falls er sich nicht vollständig ihren Händen überliefern und mit einem Ministerium ans ihrer Milte regieren will. Verschiedene Kombinationen, um Thiers zu ersetzen, wurden in Vorschlag ge­bracht, darunter auch die, ein aus Buffet (dem Präsidenten der Nationalversammlung), dem Herzog von Larochefoucauld Bisaccia (dem Präsidenten der Chevauxlegers) und dem General Bour- baki (gegenwärtig Oberbefehlshaber in Lyon) zusammengesetztes Triumvirat an die Spitze der Negierung zu stellen.

In Lavrence wird gegenwärtig ein Bier gebraut, das man wie Medizin erst schütteln muß, ehe man es trinkt. Läßt man es stehen, so bildet sich unten ein Bodensatz und oben ist das klare Wasser. Dieses Bier wird, wie uns milgetheilt wird, auf kaltem Wege gemacht, was unbedingt ein großer Fortschritt gegen­über der bisherigen altmodischen Brauweise ist.

In Lasel hat sich ein Notar Schaub, zur Rechenschafis- ablage von den Zünften als Vormundschaftsbehörde anfgefordert, selbst dem Strafrichter gestellt Er hat ihm anvertraule Ver­waltungsgelder in sehr namhaftem Betrage unterschlagen. Nach­dem man anfänglich von 100,000 bis 150,000 Franken gesprochen halte, soll die Ziffer der defraudirien Summe immer noch zu­nehmen.

Der Sultan ist halb verrückt und ganz unzurechnungs­fähig. Niemand vermag mehr etwas über ihn, weder die mäch­tigsten Gesandten, noch seine liebsten Weiber, am wenigsten die Minister. Sein ganzes Dichten und Trachten ist, die alte Erb­folgeordnung umzustoßen und seinen Sohn zum Sultan zu machen; wer widerspricht, bekommt die seidene Schnur zugeschickt. Die Gefahr für Jedes Kopf in der Umgebung des Sultans ist so groß, daß die Verschwörung, dem Leben des Sultans ein Ende zu machen, täglich ausbrechen kann In Constantinopel und in vielen Provinzen harrt Alles des Zeichens zum Abfall.

Der Blasebalgflicker von Lyon.

(Fonicpung.)

Wir wurden getraut. Vierzehn Tage nach der Hochzeit reisten wir, wie es meine Brodherren verabredet hatten, denen ich ans Gnade und Ungnade übergeben war, nach Montelimar und meine arme Frau glaubte, es gehe auf meine Güter. Mehrere der Kupferstecher sollten uns begleiten, vermummt als Diener oder als Postkncchte und Kuriere unserer prächtigen Equipage. Der von mir längst gefürchtete Augenblick der Enthüllung kam endlich heran und bewies sich noch furchtbarer, als ich vermuthet hatte. Als wir nämlich in meinem Geburtsorte aulangte», ließen die Kupferstecher den prächtigen Reisewagen vor der elenden Hütte anfahren, worin mein armer, aber achtbarer und ehrwürdiger Vater wohnte und vor welcher er soeben bei der Arbeit saß. Nun kam die entsetzliche Eröffnung. Der Wagen hielt. Die arme geiäuschie und überraschte Aurora ward herausgehoben, die Kupferstecher schaarien sich im Kreise um sie, nahmen ihre Vermummungen ad und derjenige, welchen sie einst auf solch schnöde Weise abgewiesen hatte, ergriff das Wort und.sagte zu ihr: Nein, Madame, sie sind nicht dazu geboren und erzogen, um die Frau eines Kupferstechers zu werden; ein solches Loos wäre allzuviel Ehre für sie gewesen. Ein Blasvalgflicker ist Ihrer würdig und einen solchen haben wir Ihnen auch zum Gatten gegeben." Zitternd und knirschend vor Grimm, hätte ich ihnen gerne geantwortet, allein die Kupferstecher sprangen nun schnell in den Reisewagen und fuhren ungesäumt davon; unsere Größe und unser Reichthum verschwanden mit ihnen, wie die Verwand­lungen in einem Theater.

Die arme Aurora hatte kaum gehört, was man ihr gesagt hatte. Die Wahrheit war in ihr aufgedämmert und sie sank in einer Ohnmacht zurück. Man erinnere sich, daß ich nun in Folge meiner Erziehung und meiner Lebensweise in der jüngsten Zeit eine größere Menge von Zartgefühl und Empfindung bekommen hatte. In diesem grausamen Augenblick zitterte ich selber bei dem Gedanken, das Weib zu verlieren, das ich anbeiele und bemühte mich, sie ins Leben zurückzurufen. Ich verschwendete die zärtlichste Sorgfalt an sie, und wünschte dennoch beinahe, meine Bemühungen möchten vergeblich fein. Endlich kam sie wieder zur Besinnung, allein in dem Augenblick, wo ihr fast wahnsinniger Blick dem meinigen begegnete, stieß sie mich mit dem Ausruf:Ungeheuer!" zurück und fiel aufs Neue in Ohn­macht. Ich machte mir ihren Zustand zu Nutzen, um sie den Blicken der um uns her versammelten Menge zu entziehen, und ans ein armseliges Strohlager zu legen. Hier blieb ich neben ihr, bis sie die Augen wieder ausfchlug; vor ihrem Blicke bebte ich zurück. Der erste Gebrauch, welche sie von ihrer Sprache machte, war die Bitte au mich, sie eine Weile allein zu lassee, und sie wies die stotternden Bekenntnisse und Beteuerungen mei­ner Liebe, Scham und Gewissensbisse zurück. Die Nichte des Pfarrers unseres Sprengels, welche zufällig in der Nähe war, blieb jedoch bei ihr und das arme, jugendliche Opfer meines Leichtsinns und meiner Schlechtigkeit denn Aurora war erst achtzehn Jahre alt schien für diese Aufmerksamkeit sehr dankbar.

Ich verbrachte eine fürchterliche Nach! nach diesem Auftritte

ich selbst war in einer Stimmung, die ich gar nicht beschreiben kann. Um mich selbst war ich weder bekümmert noch bange, aber sie, sie allein erfüllte alle meine Gedanken. Das Schlimmste, was ich befürchtete denn meine Liebe war noch immer das einzige Gefühl, das mich beherrschte war, daß ich ihre Achtung und Zuneigung verscherzt haben könnte, die mir zum Leben not­wendig war; daS Entsetzlichste war mir, Kälte in jenem Auge zu lesen, von welchem mein Friede abhieug. Allein, was konnte ich Anderes erwarten? Halte ich nicht auf eine niederträchtige Weise das fernere Lebensglück dieser jungen Frau mit Füßen getreten und sie mit unerträglicher Schmach und Bitterkeit belastet ?

Die Nacht, die ich nach jener Enthüllung verbrachte, war eine Buße, die beinahe jede geringere Sünde gesühnt hätte. Man mag mir glauben, daß ich oft hinübersandte, um mich nach Anrora's Befinden zu erkundigen. Ich erfuhr, daß sie ruhig fei, und ich war in der That nicht wenig überrascht, als sie am Morgen in das Zimmer trat, wo ich mich befand. Sic sah bleich ans, war jedoch ganz gesammelt. Ich siel vor ihr auf die Kniee und bat sic mit stummer Gebeide um Verzeihung, denn ich konnte nicht reden.Ihr habt mich hintergangen," sagte sie,von Eurem künftigen Betragen wird es abhängen, ob ich Euch vergebe. Ziehet wenigstens keinen Vortheil ans der Autorität, die Ihr Euch über meine Person erschlichen habt. Die Nichte des Pfarrers hat mir ei» Obdach in ihrem Hause angeboteu, und ich will diesen Zufluchtsort annehmen, bis man meine Lage mit Ruhe überdenken kann!"

Diese Worte beruhigten mich zwar, aber sie waren höchst trügerisch, wie ich bald erfahren sollte, denn schon zwei oder drei Tage nach dieser Begebenheit, die ich in unsäglicher Spannung und in wilden Hoffnungen für die Zukunft verbrachte, erhielt ich zwei Briese zu gleicher Zeit. Der erste kam von den Kupfer­stechern, den Uhrhebern meiner Erhebung und meines Falls; sie schreiben mir, sie hätten durch die nähere Bekanntschaft mit mir eine Freundschaft für mich gefaßt; jeder von ihnen habe ursprüng­lich eine gewisse Summe zur Ausführung ihres Anschlags unter­schrieben, und sie seien, da ihr Mülhchen gekühlt worden, entschlossen, die Rache nicht weiter zu treiben; sie wollten mich mit Geld und allem Erforderlichen versehen, damit ich in ein Geschäft treten, und damil für Aurora und mich ein anständiges Auskommen er­langen könnte. Der andere Brief kam von Aurora.Ein Ueberrest von Mitleid, das ich trotz Eures unverantwortlichen Benehmens noch für Euch fühle", schrieb sie mir,veranlaßt mich, Euch miizutheilen, daß ich wieder in Lyon bin. Ich bin ent­schlossen, in ein Kloster zu treten, das mich für immer von Euch trennen wird, allein Ihr mögt Euch darauf gefaßt machen, daß Ihr hinfort vor jedem Gericht in Frankreich erscheinen müßt, um Euch zu verantworten, bis ich eines gefunden habe, das mir Recht widerfahren läßt, und mich von den Fesseln befreit, in welche Ihr Euer Schlachtopser zu schlagen gewußt habt."

Dieser Brief brachte mich beinahe zum Wahnsinn. Ich eilte zu dem Pfarrer, konnte aber nichts Näheres über Aurora erfahren, odschon ich mich überzeugt hielt, haß der Pfarrer und seine Nichte aus Verachtung gegen meinen niedrigen Stand und gemeines Betragen Auroren den Schritt angerarhen, den sie ge- than hatte. Ich eilte nun nach Lyon zurück, wo die ganze Ge­schichte inzwischen großes Aufsehen erregt hatte, dort lebte ich übri­gens ganz versteckt und unbekannt und verkehrte nur mit den Kupferstechern, welche trotz des frevlen Streiches, den sie durch mich gespielt halten, doch Männer von Ehre und Großmuth waren. Da sie mich meines früheren Lebensunterhaltes beraubt hatten, so machte ich mir kein Bedenken daraus, eine Summe Geldes auznnehmen, mit welcher ich mein Heil im Handel und Wandel versuchen wollte. Sie riethen mir, wie ich dieselbe nutz­bar anwenden sollte und ich verwandte sie aus eine Weise, welche sie rasch und ohne Mühe vermehrte. Anrora's Vater hatte mittlerweilen alle möglichen Vorkehrungen getroffen, um die Heirath ungültig zu machen. Dies konnte nur durch eine Klage vor den Gerichten geschehen, in welchen der ganze von mir herrührende Betrug genau geschildert wurde, und diese Klage wurde endlich eingereicht. Niemals war vielleicht der Gerichtssaal in Lyon so von Menschen angefüllt, als an dem Tage, wo dieser mein Fall zur Verhandlung kam. Aurora selber erschien vor Gericht und fesselte Aller Blicke, der meinigen gar nicht zu ge­denken. Ich war nämlich selber unter den Zuhörern und harte mich, ungekanut und unbemerkt in eine Ecke gedrückt. Anrora's Anwalt erzählte den ganzen Sachverhalt und führte für das arme Schlachtopser dieser Tücke das Wort mit einer solchen Beredtsamkeit, daß viele Zuhörer bis zu Thränen gerührt wurden. Für mich war kein Anwalt bestellt worden und Aurora, die nur eine Scheidung erzielen, keineswegs aber die Urheber des ihr angethanen Schimpfes zur Bestrafung ziehen wollte, was ihr ein Leichtes gewesen wäre, würde unbedingt ihren Prozeß ge­wonnen haben, hätte sich nicht eine Stimme zu meinen Gunsten erhoben. Es war nämlich einer der Kupferstecher, gerade der­jenige, welchen sie wie ich oben erwähnt so schnöde abge- wieseu hatte, für mich als Verteidiger aufgetreten; er hielt einen kurze-! Vortrag zu meinen Gunsten, lobte meinen Charakter, de-