Die Begnadigung des Pfarrer Augustin Loui Kwurdc von demselben nicht auf dem üblichen Wege nachgesucht, sondern burchjBermilt- lung der sranzös. Botschaft und des MarschaU-Präsidenlen Mac Mahon.
Am Sonnubeud Vormittag ging eine Dame durch die lebhafte Friedrichsstraße in B e r I i n, als plötzlich ein Arbeitsburjche herankam und an ihrer Sammtmantille ein Schweselholz anzündete. Zn demselben Augenblick stürzte cin Herr aus ihn zu, besann sich aber, trat höflich an die erschrockene Dame heran, strich ihr die Mantille glatt und verfolgte dann den Jungen eifrig. Als die Dame von ihrer Bestürzung zu sich kam, war der Herr fort, der Junge und auch ihre goldene Uhr sammt Kette, Es war ein neuer Gaunerstreich, den sie gemeinsam ausgcsührt hatten.
Die österreichische Nordpol-Expedition kam am 22. Legt. Nachts 10 Uhr in Hamburg an und wurde trotz der späten Stunde von einer zahllosen Menschenmenge enthusiastisch begrüßt. Die Ehren, die diesen muthigen Männern der Wissenschaft hier und überall erzeigt werden, sind nur mit den fürstlicher Personen zu vergleichen und würden deren Beschreibung mehrere Spalten unseres Blattes auofüllea,
Hamburg, 23, Sept. Gestern Abend war Sitzung der geographischen Gesellschaft, wobei ein Bericht Payers entgegen- genommen wurde. Die Expedition entdeckte einen 100 Meilen langen, nordwärts verlaufenden, 99 Meilen breiten Sund, der Ländermassen in 2 große Komplexe theilt. Der Abschluß des Vormarsches nach Norden erfolgte am 12, April in 81 Grad 57' nördl. Breite; das Land wurde nach Norden bis über den 83. Grad hinaus gesehen. Die Expedition, har sich überzeugt von der Unmöglichkeit, den Nordpol auf diesem Wege zu erreichen wegen der Beschaffenheit der Ländermasse; auch hat sie die Ueberzeugnng von der Unhaltdarkeit der Theorie eines offenen Polarmeeres gewonnen. Von den Sammlungen mußten alle umfangreichen Stücke, auch alle ausgestopften Thiere Zurückbleiben, Die Schriften, Zeichnungen und Spirituspräparate sind gerettet. Ueber das Schicksal der Hunde, welche die Expedition mitmachtcn, bringt eine Mitiheilung des „Fremdenblattes" die Kunde, daß sie in den EiSregionen den Tod gesunden. Sie waren nicht im Stande, die Unregelmäßigkeiten des Klima's und der Lebensweise auf die Tauer ru ertragen. Sie wurden melancholisch, später bissig, vergaßen jede Disziplin, verwilderten sichtlich und mußten, als sich auch noch Symptome bedenklicher Krankheiten zeigten, erschossen werden,
Bern, 22, Lepl. Der Poftkongreß sixirle die allgemeinen Unionsraxcn folgendermaßen- ein Brief im Gewichte bis zu 15 Gramm 25 Centimes, Waareiunuster, Zeitungen und Drucksachen bis zu 50 Gramm 7 Cent/, vorbehältlich einer „ach Maßgabe des Transites erhebbaren lcminirlen Zuschlagslaxe,
In der Schwei; wird in den einzelnen Kantonen mit Aufhebung der Klöster energisch vorgegangen.
Eine zeitgemäße Poiizeiverordnung, dis wohl auch für manche andere Städte passen dürste, ist in Appenzell in der Schweiz erlaßen worden. Die Verordnung verbietet den Burschen unter 16 Jahren bas Rauchen und droht allen Gastwirthen, welche solchen Burschen Getränke verabfolgen, mit strenger Bestrafung.
Der „Moniteur universel" erzählt, daß Marschall Serrano hätte dem Fürsten Bismarck das Goldene Vließ angeboren, der Reichskanzler es aber dankend mit dem Bemerken abgelehnt, er hoffe, diese Decoration später aus den Händen des Prinzen von Asturien zu empfangen.
„Union" theilt unter ihren militärischen Nachrichten mit, daß man Tag und Nacht in den Gewehrfabriken und Arsenalen an der Umbildung des Chassepotgewehrs in das Gewehr vom System Gras arbeitet.
Bilovo, l8. Sept. Die Lage der Car listen ist fast ahnz dieselbe, wie vor der Belagerung unserer Stadt. Zwar gaben sie bedeutend an Zahl zugenommen, dafür aber hat sich die Begeisterung für den Carlismus etwas abgekühlt. Das Land, d. h. dir baskischen Provinzen und Navara, von denen ich zunächst rede, sind durch die fortwährenden Kriegssteuern in einem Zustande des Elends, daß selbst viele der ausgesprochensten Anhänger des Prätendenten es bereuen, unter seiner Fahne zu kämpfen. Nur Furcht vor den unbarmherzigen Führern hält manchen Soldaten noch dort, und wenngleich das Volk auch im Allgemeinen der Sache mit Leib und Seele zugethan, so fängt doch das Bedürfniß nach Frieden an, in den Vordergrund zu treten, denn dauerte es noch eine Weile so fort, wäre das dadurch entstehende Elend gar nicht zu ermessen, das unausbleiblich über das verblendete Volk kommen würde und theils schon gekommen ist. Die Schwäche der jetzigen Regierung erweckt leider wenig Vertrauen. Ihr Thun, oder vielmehr ihr Nichtthun löscht den Haß nicht, der dem baskischen Volk gegen die Madrider Regierung gleichsam angeboren ist und mit ihm aufwächst. Daß die jetzige Regierung vom Ausland anerkannt worden, fällt beim Landvolk wenig ins Gewicht; es versteht die Bedeutung solcher Anerkennung zu wenig und hegt Mißtrauen gegen Alles, was vom Auslände kommt. Die Gebildeten, und besonders die Liberalen jedoch begrüßten sie mit Jubel und hofften dadurch auf baldige gänzliche Niederwerfung der Carlisten.
"Rom, 18. Sept. Wenn der Leichenraub schon an und für sich eines der ruchlosesten Verbrechen ist, so wird er noch zehnmal ruchloser.
wenn er von Geistlichen und noch dazu an heiliger Stätte begangen tvirtz. Ein solcher Fall bat sich jetzt in Sizilien zugetragen. Rach d-r Auf. Hebung der geistlichen Orden wurde die auf einem anmuthigen Hügel gelegene Kirche des Kapuzinerklostcrs in Barzellona oon dem G< neinde- rath zum Frieohos bestimmt und der Kirchendienst, wie di« Besorgung der Begräbnisse e-.nem Kapuzinerpater und zwei ehemaligen Brüdern dieses Ordens übertragen. Der hvchwürdige Pater und di: frommen Ex-Klosterbrüder kamen sehr bald aus den Gedanken, aus dem schmachvollsten Gewerbe, das Menschenhände betreiben können, aus der Beraubung der unter ihre Fürsorge gestellten Leichen schnöden Gewinn zu ziehen, stiegen des Nachts in die Grüfte, trugen die Särge mit den Leichen in ihre Wohnungen, entkleideten die letzteren und verkauften die Kleider und den Schmuck, den sie trugen, ja selbst die Särge als Bretter oder Brennbotz. Dieses saubere Gewerbe trieben die drei Kapuziner mehrere Jahre lang, ohne baß Jemand daran dacht«, die Gräber könnten von den Dienern der Religion zu Diebsdöhlen entweiht werden. Zu Anfang dieses Monats nun starb die Gattin eines ehemaligen Gens- darmen, der als letzten Beweis seiner Liebe dieselbe in einem prachtvollen seidenen Kleide begraben ließ. Wenige Tage darauf begegnet er auf der Straße einer Frau, die ein Kleid aus ganz demselben Stoffe und von so auffallender Aehiilichkeit mit dem Sterbegewand seiner Gattin trug, daß er als alter Polizist sofort stutzig wurde, eifrig nachsorschtr und alsbald auch erfuhr, baß jenes Kleid auf indirektem Wege von den Kapuzinern verkauft worben sei, welche mit dem Kirchhof zu thun haben. Natürlich setzte er sofort die Behörde von dem Vorfall in Kennt- niß, die ohne Weiteres eine Aussuchung in dem ehemaligen Kloster vornehmen ließ, wobei sich der Polizei-Kommissär selbst mit an Ort und Stelle begab. In einer Zelle fand man einen Pack Kleider, in einer anderen einen Haufen Sargdretter, in einer dritten einige dreißig Paar Schuhe in allen Größen und 12 Kilogramm Frauenhaar. Die verbrecherische Thätigkeit der drei Kapuziner war somit hinreichend erwiesen, so daß sie ohne weiteres festgenommen und in polizeilichen Gewahrsam gebracht wurden. Die entrüstete Bevölkerung begleitete sie mit Pfeifen und Verwünschungen zur Gensdarmeriekaserne. Der verurtheilsnden Lolksstimme wird voraussichtlich eine strenge gesetzliche Bestrafung folgen.
AuS El Paso, Texas, wurde an das statistische Bureau amtlich berichtet, daß dort seil 305 Tagen kein Tropfen Regen gefallen, Alles verbrannt sei und das Vieh verhungere.
Zu Fall Rio er in Massachusetts ereignete sich am 19. d. Mts. "eine furchtbare Katastrophe. Eine Banmwollfabrik gerieth in Brand, als 700 Menschen in derselben beschäftigt waren. Die Treppen, die zum vierten und fünften Stockwerke führten, brannten im Nn nieder, und da kein Ausweg sich bot, sprangen viele von den 140 in jenen Stockwerken Arbeitenden hinunter. Dann siel das Dach ein und 40 Personen verbrannten, während 80 erhebliche Verletzungen erlitten.
Allerlei.
Wann kommt die gute Zeit.
Ihr lieben Leser, höret mich,
Ich will jetzt prophezeien:
„Es wird in Kurzem sicherlich „Uns bssi're Zeit ersreu'n.
„Es soll in Zukunft ferner nicht „Die Klage sein wie heut';
„Glaubt mir, ich sag's mit Zuversicht,
Bald kommt die gute Zeit."
Sobald die Frauenzimmer nicht Nach neuer Mode fragen,
Und nicht mehr, wie es jetzt geschieht,
So viele Kleiber tragen;
Wenn jedes böse Maul verstummt,
Wenn schwindet Haß und Neid;
Und wenn kein altes Weib mehr brummt.
Dann kommt die gute Zeit.
Wenn uns're Metzger im Gewicht Die Kunden nicht betrügen,
Und wenn die Zeitungsschreiber nicht Die Welt mehr so belügen;
Wenn jeder Gastwirth höflich ist,
Nicht doppelt nimmt die Kreid',
Und untern Wein kein Master gießt:
Dann kommt die gute Zeit.
Wenn nicht der Müller fremde Frucht In seine Säcke mahlt,
Der Kartenspiele! nicht mehr flucht,
Der Schuldner richtig zahlt;
Wenn jede Frau nach ihrer Pflicht Dem Mann ihr Leben weiht,
Die Treu' ihm hält, die sie verspricht:
Dann kommt die gute Zeit.
Wenn Niemand mit der Politik Mehr schnöden Schacher treibt,
Und Jeder ln der Republik Im Amte ehrlich bleibt;
Wenn keine Bank einst mehr fallirt,
Und ferner weit und breit Kein falsches Geld mehr cixculirt:
Dann kommt die gute Zeit.
Wenn sich im Maaß kein Schneider rrrt Und's schöne Zeug verdirbt;
Wenn jeder Arzt so gut studirt,
Daß ihm kein Kranker stirbt;
Wenn sich nicht mehr die Heuchelei Macht in der Welt so breit,
Dann kommt — ich sag' es frank und frei —
Dann kommt die gute Zeit.
Wenn endlich keine Lüge mehr Und Falschheit existirt;
Wenn sich der Advokat beschwert,
Weil Niemand consultirt:
Wenn Keiner mehr aus Geldstolz prahlt,
Und wenn — merkt auf ihr Leut' —
Wenn Jedermann den Drucker zahlt.
Dann kommt die gute Zeit!