Womit Jemand sündigt, damit wird er auch gestraft!" Es soll uns nicht Wunder nehmen, wenn wir nächstens lesen, daß ein Schieferdecker vom Dach siel und den Hils brach, weil er die kirchliche Trauung verschmäht halte, oder daß ein dem Prote­stanten Verein beigelretener Bergmann zur Strafe für diesen sündigen Schritt von schlagenden Wettern getödtet wurde.

Weil von der Abtretung des dän'schredendm Theils des nördlichsten Schleswig an Dänemark in neuerer Zeit mehrfach die Rede war, so erinnert dieSp. Ztg." daran:Schleswig- Holstein kostet Preußen über 60 Mill. Tbaler: nämlich 22'/, Mill. Antheil der dänischen Schuld, 15 Mill. an Oestreich nach dem Prager Frieden vergütete Kriegskosten und 25 Mill. eigene Kriegskosten. Das macht auf den Kopf über 60 Thaler. Eine an Dänemark abzutretende Bevölkerung von beispielsweise 100000 Seelen hätte auf ihren Antheil 6',-4 Mill. Thaler zu überneh­men. Will Dänemark diese bezahlen? Das ist nur einer der vielen zu erledigenden schwierigen Punkte." Ein anderer ist die Garantie, welche Dänemark für die Sicherheit und Unbehelligt- heit der deutsch redenden Einwohner des abzutretenden Gebiets leisten soll, aber nicht leisten will."

Lembcr g, 5. Okt. Die Stadt Gorlice in Galicien ist gestern gänzlich niedergebrannt. Viertausend Familien sind ob­dachlos. Der Schaden beträgt mehr als eine Million.

Paris, O. Oklbr. Die Verhaftung des Grafen v. Arnim hat in Len offiziellen Kreisen eine gewisse Unruhe erweckt, da Graf Arnim beim Sturze des Herrn Thiers eine Hauptrolle spielte und man daher befürchtet, daß bei den Haussuchungen, die stattfanden, Papiere aufgefunden sein könnten, welche auf den 24. Mai 1873 Licht werfen. Die hiesige» Blätter geben fast alle ihre Sympathie für den Botschafter kund, den sie alsFeind Bismarck'S und des Deutschen Reiches hoch halten.

Die von der Zuchtpolizeikammer zu Grasse verurtheilten Gefängnißwärter Plontin und Gigoux, die in die Flucht Bazai- nes verwickelt sind, haben gegen das Urtheil appellirt. Man glaubt nun, daß vor dem Appellhofe von Aix sich der Oberst Billette entschließen werde, die ganze Wahrheit zu sagen, die weit davon entfernt sein soll, init der im Urtheil beschriebenen Flucht übereinzustimmen. Billette soll überhaupt geneigt sein, den ganzen Schleier zu zerreißen, der den wichtigsten Theil der Flucht immer noch bedeckt.

Brighton, 6. Okt. Der englische K i r ch e n k o n gr e ß ist heute zusammengetreten. Bischof von Cichester eröffnete die Versammlung als Vorsitzender mit einer sehr sympathischen Rede für den Altkatholizismus, welcher den Beginn der Reformation in der katholischen Kirche ähnlich der britischen Reformation bezeichne.

Die Kaiserin von Rußland ist in Begleitung ihres Sohnes des Großfürsten Cäsarowitsch zum Besuch der Herzogin von Edinburgh über Breslau nach London gereist.

Madrid, 7. Okt. Hier eingegangen Nachrichten zufolge setzte Don Carlos vorgestern den General Dorregaray ab, worüber unter den Carlisten große Unzufriedenheit herrscht. Die Carlisten haben 30 Bataillone und 15 Geschütze bei Laguardia konzentrirt.- Eine carlistische Abtheilung unter Befehl Madrazos wurde vom General Reina geschlagen und zerstreut.

Bayonne, 6. Oct. 47 desertirte Carlisten Offiziere suchten bei dem hiesigen spanischen Consul Begnadigung bei dem Marschall Serrano und um die Erlaubniß zur Rückkehr in die Heimath nach. Dieselben gaben an, daß das Verlangen nach Frieden in dem carlistischen Lager vielfach vorhanden und die Fälle der Gehorsams- Verweigerung nicht selten seien.

Hendaye, 7. Okt.Cuartel Real" bestätigt in seiner gestrigen Ausgabe, daß Don Carlos sich wohl befindet und an der Spitze seiner Armee steht.

Rom, 7. Okt. DerOrenoque" ist in Bereitschaft gesetzt, um Abends von hier abzufahren. Die Schiffsbemannung darf nicht mehr nach Nom gehen.

Allerlei.

Angesichts des alkoholreichen Weines, der dieses Jahr zn erwarten steht, ist es gut, sich einiger Vorsichtsmaßregeln zu er­innern, uin Unfälle zu verhüten, welche manchmal beim Gähren sich ereignen. Bekanntlich entsteigt aus dem in Fässern und Tonnen verwahrten Moste durch die Gährung eine um so grö­ßere Menge kohlensauren Gases, je reicher die Flüssigkeit an Zucker und Alkohol ist. Nun beeinträchtigt aber die Kohlensäure (welche die Eigenschaft hat, daß Flammen in ihr erlöschen) in höchstem Maße das Athmen und bringt Erstickungen hervor. Die Gefahr ist in guten Weinjahren und in kleinen Kellern am größten. Von selbst versteht sich's, daß Thüren und Luftlöcher immer offen bleiben sollten; ganz unerläßlich ist es aber, während der Gährungszeit nie in einen engen Keller ohne Licht zu gehen: so lange die Flamme des Lichtes brennt, mag man darin blei­ben ; erlischt sie aber, so beeile man sich, den Keller zu verlassen, wenn man sich nicht dem Erstickungstode aussetzen will. Aus Kolmar geht demElf. Journ." ein vom 30. Sept. d. I. da- tirendes Beispiel zu. Man schreibt diesem Blatt: Diesen Mor­gen ging eine Magd der Eigenthümerin des GasthofesZur

Stadt Straßurg" in den Keller, um Wein zu holen. Da der Sohn des Hauses die Magd nicht zurückkommen sah, ging er einige Minuten nachher selbst in den Keller, sah die Magd ohne Lebenszeichen auf dem Boden hingestreckt, wurde selbst plötzlich betäubt und sank besinnungslos neben die Magd hin. Hierauf kam eine alte Haushälterin, welcher das nämliche widerfuhr.

Auf das Hilfegeschrei wurden nun rasch Hilfsanstaltcn iu's Werk gesetzt und es gelang, die drei leblosen Opfer aus dem Keller heraufzubringen, worauf der Arzt alles anwandte, sie wieder in's Leben zurückzurusen, was ihm auch bei den zwei jugendlichen, nur ohnmächtigen Personen gelang; die weniger stark constituirte Haushälterin aber wachte nicht mehr auf. Dieses Unglück geschah in Folge der aus dem gähreudcu Wein sich entwickelten Gase.

Die zuerst ohnmächtig gewordene Magd hatte Tags zuvor we­gen der Hitze die Läden der Luftlöcher geschloffen und vergessen, sie gegen die Nacht wieder zu öffnen.

Wie tief die Wiederauffrischung längst vergessener Tha- ten in das Familienglück einschneiden kann, beweist nachstehende, von derTribüne" erzählte Thatsache. Paul Z., der Sohn be­mittelter Eltern trat als Lehrling in ein renommirtes Breslauer Handelshaus ein. Der Vater des jungen Mannes huldigte dem Grundsätze, daß der Mensch nur mit dem Gelde umzugehen ver­stehe, welches er selber verdient hat; Paul bekam deßhalb nie einen Groschen Taschengeld von zu Hause, und nachdem er von seinen Lehrkollegen wegen seiner Mittellosigkeit gehänselt worden, ließ er sich in einen unglücklichen Augenblick verleiten, aus der Geschäftskasse einen Thaler zu stehlen. Der Diebstahl wurde noch am nämlichen Tage entdeckt und die Folge davon war die Verurtheilung des Z. zu 7 Tagen Gefängniß, da der Prinzipal den übrigen jungen Leuten gegenüber ein Exempel statuiren zu müssen glaubie. Paul bereute den bösen Streich aus vollem Herzen- Nach Verbüßung der Strafe ging er nach Berlin, be­endete seine Lehrzeit zur vollen Zufriedenheit des neuen Prin­zipals, der ihn mit hohem Gehalt als Buchhalter auch nach Be­endigung der Lehre an sich fesselte; er wurde Soldat, erwarb sich 1866 die silberne Verdienstmedaille, 1870 das eiserne Kreuz, und als er im Sommer 1871 wieder bei seinem Lehrprinzipal cintrat, gab dieser mit Stolz seine Einwilligung zu der Verlo­bung seiner einzigen Tochter mit Z- Da geschah im Sommer 1872 ein Diebstahl im Hause des Schwiegervaters. Z. mußte als Zeuge gegen den ungetreuen Hausdiener auftreten, und da­bei kam seine längst vergessene Bestrafung an die Oeffentlichkcit.

Der Schwiegervater wurde davon auf's Höchste alterirt; einen bestraften Dieb" so lange im Hause geduldet zu haben, kam ihm schier unglaublich vor. Sofort wurde die Verlobung auf­gehoben, der zum Disponenten ernannte Schwiegersohn schimpflich aus dem Hause gejagt und ihm seine Existenz in Berlin dadurch unmöglich gemacht, daß der alte Herr in den weitesten Kreisen die Ursache des Bruches verbreitete. Die Tochter erklärte näm­lich mit voller Bestimmtheit, sie werde trotz des jugendlichen Fehltritts ihres Bräutigams fest und treu zu ihm halten, bis über den Vater ein milderer Sinn gekommen, und letzterer be­zweckte deßhalb, den jungen Man zur Auswanderung nach Ame­rika zu veranlassen. Z. wies alle dahin gehenden Anerbietungen, die ihm von dritter Hand gemacht wurden, entschieden zurück; er nahm eine Stelle in Stettin an, und als die Rachsucht des alten Herrn ihn auch dorthin verfolgte, fand man seine Leiche im Damm'schen See. Seine Braut überlebte ihn nicht lange; sie gab sich selbst den Tod durch Gift, und seit jeikbr Zeit litt der übertriebenrechtlich" denkende Vater an einer Gemüths- krankheit, welche seine Kräfte schnell aufzehrte. An einem der letzten Sommer begruben ihn fremde mitleidlose Hände, die nur an der Hinterlassenschaft ein Interesse haben.

(Ganz zu Befehl!) Der Kronprinz des Deutschen Reiches hatte einen Diener. Der ist ein alter Gamaschenknopf, der schon, der Himmel weiß wie lange, in der Garde gedient und jetzt der Landwehr angehört. Natürlich ist er der militäri­schen Zucht Preußens voll und das Dienstreglement gilt ihm auch für das Civilleben als Evangelium. Läutet ihm sein Herr, tritt er mit soldatischem Salut ein, bleibt kerzengerade stehen, die d> Daumen an der Hosennaht und hört in dieser Positur den Be­fehl, salutirt, und mit einemZu Befehl, Kaiserliche Hoheit!" wendet er sich halbrechts und marschirl ab. Hat er was zu mel­den, so geschieht es nie ohne die Einleitung: Kaiserliche Hoheit, habe gchorsamst zu melden." Dem Kronprinz war natürlich diese Art, das Dienstreglemcnt anzuwenden, nicht sonderlich bequem, darum sagte er seinem getreuen Fridolin eines Morgens, er solle es im Dienste und auf dem Felde, aber nicht in seinerCioil- bedienstung" anwenden. Der brave Bursche Gehorsam ist des Kriegers Schmuck ließ sichs gesagt sein. Als der Kronprinz Abends sein Zimmer betritt und den Diener fragt: Hat der Kaiser zu mir gesandt?" erhielt er die Antwort: Papachen ist im anderen Zimmer."Er ist wohl verrückt," herrschte der Kron­prinz ihn an.Hab' ich nichts von bemerkt", erwiderte der Be­diente. Ob der Kronprinz diese cordiale Art der Bedienung für die Zukunft der knappen militärischen vorgezogen Hat,, wissen wir nicht. 7

Aus dm Gesellschafter kann iür das IV. Quartal noch tSglich allonnirt werden.