kommissar Ganghofer glaubt, daß der geringe Zoll unmöglich die Industrie in der von Rickert geschilderten Weise schädigen könne. Der Import übersteige auch weitaus den Bedarf, es empfehle sich daher die Annahme der Vorlage der Regierungen. Die Anträge Kröber und Grillenberger werden darauf mit kleiner Majorität angenommen und mit denselben die Pos. 13s.

Die heutige europäische Kriegführung im Kampfe gegen unzivilisierte Völker bietet der Nordd. A. Z. Stoff zu einer Betrachtung, in welcher sie, unter Hinweis auf die zahlreichen Kämpfe, welche in neuerer Zeit europäische Heere mit zivilisationslosen Völkerschaften zu bestehen gehabt haben, ausführt, daß mit der fortschreitenden Vervollkomm­nung des Kriegswesens und der Kriegsmittel das Uebergewicht schwinde, das Organisation. Disziplin, Ausbildung u. s. w. dem rohen Haufen gegenüber gewähren.Mit 700 tapferen Spaniern, denen nur einige eingeborene Völker­schaften als schwache Bundesgenossen zur Seite waren, unterwarf Cortcz einst eine volkreiche Nation, der weder Kciegsmut noch Vaterlandsliebe abging, nahm den König gefangen und eroberte die große, von einem See umgebene Hauptstadt Mexiko." Daß seit jener Zeit die Chancen gegenwärtig, wo auch unzivilisierte Völker in Besitz vervollkommneter Waffen gelangt sind, sich zu Ungunsten der europäischen Heere verändert haben, zeige sich in den Kämpfen im Sudan u. s. w. An diese Erörterung schließt das Blatt folgende Schluß­betrachtung:Angesichts der im Zuge der Zeit liegenden Neigung der euro­päischen Mächte, den Uberschuß an Kraft, über den sie gebieten, zu über­seeischen Staatenbildungen zu verwerten, sind Zusammenstöße regulärer Truppen mit gut bewaffneten, aber regellosen Eingeborenen-Stämmen nichts Ungewöhnliches. Erst die jüngsten Vorgänge in Westafrika, wo Deutsche, bez. Engländer, mit den Waffen in der Hand die Autorität ihrer Regier­ungen Herstellen und eine aufrührerische Bewegung bezwingen mußten, bieten einen Beleg dafür. Diese Wahrnehmung legt den in überseeischen Aktionen engagierten Mächten die Mahnung nahe, überall da, wo im Interesse der Zivilisation noch ein weites Gebiet zu erobeen und europäische Bildung und Sitte zugänglich zu machen ist, ein festes Aneinanderschließen zu bethätigen und damit zu» konstatieren, daß wilden Völkern gegenüber nicht nur eine mo­ralische, sondern auch eine materielle Solidarität den zivilisierten Nationen besteht, die ihren Ausdruck naturgemäß in einem offenen und ehrlichen Zu­sammenwirken zum Schutz und zur Verteidigung der Interessen findet, welche die gebildete und gesittete Welt heute einmütig als ihre höchsten und bedeut­samsten anerkennt."

Gcrges-WeirigKerten.

sB i s m a r ck s p e n d e.) Von Ostelsheim sind eingegangen von 67 Personen: 16 -4L 50 H. Von Unterreichenbach nachträglich noch von 1 Person 1 -4L.

^ Nagold, 17. März. Mit heutigem wurde die Sammlung der Bismarckspende durch den Bezirksschatzmeister, Partikulier Pfeifer geschlossen. Das Ergebnis ist folgendes: Von der Stadt Nagold lieferten 392 Geber 306 -4L 85 H, von dem Bezirk Nagold lieferten 2155 Geber 504 84 zus. 811 -4L 69 , wobei bemerkt wird, daß Altenstaig

Stadt seine Spende separat einsandte, welche die Summe von nahezu 200-4L ergeben haben soll. Hienach wären vom Bezirk Nagold gegen 1000 auf dem Altar des Vaterlandes niedergelegt.

sB i s m a r ck s p en d e.j Gmünd, 17. März. Hier sind einge" gangen im Ganzen 1302 -4L 85 Aalen. Die Bismarckspende beträgt 704 -4L 15 H Summa Summarum. Heidenheim: -4L 1312.02. Hall: 1144 -4L 23 L. Künzelsau: 1128 -4L Nürtingen: 2185 -4L Neckarsulm: 935 -/1L

Stuttgart, 18. März. Stuart Cumberland, der be­rühmte Sedankenleser, welcher vor Kurzem seine Kunst sogar an S. Maj. dem Kaiser erproben durste und überall den lebhaftesten Beifall erntete, wird am 24. März auch eine Soiroe in unserer Stadt veranstalten. Cumber- lands Kunst hat mit den Spiritisten nichts gemein, welche selbst hervorragende

Männer der Wissenschaft zu täuschen wußten. Die Wette um 20,000 -4L welche Cumberland s.Z. von Berlin aus an die deutschen Spiritisten ergehen ließ, daß sie nicht im Stande seien, eine spiritistische Manifestation vorzu­führen, welche er nicht auf natürlichem Wege erklären und nachahmen könne, hat noch immer keine Abnehnier gefunden und steht noch offen.

Tuttlingen, 18. März. In der Landgemeinde Trossinge " kam in der Nacht vom Montag auf den Dienstag zur Mitternachtszeit i" dem Hause eines Wagners Feuer aus, dessen man leider erst gewahr wurde' als die Flammen schon zum Dach hinaus schlugen. Die aus Hem Schlaf aufgejagten Bewohner konnten kaum das nackte Leben retten. Da die um­stehenden Häuser noch mit feuerfänglichen Schindeldächern bedeckt waren, so ist es leicht begreiflich, daß im Nu 6 Häuser zugleich in Flammen standen und schon um 2 Uhr vollständig abgebrannt waren. Nur mit großer An­strengung gelang es, weiteres Umsichgreifen des Feuers zu verhindern, was bei ungünstiger Windrichtung wohl nicht gelungen wäre. Menschenleben sind zum Glück keine zu beklagen, wohl aber fanden 2 Mutterschweine mit ihren Jungen den Tod. Die Möbel konnten teilweise gerettet werden. Leider sind nur einige der Abgebrannten versichert. Der Brandplatz nimmt für diese örtlichen Verhältnisse eine ganze Gasse ein. Die Feuerwehr von Trossingen that ihre Schuldigkeit in vollem Umfange. Ueber die Entstehungsursache des Brandes weiß man nichts zu sagen.

Murrhardt, 16. März. Im Stationsgebäude in Fornsbach wurde in der vergangenen Nacht ein Einbruch verübt, der jedoch für die Diebe ohne Erfolg blieb; obschon dieselben etwa 15 Löcher in die Thüre bohrten, gelang es ihnen nicht, in das Innere des Bureaus zu kommen, wo sie jedenfalls der Kaffe einen Besuch zugedacht hatten.

Oehringen, 17. März. Der auch in unserem Blatt enthaltenen Nachricht von einem großen Brand in Kappel in der Bierbrauerei zum Löwen ist nachzurragen, daß zwar dieses an der Landstraße stehende Wirt­schaftsgebäude gerettet worden, aber der ganze hinter demselben von Süd gegen Nord sich hinziehende Flügel ab- bezw. herausgebrannt, und daß, wie erst am 16. morgens erhoben wurde, leider ein Feuerwehrmann in den Flammen umgekommen und verkohlt unter den Trümmern hervorgezogen worden ist.

Saarbrücken, 18. März. Schlagende Wetter haben im neuen Schachte Camp Hausen entsetzliches Unglück herbeigeführt. Gegen 1 Uhr nachts schlugen meterhohe Flammen zum Schacht heraus; eine blitz­artige Explosion scheint alles verwüstet zu haben; große Trümmerhaufen erfüllten den Schacht. Von 219 zur Nachtschicht angefahrenen Berg­leuten kamen nur 17 unversehrt heraus; die übrigen waren verschüttet. Ein Extrazug mit Rettungsmannschaften traf bald ein und die Aufräumungsarbeiten wurden sofort mit angestrengtestem Eifer vorgenommen. Die Verschütteten, darunter ungefähr 150 verheiratete Männer, sind wahrscheinlich tot, da Massen von Gasen sich angesammelt und alle Wetterthüren und Ventilationseinrichtungen zerstört haben.

Kgl. Standesamt Kakiv.

Vom 11. bis 19. März 1885.

Geborene.

^IIT'März. Franz Hermann, S. d. Johann Wilhelm Schaich, Schreiners.

12. , Emma Christiane Ernstine. T. d. Konrad Müller, Bierbrauereibesitzers hier»

13. Karl Emil, S. d. Karl Supper, Pflasterers hier.

14. , Friedrich, S. d. Johannes Bauer, Bauers auf dem Windhos.

15. Friedricke Klara, T. d. Georg Krimmel, Conditors hier.

Gestorbene.

12. , Christiane Ernstine geb. Klumpp, Ehefrau des Jakob Keller, Wollwaren-

fabrikanten hier, 64 Jahre alt.

13. Franz Hermann Schaich, 2 Tage alt, S. d. Johann Wilhelm Schaich,

Schreiners.

14. Marie Johanne geb. Michler, Ehefrau des Johann Wilhelm Schaich-

Schrciners, 28 Jahre alt.

15. Hedwig Bertha Köhler, T. d. Wilhelm Köhler, Kaufmanns hier, 3

Monate alt.

19. Johann Ludwig HLußler, Ratsdiener hier, 76 Jahre alt.

Die düstersten Bilder der Zukunft, die Strafe der Desertion, Entehrung, lebenslängliche Schmach und das Elend eines verfehlten Lebens drängten sich mit Blitzesschnelle vor sein inneres Auge. Er begann zu zittern, und die Bläffe seines Gesichts streifte in's Aschfarbene hinüber.

Dem Prinzipal entging diese Veränderung seines Wesens nicht, und der Ausdruck der Betroffenheit in seinen Zügen machte einer zornigen Aufwallung Platz.

Herr!" rief er, von seinem Sitze emporschnellend,Sie haben uns Alle betrogen! Sie sind nicht, wofür Sie sich ausgaben. Sie sind ein Gauner, ein verfolgter Spitzbube, vielleicht noch Schlimmeres."

Es steht darüber noch nichts fest", wandte der Polizeibeamte ruhig ein.Ich habe nur den Auftrag, den Herrn Kutzellack unverzüglich zum Polizeimeister zu führen."

Humbert hatte sich inzwischen erhoben.

Was man mir auch zur Last legen wird, ein entehrendes Verbrechen habe ich nicht begangen", sagte er mühsam und nach Fassung ringend.Sie werden das noch erfahren, Herr Kuwaloff. Sollte es aber das Schicksal wollen, daß wir uns nicht Wiedersehen, so sage ich Ihnen hiermit meinen Dank für die freundliche Ausnahme, die ich in Ihrem Hause gefunden, und für alles Gute, was ich hier genossen. Gleichzeitig sage ich Ihnen in diesem Falle ein herzliches Lebewohl. Als einen Undankbaren werden Sie mich nie kennen lernen."

Er reichte dem Hausherrn die Hand, allein dieser wandte sich finster ab. Frau Kuwaloff hatte in tiefer Bewegung das Zimmer verlassen, um nicht Zeugin der peinlichen Scene zu sein, allein die beiden Knaben hingen

sich weinend an den geliebten Lehrer und bestanden in der solchen jugendlichen Gemütern eigenen stürmischen Weise auf sein Bleiben.

Humbert machte dem beklemmenden Auftritt ein rasches Ende. Er reichte seinen Zöglingen die Hand, vertröstete sie auf ein baldiges Wiedersehen und folgte dem rasch voranschreitenden Führer.

Das Polizeigebäude war bald erreicht. Humbert trat in ein niederes, mit Aktenschränken und Schreibtischen angefülltes Zimmer. Einige Buschnicks saßen auf Bänken, die sich längs der Wände hinzogen. Ein grimmig blicken­der Polizeimeister mit pechschwarzem, bis auf die Brust reichendem Bart trat sogleich auf den jungen Deutschen zu und unterwarf ihn einem peinlichen Verhör, bei welchem der Begleiter Humbert's als Dolmetscher diente.

Dieser sah ein, daß ein offenes Geständnis unter den obwaltenden Umständen das Beste sei, und so erzählte er denn der Wahrheit gemäß die Ursache seiner Flucht und seines Aufenthaltes in der Czarenstadt. Im Stillen bedauerte er freilich den unglücklichen Beamten, der ihm auf den falschen Namen einen Paß ausgestellt hatte. Er hätte diese Episode seines Flüchtlings­lebens gern verschwiegen, allein den scharfen Kreuz- und Querfragen des In­quirenten war nicht auszuweichen. Die berühmte russische Polizei war schon damals in Petersburg sehr gut organisiert, Humbert entnahm aus Allem, was er sah und hörte, daß man ihn bereits seit längerer Zeit kannte und ihn heimlich beobachtet zu haben schien.

Endlich war das Verhör beendet. Der Dolmetscher winkte Humbert, ihm zu folgen, und beide verließen das Bureau. Vor der Thür hielt ein Wagen. Eine gebieterische Bewegung des Beamten sagte dem Arrestanten, daß er einzusteigen habe.

(Fortsetzung folgt.)