60. Jahrgang
Aro. 24.
Amts- mul Intelkigenzökatt süe äen Aezirlu
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.
Die Enirückuiigsgebühr beträgt 9 p. Spalte im Bezirk, sonst 12 H.
Dienstag, äea 24. Februar 1885
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die Post bezogen im Bezirk 2 ^ 30 -H, sonst in ganz Württemberg 2 70
Amtliche Wekcmntmachungen.
Bekanntmachung
betreffend die Anmeldung unfaHlverstcherungspffichtiger Baubetriebe
vom 11. Februar 1885.
Laut Bekanntmachung im Reichsgesetzblatt Nr. 5 Seite 13 hat der Bundesrath auf Grund des K 1 Abs. 8 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884, Reichsgesetzblatt S. 69, beschlossen:
Arbeiter und Betriebsbeamte, welche von einem Gewerbetreibenden, dessen Gewerbebetrieb sich auf die Ausführung von Tüncher-, Verputzer- (Weißbinder-), Gypser-., Stuckateur-, Maler- (Anstreicher-), Glaser-, Klempner- und Lackirerarbeiten bei Bauten, sowie aus die Anbringung, Abnahme, Verlegung und Reparatur von Blitzableitern erstreckt, in diesem Betriebe beschäftigt werden, für versicherungspflichtig zu erklären.
Gemäß § 11 des Unfallversicherungsgesetzes hat daher jeder Unternehmer eines der vorgenannten Betriebe denselben unter Angabe des Gegenstandes und der Art des Betriebes, sowie der Zahl der durchschnittlich darin beschäftigten versicherungspflichtigen Personen binnen einer vom Reichsversicherungsamt zu bestimmenden Frist bei der untern Verwaltungsbehörde an- zumelden.
Diese Frist wird hiemit auf die Zeit bis zum
2. März d. I. einschließlich
festgesetzt.
Welche Staats- oder Gemeindebehörden als untere Verwalungsbehörden im Sinne des Unfallversicherungsgesctzes anzusehen sind, ist von den Zentralbehörden der Bundesstaaten in Gemäßheit des § 109 des genannten Gesetzes seiner Zeit bestimmt und öffentlich bekannt gemacht worden.
Im Uebrigen wird wegen der Anmeldung auf den nachstehend abgedruckten H11 des genannten Gesetzes, sowie auf das beigesügte Anmeldungsformular hingewiesen.
Berlin, den 11. Februar 1885.
Das Reichs-Versicherungsamt.
Bödiker.
11 des Unfalloersicherungsgesetzes.
Jeder Unternehmer eines unter den § 1 fallenden Betriebs hat den letzteren binnen einer von dem Reichsversicherungsamt zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu machenden Frist unter Angabe des Gegenstandes und der Art desselben, sowie der Zahl der durchschnittlich darin beschäftigten versicherungspflichtigen Personen bei der untern Verwaltungsbehörde an- zumelven.
Für die nicht angemeldeten Betriebe hat die untere Verwaltungsbehörde die Angaben nach ihrer Kenntnis der Verhältnisse zu ergänzen.
Dieselbe ist befugt, die Unternehmer nicht angemeldeter Betriebe zu einer Auskunft darüber innerhalb einer zu bestimmenden Frist durch Geldstrafen im Betrage bis zu einhundert Mark anzuhalten.
Die untere Verwaltungsbehörde (Oberarm) hat ein nach den Gruppen, Klaffen und Ordnungen der Reichs-Berussstatistik geordnetes Verzeichnis sämtlicher Betriebe ihres Bezirks unter Angabe des Gegenstandes und der Art des Betriebes, sowie der Zahl der darin beschäftigten versicherungspflichtigen Personen aufzustellen. Das Verzeichnis ist der höheren Verwaltungsbehörde (Zentralstelle für Gewerbe und Handel) einzureichen und von dieser erforderlichenfalls hinsichtlich der Einreichung der Betriebe in die Gruppen, Klassen und Ordnungen der Reichs-Berussstatistik zu berichtigen.
Die höhere Verwaltungsbehörde hat ein gleiches Verzeichnis sämtlicher versicherungspflichtigen Betriebe ihres Bezirks dem Neichs-Versicherungsamt einzureichen.
Formular für die Amneldunng.
Staat.Kreis (Amt) . ..
Regierungsbezirk.Gemeinde-(Guts-)Bezirk . ... . .
Anmeldung auf Grund des § 11 des Unfallversicherungsgesetzes.
Name des Unternehmers (Firma).
^ Gegenstand des
! Betriebes?)
> ^
Zahl der dnrchschmttlich bc-^
Msti-ten vcrficherungs- ! Bemerkungen, vstichtigen Personen.") !
.den ... . 1885.
(Unterschrift des zur Anmeldung Verpflichteten.)
') Nur solche Betriebe, welche sich ans die AnSsiihrnnq von Bauarbeiten erstrecken, sind anznmelden; doch ist nicht crsmdcrlich, daß die Arbeiter ausschließlich bei Bauarbcitcn beschäsligl w.rden.
**) Die Anmeldung hat auch dann zu erfolgen, wenn weniger als 10 versichernngS- pflichligc Personen (Arbeiter und solche ^etricbsbeamte, deren Jahresarbeitslohn Zweitausend Mark nicht übersteigt) besänftigt werde».
Calw.
Bekanntmachung.
Unter Hinweisung auf die vorstehend abgedruckte Bekanntmachung des Reichsversicherungsamtes vom 11. Februar 1885 wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß die in Gemäßheit dieser Bekanntmachung des Neichs- versicherungsamtes und des 11 des Unfallversicherungsgesetzes bis längstens 2. März d. I. zu erstattenden Anmeldungen der durch den Beschluß des
Feuilleton. °rb°nn
Die Königin Louise
n«i> ißre Schützlinge.
Historische Erzählung von Karl Prenzlau.
(Fortsetzung.)
Das gequälte Mädchen schrie laut auf, als die Häscher eintraten und Miene machten, ihr und ihrer Mutter die Handschellen anzulegen. In wilder Verzweiflung warf sie sich dem Auditeur zu Füßen und rang die Hände.
„Herr Oberstlieutenant!" rief sie mit durchbohrender Stimme, „um Alles in der Welt! Trennen Sie mich nicht von meiner Mutter!"
Der Offizier zuckte mitleidig die Schultern und wandte sich ab. Die Frauen wurden in einen Wagen gehoben, der sogleich seinem traurigen Bestimmungsorte entgegenrollte. Kreuzer mußte zu Fuß gehen, und die wütenden Blicke, mit denen er um sich sah, sicherten ihn keineswegs vor dem Gespött der Gassenbuben und Herumlungerer. Er war längst wegen seines Geizes und seiner niederen Denkungsart verhaßt.
Frau Reimer und ihre Tochter wurden allgemein bedauert, und manche Verwünschung traf die verhaßten Eindringlinge; manche Drohung wurde in den bürgerlichen Familienkreisen laut, in welchen die Beiden gern gesehene Gäste waren.
Ungeachtet der dringenden Bitten des jungen Mädchens hatte man ihr eine isolirte Zelle angewiesen. So hatte sie weder Gelegenheit, sich des tröstenden Zuspruchs ihrer Mutter zu erfreuen, noch ihr gepreßtes Herz am
Busen derselben auszuschütten. Alma war lediglich auf ihre Thränen angewiesen, und diese strömten unaufhaltsam und befreiten sie allmälig von dem auf ihr lastenden Druck.
So gewann sie es endlich über sich-, ruhiger über ihr hartes Geschick nachzudenken. Plötzlich, ohne jeden Vorboten war das Unglück auf sie hereingestürmt, und die Bosheit eines Schurken hatte den Schlag noch fürchterlicher gemacht. Noch nie hatte die öffentliche Meinung über sie und die Mutter den leisesten Zweifel auszusprechen vermocht. Nun saßen sie beide in schmachvoller Gefangenschaft und sahen einem grauenvollen Nichter- spruche entgegen.
Das junge Mädchen schauderte in diesem Gedanken. Gleich darnach aber richtete sie sich energisch auf. Ihre Augen blitzten. Sie ballte trqtzig die kleine Hand und rief:
„Und wäre ich wirklich schuldig, dieser fremde Mann, dieser Korse, der sich den Kaisertitel angemaßt hat und die ganze Welt nach seinem Kopfe maßregeln will, hat nicht das Recht, mich zu richten."
Unaufhörlich in dem kleinen, dürftig ausgestatteten Gemache auf- und abschreitend, entwarf sie Pläne zu ihrer und der Mutter Rettung; allein der Abend brach herein, ohne daß sie über die einzuschlagenden Schritte mit sich einig gewesen wäre. Total erschöpft warf sie sich endlich auf das aus einer Roßhaarmatratze nebst Decke bestehende Lager und schloß die Augen.
Als sie erwachte, schien bereits die Morgensonne in die trostlose Zelle, und mit ihr senkten sich neue Hoffnungsstrahlen in das Herz des unglücklichen Mädchens. Ueber Nacht war ihr ein Gedanke gekommen, der ihr eine Erlösung aus der qualvollen Haft in sichere Aussicht stellte.
Mit gewohnter Sorgfalt vollendete sie ihre Toillette, und kaum hatte sie die prächtige Lockensülle geordnet, als der Gefangenenaufseher eintrat. Er