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ist schon zu weit vorgerückt, die bisherigen Opfer sind nutzlos gebracht, und die Engländer dürfen froh sein, wenn keine Neuen dazu kommen. In Kairo ist das Gerücht verbreitet, der Mahdi habe Khartum verlassen, und rücke in Hellen Haufen nordwärts, den Nil herab. Gleichzeitig regt es sich unter der eingeborenen Bevölkerung Unteregyptens gegen die verhaßten Engländer. In Kairo kam es wiederholt vor. daß die Militärbehörden sich genötigt sahen, Personen für Angriffe auf englische Soldaten peitschen zu lassen.

Hcrges-Weuigkeiten.

Cannstatt, 8. März. Auch bei uns war der Neckar so stark gewachsen, daß er zum Teil über seine Ufer getreten ist.

Waiblingen, 6. März. Vormittags 10 Uhr großer Festzug vom Rat­haus in die Kirche, voran die Staats-und Korporationsbeamten, derKriegerverein, die bürgerlichen Kollegien, der neu gegründete Militärverein und zum Schluß die zahlreiche Schuljugend. Mittags 1 Uhr zahlreich besuchtes Festesten in der Post, bei welchem Oberamtmann Thyin die treffliche Festrede hielt. Zu gleicher Zeit Festessen der niederen Bediensteten im Gasthaus zum Löwen. Abends 7 Uhr Versammlung der Museumgesellschaft in der Post mit Festrede und Konzert, und Versammlung des Kriegervereins im Gasthaus zum Adler.

Tübingen, 6. März. Die Adresse der Tübinger Studen­tenschaft wird im Namen derselben von dem württ. Gesandten in Berlin dem Reichskanzler Fürsten Bismarck übergeben werden. (Eine früher von anderer Seite gemachte Mitteilung, daß 7 Vertreter der Studentenschaft be­auftragt seien, dieselbe zu überbringen, beruhte auf einem Mißverständnis.) Ein Kommers zu Ehren Bismarcks wird Anfang nächster Woche von den hiesigen studentischen Verbindungen gefeiert werden, welche die übrige Studenten­schaft zur Beteiligung auffordern wollen.

Göppingen, 5. März. In der mechanischen Weberei von Gebr' G. gerieten gestern nachmittag drei Schlichter mit einander in Streit, der bald in Tätlichkeiten überging. Hiebei wurde einer derselben von einem andern mit einer schweren Schlichtbürste derart auf den Kopf geschlagen, daß er vom Platze getragen werden mußte und nach etlichen Stunden den Geist aufgab. Die beiden Andern wurden sofort verhaftet; einer derselben ist aber schon wieder freigelassen worden.

Ellwangen, 6. März. Zur Vorfeier war gestern Abend Zapfen' streich, ausgeführt von der hiesigen Stadlkapelle. Böllerschüsse am Morgen; Festzug der königlichen und städtischen Beamten, des Krieger- und Veteranen­vereins, sowie der Zöglinge der königl. Ackerbauschule vom Rathaus nach der Stiftskirche, woselbst ein feierliches Hochamt mit darauffolgendem veum gehalten wurde. Nach Beendigung desselben Zug in die ev. Kirche, wo Stadt­pfarrer Knapp die Fcstpredigt hielt. Darauf Festakt im Gymnasium, welcher mit fünf gemischten Chören mit verbindender Deklamation aus der melodrama­tischen Dichtung:Kolumbus" (von I. Becker) eingeleitet wurde. Darauf Vortrag von Prof. Bester überdie neue attische Komödie." Das Festessen fand im Gasthof zum goldenen Adler statt und war von Beamten und Bürgern zahlreich besucht. Der von Herrn Landgerichtspräsident v. Bartolomäi auf S e. Majestät ausgebrachte Toast fand laute Zustimmung.

Augsburg, 4. März. Die Sammlung zu einem Ehrenge­schenk für den Reichskanzler geht hier ihren stillen Gang, doch hoffen wir, daß das Ergebnis im Ganzen ein erfreuliches sein werde. Na- mentlich sollen einzelne Fabriketablissements zu gedachtem Zweck namhafte Beträge zeichnen. Seitens 819 Angestellter und Arbeiter der Maschinen­fabrik Augsburg wurde der ansehnliche Betrag von 4386 gezeichnet. Zu Ehren des 70. Geburtsfestes des Reichskanzlers wird auch eine öffentliche Festfeier dahier stattfinden, doch verlautet Näheres hierüber noch nicht. Auch werden zwei politische Festivitäten rasch aufeinanderfolgen; während nämlich die Bismarckfeier am 28. ds. stattfinden soll, veranstaltet der liberale Bürger­verein wie schon seit Jahren am 21. ds. abends eine große Festfeier anläß­lich des Geburtsfestes des Kaisers.

Freiburg, 5. März. Soeben wurde auch in hiesigen Blättern ein von Vielen Unterzeichneter, recht patriotisch gehaltener Aufruf ver­öffentlicht, welcher an die Mitbürger von Stadt und Land gerichtet ist und gleichfalls den schönen Zweck verfolgt, zu einer Ehrengabe für unfern großen Reichskanzler gelegentlich des Jubiläums seiner Geburt und seines ersten öffentlichen Auftretens beizutragen. Wir sind fest überzeugt, daß der Aufruf in den Herzen von sehr vielen patriotischen Freiburgern einen außerordentlich freudigen und nachhaltigen Wiederhall finden wird.

Berlin. Zum Geburtstage des Kaisers, der diesmal auf einen Sonntag fällt, werden zahlreiche fürstliche Personen, unter denen man den König und die Königin von Sachsen, die Großherzogin von Baden, den Kronprinzen und die Kronprinzessin von Schweden, den Großherzog von Sachsen-Weimar nennt, am hiesigen Hofe eintreffen. Auch wird zu dieser Zeit die Rückkehr der Erbprinzessin Charlotte von Meiningen, welche mit ihrer Tochter, der Prinzessin Feodora, zur Zeit in Paris weilt, wo sie vor Kurzem in Cannes eingetroffen ist, erwartet. Graf Moltke, unser greiser Schlachtenlenker, wird sich auf einem längeren Urlaub nach dem Süden begeben. Wo der Graf seinen Aufenthalt nehmen wird, ist noch nicht bestimmt, sein Reiseziel ist vorläufig Italien. Freitag Nachmittag ver­abschiedete sich der große Stratege von unserem Kaiser und später auch vom Kronprinzen in einer längeren Audienz.

Olmütz. 6. März. Heute Nacht um 1 >/z Uhr fand im Johann-Schachte des Grafen Larisch in Karwin eine Gasexplosion statt. Bei dem Eintritt der Katastrophe befanden sich 147 Bergleute im Schachte; ob alle tot sind, ist noch nicht festgestelt.

Wien, 7. März. Einer offiziellen Meldung zufolge beträgt die Zahl der verunglückten Bergarbeiter in Karwin 123. Dieselben sind größtenteils erstickt, aber auch teilweise verbrannt. Bis gestern Abenfl wurden 47 Leichen geborgen. Nach einer anderweitigen Meldung wurden 5 Menschen gerettet. Die Verunglückten sind meist Familienväter. Die Bergung der Toten ist in Folge der herabgestürzten Gesteinmassen äußerst schwierig und dürfte 14 Tage beanspruchen. Die Explosion fand in einer Tiefe von 160 Mtr. statt, vielleicht in Folge von Unvorsichtigkeit, da entgegen dem Verbot an einer gasgeschwängerten Stelle ein Sprengschuß abgefeuert wurde.

Ueber ein Unglück zur See wird aus London, 5. März, berichtet: Der französische DampferTonquin" (vormalsCity of Paris"), der mit Kohlen von Kardiff nach Marseille unterwegs war und dort Truppen nach Tongking einschiffen sollte, stieß gestern Morgen während eines Nebels auf der Höhe von Malaga mit dem französischen DampferMaurice" zusammen, was den sofortigen Untergang desTonquin" zur Folge hatte. Leider ertranken dabei der Kapitän, der vierte Maschinist, der Hochbootsmann und 21 Matrosen, während 38 Mann gerettet wurden.

Die N. Fr. Pr. meldet: Herzogin Vera von Württemberg Großfürstin von Rußland, ist mit den Prinzessinnen Olga und Elsa und ihrem Gefolge am 2. d. M. in Nizza angekommen und zu längerem Aufenthalte in Kraft'sHotel de Nice" abgestiegen.

WerrnrrfchLes.

Die Newyorker Staatsztg. vom 17. Febr. schreibt: Am Montag der letzten Woche bemerkte eine nach Williamsburg fahrende Frau in einem Boote der Grand Str. Fähre unter einem Sitze der Kajüte ein etwa 18 Zoll langes, 8 Zoll breites und ebenso hohes Paket, welches ebenso wie ein auf demselben! liegender Brief an dasDeutsche Generalkonsulat, New-Dork" adressiert war. Sie machte einem der Deckarbeiter Anzeige, welcher den Fund in das Bureau der Fährgesellschast brachte. In Folge an ihn ergangener Auffordernng begab sich der deutsche Generalkonsul, Herr Feigel, dahin. Der Brief, in sehr schlechtem Deutsch geschrieben, enthiel^

hinaus und in die Scheune schlich, um Häcksel zu schneiden,wenn sie doch auch an meinem kranken Herzen Christenpflicht üben wollt'."

7.

Die Jugendkraft und Lebensfrische des Verwundeten bewährten sich in glänzendster Weise. Sie trugen bald den Sieg über die Krankheit davon, und bald konnte Humbert das Bett auf einige Stunden des Tages verlassen und, auf einen Stock gestützt, Spaziergänge im Zimmer unternehmen.

Draußen zeigten sich bereits Vorboten des Herbstes. Milder siel die Sonne auf die Kohlblätter, die Stoppelfelder, die Astern und Georginen. In den Obstgärten sammelte man dis Früchte. Die Abende wurden länger. Die jungen Leute vereinten sich nach Sonnenuntergang in den Spinnstuben oder beim Bohnenauskörnen und erzählten einander lustige und traurige Geschichten. Nur auf dem Heidnerhof wurde es stiller und stiller. Die junge Frau über­ließ es dem Gesinde, sich zu belustigen, wo und wie es wollte. Sie verkehrte nicht wie sonst mit den Mägden und jüngeren Frauen des Dorfes. Sie fand ein großes Vergnügen daran, mit dem jungen preußischen Soldaten zu plaudern, der so Vieles wußte, so Manches erlebt hatte. Wie begierig lauschte sie seinen Worten, wenn er von seinen Reisen und Kriegsabenteuern erzählte. Die Zeit schwand ihr im Fluge. Ost war es ihr, als befände sie sich in einem glück­lichen Traum, und wie ein Stich ging es ihr durch's Herz, wenn Humbert davon sprach, seinen Weg fortzusetzen.

Immer und immer wieder erfand sie neue Gründe, um ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. Bald wußte sie ihm begreiflich zu machen, daß seine Gesundheit noch keineswegs kräftig genug sei, um eine lange Fußwanderung ertragen zu können, bald wieder stellte sie ihm vor, wie notwendig es sei, verborgen zu bleiben und sich im Geheimen mit der russischen Sprache ver­

traut zu machen, wozu er auf dem Heidnerhofe, wo ebensowohl deutsch wie russisch gesprochen wurde, die beste Gelegenheit habe.

Humbert vermochte der freundlichen Zusprache seiner liebenswürdigen Wirtin nicht zu widerstehen und schob seine Abreise von Woche zu Woche hinaus, bis ein Ereignis eintrat, das ihn für immer von dem friedlichen Asyl ver­treiben sollte.

Längst hatte Johann dm harmlosen und doch vertraulichen Verkehr der beiden jungen Leute mit steigendem Mißtrauen betrachtet. Der glühende schwärmerische Ausdruck, mit welchem die Augen seiner Herrin auf dem Gast ruhten, das sinnende und zugleich glückliche Lächeln in ihren Zügen, wenn sie sich unbeachtet glaubte, waren dem eifersüchtigen Burschen kein Geheimnis geblieben, und Tag und Nacht sann er darauf, wie er einen Bruch zwischen den Beiden herbeiführen und das im Entstehen begriffene Liebesverhältnis unmöglich machen könne.

Es war an einem klaren, milden Nachmittage im Monat Oktober, als Humbert von einem Spaziergangs, den er in dem benachbarten Walde zu machen pflegte, zurückkehrte. Er fühlte sich frischer und lebenskräftiger als je und war kaum in das Haus getreten, als Johann vom Hofe her auf ihn zukam und ihn abseits winkte.

Kommt mit mir einen Augenblick in meine Kammer, ich habe mit Euch zu reden", herrschte er Humbert an.

Dieser gehorchte schweigend. Das finstere störrische Benehmen des vier­schrötigen Burschen war ihm längst ausgefallen. Es war ihm nicht unangenehm, zu erfahren, was jener eigentlich von ihm wollte.

Johann deutete auf einen Bretterstuhl und verriegelte dann die Thür. Um seine Lippen zuckte ein bitteres Lächeln, und in seinen Augen lag ein Ausdruck, der den Anderen mit einem geheimen Schauder erfüllte.

(Fortsetzung folgt.)