Uro. 33

6V. Jahrgang

Amts- uaä Intelklgenzhklltt für «len Aezirsi

Erscheint Itenstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 L p. Spalte im Bezirk, sonst 12 H.

Dienstag, äea 17. März 1885.

Abonnemcntspreis halbjährlich 1 80 L, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 L, sonst in

ganz Württemberg 2 70 L.

Arntkiche Wekcrnntmachungen.

Calw.

Bekanntmachung.

Unter den auf der Markung Liebenzell laufenden Schafen des Bäckers Louis Rentschler und Restaurateur Adolf Ziegler von Calw, sowie unter den auf der Markung Dennjächt laufenden Schafen de» Schäfers Lud­wig Scha i ble von Mühlheim, OA. Sulz, ist die Schafräude ausge­brochen.

Den 13. März 1885. K. Oberamt.

' F l a x l a n d.

politische Wachrichterr.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 14. März. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten fand eine längere Debatte über den Wert der Wetter-Prognosen statt. Freiherr v. Gültlinger legte der Verbrei­tung der Wettervorhersagung nicht die geringste Bedeutung für die Landwirt­schaft bei, eine Ansicht, welche aber von der 'Mehrzahl der Abgeordneten keines­wegs geteilt wurde. In Betrachtung kommt, daß nach der in Württemberg aufgenommenen Statistik im letzten Jahre 88 pCt. der Prognosen Treffer gewesen sind. Auf die Majorität des Hauses machten denn auch die von Gültlingen'schen Argumente lediglich keinen Eindruck, man nahm den Posten für die meteorologische Zentralstation und für die Weiterverbreitung der Pro» nosen an. Die von der Kommission unterstützte Forderung der Regierung ezüglich die Erhöhung der Gehälter derKameralverwalter und Oberzollinspektoren von M. 3800 auf M. 4000 rief bei den volksparteilichen Abgeordneten lebhaften Widerspruch hervor und es wurden von dieser Seite Anträge auf Ablehnung der Exigenzen eingebracht. Uebrigens haben auch die den andern Parteien angehörenden Abgeordneten das Bestreben zu sparen, nur sind sie in der vorliegenden Frage gerecht genug, den Kame- ralverwaltern und Oberzollinspektoren die gleichen Gehälter einzuräumen, wie sie die auf gleicher Stufe stehenden Bezirksbeamten schon längst beziehen. Zum Austrag kam die Angelegenheit heute noch nicht, wird sich vielmehr in die Dienstagsitzung hinüberspielen.

In der letzten Sitzung des Reichstages sollte die Dampfer- Vorlage in 2. Lesung zur Verhandlung kommen, die bekannte Majorität des Reichstages setzte es jedoch durch, daß vorher über die Ausführungsbeding, ungen beraten werden müsse. Zwei dieser Bedingungen kamen zur Erledigung: 1) daß der Unternehmer verpflichtet sei, bei der Hin- und Rückfahrt einen belgischen oder holländischen Hafen anzulaufen; 2) daß die neu einzustellenden Schiffe auf deutschen Werften erbaut werden müßten. Aus London wird gemeldet, daß die englisch-deutschen Beziehungen sich sehr günstig gestalten. Es bestätige sich, daß Fürst Bismarck mitgeteilt habe, er werde, falls die Nachricht über die Flaggen-Affaire in Viktoria sich als wahr Heraus­stellen sollte, die Urheber derselben strengstens zur Rechenschaft ziehen. Auch bezüglich der übrigen Kolonial-Angelegenheiten, welche Deutschland und Eng­land betreffen, sei zu erwarten, daß eine freundschaftliche Lösung demnächst erfolgen werde. Der Berliner Korrespondent der Zentral News telegraphiert, er habe aus bester Quelle erfahren, daß England an Deutschland folgende Konzession machte: England verzichtet auf alle Ansprüche betreffs der Gebiete vom rechten Ufer des Rio del Ney-Flusses bis Viktoria. Dieses Gebiet hat ungefähr achtzig Meilen Küstenlänge und umfaßt beide Nebenflüsse und pro­duktives Land entlang denselben, den Rumbyfluß, alle Bauboko- und Bibandi- Distrikte, sowie das Land zwischen Bibandi und Vota, inklusive den letztgenann­ten vorzüglichen Hafen, den einzigen Küstenpunkt. England, dem Viktoria, das nur Quadratmeilen Umfang hat, verbleibt, übernehme ferner die Ver­pflichtung. keine Verträge mit Häuptlingen an der Küste oder im Lande ab- zuschließen oder irgendwie in die Beziehungen Deutschlands mit den Häupt­lingen zwischen dem rechten Ufer des Rio del Rey und Gaboosa sich einzu­mengen. Dafür verpflichtet sich Deutschland, sich jeder Einmischung bezüglich der Gebiete zwischen dem Rio del Rey und Lagos-zu enthalt««, keine Ver­träge dort abzuschließen und Englands Hoheit in diesen Distrikten anzuerkennen.

Nach den neuesten Nachrichten ist es gar nicht unmöglich, daß es in Afghanistan zu einem Zusammenstoß zwischen den Russen und Engländern kommt. Die Russen scheinen ihre Posten immer weiter vorzuschieben. Selbst die Times glaubt an eine solche Möglichkeit. Viele englische Blätter führen eine äußerst kriegerische Sprache. Der Observer sagt: Es muß Rußland klipp und klar herausgesagt werden, daß ein weiteres Vor­dringen auf afghanischem Gebiet es in einen sofortigen Krieg mit England in Europa verwickeln würde und daß dem Vormarsch der russischen Armee auf Herat die Entsendung der britischen Flagge nach der Ostsee und dem schwarzen Meere folgen würde.

Feuilleton. °.-b°t-n.

Die Königin Louise

«nd ihre Schützlinge.

Historische Krählung von Karl Preuzlau.

(Fortsetzung.)

In den schönen Augen der Königin perlten ein paar Freudenthränen. Diese treue, warme Anhänglichkeit seitens eines ihrer Landeskinder erfüllte sie mit herzinniger Freude. Und unfähig, ihrem schönen menschlichen Gefühl zu gebieten, nahm sie das Umschlagetuch ab, welches sie gerade trug und hing es der gutmütigen Frau um mit den Worten:

Nehmen Sie dies zum Andenken an diesen Augenblick. Ich glaube, Ihre Gabe am besten dadurch zu ehren, daß ich Ihnen gebe, was Ihre Köni­gin getragen."

Ach, das ist zu viel der Ehre für mich, liebe gnädige Königin, ich kann das gar nicht annehmen, so ein schönes teures Tuch. Berauben Sie sich des schönen Tuches nicht, liebe gnädige Königin. Sehen Sie, die Zeiten sind so schlecht und es ist Alles so teuer."

Behalten Sie das Tuch, meine liebe Frau. Tragen Sie es zum Andenken an Ihre Königin!" erwiderte Louise gütig.

Wie werden die Weinigen sich freuen, liebe gnädige Königin. Wie werden sie mich daheim Alle fragen und darauf horchen, was ich ihnen erzähle. Nun aber, da Sie so gütig sind, habe ich noch eine rechte Herzensbitte."

Sprechen Sie, liebe Frau. Liegt die Gewährung in unserer Macht, so ist sie zum Voraus erfüllt."

Wir haben nämlich einen Sohn bei den Soldaten. Er ist Feldwebel und hat die Schlacht bei Jena mitgemacht, ist auch glücklich durchgekommen. In Tilsit war er auch, just wie sie Frieden machten mit dem bösen Napolium. Da schrieb er das letzte Mal und seitdem hat er nichts von sich hören lassen. So wollt' ich nun 'mal bei Ihnen anfragen, ob Sie mir nicht Auskunft

geben könnten, wo der Julius sich jetzt anfhält und ob er noch gesund ist. Mein Alter daheim meint, die Frau Königin brauchten nur ihren Mann zu fragen, der würd' es ganz gewiß wissen."

Wie heißt Euer Sohn? Bei welchem Regiment steht er?"

Julius Humbert, liebe gnädige Königin; aber die Nummer des Regi­ments. ja, Du lieber Gott, die Hab' ich über all' dem Trubel richtig vergessen; obgleich sie mein Alter mir zu Hause immerfort vorgeschwatzt hat."

Humbert?" wiederholte die Königin für sich nachdenkend, sollte das der junge Mann nicht sein, der damals vor den Franzosen flüchten mußte? O, mein Gott! was soll ich thun? Das wäre ein harter Schlag für das arme Mutterherz!"

Gewiß kennen Sie ihn", fuhr die Bäuerin fort,er war ein braver offenherziger Junge, macht uns viel Freude und wir haben etwas an ihn gewandt. Gelernt hat er viel und auch Manches erlebt. Er hätt's wohl sonst nicht bis zum Feldwebel gebracht."

Ich werde mit meinem Manne sprechen, liebe Frau, und ihnen baldigst Nachricht zukommen zu lassen. Gedulden Sie sich nur noch einige Tage, und geben Sie mir genau ihre Adresse an." Die Bäuerin that das und verab- schiedete sich danach unter überschwänglichen Danksagungen.

Kaum sah die Königin sich allein, als sie rasch die Klingel zog und der eintretenden Kammerfrau befahl, Alma Reimer hereinzurufen.

Das junge Mädchen erschien sogleich. Alma hatte sich, seitdem sie ihre Vaterstadt verlassen, wenig verändert. Ihr Gang, ihre Haltung waren leicht und elastisch, wie immer. Nur die Farbe ihrer Wangen hatten einen blässeren Ton angenommen, und der Ausdruck schwermütigen Sinnens in den schönen nußbraunen Augen verriet, daß ein geheimes Weh an ihrem Herzen nagte.

Mein Kind", redete die Königin sie in bewegtem Tone an,wie nannte sich der junge Avancierte, der damals in so würdiger Weise für Deine Ehre eintrat?"

,Humbert, Majestät! Julius Humbert", erwiederte die Jungfrau, deren Wangen sich mit dunkler Glut bedeckten.