß ich vorher meine Tochter beruhige; ich will nicht, daß sie länger fürchten soll, ich sei erzürnt über sie, eines Fehlers wegen, der Ihnen allein zur Last fällt."

Baltimore ließ Leo nach diesen Worten allein in der Laube zurück und begab sich eiligen Schrittes in das Haus.

Leo hatte Zeit, sich ganz dem Gefühle des Glückes hinzugeben, das ihm dieser unverhoffte Ausgang seines Abenteuers bereitete. Plötzlich schaute er aus seiner seligen Träumerei auf und gewahrte hinter den Scheiben eines Blumenhauses, das wenige Schritte von der Laube gegen die Gartenmauer angebaut war, inmitten eines dichten Blütterwerks, zwei funkelnde Augen, die ihn mit unverwandter, angestrengter Aufmerksamkeit betrachteten. Ueber- rascht von dieser Erscheinung, wollte er sich eben dieser ihm unverständlichen Neugier entziehen und weiter in das Innere der Laube zurückziehen, als mit einem Male die Thür des Blumenhauses heftig aufgerissen wurde, und eine Frau von gespensterhaftem Aussehen, mit verzerrten Gesichtszügen, mit losem, flatterndem Haar auf ihn zugeeilt kam. Er trat schnell aus der Laube heraus auf den Gartenweg; die Frau, welche wild mit den Armen gestikulierte, blieb dicht vor ihm stehen, legte ihre beiden knöchernen Hände auf die Schultern des vor Entsetzen starren jungen Mannes und betrachtete Zug um Zug, Linie um Linie mit flammenden Augen sein Gesicht. Nur wenige Sekunden dauerte diese peinliche Scene; dann stieß plötzlich die Frau einen gellenden Schrei aus und stürzte besinnungslos, wie vom Schlage gerührt, auf die Rasen­fläche zur Seite.

Eben trat Baltimore wieder aus dem Hause, um zu Leo zurückzukehren; er vernahm den schaurigen Schrei, und in wenigen erschreckten Sprüngen war er zur Stelle, hob den leblosen Körper der Frau auf seine Arme und trug dieselbe im Laufe in das Wohnhaus.

Nur wenige Augenblicke wellte er drinnen, und fünf Minuten später stiegen beide Männer in einen Fiaker, ohne daß Baltimore nur mit einem Worte dieses sonderbaren Zwischenfalls Erwähnung that.