Die Eltern umgaben sie mit doppelter Liebe. Allein sie mußten es schmerzlich empfinden, daß ihre Zärtlichkeit ihrem Kinde keinen Ersatz bieten konnte sür das genossene höhere Glück. Der Vater sprach ernst, sprach vernünftig mit ihr; sie hörte ihn an und sagte seufzend: sie könne es nicht ändern, sie könne ohne Friedrich nicht leben, es nicht ertragen, daß er mit andern Mädchen verkehre, sich gewöhne, ohne sie zu sein. Sie magerte ab, bekam ein kränkliches Aussehen, der Arzt rieth den Eltern, sie durch eine Ncise zu zerstreuen, und deutete an, daß eine Aus­zehrung drohe. Höchst niedergeschlagen schrieb der Vater an den Verlobten und theilte ihm seine» Kummer mit. Der Lieutenant nahm hierauf sogleich Urlaub. Die unerwartete Freude des Wiedersehens wirkte auf das günstigste^gab ihr den Appetit miedet und sie gedieh sichtlich unter dem -Sonnenschein seiner Blicke. Dessen ungeachtet war es ihm nicht entgangen, welcher Wurm au ihrem Leben genagt, und wie er sich auch bemüht hatte, sie anfzurichtc», zu beruhigen, zu trösten, ihr vorzuwersen, daß sie ihn beleidige, wenn sie an seiner Treue zweifle, sie zu bitten, Vertrauen zu ihm zu hegen, so fruchtete das nur so lange, wie seine Anwesenheit dauerte, und er sah mit Betrübnis-, welchen Kummer seine Entfernung über die einst so glückliche Familie gebracht hatte. Nach seiner Rückkehr in die Garnison traf ein Brief von ihm ein,-in welchem er seine Gefühle in Bezug auf diese Sachlage warm aussprach und seinem Schwiegervater als das einzige in seiner Macht liegende Mittel, eine Aenderung her- beiznführen, verschlug, daß er seinen Abschied nehmen und mit Olga nach Amerika auswandern wolle, wo ein Mann mit Ge­sundheit, Arbeitskraft und etwa gutein Willen sicherlich für die Existenz einer Familie zu sorgen im Stande sein werde. Wenn Herr Ahlers also mit diesem Plane einverstanden sei und ihm keinen bessern entgegen zu halten wisse, so möge er mit Olga darüber sprechen, ob sie ihm in die neue Welt als sein Weib folgen wolle.

Gerührt theilte Herr Ahlers den Inhalt dieses Schreibens vorerst seiner Gattin mit und fragte diese um ihre Meinung. Wie sich erwarten ließ, schrack sie zurück vor der Idee einer so weiten Trennung.Unser liebes einziges Kind!" rief sie schmerz­lich aus.Sage selbst, Ahlers, was bleibt uns, wenn wir dieses verlieren? Und geht sie nach Amerika, so ist sic so gut wie ver­loren für uns!"

Wohl wahr! Allein wenn sie hier bleibt, steht die Sache nicht viel besser. Du kennst den Ausspruch des Arztes. Ver­nünftig sein und die Trennung mit Geduld erwarten, will sie nun einmal nicht. WaS bleibt uns also schließlich übrig, als das Opfer zu bringen, ihr Glück dem unseligen Vorgehen zu lassen? Am Ende sind wir es doch, welche hier die Schuld tragen. Wer hieß uns so leichtsinnig sein und wer weiß auf was für Zufälligkeit rechnen, als wir sie diesem Manne verlobte», der nun der unschuldig Milleidende ist; denn er konnte nicht ver- muthen, daß die Sache einen solchen Ausgang nehmen würde, nachdem die gute Agathe ihn in jeder Weise einen Antrag zu machen ermuthigt. Ich muß aufrichtig gestehen, daß ich selbst, nach dem Eifer, womit sie die Sache betrieb, nicht vermuthet hätte, daß sie die Kinder auf ihren Tod warten lassen würde. In­dessen ihr deßhalb Vorwürfe machen, darf man nicht, denn sie könnte uns sonst noch undankbar nennen und klagen, daß wir nicht eilig genug zu unserem Erbe kommen könnten. Es bleibt uns, meiner Meinung nach, also nichts übrig, als die Dinge gehen zu lassen, wie das Schicksal es will, und den Vorschlag des braven Friedrich noch einmal recht ernstlich in Erwägung

ziehen." ..

Gibt es denn keinen Ausweg?" fragte die Mutter ängstlich.

Keinen, daß ich wüßte," sagte Herr Ahlers achselzuckend.

Wenn wir es recht bedenken, s-, ist das Vermögen der Großtante doch so gut wie uns schon gehörig", begann sie nach einer Panse, während welcher sie der Sache ernsthaft nachgedacht zu haben schien.Das Testament ist gemacht. Die darin uns verschriebenen Obligationen liegen in ihrem Schreibpulte. Wir wissen die bezügliche Summe nicht genau anzugeben, aber von ungefähr. Wir könnten also diese Papiere schon wie die unse- rigen betrachten und darauf hin die nöthige Summe anderweitig erheben und für das junge Paar deponiren."

Wo wolltest Du sie erheben, da Du die andern doch nicht als positive Sicherheit dafür niederlegen kannst?" fragte Herr Ahlers verwundert.

Das ist es eben. Wir können sie nirgends erheben, wo diese gefordert wird; nur unser eigenes Gewissen, nur unsere mora­lische Ueberzeugung kann für die Wiedererstattung einstehen. Darauf hin aber, meine ich, könntest Du unbedingt die Summe aus dem Depositum der Anstalt nehmen, wo sie Niemand vermißt, und wenn die Tante stirbt, sie dahin zurücktragen."

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

(Ein weiblicher Caspar Hauser.) Die polizeilichen Arrestlocalitäten in München beherbergen seit einiger Zeit eine Gefangene ungewöhnlicher Art, ein etwa 14jähriges hübsches

Mädchen, welches im Englischen Garten allein herumirrcnd auf­gegriffen wurde und in Wuchs, Teint, Temperament rc. das Kind des Südens verräth; dasselbe redet eine eigenthämliche unver­ständliche Sprache, pflegt in seiner Zelte seltsame melancholische Weisen zu singen und zeigt übrigens andere minder poetische Ge­pflogenheiten. So liebt das Mädchen z. B. Cigarrenstummel, welche sie bei Führung durch die Gänge mit katzenartiger Behen­digkeit zu erhaschen weiß, als Delicatesse zu verspeisen u. dgl. Mnthmaßlich ist die Kleine aus einer Zigeunerbande freiwillig oder unfreiwillig ausgeschieden.

(Wie man 18l9 von Eisenbahnen dacht-e.) Ein merkwürdiges Exemplar der englischen wissenschaftlichen Zeitschrift Quarterly Neview befindet sich unter Glas und Nahmen im South- Kensington Museum zu London. Dasselbe ist aus dem Jahre 1819 datirt und enthält ein Urtheil über das damals neu auf­getauchte Project, eine Eisenbahn mit Dampfbetrieb anzulegen, mit der man zweimal so schnell als mit der Post befördert wer­den könnte. Dieses Urtheil lautet;Wir sind nicht die Befür­worter phantastischer Projecte, welche sich auf nützliche Institute beziehen. Wir verspotteten die Idee einer Eisenbahn als prak­tisch unausführbar! Gibt es etwas Lächerlicheres und Absurderes, als das Prostet eines Dampfwagens, welcher zweimal so geschwind gehen soll als unsere Postwagen? Eher ließe sich erwarten, daß man sich im Artillerie-Laboratorium zu Woolwich mittelst einer Congreve'schen Rakete befördern läßt, als durch die Gnade einer doppelt so schnell als unsere Postwagen laufenden Locomotive.

(Ein verdächtiger Gouverneur.)Sie können sich zurückziehen", sagte der Gouverneur Moses von Süd-Caro­lina zu einem farbigen Aufwärter, der in einer Restauration in Charleston hinter seinem Stuhl stand.Entschuldigen Sie", ant­wortete Sam, ich bin für die Löffel verantwortlich."

(Ueber moderne Kaffee-Verfälschungen) schreibt vr. R. Franz imPolytechnischen Notizblait" u. A.: Bei der Beurtheilung des Werthes der Kaffeebohnen wurde bis- . her von Seiten des Publikums nicht mit Unrecht auf die grüne Farbe derselben Gewicht gelegt; dieses Merkmal hat aber jetzt keinen Werth mehr. Es lag natürlich, wenn eine Schiffsladung Kaffeebohnenin Farbe" weniger gut ausgefallen war, dem Kaufmanne nichts näher, als ein färbendes Princip ausfindig zu machen, welches die grüne Farbe der rohen Bohnen möglichst täuschend nachzuahmen im Stande war. Leider hat der Erfindünqs- geist zu diesem Zwecks eine Kupfer enthaltende Farbe gewählt und in der That in .Hafenstädten förmliche Färbereien für Kaffee­bohnen gegründet, ähnlich wie sie für die Theesorten schon längst existiren. Will man einigermaßen eine Gewähr für die Reinlich­keit seiner Kaffeebohnen haben, so thut ma^ am besten, nachdem dieselbenverlesen" sind, sie mit heißem Wasser zn überqießen, zu trocknen und dann erst zn rösten. Durch eine solche Be­handlung, welche sich, abgesehen von dem Vorhandensein fremder Färbstoffe schon durch die Rücksicht auf die Sauberkeit empfiehlt, verliert die Kaffeebohne nicht an Werth; die wesentlichen wirksamen Bestandtheile des Kaffee's gelangen erst durch das Rösten zur Entwickelung. Um das Wasser, mit welchem man die Kaffee­bohnen gewaschen hat, auf einen Knpfergehalt zu prüfen, braucht man nur, nachdem man es etwas ungesäuert hat, eine blank ge­putzte eiserne (resp. stählere) Messerklinge hineinzutauchen und einige Minuten lang darin zu lassen. Nimmt man sie bann wieder heraus, so hat sie sich mit einem dünnen rothen Anfluge bedeckt, der nichts anderes als metallisches Kupfer ist.

(Die schlimmste Jagd.) Eine Newyorker Zeitung schreibt: Die Jagd auf den Hippopotamus an den Ufern des Nil, auf den Alligator in der Bai von Louisiana, auf den Löwen in Numidien, auf den Gorilla in Afrika, auf den Tiger in Ben­galen, den Bären in Schweden und den Wolf in den Steppen Rußlands solche Jagd ist ein reines Kinderspiel gegen eine Jagd nach einem treuen, fleißigen und bescheidenen Dienst­mädchen.

Eine Berliner Steuer-Einschätzungsliste enthielt folgende originelle Einträge von der Hand einer Dame. In den RubrikenStand und Charakter" war zu lesen:Wasch­weib, liebenswürdig" die letztere Eigenschaft ist jedoch nicht ganz zweifellos, weil in der Rubrik, welche die Höhe des Ein­kommens angeben soll, weiter bemerkt war:Unbestimmt; was heute verdient wird, wird morgen gefressen."

(Zimmermädchen:)Johann, warum macht der Herr Baron an seine Visitenkarten, dis er abqibt. immer ein Esels­ohr?" Bedienter:Zum Zeichen, daß er selbst dagewesen."

(Zur Kurzweil) setzt dieDorfztg." ihren Lesern u. A. Nachstehendes vor: Sie winkt Ihm so bezeichnend, daß Er den Sinn nicht mißversteht, sondern um Sie anhält und Ihr die Hand reicht. Sie übergibt Ihm darauf ihr Geld und nach Empfang desselben läßt Er Sie sitzen. Ist das nicht eine abscheuliche Schlechtigkeit?O nein! denn Er ist ein Omnibus­kutscher und Sie eintz Dame, die mitfahren wollte.

lBefilrcbtnng.lAb!!eins lebendias Schnecke im Salat viui Teufel!"Ast, reden S' nit so laut, sonst rechnet Ihnen der Kellner anch noch eine Portion Schnecken an!"