Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
Nr. 2Ü.
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1873.
TageS-Neuigkeilen.
* Nagold, 19. Febr. Gestern Abend hatte unsere Stadtpolizei wieder einen Burschen aufgcgriffen, dem das 7. Gebot nicht mehr im Gedächtniß zu sein scheint. Er hatte es auf die Metzgerläden abgesehen und sich mit Würsten ans längere Zeit verproviantirt. Die Identität seiner Person kann noch nicht festgestellt werden, indem er keinen Buchstaben Schriftliches bei sich trug.
Stuttgart. Bulletin über das Befinden Ihrer Majestät der Königin-Mutter vom 18. Febr.: „Der gestrige Tag, noch mehr aber die verflossene Nacht, brachten leider keine Besserung; die nervösen Erscheinungen nehmen zu, eine Theilnahme des Gehirns ist unzweifelhaft. Dr. Gärtner.
Landesprosdukteu-Börse Stuttgart vom 17. Febr. Bei heutiger Börse waren die Umsätze weniger belangreich, indem die Verkäufer höhere Forderungen stellten, wodurch Käufer zurückhaltend blieben. Wir notiren: Waizen, russ., 8 fl. 18—24 kr. Waizen, bair. 7 fl. 42 dis 8 fl. 15 kr. Waizen, sranz., 8 fl. 6 kr. Kernen 7 fl. 36 48 kr. Gerste, württ., 6 fl. Gerste, nordd., 6 fl. 24 kr- Hafer 3 fl. 38 kr. bis 4 fl. Mehlpreise per >00 Klg. incl. Sack. Mehl Nr. 1: 24 st. 24 bis 48 kr. Mehl Nr. 2: 22 fl. 24 bis 48 kr. Mehl Nr. 3: 49 fl 24 bis 36 kr. Mehl Nr. 4: 15 fl. 30 bis 16 fl.
In der letzten Plenarversammlung des landivirthschaftlichen Vereins in Eßlingen hielt Unioersitätsgärtner Hochstetter in Tübingen einen Vortrag über Kaninchenzucht, welchen wir auch kurz berühren wollen, indem dieser neue Erwerbszweig unserer Land- wirthe auch in unserem Bezirke immer mehr Aufmerksamkeit ge-- winnk. In der Einleitung zeigte der Redner, wie er durch seinen Aufenthalt im Elsaß, in Belgien rc. die Kaninchenzucht kennen gelernt und seil 1869 in Tübingen mit Erfolg betrieben habe. Der Vortrag selbst verbreitete sich über die verschiedenen Racen der Kaninchen und die Vortheile der Kaninchenzucht. Von den aufgeführten Racen sind zu erwähnen 1. das afrikanische oder Widderkaninchen (Lmxia bslior), 2. das ächte französische Kaninchen (Impin 6s gureimes und Z. küsporicks, eine Kreuzung von Feldhasen und französischen Kaninchen. Diese letztere Race habe Redner in seinem Schriftchen über Kaninchenzucht nicht erwähnt, weil er an deren Existenz nicht geglaubt habe. Im Januar d. I. habe er nun vom Prinzen von Schaumburg-Lippe ein Paar davon als Geschenk zum Beweis dafür erhalten, daß wirklich diese Race existire. In Betreff der Vortheile der Kaninchenzucht sagte Redner, daß dieselbe dem kleinen Manne zu gut kommen; denn die Kaninchen seien das Kleinvieh des Wenigbemittelten. In Frankreich werden jährlich 26 Millionen dieser Thiere gezüchtet. Dieselben kommen 5—6 Monate alt zur Schlachtung und werden mit 1 fl. 38—2 fl. 6 kr. per Stück bezahlt. Das Fleisch werde in Frankreich von allen Ständen höher geschätzt als Hammelfleisch und Huhnfleisch. Der Metzger verkaufe das Pfund zu 17—23 kr. Für den Balg werde im Winter 7—12 kr., im Sommer 3—5 kr. bezahlt; der Etlös aus demselben könne aber ungleich erhöht werden, wenn man den Balg selbst aufspanne und trockne, wodurch 42—56 kr. erzielt werden können. All das Geld, welches die Hutmacher für die Haare des Kaninchens ins Ausland schicken, bleibe im Lande, wenn die Kaninchenzucht bei uns eingeführt werde. Der jährliche Reingewinn von einem Znchtkaninchen belaufe sich auf 40 fl. Der Geldwerth eines 6 Monate alten Kaninchens betrage 1 fl. 45 kr., ein Paar Zuchtkaninchen werde aber mit 6—8 fl. bezahlt. In Tübingen seien bereits 30 Kaninchenzüchter aus allen Ständen, welche diese Zucht mit großem Vortheil betreiben. Redner schloß ungefähr mit folgenden Worten: „Das schmackhafte und nahrhafte Kaninchenfleisch wird noch in Deutschland wie die anfangs als Schweinefutter benützte Kartoffel in Nahrungswerth kommen." (N. Z.)
Constanz, 16. Febr. Nach heute eingelangter Ministerialentschließung ist den hiesigen Altkatholiken die Augustinerkirche dahier zur Mitbenützung eingeräumt worden.
Aus Sigmaringen hat der Telegraph die Trauerbotschaft nach Stuttgart gebracht, daß gestern Mittag der einst hochgefeierte Sänger' Joh. Bapt. Pischek, 58 Jahre alt, im Hause seines Tochtermanns, des Herrn Hochbauinspektor Eulcnstein, gestorben ist. Die Leiche wird nach Stuttgart gebracht und Mittwoch Nachmitt. 3
Uhr vom Königsthor ab auf dem Fangelsbachkirchhof bcigesetzt werden. (B.-Z)
Berlin, 14. Februar. Als heitere Episode theile ich Ihnen noch mit, daß unter den vielen Anerkennungsschreiben, welche Laster erhalten hat, sich auch eines von den hiesigen Sozial- demokraten befindet, worin es heißt, daß sie zwar bisher Nichts hätten mit ihm zu thun haben wollen, aber jetzt, wo er so mannhaft gegen den Geldschwindel u. s. w. vorgegangcn, jetzt wollten sie ihm hiemit die Ehre erzeigen, ihn zu einer nächster Tage von ihnen zu haltenden Versammlung einzuladeu. Laster antwortete, er wolle auch jetzt nichts mit ihnen zu thun haben, und werde demnach nicht erscheinen. (s. M.)
Berlin, 14. Febr. Die Nachrichten aus Spanien flößen Besorgnisse ein. Man weiß, daß die Armee für Serrano gestimmt ist und daß dieser jetzt nach der Abreise des Königs Amndco den Sohn der Königin Jsabella unter seinen Schutz nimmt. Ohne Flintenschüsse wird es wohl nicht abgehen. Und diese Flintenschüsse werden die Prinzen von Orleans auch nicht dem „sanften und politischen Spanien", wie es ihr Organ, das Journal de Paris nennt, ersparen, wenn vie Herren damit dem Herzog von Montpensier auf den Thron verhelfen können. Daß Amadeo die spanische Krone aus den Händen des Fürsten Bismarck empfangen hat und schon deßhalb von den deutschfeindlichen Orleans bekämpft wurde, ist vielleicht den Lesern des Journal de Paris allein nicht neu. — Aus München wird der „N. A. Z." telegraphisch mitgetheilt, „der König habe am 13. d. M., ohne daß ein Beweggrund ersichtlich hervorgetreten, den Major Sauer des Dienstes als Flügel-Adjutant Seiner Majestät plötzlich entlassen." Sollte diese Nachricht sich bestätigen, so würde sie nicht ohne Wichtigkeit sein, indem daraus hcrvorginge. daß in Bayern die nationalen Course wieder einmal sinken. Denn der betreffende Stabsoffizier — wenn er auch in weiteren Kreisen selten genannt worden — ist ein Mann von echt deutscher G esinnung. (N. Z.)
Berlin, 17. Febr. Als gewiß ist zu betrachten, daß Fürst Bismarck, seitdem in der Budget-Commission die erste Anregung geschehen war, eine möglichst öffentliche und erschöpfende Untersuchung der Eisenbahn-Angelegenheiten entschieden befürwortete und in jeder weitern Phase, welche die Sache zu durchlaufen hatte, diese Ansicht mit seinem ganzen Ansehen auf's nachdrücklichste vertrat. Zuwiderlaufende Nachrichten haben dem Reichskanzler Anschauungen beigemessen, welche ebensowenig die seinigen waren, als sie dem sittlichen Ernste und der Sachlage entsprochen haben würden. Diese Nachrichten sind völlig aus der Luft gegriffen.
Berlin, 17. Febr. Die „Spener'sche Zeitung" widerlegt die Meldung der Blätter über ein angebliches Widerstreben des Fürsten Bismarck gegen die Einsetzung einer Untersuchungs-Commission und weist das gerade Gegentheil nach. Sie hebt hervor, daß der Reichskanzler der Erste gewesen, dem der König seinen Gedanken der Botschaft mittheilte, womit der Fürst vollstens übereingestimmt habe, und schließt: „Allerdings besteht in dem Urtheil über die einzelne Person eine Differenz zwischen dem Reichskanzler und der öffentlichen Meinung; letztere glaubt schon jetzt an die Schuld Wagener's; der Reichskanzler sträubt sich, wie uns scheint, daran zu glauben, bis die zwingendsten, unwiderlegten Beweise vorliegen. Mag menschliche Schwäche oder langjährige Gewöhnung oder ein anderes, keineswegs unedles Motiv der Grund sein, über die Staatspflichten in der ganzen Sache besteht keine Differenz. Der Fürst fordert strenge Prüfung ohne Ansehen der Person in diesem Falle, wie in jedem anderen."
Berlin, 18. Februar. Abgeordnetenhaus. Wahl zweier Mitglieder für die Specialuntersuchungs-Commission. Bei der Wahl der ersten Mitglieder erhalten von 301 gültigen Stimmen: Lasker 176, Wedell-Vehlingsdorf 51, Mallinckrodt 49. Die übrigen Stimmen sind zersplittert. Lasker ist somit gewählt und erklärt, anzunehmen. Bei der zweiten Wahl erhalten von 311 Stimmen Köller 120, Virchow 80, Mallinckrodt 60, Wedell 49, Elsner v. Gronow 2. Es folgt die engere Wahl.
Um sich eine freie, unabhängige, von keiner Partei beeinflußte Stellung in der Sydow'schen Sache zu bewahren, hat der Oberkirchenrath in Berlin bekannt gemacht, daß er fortan keine