erklärte:, sich bereit, selber in das Wasser zu gehen, mau möge ihnen nur kein Leid anthun. Und so geschah es. Die vier Frauen placirten sich im Flusse nebeneinander und Wunder über Wunder! Nachmittags regnete es in Strömen. Die vier Weiber werden nun erst recht für Hexen gehalten; eines derselben ist in Folge dessen bereits wahnsinnig geworden, das zweite ist durchgebrannt und die dritte der Frauen hat sich, um einer neu­erlichen Taufe vorznbeugen; versteckt. An demselben Tage wurden die Kirchenglocken in's Wasser gelancbt, damit der Ncgen ja nicht ausbleibe. Nicht minder skandalös mar die Hexentaufe in Kraßnisoca. Unter Glockengelüme mußte» sich sämmiliche Frauen und Mädchen (von der ältesten bis zur jüngsten) zum Fluß be geben und in's Wasser gehen, damit man die Hexe» umer ihnen, die gewiß ertrinken würden, erkenne. In eiaem nahen Dorfe stahl der Waisen Curator die Blocke aus dem Kirchthurme und ließ sie in seinen Brunnen hinab, damit seinen Feldern der ge­wünschte Rege» bescheert werde.

Ein Weinbauer aus dem Limmatthal lieferte jüngst einem Züricher Wirth ei» Fuder Weinvon dem Zuber weg." Bei der Untersnchung desSausers" aber ergab sich, daß derselbe ein künstlich fabrizirtes niederträchtiges Gemisch von Tröster, Wasser, Weinsleinsäure und Traubenzucker war. Der Betrüger wäre fast gelyncht worden; er ist verhaftet.

DieLiberts" in Freiburg erklärt das (vereinzelte) Erscheinen der Reblaus im Kanton Genf als eine -strafe des Himmels für die an der Kirche verübten Misfethaten.In demselben Augen­blick (schreibt sie), da ihr die Millionen der Solothurner Stif­tung einsteckt, wird zwischen Fernex und Genf die Ankunft eines ganz kleinen Insektes gemeldet. Es kommt auf demselben Wege, auf dem ihr den Bischof vertrieben habt, und setzt sich im Namen der göttlichen Gerechtigkeit fest.". Es ist auffallend, meint das Genfer Journal", daß das rächende Insekt aus Frankreich kommt, wo die Kirche nicht der geringsten Verfolgung ansgesetzt ist.

Brüssel, 17. Oct. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist in der letzten Zeit, und zwar in ungewöhnlicher Weise auf das Wundermädchen von Bois d'Haine, Louise Lateau, gelenkt worden. In den letzten Sitzungen der Akademie der Medicin bekämpfte Dr. Baens in einer bemerkenswerthen und gelehrten Abhandlung das Buch, das der klerikale Professor der Univer­sität Löwen zu veröffentlichen sich erdreistet, um das angebliche Wunder der regelmäßig alle acht Tage blutenden Wundmale und anderer nicht weniger außerordentlichen Erscheinungen im Namen der Wissenschaft zu bekräftigen. Dr. Baens führt jene Er­scheinungen auf ganz natürliche Uisachen zurück uns gelangt zu dem Schluß, da er selbst Gelegenheit hatte, das Mädchen zu beobachten, sie sei selbst weit bedürftiger der ärztlichen Hülfe, als im Stande, Andere durch Anflegen der Hände u. s. w. zu heilen. Die Anregung dieser Frage im Schoße der Akademie dürfte alsbald eine offizielle Untersuchung des Thatbestandes zur Folge haben. Bis zur Stunde wird das Mädchen von den Klerikalen mit Argus-Augen bewacht; Niemand gelangt mehr zu ihr, ohne daß der dortige Geistliche sich überzeugt hat, daß er einen strenggläubigen Katholiken vor sich hat. Der Erzbischof von Mecheln beweist übrigens in dieser geheimnißvollen Geschichte eine weise Vorsicht, und diese sonst bei dem katholischen Klerus in solchen Angelegenheiten selten eigenthümliche Zurückhaltung läßt mit Fug und Recht darauf schließen, daß der Prälat selbst befürchtet, der Ausgang der ganzen Mirakel-Geschichte würde den Lug und Trug aufdecken. Die bürgerlichen Behörden haben aber nicht dieselben Gründe, die Enthüllung der Wahrheit zu befürchten. Ganz im Gegentheil. Es wäre ihre Pflicht und Schuldigkeit, die Welt über diesen Schwindel so rasch als mög­lich aufznklären.

Nom, 14. Okt. I)r. Th ein er ist heute gegen Mittag auf dem deutschen Friedhof an St. Peter wie eip landfremder und freundloser Mann begraben worden. Der ans ihm lastende Zorn der Kurie hat dies zur Folge gehabt. Die jetzt im Regi­ment der kathol. Kirche sitzen, halten ihn für einen Abtrünnigen, für einen Verräther. Die Geschichte wird ihm ein anderes Ur- theil sprechen. Bis zum letzten Augenblick hat er dem kathol. Christenthum, wo er es rein und selbstlos fand, in der Vergan­genheit und in der Gegenwart, seine Sympathie und ungeheu- chelte Verehrung bewahrt, dabei aber manche bittere Thräne ver­gossen über diejenigen, welcheunter dem Scheine, die kathol. Kirche zu heben, vielmehr ihre moralische Anktorität vernichten und die Erfüllung ihrer Aufgaben für die Cultur der Menschheit unmöglich machen."

Logronno, 10. Ott. Bei der jetzigen Weinlese hatten die Carlisten eine neue Art von Erpressung ausfindig gemacht: sie verweigerten nämlich jedem Weinberg-Besitzer die Lese, wenn er nicht vorher eine beträchtliche Summe entrichtete. Dieser Umstand bewog den Ober-General Laserna, am 0. und 7. d. M. eine Truppen - Abtheilung in das Vorterraiu von Logronno zu beordern, und nun fand unter dem Schutze derselben die Lese ungehindert statt.

Ein Erdbeben hat in Guatemala stattgefunden, wo­durch 200 Personen umkamcn.

Weiter und Weiter.

Vor den Thoren der Resivenzstadl lag unter buschigem Grün versteckt ein großes Gebäude, mit rothen Ziegeln frisch gedeckt, worin eine Gesellschaft von taubstummen Mädchen, Dank der Verlajsenschaft einer Baronin, ein Asyl gesunden. Hell schien die Frühlingssonne auf das freundlich gelegene Haus und stahl sich mit ihren warmen Strahlen durch die hie und da geöffneten Fenster in die Gemächer, deren Sauberkeit der Verwaltung zur Ehre gereichte.

In den Laubgängen zerstreut, wanderten die Zöglinge der Anstalt auf und ab, jede mit einer Herzfreundin, welche die Sprache, die tonlose, durch die Finger mit ihr zu reden verstand. Was ihnen das Schicksal versagt, die Gabe des Wortlautes, deu Klang der schönen Menschenstimme, das vermißten sie in diesem Beisammensein nur wenig, wo die gleiche Entbehrung mit dem Mangel versöhnte.

Alles in der Welt gewinnt ja durch den Vergleich seine Bedeutung für uns; nur indem wir auf den Nachbar schauen, werden wir uns der Vortheile unserer Lage oder der nns aufer­legten Entbehrungen bewußt. In Folge dieser uns innewohnenden Neigung, uns mit andern zu messen, find diese Anstalten für die Leiden der Menschen ihre moralischen Wohlthäter zu nennen; denn so lange die Zöglinge darin weilen, hadern sie selten nur mit ihrem Geschicke.

Die Lehrer, welche sie unterweisen, stehen ihnen wie gütige Engel gegenüber, indem sie sich abmühen, ihnen Ersatzmittel für das fehlende Organ zu bieten; der Vorgesetzte aber, das Haupt der kleinen Kolonie, wird ihnen eine zweite Vorsehung, das Licht, nach dem sie sich wenden, um dort einen kurzen Sonnenschein für ihre karge Existenz zu finden.

Die kleine Anstalt, von der wir reden wollen, halte den Doktor Ahlers zum Direktor, welcher seinem eigentlichen Berufe nach die Kanzel hätte besteigen sollen, durch innere Zweifel an dem Dogma der Kirche davon abtrünnig gemacht, das Lehrfach gejucht und hier eine Versorgung auf Lebenszeit gefunden hatte.

Er war verheirathet, wie das nicht anders zu erwarten steht; denn Stellungen derart erfordern ein sehr abgeschlossenes, häusliches Leben für den Mann. Seine Gattin hatte, als sie ihm die Hand reichte, sich nicht gefragt, ob sein Beruf ihr Zu­sage, sie hatte diesen mit etwas vom Schicksal Gegebenes hin- genomme», das ihr keine Einrede gestatte. Sie war die Tochter eines Professors und hatte ihren Mann kennen gelernt während seiner Studienzeit.

Ein einziges Kind war ihr geworden, eine Tochter. Diese war in der Anstalt geboren und auferzogen und nannte sie ihre Heimat. Die Eltern hatten das Töchterchen nie von sich gelassen; cs durste nicht einmal eine Schule in der Stadt besuchen, der Vater unterrichtete es selbst, und wenn er verhindert war, mußten die Lebrer seine Stelle ersetzen.

Olga war ein gesundes, schönes Kind und gedieh in der reinen Luft und einfachen Lebensweise zum hoch aufgeschossenen, blühenden Mädchen. Sie hatte wenig Verkehr nach Außen hin gehabt; die Töchter des Geistlichen und des Hausarztes waren ihre Gespielinnen und die bewegte Welt im Innern der Anstalt ihre Zerstreuung gewesen.

An diesen Lebensverhältnisseu würde sich auch jetzt, wo sie erwachsen war, wenig geändert haben, ohne die Zwischenkunft der Großtante Agathe. Diese war erst in den letzten Jahren in die Residenz übergesiedelt und hatte eine Wohnung in der Nähe ihrer Verwandten. Sie war die Wittwe eines Obersten, besaß ein hübsches Vermögen, und war kinderlos. Mit zunehmen­den Jahren hatte sie ihre einsame Lebensstellung bitter empfunden und war von Frau Ahlers deßhalb beredet worden, den Aufent­haltsort zu wechseln. Dieser Vorschlag mochte das Werk einer kleinen Berechnung sein, die sich weiter jeoch nicht tadeln ließ. Olga war ihre Pathe, und wenn sie das Mädchen liebgewann, so konnte man absehen, daß sie sie gut bedenken würde; im andern Falle aber, wenn sie ihr fremd und fern blieb, stand es ihrer Umgebung frei, die mit dem Alter verbundene Schwäche zu be­nutzen und sie zu vermögen, zum Nachtheile ihrer Blutsverwandten zu testiren. Die Frau Ahlers war daher froh, als die Groß­tante den Entschluß faßte, sich ihrer Familie zu nähern.

Die Großtante Agathe, von Andern Frau Oberst von Bühl genannt, zählte achtundsechszig Jahre, als sie diesen Umzug vor­nahm, war aber noch sehr geistessrisch und lebenslustig. Olga, das blühende, schöne Mädchen, gefiel ihr ungemein gut, und sie sonnte sich förmlich in dem Glanze ihres jungen Lebens. Sie führte sie nun, was man so nennt, in die Welt ein.

Dabei ist nicht zu verstehen, daß die Großtante ein Haus ansmachte, Gesellschaften besuchte und gab; denn in so hohen Jahren knüpft sich das Alter nicht mehr so leicht an. Sie fand aber einige alte Bekannte wieder, Offiziers-Familien, welche in früheren Jahren mit ihr in einer Garnison gelebt hatten, und mit diesen verkehrte sie. Daraus folgte denn, daß man gemein­sam Dieß und Jenes unternahm, daß sie Theater, Konzerte be­suchte, die Vergnügungen der Hauptstadt, soweit es ihr Alter erlaubte, mitmachte und Olga dann stets mit ihr ging. Schon