Thlr. Die beiden Dame» und eine unverheirathete jüngere Tochter der Fra» v. Langsdorfs, Levnie, batten sich zahlreiche Ladendiebstäyie zu Schulden kommen lassen; in einem Laven namentlich vermißte man wieder­holt nach dem Besuche der Damen sehr kosibare Spitzen und beobachtete die Damen durch ein Loch in der Tapetenwand. La überzeugte man sich, daß die Leony v> L. Spitzen im Wende von vielen 100 Tdalern heimlich ein- und sie auf der Straße ihrer Schwester znfteckte. Nach ge­machter Anzeige und erfolgter Haussuchung bei Frau v. L. und Frau v. R. fand man Spitzen, Schleier, Stickereien u. s. w. im uverthe von zu­sammen 6000 Thlr., welche einer Frau Franke aus ihrem Laden gestohlen worden waren. Die beiden Frauen leugnen ihrerseits jede Entwendung und schieben alles auf Fräulein Leonie v. L., die während der Unter­suchung in die Irrenanstalt Eichberg gebracht worden war. Diese gestand bei ihrer Vernehmung in der Anstalt vielerlei Diebstähle zu, konnie aoer wegen ihres augenblicklichen Zustandes nichr angeNagt und verurthcilt werden. Das Gericht vernrlheille dagegen die Mutter und ältere Schwester als Gehüisen und Hehler brr Diebstähle die Ejlere zu t'F Jahr Zucht­haus, die Letztere zu 1>/r Jahr Gejängniß uno außerdem zu den kosten und Verlnsl der bürgerlichen Ehrenrechte. (Bei beiden Frauen fand man Hunderte von gestohlenen Maaren, Brieftaschen, Regen- und Sonnen­schirme, Bälle, Pvrtcmonneies aus zahlreichen Läden gestohlen.)

Die Pocken haben 1871 und 1872 in Preußen 60,000 Menschen hinczerafft, wie jetzt statistisch uachgewiesen wird.

Wien, 5. Mai. Es liegen nunmehr 10 Ulm er Wohn- schisfe im Durchstiche der Donau, welche im Ganzen 208 Bellen in lichten Räumen ausgenommen haben und auch die möglichsten Bequemlichkeiten gewähren.

Ein Kellner in einer Ausstellungsrestauration besitzt die Unverschämtheit, einem Gast, der es rügte, daß er für eine Suppe, die nur mit 10 Kreuzern im Paris angesctzt sei, 20 Kreuzer be­gehrt habe, zu erwidern:Ja, aber es sind Klöße drin, und für die wird extra gezahlt

In Genf warnen alle katholischen Pfarrer von der Kanzel herab vor dem Besuch der gottlosen Vorträge des Paters Hyacinth, und in Delsbcrg (Kant. Bern) wandern, wie im Elsaß, ganze Schaaren von Gläubigen, Weiber und Kinder und Männer, nach Mervelier, um die daselbst erschienene hl. Jung­frau in blauem Kleid und rothem Gürtel zu schauen! Daß der eiugetretene Frost eine Strafe der Gottlosigkeit und der Verfolgung der Bischöfe in der Schweiz sei, wird im Berner Jura von allen Kanzeln gepredigt; nichtsdestoweniger werden demnächst vom Obergericht 67 renitente Pfarrer abgesetzt werden.

Z n r i ch, 25 April. Es ist ganz unglaublich, welche B e r- ehelichungs Hindernisse noch in der Schweiz bestehen und wie wenig in der Presse und in dem sonst doch regen politischen Leben dafür geschieht, diese Mißstände auszudecken und zu beseitige». Es gibt Kantone, die es als ein wahres Unglück betrachten, wenn in einer ihrer Gemeinden eine derselben nicht ungehörige Frau ihren Einzug halten will. Ein Schwyzer, welcher eine Richtge­meindebürgerin heiraihcn will, muß gegen den etwaigen Schaden, den ein solcher Eindringling anrichten kann, 527 Fr., ein Unter- walder 850 Fr., ein Obwalder 1000 Fr. deponiren. Schaff- Hausen verlangt den Nachweiseiner schuldenfreien Ausstattung" und mindestens 800 Fr. Vermögen, Thurgau außer der Anssteuer 400 Fr. Vermögen, Aargan 420 Fr. Vermögen und außerdem alle diese Kantone »och 100 bis 230 Fr. Einzugsgeld. Selbst im Kanton Zürich muß jede nicht der Gemeinde des Bräutigams ungehörige Braut 25 Fr. Einzugsgeld bezahlen, und im Kanton Bern bestehen ähnliche Gesetze. Wer jene Vermögensnachweise nicht führen, die Einzugsgelder nicht bezahlen, die Depositengelder nicht auftreiben kann, darf einfach nicht heiratheu. Das ist aber noch nicht Alles. In Obwalden kann der Psarrer jedem Beicht­kind das Heirathen so lange verweigern, bis er findet,dasselbe sei in den Religionswahrheiten hinlänglich unterrichtet", und in Uri haben Taglöhner und Dienstboten gar kein Recht auf Ver­ehelichung und im Kulturkanton Aargau kann der Gemeinderath den Vergeldstagtcn", d. h. den Konkursiten, das Heiraihen ver­bieten. Wohin die Verehelichungshindernisse führen, ist nur all- znbekannt: zu wilden Ehen, unehelichen Kindern, zum Elend und zur Unsiltlichkeit. (S. M.)

Die irländische Kirchensynode hat die Frage über die leibliche Gegenwart des Heilandes in der Hostie durch Abstimmung erledigt. Wie zu erwarten stand, ist der Beschluß entgegen der römisch- katholischen Lehre, welcher sich der ritualistische Lheil der angli konischen Kirche anschließt, ausgefallen. Die irische Kirche erkennt also keine leibliche Gegenwart, sondern nur eine geistige an. Merkwürdig ist jedoch, daß in der Minderheit, welche den be­treffenden Beschluß bekämpfte, sich die beiden Extreme der englischen Kirche zusammensanden, nämlich die extremhohen" und die extremniedrigen". Die letzteren stimmten gegen die Majorität, weil ihnen der Beschluß auf anti-römischer Seite nicht weit genug ging. Es stimmten 120 Geistliche und 185 Laien für obige Auslegung, 52 Geistliche und 36 Laien dagegen. Nachdem dieser Punkt erledigt ist, beschäftigt sich die Synode mit dem Sakrament der Taufe.

Petersburg, 30. April. Einem der Fr. Pr. mitgetheil- ten Privatbriefe entnehmen wir Folgendes: Ein recht belebtes Treiben ist gegenwärtig hier auf den Straßen. Es dürfte wohl noch nie ein Regent im fremden Reich mit so vieler Auszeichnung ausgenommen worden sein, als die hohen Gäste aus Berlin hier. Bekannte, die Berlin nach dem Siege von Sedan gesehen, erklären.

daß der Fahnenschmuck hier großartiger und allgemeiner sei. Man glaubt in einer preußischen Stadt zu sein, wenn man die Fülle von preußischen und deutschen Flaggen bis in die entlegen­sten Straßen sieht. Uebcrall wo sich die Begleitung sehen läßt, gewNtigeS Volksgedränge, auch recht herzliche Theilnahme. Eine nette Anekdote erlebie ich vorgestern. Ich kam am Winterpalais vorbei, wo gerade große Auffahrt war. Mit einem Male kommt athemlos ein anständig gekleideter Russe auf mich zugestürzt: Uismarelr it si trelrar!- (B. kommt gleich). Ich konnte ihn nicht Jehen. Ja, betheuerte er, er steigt eben dort in den Wagen, sind -sie ein Deutscher?Ja!" So sagen Sie mir rasch, wie man im Deutschen einem fachen Manne zujnbelt? Ich spreche ihm langsam vor: Vivat Bismarck soll leben! Mühsam wieder­holt er die Worte, die ich ihm noch einmal vorsagte. Da kommt auch schon der Wagen. Mein unbekannter Freund schwenkt in hellster Begeisterung den Hm, stolpert über die ungewohnten deutschen Laute und schreit dem Reichskanzler mit Löwenstimme zu: Vavit Bismarck soll leben! Der Fürst dankte lachend meinem etwas ungelehrigen Schüler, der überglücklich war über sein rasch erworbenes Deutsch und den empfangenen Gruß. Besonders er­freulich ist, daß auch die russischen Blätter sich in diesen Tagen einer gemäßigten Sprache befleißigen, aus der man sogar Hoch­achtung vor der grandiosen Persönlichkeit des Kaisers herausliest und zwar in so eigenthümlicher Auffassung, daß es gewiß keine Schablonenliebenswürdigkeit ist. Möchte der Kaiserbesuch mit dazu beitragen, eine dauernde freundliche Stimmung gegen Deutsch­land in der russischen Journalistik anzubahnen.

Athen, 5. Mai. Alle griechischen Gesandtschaften im Auslande sind abgeschafft, ausgenommen die in Konstantinopel.

In Bethlehem ist die Ruhe hergestellt. Frankreich ver­langt die Bestrafung der Plünderer der Grotten.

Das Hans am Moor.

(Schluß.!

Niedergeschmettert stand der Fremde da. Keine Spur von einem menschlichen Wesen war in dem Gemach, weder in seinen zahlreichen Verschlüssen, noch unter den alten Möbeln zu entdecken. So war es im Traum gewesen, und die furchtbare Verantwortlichkeit, einen Unschuldigen des Mordes geziehen zu haben, lastete aus ihm!

Gebrochen an Leib und Seele schwankte der Unglückliche die Treppe hinab und in die große Stube zu ebener Erde. Hier sank er auf einen Stuhl hi», fast besinnungslos, aber jeder Nerv an ihm zitternd.

So hat sich das Blatt denn gewandt", sagte der Sheriff in einem ernsten Ton,und nach der Strenge des Gesetzes wäret Ihr cs nun, den ich dem Arme der Gerechtigkeit überliefern müßte."

Der Fremde erhob sich langsam. In seiner ungeheuren Aufregung und fieberischen Reizbarkeit feiner Sinne war ihm, als oo er ein leises, fast ersticktes Wimmern vernommen habe. Aber er geiraute sich nicht, davon zu reden; auch wußte er nicht, woher es gekommen sein mochte. Er hatte den Glauben gänzlich an sich selber verloren. Plötzlich bemerkte er, wie der Hund des Sheriffs beständig um einen kleinen Wandschrank herumgehe, welcher rechts vom Kamine stand, und wie er auf einmal anfing an den Ritzen desselben hernmzuschnuppern.

Nun kam die Verzweiflung über ihn, dieselbe Verzweiflung, von welcher gestern in der Nacht das Mädchen gesagt hatte, daß sie ihr Kraft und Muth gegeben habe.

Ich habe mich soweit compromitlirt", sagte er mit schwacher Stimme, daß es das Maß meiner Schuld kaum vermehren kann, wenn ich weiter gehe. So wünsche ich denn, daß jener Wand­schrank, der da rechts vom Kamine steht, geöffnet werde."

Da ward der alte Mann bleich. Zum ersten Male konnte man eine Veränderung i» seinem Gesicht wahrnehmen.

Wenn Ihr wollt", sagte der Sheriff achselzuckendaber ich sehe den Nutzen davon nicht ein."

Gebt es nicht zu, Sir", sagte nun auch der alte Mann und seine Stimme war bewegt, als er sprach,gebt es nicht zu, Sir, daß ein Haus, in dem ich nun ein ganzes Leben unbescholten gelebt habe, noch weiter beschimpft werde."

Wendet Euch an den fremden Herrn", sagte der Sheriff. Ich kann dazu weder Nein »och Ja sagen. Es ist seine Sache."

Und ich verlange", rief der Fremde, der jetzt seine ganze Besinnung wiedergewonnen hatte,daß der Schrank sofort ge­öffnet werde."

Ich leid' es nicht", kreischte der alte Mann in Wuth und Verzweiflung,ich brauch' es nicht zu leiden, daß meine Schränke erbrochen werden."

Schafft mir den alten Mann da fort!" schrie der Fremde mit der vollen und befehlenden Gewalt seiner Stimme den beiden Bewaffneten zu.Fort da und öffnet den Schrank!"

Dann bin ich ein verlorener Mann!" preßte der Alte mühsam heraus, intzem er nach dem Fenster schwankte, als wolle er nicht sehen, was der nächste Moment an das Tageslicht bringen ' mußte.