in Ellerbeck Höchstselbst die Taufe des Panzerschiffs „Friedrich der Große" vor. Der Kaiser sprach folgenden Tausjpruch: „Ich laufe Dich mit dem Namen des großen Königs. Trage ihn mit Ehren in ferne Meere und fremde Wclttheile." Bei der darauf folgenden Tafel im Hotel „Bellevue" in Düsternbrook trank der Kaiser auf das Wohl der Marine in allen Landen, wo sie sich befinde. Der Chef der Admiralität, General v. Slosch, dankte und versicherte, die Seewehr werde eine würdige Schwester der Armee werden.
Wien, 17. Septbr. Das Kriegsministerinm ernennt bei der Ankunft der Nordpolsahrer in Wien Weprecht zum Linien- schiffs-Capitän und Peyer zum Hanptmann. Der Landesausschuß Niederösterreichs bewilligte ZOOO Gulden als Empfangs-- Ehrengabe.
Wien, 21. Sept. Die offiziöse Montagsrevue sagt anläßlich der Nachricht des Karlistenblnties Cuartel Real, betreffend ein angebliches Schreiben des Kaisers von Rußland: die spanische Anerkennnngssrage habe nicht die Bedeutung, welche die Journalistik ihr beilege. Die Beziehungen der drei nordischen Großmächte seien aus lange Zeit als feststehender Faktor der europäischen Politik zu betrachten. Die spanische Frage sei darnach angethan, jeder Macht ihre eigene Politik zu ermöglichen, ohne dadurch den europäischen Frieden und das gute Einvernehmen der drei Vormächte dieses Friedens zu gefährden.
Der Redakteur des Jndianopolis Herald erfuhr vor kurzem, daß fein intimer Freund, ein reicher Kaufmann, feine achtzehnjährige Tochter verführt hatte. Der wülhende Bater stürzt fort, um den Kaufmann zu thdten, trifft ihn auf der Straße, jagt ihm eine Kugel durch die Lunge und kommt nach Hause, um dort feine Tochter, die Gift genommen, todt zu finden. — Fräulein Pomeroy, eine junge Dame, starb dieser Tage in der Stadt Jersey, nachdem sie ein Kind geboren und vor ihrem Tode den presbyterianifchen Qrtsgeistlichen Glendinning als Vater genannt hatte. — In Genny, im Staate Vermont, wurde der Methodistenprediger Austin Hutchinson verhaftet auf Grund einer Anklage seiner Tochter, die ihn als Vater des von ihr gebornen Kindes angab.
Ein teuflischer Raubmord wurde in Indiana an einem gewissen August Gardner begangen. Drei Räuber banden den Beraubten an einem Eisenbahngeleise fest und verließen ihn so. Es gelang ihm zwar, sich von seinen Banden bis aus den linken Fuß frei zu machen, aber letzterer wurde ihm von einem herankommenden Passagierzuge zerschmettert und abgeschnitlen. Nachdem der Mann nach Jeffersonville gebracht worden war und seine Aussagen gemacht halte, starb er.
Frankreich hat durch den Krieg von 1870—71 eins Wertheinbuße von etwa 20 Milliarden erlitten. Dabei sind von dem französ Fznanz- minister die unmittelbaren Kosten des Krieges mit 9283 Millionen Franks und der Bodenwerth von Elsaß und Lothringen mit 4'/, Milliarden Fr. berechnet. Obgleich Frankreich bei Zahlung der k> Milliarden Kriegsentschädigung das europäische Ausland zu Hülfe zog, so hat es doch in der Hauptsache die Zahlungen aus seiner eigenen Tasche gemacht. Das war nur möglich bei einem so reichen Lande. Der französische Ge- werdefteiß, der Ausfuhrhandel und dis hieraus seit Jahren anwachsenden Ersparnisse haben die Mittet geliefert. L-chon vor 40 Jahren sagte der Engländer Robert Peel: „Wenn in England von tO erwerbsfähigen Männern 5 Ersparnisse machen, so kommen in Frankreich deren 9 auf
10. " Diese Reichthümer der Einzelnen machte» es Frankreich möglich, daß es trotz der Milliardenzabtung von Erschütterungen des Geldmarktes verschont blieb, während Deutschland nach Empfang derselben von einer tiefgehenden Geidkrisis heimgesucht wurde.
London, 19. Sept. Einen guten Fang hat das an der Nordwestküste Madagascars kreuzende Kriegsschiff Vulture am
11. Aug. gemacht. Es wurde nämlich auf ein Sklavenschiff Jagd gemacht, dasselbe geentert und dann das Erlösungswerk vollzogen. Nicht weniger als 4l Männer, 59 Frauenzimmer und 137 Kinder wurden befreit. Die Sklaven litten ungemein von Schwäche und Krampf, da sie seit langer Zeit ihre Stellung nicht hatten wechseln können. Drei und vier Tage dauerte es bei vielen Kindern, ehe sie nach ihrer Befreiung ihre Gliedmassen frei wieder bewegen konnten. Der Kapitän des britischen Schiffes, Herr A. F. Brooke nahm die Besitzer der Sklavenladung, 35 Araber nach Zanzibar, um sie dort verurtheilen zu lassen. Während der Ueberfahrl sind 17 von den befreiten Sklaven in Folge von Schwäche und an Dessenterie gestorben. Das ist der bedeutendste Fang, der seit langer Zeit gemacht worden ist.
Die ergiebigsten Quellen der Welt sind die Petroleum-Quellen in Amerika. Seit 4 Jahren baden diese Quellen 100 Prozent mehr Petroleum geliefert, während der Verbrauch nur um 40 Prozent gestiegen ist. Dieses glückliche Mißoerhältniß nennen die Spekulanten „den am Petroleumgeschäft nagenden Wurm", weil die Preise sinken müssen.
Die Kunstreiterin.
(Fortsetzung.)
„Ich glaube nicht, daß er mich erkennen wird," erwiderte sie. „Sollte dies der Fall sein, so wird der fremde Name ihn irre machen."
„Aber was werden Ihre Collegen dazu sagen?" fragte der kleine Herr verlegen. „Werden sie sich nicht beeilen, das Publikum aufzuklären? Sie kennen den Neid und die Eifersucht dieser Leute."
„Jene Leute wissen, daß das Wohl und Wehe der Gesellschaft in meinen und den Händen meiner Schwester ruht. Scheiden wir, so —"
„Ich bitte Sie, reden Sie nicht davon," fiel Charles Vernon der Zürnenden ängstlich in die Rede. „Wenn Sie es wünschen, werde ich die Zettel, welche heute Abend noch in die Druckerei gebracht werden sollen, umschreiben lassen."
„Gut," erwiderte Therese. „Ich wußte, daß Sie meinen Rath besotgen würden."
Der Direktor verließ kopfschüttelnd in tiefer Bekümmerniß den Salon.
Therese zog die Glocke.
„Ich begreife wirklich nicht, weßhalb Du dieses Verlangen gestellt hast," nahm Adele das Wort.
„Du wirst es vielleicht später begreifen," entgegnete Therese. „Vorläufig wünsche ich, daß die Gründe mein Geheimniß bleiben."
Adele schwieg. Sie kannte die Charakterfestigkeit ihrer Schwester zu geuan, um nicht zu wissen, daß Therese bei ihrer Erklärung beharren werde.
Der Abend der ersten Vorstellung war gekommen. Der Zuschauerraum mar dicht besetzt; mit lebhafter Befriedigung und stürmischem Beifall nahm das Publikum die Leistungen der Gesellschaft auf. Vor allen Anderen ernteten die beiden Schwestern diese Ehrenbezeugungen, und unter Denen, welche sie spendeten, zeichnete Moritz sich ganz besonders aus.
Er konnte seinen Blick nicht von Adele wenden; von ihrer Schönheit bezaubernd, ruhten seine Augen unverwandt auf ihr. Ihr Lächeln war so natürlich, so voll Unschuld und Kindlichkeit, in ihren Augen leuchtete ein so reines tiefes Gefühl, daß er lebhaft bedauerte, diese zarte, herrliche Knospe in solcher Umgebung zu finden. Auch die Schwester war schön, blendend schön, aber ihre Augen blickten düster, wenn sie ihn trafen, und oft glaubte er in oiesem Blick eine Leidenschaft zu lesen, welche sein reines, unverdorbenes Herz zurücksließ. Er warf am Schluffe der Vorstellung den Schwestern einen Blumenstrauß zu und sandle ihnen, als sie die Reitbahn verließen, einen Blick begeisterter Bewunderung nach.
Adele hatte den Strauß aufgehoben, an ihr Herz gedrückt und dem Spender desselben mit ihrem freundlichsten Lächeln durch eine Verbeugung gedankt.
Moritz trat berauscht den Heimweg an, er war entschlossen, keine Vorstellung zu versäumen. Seine Gedanken weilten unausgesetzt bei der schönen Reiterin, ihr Bild schwebte beständig vor seiner Seele. War es das Mitleid oder das Erglimmen jenes Funkens, der oft so plötzlich im jugendlichen Menschenherzen zu Heller Gluch auflodert? Er dachte nicht daran, diese Frage aufzuwerfen, der Gedanken, daß die Liebe so plötzlich in sein Herz eingezogcn sein könne, lag ihm fern. Er suchte auch keinen Grund für dus Interesse, welches er an dem schönen Mädchen nahm. Wozu auch? Er konnte nicht leugnen, daß der Wunsch, mit der jungen Dame näher bekannt zu werden, oft in seiner Seele auftauchte, aber keine unlautere Absicht lag diesem Wunsche zu Grunde. Das Menschenherz ist für den Eindruck des Schönen stets empfänglich, so lange es eine Reinheit sich bewahrt hat; konnte es also auffallen, wenn Moritz für dieses Mädchen schwärmte? Mußte seinem Interesse eine tiefere Bedeutung zu Grunde liegen, als das Bedauern, ein so schönes, herrliches Wesen der Verführung, dem Laster preisgegeben zu sehen?
Die Schwestern hatten gleich nach der Vorstellung sich in ihre Wohnung begeben.
„Kennst Du den jungen Mann, der uns den Strauß zuwarf?" fragte Therese, indem sie die Schwester prüfend anblickte.
„Wie sollte ich?" erwiderte Adele unbefangen. „Ich sah ihn heute zum Erstenmal. Er ist hübsch und ein enthustasmirter Verehrer der Knnst, das ist Alles, was ich über ihn weiß."
Therese lehnte sich in die Ecke des Sopha's zurück und blickte nachdenklich auf den Teppich, auf welchem ihre kleinen Füße ruhten.
„Hübsch?" fragte sie, die Oberlippe trotzig aufwerfend. „Auch er war hübsch und ich hätte Felsen auf seine Schwüre
gebaut, aber-Doch fort mit diesen Erinnerungen," fuhr
sie aufschauend und einen heitern Ton anfchlagend fort, „die Vergangenheit liegt hinter uns und geschehene Dinge lassen sich nicht ändern."
Therese blickte überrascht auf.
Ich hoffe, daß Du Dich nicht so sehr nach diesem Wiedersehen sehnst?" erwiderte sie mit einem streügen Blicke.
„Weßhalb nicht?" fuhr Adele fort. „Kann es Dich befremden, wenn ich mich für einen Herrn interefstre, der am ersten Abend uns so freundschaftlich empfangen hat?"
„Meine Damen, wir sind gesichert," sagte der rintretende Director. „Die Vorstellung war brillant, ich komme Ihnen meinen Dank abzustaiten."
„Dank? Wofür?" fragte Therese.
„Meine Damen, Ihnen gebührt die Krone deS Abends," erwiderte Herr Charles Bernon, indem er seine silberne Taba-