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des Korrespondenten der „Köln. Ztg." von der Sklavenküste folgende Mitteilungen : Ein durchaus nicht unbedeutender Teil der für längere Zeit hier lebenden Kaufleute ist nach Landesgebrauch mit eingeborenen Frauen verheiratet ; bloß den Angestellten einer einzigen mit der Mission in Verbindung stehenden Firma ist dies ausdrücklich untersagt. Das Heiraten ist hier, wie allenthalben unter Negern, eine Geld- und Geschästssache. An die ihre Töchter anbietenden Eltern wird für Jungfrauen ein Geschenk von 16 Doll, in Geld und 6 bis 8 Doll, in Waren gemacht, so daß also der Besitz einer Jungfrau auf etwa 100 zu stehen kommt. Zu den Hochzeitsfeierlichkeiten, wenn man dieselben so nennen darf, versammelt sich die ganze Familie der jungen Frau, um die sogenannten „Cufloms" zu begehen, die in Tanzen und übermäßigem Genuß von Bier und Rum bestehen. Das Verhältnis der weißen Kaufleute zu ihren schwarzen Frauen ist in den Augen des Volkes ein vollkommen legitimes ohne jeden entehrenden Beigeschmack. Diese Frauen gehören durchweg den ersten Familien des Landes an.
Schweiz.
Bern, 27. Febr. Mehrere Anarchisten sind hier verhaftet worden. Auch in anderen Städten der Schweiz sollen Verhaftungen von Anarchisten stattgefunden haben. Wie verlautet, liege ein Beschluß des Bundesrats vor.
Bern, 27. Febr. Die „Allg. Schweizerztg." berichtet: Die Anarchisten wurden meist in reisefertigem Zustand überrascht. Ein Anarchist wurde in einer Bierwirthschaft an der Brunngaffe, wo sie Versammlung hielten, verhaftet; ein Elsäßer, namens Brenner, ein Schneider, wurde in seiner Wohnung gegenüber dem Bundesratshaus verhaftet. Auf Samstag verlautet, werde das bezügliche Dekret des Bundesrates mitgeteilt werden. — Im Ganzen wurden 23 Anarchisten in Bern verhaftet, in Biel 5. Den vorzeitigen Mitteilungen durch die Presse ist es zuzuschreiben, daß einige Kompromittierte entwischten, so einer in St. Gallen.
Afrika.
— Aus Kamerun liegen vom Sohn des Predigers Karl Scholl in Nürnberg Nachrichten vom 9. Jan. d. I. vor, welche am 22. Februar in Europa eintrasen. „Die Geschichten gehen" — so sagt das Schreiben — „ihren regelmäßigen Gang; die Neger bringen ihre Palmkerne, Palmöl, und tauschen dafür Zeuge, Salz, Num, Tabak, Pulver, Gewehre, getrocknete Fische und eine Menge anderer Gegenstände ein. Gearbeitet wird mit geringer Unterbrechung von morgens 6 bis abends 6 Uhr. Am 3. Januar ist auch Dr. Nachtigal wieder angekommen mit der „Möve" und mit ihm haben auch die Herren Dr. Neuner als prov. Hauptvertreter des deutschen Reiches, sowie die Afrikareisenden Dr. Passavant und Dr. Pauli, mit dem Zeitungskorrespondenten Zöller ihr Quartier in den Wörmann'schen Besitzungen. Darüber, daß der Negeraufstand nur von den Engländern angeschürt war, ist nur eine Meinung."
Acrges-Weuigkerten.
Tübingen, 27. Febr. Unsere schwäbische Hochschule wird ihre Teilnahme an dem Bismarckfest in würdiger Weise bekunden. In dem aus sämtlichen Senioren der hiesigen studentischen Korporationen beschickten Konvent wurde beschlossen, cs soll am 1. April eine Adresse der hiesigen Studentenschaft durch 7 Deputirte dem Reichskanzler persönlich überreicht und mit den Glückwünschen zu seinem 70. Geburtstage die Versicherung,des ehrerbietigsten Danks für sein ruhmreiches, dem Volkswohl geweihtes Wirken ausgesprochen werden. — Prof. l)r. H. Flach wird Tübingen demnächst verlassen und nach Straßburg ziehen, um eine philolog. Lehrstelle am dortigen Gymnasium zu übernehmen.
Biberach, 27. Febr. Wir erfreuen uns gegenwärtig des schönsten Frühlingswetters. Morgens Eis, mittags warm und sonnig, so können die Feldgeschäfte bereits ausgenommen werden und die Vegetation wird zurückgehalten , was der Landmann noch gern hat. — Der Faschingsjubel ist zu Ende und nur noch das Theater sorgt für Abendunterhaltungen. In jüngster Zeit trat der Zwergkomiker Mally an 4 Abenden als Gast auf und erzielte jedesmal ein volles Haus. Sehr gutes Spiel, sprudelnder Witz
er mit Sicherheit annehmen durfte, daß alle Zivil- und Militairbehörden auf ihn fahndeten. In Tauroggen hatte er bei einem alten jüdischen Trödler seine Uniform gegen einen blaugestreiften leinenen Kittel und einen runden Strohhut umgetauscht. Einen derben Knotenstock in der Rechten schritt er nun tief in das Ruffenland hinein, ohne Ziel und Absicht, gänzlich dem Zufall preisgegeben.
Es war um die Mittagszeit. Glühend heiß sandte dis Sonne ihre Strahlen zur Erde. Der Flüchtling schritt auf dem schmalen Stege hin, der sich zur Seite eines reifen und üppigen Kornfeldes hinzog, von Zeit zu Zeit eine Handvoll Aehren raffend und auskörnend , um mit den Körnern seinen Hunger zu stillen. Sehnsüchtig schweifte das Auge umher, um eine Quelle zu entdecken, denn die Zunge klebte ihm am Gaumen vor Durst. Da gewahrte er auf der Landstraße, die sich ungefähr 500 Schritte entfernt vor ihm ausdehnte, mehrere Reiter, die sich durch ihre Uniformen als Franzosen kennzeichneten. Die Eile, mit welcher sie vorwärts trabten, ihre spähenden Blicke ließen ihm keinen Zweifel, daß sie auf der Jagd nach ihm, dem verruchten „Mörder eines Offiziers der großen Armee" begriffen seien.
Eine furchtbare Angst erfaßte ihn. Er bückte sich und schlüpfte in das Kornfeld. Allein die Franzosen hatten ihn bereits wahrgenommen und drei oder vier sprengten sofort seitwärts auf den Pfad, welchen Humbert soeben innegehabt hatte, während die klebrigen ihren Rossen die Sporen einsetzUn und weiter eilten, um den Flüchtling auf der andern Seite des Kornfeldes abzuschneiden.
Dieser erkannte sofort die drohende Gefahr. Nur die äußerste Schnelligkeit der Beine, die volle Gegenwart des Geiste» konnte ihn retten. Wie eine
und quecksilberartige Beweglichkeit machen den ziemlich kleinen Künstler zu einer sehr beliebten Bühnenerscheinung. Die Direktion Steng ist wie immer auch dieses Jahr bemüht, durch gutes Repertoir, solide Künstlerkräfte und durch Ausführung der neuesten und besten Bühnendichtungen sich die Gunst des Publikums zu erhalten. Mit Ostern ist die Theatersaison zu Ende. — Am Montag wurde auf dem an der Straße nach Ochsenhausen gelegenen Reichenbacherhofe Brand gelegt. Das Feuer wurde zeitig entdeckt und gelöscht, ehe größerer Schaden entstand. Der mutmaßliche Thäter, ein schon früher wegen Brandstiftung bestraftes Subjekt wurde vorgestern hier eingeliefert. — Ein etwa 17 Jahre alter Buchhändlerlehrling machte gestern Rächt einen Selbstmordversuch dadurch, daß er sich eine Kugel über der Nase in den Kopf schoß. Der Unglückliche ist der Sohn einer geachteten Familie aus Ravensburg. Er ist am Abend noch gestorben. — Heute früh wurde in der Nähe des Bahnüberganges bei der Angermühle der Leichnam eines Mannes mit abgetrenntem Kopfe und ziemlich vielen Verstümmelungen auf dem Schienengeleise gefunden. Die Persönlichkeit des Toten ist bis jetzt noch nicht festgestellt.
Ulm, 27. Februar. Mit Eintritt der besseren Witterung wird die Schiffahrt auf der Donau durch den Schifferverein wieder ihren Anfang nehmen. Güter zum Transport sind bereits in reicher Menge angelangt, auch Schiffs sind in genügender Anzahl fertiggestellt oder im Bau begriffen. Am 3. März soll das erste Schiff abgehen und werden von da an die Fahrten wieder regelmäßig in jeder Woche stattfinden.
Crailsheim, 27. Febr. Aus dem eine Stunde entfernten Orte Goldbach wurde heute ein Verbrechen gemeldet, das peinliches Aussehen erregt. Daselbst wurde nämlich heute Nacht die bei ihrem Sohne, einem Wirte, wohnhafte Witwe Albig in ihrem Bette ermordet. Die schreckliche Thal geschah, soviel bis jetzt bekannt, mittelst Erdrosselung und wurde erst heute früh entdeckt, als die Angehörigen, durch das lange Wegbleiben der Ermordeten, welche ein besonderes Zimmer bewohnte, aufmerksam gemacht, nach ihr sehen wollten. Hiebei fanden sich die Behälter erbrochen und deren Inhalt im Zimmer bunt durcheinander geworfen. An der Thüre des Hauseingangs fand sich ein Bund Dietriche, welche offenbar von dem Mörder zurückgelassen wurden. Die Witwe Albig soll ein ansehnliches, hauptsächlich in Pfand- und Schuldscheinen angelegtes Vermögen besitzen. Ueber die Person des Thäters ist noch nichts bekannt.
W e v rrr i f cH t e s.
— Das große Loos der Ulmer Dombau-Lotterie, 75,000 „1L ist der Remscheider Ztg. zufolge nach Remscheid gefallen. Die beiden glücklichen Gewinner gehören dem Arbeiterstande an. Einer derselben hat die Feldzüge von 1866 und 1870/71 mitgemacht und ist seit einem Jahre arbeitsunfähig.
Zählebig k eit einer Katze. Aus Aachen, 28. Februar schreibt man dem Franks. Journ.: Bei den Aufräumungsarbeiten auf der Brandstelle der Rheinischen Tuchfabrik wurde heute unter den Trümmern in einem Dampfrohre zusammengekauert die vor dem Brande in der Garnkammer gehaltene Katze vorgefunden. Vermutlich war sie bei Ausbruch des Feuers in ein unbenutztes Dampfrohr gekrochen, stürzte mit diesem 3 Etagen tief hinunter und wurde von einem Schutthaufen eingeschlossen. Auf diese Weise hatte das Tier 6 Wochen ohne Nahrung zugebracht; es ist bis auf ein Drittel seiner frühem Größe abgemagert, die Haare am Kopf sind versengt, der Schwanz ist an der Spitze angefressen. Die ihr Vorgesetzte Milch nahm die Katze gierig an, aller Wahrscheinlichkeit nach wird man sie am Leben erhalten können.
— Die New-Iorker-Staatsztg. vom 14. Febr. berichtet: Eine furchtbare Katastrophe ereignete sich am Samstag zu New - Brunswick in New-Jersey. Kurz vor 3 Uhr früh hielt nämlich ein aus Philadelphia kommender Extra-Frachtzug auf der über den niedrig gelegenen Stadtteil und den Raritan führenden Brücke an, um dem Ingenieur Gelegenheit zu geben, einen kleinen Schaden an den Rädern der Lokomotive auszubesiern. Während der Zug auf der Brücke stand, brauste der aus dem Süden kom-
Schlange wand er sich durch den raschelnden Aehrenwald, wobei er sich so dicht als möglich am Boden hielt, um die Verfolger über die eingeschlagene Richtung zu täuschen. Plötzlich schoß er an einer Stelle hervor, wo diese ihn am wenigsten erwarteten, woraus er die Richtung auf ein Dörfchen nahm, dessen Häuser sich aus einem dichten Kranze von Obstbäumen und Pappeln heraushoben.
Die Angst beflügelte seine Schritte. In mächtigen Sätzen sprang er vorwärts. Er setzte über mehrere fußbreite Gräben, schwang sich über Zäune und Hecken, brach durch Dornengesprüpp und wild ineinander gewuchertes Buschwerk und mußte doch mit Entsetzen sehen, wie die Verfolger trotz der häufigen Umwege, die er sie machen ließ, näher und näher rückten. Seine Pulse hämmerten, seine Augen brannten ihm, der Atem drang pfeifend aus der kochenden Brust. Immer näher drang das Siegesgeschrei seiner Verfolger. Schon begann er zu wanken, vor seinen Augen dunkelte es, da hemmte der dumpfe Knall eines Pistols die jähe Betäubung. Er fühlte einen brennenden Schmerz auf seiner linken Wange. Die Kugel hatte ihn gestreift; aber in demselben Augenblick sah er eine niedere Strauchhecke vor sich, die einen im guten Statkde gehaltenen Gemüsegarten von den angrenzenden Feldern trennte. Mit dem letzten Rest seiner Kräfte schwang er sich hinüber. Ein paar gewaltige Sprünge brachten ihn in den Hofraum, und unter dem wütenden Gekläff mehrerer Hunde und dem Emporstürmen des gesamten Hühnervolkes prallte er gegen eine stämmige, in lithauischer Tracht gekleidete Bäuerin, die mit einem mächtigen Futterkorb daherkam und beim Anblick des abgehetzten, blutbedeckten jungen Mannes in ein lautes Geschrei ausbrach.
(Fortsetzung folgt.)