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AmtMrltt für den Oberanttsbezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3mat und kostet Nr. halbjährlich hier 54 kr., im Bezirk

mit Postauischlag I fl. 8 kr.

Amtliche s.

Nagold. An die Ortsvorstehcr. Unter Hinweisung auf §. 43 Iiff. 4. der Militär-Ersatz-Jnstriiction und den Erlaß k. Oberrekrulirungsraths vom 26. Septembers 1871 (Amtsblatt k. Ministerium des Innern S. 268.) werden die OrlSvorstehcr ver­anlaßt, alle derartigen Fälle, sobald sie zu ihrer Kcnntniß ge­langen , sogleich bei der unierzeicbiiekeii Stelle zur Anzeige zu bringen

Den 21. 'April 1876.

K. Obcramt.

G ü ntncr.

TageS-Neuigkeiten.

Dem Llarionsmeislir und Postcrpeditor Pilomm in Wildberg wurde die erbetene Tieiistenltassuug gnädigst ertheitt.

Entgegen der in einem Stuttgarter Blatte enthaltenen Mit- rhcilung, wonach Reisende, die in den Bahnzügen ohne Billct beirofsen werden, mindestens den Betrag von 2 Thalern zu ent­richten haben, ist der Staatsanzciger in der Lage, darauf Hinwei­sen zu müssen, daß eine solche Vorschrift zwar durch das deutsche Betriebs- und Bahnpolizeiregleinement gegeben, im Bereichejdcr würkte m b. Bahne n aber nicht zur Einführung gekommen ist. Nach der Ministerialverfügung vom 3. April 1872 (Reg.- Bl. Seite 134) sind vielmehr die auf der württb. Bahn schon zu­vor bestandenen milderen Bestimmungen (doppelte Taxe bis zur Aussteig-, oder nächsten größere» Station) auch jetzt noch in Geltung und in den bezüglichen Fällen zur Anwendung zu bringen.

M annhei in, 18. April. Die Exzesse scheinen beendet, die Bierbrauer leisteten Verzicht ans einen Theil der Preis­erhöhung, so daß der Aufschlag verringert ist. Gestern Abend durchzogen zahlreiche Militärpatrouillen zur Aufrechthaltung der Ordnung die Straßen, welche von der wogenden Menge gefüllt waren; ein plötzlich entstandener größerer Brand gab der all­gemeinen Aufregung eine andere Richtung. (S. M.)

Bruchsal, 17. April. Nachdem die meisten hiesigen Brauer und Dierwirthc seit Ostersonntag mit dem Aufschlag des Bier­preises vorgegangen waren, vereinigten sich die hiesigen gelben Dragoner dahin, nur noch solche Wirthschaften zu besuchen, in denen der alte Bierpreis beibehalten wurde. Zu diesem Behufe begaben sich Gruppen von 1520 Mann in einzelne Wirths- häuser, fragten nach dem Preise des Bieres und ließen solches stehen, wenn cs dem Aufschläge unterworfen war. Dieser Bier- strike der Dragoner hatte auch den gewünschten Erfolg, denn seit gestern wird in den meisten Wirthschaften das Bier wieder zum alteu Preise verzapft, uud fühlt sich das hiesige biertrinkende Publikum den Dragonern zu großem Danke verpflichtet.

Bayreuth, 14. April. Gestern und heule fand dahier in der protestantischen Spitalkirche altkalholischer Gottesdienst und Spendung der Sacramente der Buße und des Abendmahls durch Pfarrer Hosemann statt. Zn den Predigten hatten sich auch sehr viele Protestanten eingefunden.

München, 18. April. Professor Dr. Justus Freiherr v. Liebig ist heute Nachmittag 5'-r Uhr verschieden.

Berlin, Ist. April. DieGrcnzboten" bringen willkom­mene genauere Angaben über Lasker's Entwicklungsgang. Lasker wurde, wie wir demselben entnehmen, in dem Städtchen Jaros- cyu, ein paar Meilen von der polnischen Grenze, Kreis Pleschen, geboren. Sein Vater war ein angesehener jüdischer Kaufmann, tüchtig, human, fromm; er starb, nachdem sein Sohn die Univer- sitätsstudien kaum vollendet hatte; seine Mutter verlor Lasker schon im 10. Jahre. Lasker's Naturell ist eine Mischung von Vater und Mutter.Des Lebens ernste Führung" hat er vom Vater, das Temparement, den raschen Verstand von der Mutter, die in der Gemeindedie kluge Rebekka" hieß. Den Vater zeich­nete Pflichttreue und Sittenstrenge aus, er schwor niemals einen Eid in Processen und gab nach biblischer Vorschrift den Zehnten seines Einkommens den Armen. Eduard Lasker hatte einen Haus­lehrer; als er 10 Jahre alt war, erklärte dieser, cs hieße dein Vater Geld stehlen, iwollte er ihm weiter Unterricht geben, der

Einrückungsgebüdr iür rie kleine Zeile aus aeivöhnlicher Lchriii je 2 Kreuzer.

Junge wisse mehr als er. Im 12. Jahr kam Lasker auf das Gymnasium iu Breslau; es war bald zurückgelegt. Er wollte ! Mediciu studircu, da aber der Vater dagegen war, warf er sich ' 2 Jahre laug iu Breslau auf Mathematik und Astronomie. Im I Stnrmjahre 1842 kam der Neunzehnjährige nach Wien, trat in > die Studenten-Legion, stand unter Robert Blmn und erhielt in einem blutigen Gefechte die kriegerische Feuertaufe. Glücklich ent­kam er vor Windischgrätz in die Heimath. Das Jahr 1848, iu welchem die Grundlagen der Gesellschaft und des Staates wank­ten, gab ihm den Entschluß ein, die Rechte zu studicen, um das Rechte zu erkennen, wie er sagte. In 2 Jahren hatte er in Bres­lau und Berlin das akademische Studium vollendet und trat die tauge Geduldsprobe der damaligen Juristeulciusbahu au. Von Gericht zu Gericht wanderte er als unbesoldeter Hülfsarbeiter ein halbes Meuscheualter lang, uud überall wurde bald seine außer­ordentliche Fähigkeit, Arbeitskraft und Pflichttreue erkannt und ^ von seinen Vorgesetzten mit Zuiheilung der schwierigsten Arbeiten belohnt. So war aus dem Schüler, der Arzt werden wollte, ein Mathematiker, aus dem Mathematiker ein Jurist, ans dem Ju­risten ein praktischer Beamter geworden; über Allein aber blieb er ein ernster Gelehrter. Vor einigen Jahren wurde ihm eine Rechtsauwaltstelle iu Berlin verliehen, er hat aber bis jetzt me praklicirt. In die Politik führte ihn Oppenheim ein. In dessen Jahrbüchern erschienen Lasker's erste Arbeiten über Verfassung und Verwaltung und lenkten die Aufmerksamkeit der Kenner auf sich. In Folge davon wurde er 1865 in Berlin in den Land- .tag gewählt. Seine parlamentarische Wirksamkeit ist in Aller Gedächtniß.

Berlin, 17. April. Heute begannen im Reichskanzleramt die Berathungen der Reichskominission für den Entwurf einer Strasprozeßordnung unter dem Vorsitz des Präsidenten Friedberg; die Arbeiten dürsten zwei Monate beanspruchen.

Berlin, 19. April. Der Einzug der Prinzessin Marie von Sachsen-Allenburg, Braut des Prinzen Albrecht, fand an der Seite der Kronprinzessin heute Mittag nach dem vorgeschriebenen Programm statt, vom Schloß Bellevue durch das Brandenburger Thor nach dem k. Schlosse imnitieu einer dichtgedrängten Menschen­menge, welche die Braut enthusiastisch begrüßte. Am Branden­burger Thor erfolgte die Begrüßung durch die vollzählig erschienenen städtischen Behörden. Der Oberbürgermeister Hobrecht hielt eine kurze Ansprache. Am königlichen Schlosse waren sämmtliche Offi­ziere im Parade-Anzug ausgestellt. Im Schlosse wurde die Prinzessin von dem Kaiser, der Kaiserin, sämmllichen Prinzen, Ministern, Generalen und Hofchargen begrüßt.

Habt Acht! In Berlin circuliren eine Menge falscher 20- Markstücke. Man hat die neuen '/»-Markstücke, auf deren einen Seite der Adler mit der Kaiserkrone geprägt ist und auf der andern die Worte stehen: Sechs einen Thaler, gut vergoldet, für sechs Thaler ausgegeben, so daß selbst ein Goldschmied damit angeführt wurde.

In Berlin besteht ein Verein fürFreiheit der schule," welcher als Grundsätze für eine Reform derselben folgende Sätze aufstellt: 1) Entfernung alles der Vernunft und Len 'Natur-Ge­setzen Widersprechenden und damit alles Consessionellen aus der Volksschule als Vorbedingungen ihrer freien Entwicklung und gründlichen Reform, damit auf ihrem Grunde eine gesunde Volks­bildung und friedliche Reform aller Lebens-Verhällnisse sich er­mögliche. 2) Statt des confessionellen Religionsunterrichts all­gemeine Kultur-Geschichte und eine auf die Gesetze der menschlichen Natur gegründete Sittenlehre mit Einschluß der Denk- und Ge- fundheitslehre, wie auch der Gesetzes-, Verfassimgs- und Wirth- schaftskunde. 3) Befreiung der Gemeindeschulen von jedem amt­lichen Einfluß der Kirche und von der Aufsicht ihrer Organe. Für alle konfessionellen wie privaten Gemeinschaften das Recht auf eigene Kosten Privatschulen zu errichten mit und ohne con- fessionellem Charakter. 4) Freie, an keine Confession gebundene Wahl der Lehrer, möglichste Oeffentlichkeit des Unterrichts und Beaufsichtigung der Schulen durch erprobte Fachmänner, welche durch die Schulverbände selbst zu wählen sind. Die Oberaufsicht über die Schulen und das Recht Minimal-Fordcrungcn an die­selben zu stellen, verbleibt dem Staate. 5) Unentgeltlichkeit des

Dienstag den 22. April.