Mo. 31
60. Jahrgang
Amts- mul Intelligenzbkatt für öen Kezir^.
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Spalte im Bezirk, sonst 12 H.
Donnerstag, äen 12. März 1885.
Abonnementspreis halbjährlich 1 <-6 80 durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 sonst in
ganz Württemberg 2 70
Amtliche Wekcrnntnrcrchungen.
Calw.
Bekanntmachung,
kelr. -as Mnjterungsgeschast 1885.
Das Musterungsgeschäft im Bezirk Calw findet in diesem Jahr in nachstehender Weise statt:
Montag, den 20. April, in Liebenzelk, Dienstag, öen 21. April, in Weuweiter, Mittwoch, öen 22. April, in Kechingen, Donnerstag, öen 23. April, in Galw.
Die Loosziehung in Calw ist auf Freitag, den 24. April, fest'
gesetzt.
Dieß wird hicmit vorläufig zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Den 10. März 1885. K. Oberamt.
Flaxland.
Calw.
Bekanntmachung.
Unter den Schafen des
riedrich Adam, Schuhmacher in Unterhaugstett, ohannes Weber und Michael Wohlgemuth in Monakam ist die Schafräude ausgebrochen.
Den 9. März 1885. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
-Politische Wachrichten.
Deutsches Reich.
— In der Abstimmung am 4. März über den Direktorposten mit 20,000-16 stimmten die württemb. Reichstagsabaeordneten ab wie folgt: Ja: v. Fischer, Leemann, v. Lenz, v. Neurath, v. O w,
Feuilleton. Nachdruck
Die Königin Louise
und ihre Schühliuge.
Historische Erzählung von Karl Prenzlau.
(Fortsetzung.)
„Die Frau ist ausgegangen", nahm er in kurzem, rauhem Tone das Wort, „so können wir ungestört sprechen. Ich wolli' Euch nur fragen, wie lang' Ihr noch auf dem Heidnerhof herumschmarotzen wollt?"
Im ersten Moment sah der junge Mann den Frager verblüfft an. Dann schoß er zornflammend von seinem Sitze empor und rief mit bebender Stimme:
„Was soll das bedeuten, Bursche? Habt Ihr ein Recht, mich in dieser Weise zu fragen? Seid Ihr etwa der Herr des Heidnerhoses? Geht es Euch etwas an, ob ich die Gastfreundschaft Eurer braven Gebieterin ein paar Tage länger in Anspruch nehme oder nicht?"
„Na, das kommt darauf an. Vielleicht wär' ich schon Herr des Heidner- Hofes, wenn Euch der Teufel nicht hineingeschneit hätt'."
„Ich versteh'Euch nicht. Wollt Ihr etwas von mir, so sprecht deutlich. Um Rätsel zu lösen, fühle ich mich nicht aufgelegt."
„Wenn Ihr mir so deutlich antworten wolltet, wie ich Euch frage, wär's schon zu End' mit uns Beiden. Also kurz und bündig. Wie lange blecht Ihr noch hier?"
„Ich kann in jeder Stunde abi eisen. Mich hält hier nichts zurück. Nur dem Drängen der Hausfrau Hab' ich nachgegeben. Daß ich dieserhatb von Andern würd' mit scheelen Augen angesehen werden. Hab' ich nicht erwartet. Die Stille und Friedlichkeit auf dem Heidnerhofe that mir wohl. Nun ich aber seh', was es damit für eine Bewandnis hat, werd' ich gehen und das noch heut'. Für einen Schmarotzer soll mich Niemand halten, selbst nicht ein simpler Ackerknecht!"
Stäliv, Veiel, v. Wöllwarth. Nein: Graf Adelmann, Härle, Mayer, Payer, Graf Waldburg-Zeil. Abwesend: Erbgraf zu Neipperg» Schott, Schwarz, Utz. Die Position wurde mit 172 gegen 153 Stimmen angenommen.
— Im Reichstage mußte wieder einmal der Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf den Abg. Bebel und Richter Rede und Antwort stehen. Weil auf einer Jagd bei Kassel ein Soldat als Treiber angeschoffen worden war, fragte Bebel, ob denn die Soldaten zum Treiben gezwungen werden könnten. Nein, antwortete der Minister, das Treiben besorgen sie ohne Zwang und freiwillig; wenn Freiwillige aufgefordert werden, tritt meist die ganze Kompagnie heraus, die Jagd ist ihnen eine angenehme Abwechslung im einförmigen Dienst und wird ihnen auch vergütet, der Dienst leidet nicht darunter und die Sache kommt jährlich so selten vor, daß man nicht sagen kann, man solle lieber die Dienstzeit abkürzen. Bebel spottete auch über die Soldaten, die den Frauen der Unteroffiziere bei Einkäufen, auf dem Markte rc. folgen und helfen müßten, und fand einen unerwarteten Gegner inWindthorst, der die Sache von der humoristischen und gemütlichen Seite darstellte und sehr zweckmäßig fand. Er schilderte» wie er in seiner Jugend selber Treiber und glückselig war, wenn er wilde Schweine, Rehe und Hirsche ausjagte. Das Haus kam in heitere Stimmung und lachte über die Interpellanten, die plötzlich auf's Trockene mit ihren kleinlichen Nörgeleien gelangt waren.
Berlin, 9. März. Der Reichstag genoß heute das ungewohnte Schauspiel einer Erklärung vor der Tagesordnung, da der Fürst Radziwill Verwahrung gegen die neuliche Behauptung des Abg. Bebel einlegte, daß auf einer von seinem Verwandten veranstalteten Jagd ein als Treiber verwendeter Soldat verwundet worden sei.
— Ueber die Erfolge der Mission des Grafen Herbert Bismarck in England will das „Berl. Tagbl." Folgendes erfahren haben: Es stellte sich heraus, daß die vielbesprochene Note vom 5. Mai v. I. dem Gräfin Granville zwar vorgelesen, von diesem aber auffallender Weise keine Abschrift derselben verlangt wurde. Graf Herbert habe den englischen Minister überzeugt, daß die Mißverständnisse nur in der mangelhaften oder verspäteten Beantwortung der deutschen Noten seitens Englands ihren Grund hatten. Das Einverständnis beider Kabinette sei jetzt wieder ein vollständiges.
— Wie das „Deutsche Tagblatt" mitteilt, wird die „deutsche ostafrikanische Gesellschaft" in den deutschen Farben Löwe, Palme und Kreuz als
In den rauhen Zügen des Burschen war während dieser Worte eine merkwürdige Veränderung vorgegangen. Ein glühender Freudenstrahl war rn seinen trotzigen blauen Augen aufgeleuchtet:
„Und das ist Euer Ernst?" stieß er hastig hervor. „Und Ihr habt kein Verlangen nach dem Heidnerhof und nach der Hand der jungen Witwe?"
„Ihr seid ein Narr!" rief Humbert unwillig, „habt Ihr je etwas in meinem Wesen wahrgenommen, was Euch zu dieser Annahme Grund und Ursach' gegeben hätte?"
„Na ... ich weiß das nicht", entgegnete Johann, indem er sich verlegen hinter dem Ohre kratzte, „ich weiß nur, daß die Frau Euch gern hat, Euch immer mit verliebten Blicken ansieht und sich gern in Eurer Näh' was zu thun macht. Und da Hab' ich natürlich gedacht, Ihr möcht's wohl darauf angelegt haben."
„Da habt Ihr mehr gesehen und gehört als ich", sagte Humbert in gleichgültigen Tone. „Ich Hab nur wahrgenommen, daß Frau Heidner freundlich zn mir war, und mir nichts anderes dabei gedacht, als daß das so in ihrer Art läge. Wie kommt Ihr nur zu diesen albernen Ansichten und Fragen?"
„Ja, seht, lieber Herr", erwiederte der Knecht in gänzlich verändertem Tone, „ich bin nun schon manches Jahr auf dem Heidnerhof, und Hab' die Margareth schon gekannt, als sie noch ein kleines Mädel von zehn Jahren war. wo sie o't mit ihrer Mutter in unser Haus kam. Damals stand's noch gut mit uns, Herr, und ich glaubte nimmer, daß ich mich einstmals als Knecht verdingen sollt'. Die Margareth' aber halt' ich von jeher in mein Herz geschloffen gehabt, im Glück und Unglück. Selbst als sie dem reichen Bauer H.ioner zum Altar folgte, blieb ich im Stillen treu und betrachtete sie ganz heimlich als meinen Schutzengel. Und seht, wenn Ihr nicht gekommen wäret —"
Er hielt inne und seine Zügen drückten tiefe Niedergeschlagenheit aus.
„Wenn Ihr weiter keine Sorgen habt", unterbrach ihn der junge Mann lächelnd, „so beruhigt Euch. Ich denke nicht daran, Eurem Glück im Wege zu stehen. Ich trag' bereits ein Bild in meinem Herzen und das wird Frau Heidner mit Aufbietung all' ihrer Liebenswürdigkeit nicht verdrängen. Und