Der Gesellschafter
Amtsblatt für d§N OberaMtsbezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich Smal und kostet
Nr. 125. halbjährlich hier 54 kr., im Bezirk
mit Postaufschlag 1 fl. 8 kr.
Dienstag den 27. Oktober.
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2! rn t l i cl r e s.
N a g o l d.
An die Ortsvorfteher.
Da von zuverlässiger Seile angezeigl ist, das; die Bestimmungen der k Verordnung, belr. die Benützung öffentlicher Strotzen und ihrer Zubehördeu vorn 6. Juli 1873 (Reg.-Bl. Seite 295) inebesondere § 6, wonach einem begegnenden oder vorsahrcnden Fuhrwerk rechtzeitig und genügend zur rechten Seile ausgewichen werden muß, hänfig nicht befolgt werden, so erhalten die Orts- vorstehcr die Weisung, ans die Durchführung dieser Vorschrift strenge zu sehen, solche auf geeignete Weise bekannt zu machen und die Polizei Osficianten zu genauer Aussicht auznhalieu.
Von den Ortsb'ehördeu wird gehörige Untersuchung und Abrügnng der ihnen angczeigtcn Ucbertrelnngcn erwanc:.
Den 26. Oktober 1874.
K. Oberamt.
G ü n t n e r.
L a g e s - R e u i g k e i r e ».
** Nagold, 25. Lki. Letzten Freitag, Nachmittags 2 Ubr hielt der Waldcnscrprediger Gaivino ans Guastalla in Italien in hiesiger Kirche bei zahlreicher Zuhörerschaft einen interessanten Vortrag über die Verbreitung des Evangeliums in seinem H e i m a t hl a n d e, dem wir folgendes entnehmen: Nachdem die Waldenser viele Verfolgungen von Seiten des Pabstthums erlitten halten, bekamen sie endlich vom König Kail Albert in Sardinien im Jahre 1848 die erwünschte Religionsfreiheit. Dieselbe c>streckte sich unter Viktor Emannel seit 1859 und 1860 aus die Lombardei, Toskana und Neapel, nach 1866 auf Venedig und seit 1870 auch auf den Kirchenstaat. In 14 Gemeinden lufinden sich nun 20,000 Waldenser im Lande, wozn noch 3—4000 Ucbergctretene kommen. In Florenz besteht ein theologisches Seminar zur Heranbildung evangelischer Prediger. Die Hauptthätigkeit letzterer besteht in der Gründung von evangelische» Gemeinden (womit bis jetzt auf 76 Stationen ein Anfang gemacht ist) und Schulen, welche auch von katholischen Kindern fleißig besucht werden, da in Italien Volksschulen selten sind -, auch die Verbreitung von Bibeln, ncnen Testamenten und passenden Traktaten in der Landessprache lassen sich die Prediger und ihre Gehilfen, die Kolporteure sehr angelegen sein und können mit Freuden mittheilen, daß ihre Arbeit schon manche Fruchte getragen hat. Sie haben hiebei allerdings eine jährliche Ausgabe von 200,000 Franken, welche Summe lediglich durch freiwillige Beiträge aufgebracht wird, weßhalb sich auch die Zuhörer gerne zu Opfergaben, die sich auf ca. 40 fl. beliefen, herbei- ließen. Wie wir hören, wird Calvins nächsten Mittwoch Abend um 7'/r Uhr einen zweiten Vortrag in einem hiesigen Versammlungssaale Hallen, dem wir ein zahlreiches Auditorium wünschen.
Ebhausen. Nachdem das verflossene Halbjahr aus olleir deutfchenHGauen eine zahllose Menge Berichte von Fahnenweihen brachte, wozu auch unser Bezirk im thätigsten Wetteifer mit seinen Fahnenweihen tritt, feierte der Krieger- und Militär- Verein Ebhausen am 19. Okt. unter zahlreicher Betheilignng der auswärtigen Kricgervereine, edler Patrioten und herbeigeströmter Volksmenge aus Stadt und Land das Fest seiner Fahnenweihe. Die Feier, arrangirt nach dem in einer der letzten Nummer dieses Blattes mitgetheillen Programmes, ist als eine gelungene zu bezeichnen und befriedigte, ja überstieg die Hoffnungen für das Gelingen des Tags über alle Erwartungen. Morgens 6 Uhr Böllerschüsse vom nahen Stuhlberg, fast zu gleicher Zeit die schönen Klänge der Tagwache, etwas später aus Osten den freundlichen Gulenmorgen der Herbstsonne brachte Jung und Alt auf die Beine und zeigte in der Dekorirung und Beflaggung der Häuser in nicht geahnter Weise den Patriotismus der Gemeinde und daß Ebhausen das Herz auf dem rechten Fleck habe. Der Gesangverein Ebhausens cröffnete mit dem Bundesliede: „Brüder reicht die Hand zum Bunde" die eigentliche Festfeier, worauf Herr Pfarrer Z el le r durch eine gelungene Rede über die Entstehung, den Zweck und die Bedeutung der Krieger- und Mililärvereine sich seiner Ausgabe und Auftrags in vollster Anerkennung der Zuhörer entledigte. Nach Üebergabe der
Fahne bewegie sich der stattliche Zug, der zu einem unübersehbaren angeschwollen war, in alphabetischer Ordnung der Vereine von Ebhausen nach Wöllhansen auf den Festplatz, wo Herr Lehrer Pfänder zum Beifall aller nach einem frenndl. Willkomm das Jahr 1870,71 und 1873 in kurzen Zügen aufs neue wieder in die Erinnerung der Umstehenden zurück brachte und mit einem Hoch auf den deutschen Kaiser, auf den kronprinzl. Führer unserer süddeutschen Truppen und auf seine Majestät König K a r l seiner Rede einen begeisterten Schluß verlieh. Mit dem 'Neigen des Tags verließen die Vereine unfern Festplatz und ihre Quartiere, jedesmal mit Musik und unserem humoristischen Festreiter, Hrn. Metzger Schill, begleitet, mit dem wohlthueudcn Bewußtsein: Ebhausen har cs an nichts fehlen lassen, um feinen Festgästen ein in allen Beziehungen würdiges Heim zu bereiten. (Einen zweiten cingelaufcnen Bericht glauben wir durch obigen mit Dank gegen den Einsender zurücklegen zu dürfen.)
Stuttgart, 23. Okt. Eine w ür t t e m b er g i sch e Schriber-Uuiversität ist neuerdings hier errichtet worden. Fünfundzwanzig Notariatsgehilfeu sind nemlich hiehcr ciubcrnfen, um Vorlesungen über neueres Recht zu hören. Ein Kreisgerichtsrath des hiesigen Krcisgerichlshofs hält die Vorlesungen im Auftrag des Kgl. Justizmini'tcriums und wird dafür aus der Staatskasse honorirl, während seine Zuhörer ebenfalls einen Staatsbeilrag erhalten, um hier leben zu können.
Stuttgart. Die neue Garnisonskirche wird, wie wir hören, in der Stadtallee erbaut werden, auf einem bisher der Stadt gehörigen Platz, der im Tausch an den Staat abgetreten wurde.
In der bekannten Angelegenheit des Herrn Prälaten v. Kap ff berichtigen wir unsere dem Wagner'schen Bureau entnommene Miltheilung vom 20. d. M. dahin, daß zwar die ev- Oberkircheubchörde die erforderlichen Recherchen zum Abschluß gebracht hat, daß aber für die Entscheidung nicht diese Behörde, sondern das K. Ministerium des Kirchen- und Schulwesens nach der dienstlichen Stellung des Herrn Prä!, v. Kaff zuständig ist.
Backnang, 13.Okt. Wiewohl die hiesige Gew e r b e b an k auf's eifrigste bestrebt war, ihr Fortbestehen zu sichern, wirkte das ungeheure Defizit, das ihr früherer Kassier Müller ihr verursachte und das nach und nach bis zu der ausserordentlichen Höhe von 300,000 fl. anwuchs, wovon aus seiner Masse nur etwa 110- bis 115,000 fl. gerettet werden können, so erdrückend auf sie ein, daß ein Fortbestehen nachgerade zur Unmöglichkeit wurde. Sie hat deßhalb in der letzten Generalversammlung ihre Auflösung beschlossen und tritt nun in Liquidation, die im außergerichtlichen Wege erledigt werden soll, nachdem schon die meisten Mitglieder sich dazu verstanden haben, zur Vermeidung eines Gants den sie betreffenden Antheil am Ausfall in Güte zu decken.
Pfullingen, 21. Okt. In der hiesigen Heilanstalt soll in nächster'Zeit das Turnen für männliche und weibliche Kranke eingeführt werden. Der Direktor, vr. Flamm, hat deßhalb erst kürzlich mit dem hiesigen Turnlehrer Haar er eine renommirte ausländische Staatsanstalt besucht, um die Vortheile dieses Unterrichts selbst für Irre und Nervenleidende in praxi kennen zu lernen und wird nun in Pfullingen die erste Anstalt dieser Art in Württemberg errichten, wo das Turnen als Heilmittel Anwendung findet.
Ein eigenthümliches Mißgeschick ist, wie die Magd. Z. erzählt, der Redaktion desGothaifcheuHoskalenders pas- sirt. Das Bild des Grafen Arni in war für den Grafenkalender pro 1875 als Titelkupfcr ausersehen und von den jetzt schon mit der Fertigstellung beschäftigten Buchbindern bereits in eine Menge von Exemplaren eingeheftet worden. Da kommt die Nachricht von Berlin, daß Arnim sitzt, mit dem Bilde desselben konnte cs vorläufig nichts werden, und die Redaktion des Hof- kalenders zog es vor, Bild und Buchbinderarbeit dranzugeben, Arnim wird herausgemacht und ein Anderer kommt an seine Stelle.
In dem Pittsburger „Freiheitsfreund" war über den Bischof Hefcle von Rotten bürg geschrieben worden: „Zu den versöhnlichsten Mitgliedern des deutschen Episkopats gehört bekanntlich Bischof Hefcle von Rottcnburg. Derselbe mißbilligt