Aro. 18 .

60. Jahrgang.

Amts- um! Intelklgmzhkatt für äen Aezirfl.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Spalte im Bezirk, sonst 12

Dienstag, äen 9. Februar 1885.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

Amtliche Bekanntmachungen.

Neuenbürg.

Marktkonzesstons- L Marktverlegnngs-Gesnch.

Die Stadtgemeinde Neuenbürg, welche zur Abhaltung von vier Roß-, Vieh- und Schweinemärkten und zwar je am zweiten Mittwoch der Monate Februar und April und je am dritten Mittwoch der Monate August und November berechtigt ist, hat um die Erlaubnis zur Abhaltung von 8 weiteren Pferde-, Rindvieh- und Schweinemärktcn je am zweiten Mittwoch der Monate Januar, März, Mai, Juni, Juli, September. Oktober und Dezember zu­nächst auf die Dauer von 2 Jahren und um die Erlaubnis zur Verlegung der bestehenden Märkte im August und November je vom dritten auf den zweiten Mittwoch dieser Monate nachgesucht.

Dieses Gesuch wird mit der Aufforderung öffentlich bekannt gemacht, etwaige Einwendungen gegen die Gewährung desselben binnen

15 Tagen

bei der Unterzeichneten Stelle anzubringen.

Neuenbürg, den 5. Februar 1885.

K. Oberamt.

N e st l e.

-AoLitiscHe WcrcHvichten.

Deutsches Reich.

Der Ingenieur Konradt und eine Anzahl Berliner Handwerker, welche am 18. Oktober 1884 mit dem Herrn Lüderitz gehörigen Segelschiffe Tilly von Bremen absegelten, sind, wie nach Bremen telegraphisch gemeldet worden, nach einer Fahrt von über achtzig Tagen wohlbehalten in Angra Pequena angekommen. Konradt hat mit seinen Handwerkern die Aufgabe übernommen, Bohrversuche auf Wasser vorzunehmen.

München, 4. Februar. Das Komite zur Bismarckfeier hat sich geeinigt, dem Fürsten ein Geschenk in Gestalt einer Ehrentafel aus edlem Metall darzubringen, dann ein Fest mit dem Karakter eines Volksfestes zu veranstalten. Dieses soll im Wesentlichen bestehen aus einem großartigen, durch Künstler angeordneten Festzug, Illumination und Ovation vor einer Bismarckbüste vor dem Maximilianeum in der östlichen Vorstadt Haidhausen am 30. März.

England.

In England hat die Nachricht von dem Falle Khartums tiefe Erregung hervorgerufen, welche um so lebhafter zu Tage tritt, als man sich in den Gedanken von der nahen Befreiung Gordon's und Einnahme von Khartum schon vollständig eingelebt hatte. Die Minister, welche großen­teils auf ihren Landsitzen weilten, eilten sofort nach London, wo noch abends ein Cabinetsrat stattfinden sollte. Die Lage wird in Folge der Ungewißheit über das Schicksal Gordon's besonders peinlich. Man erinnert sich der Mitteilung Gordon's daß er nicht nur Khartum selbst, sondern innerhalb der Stadt den von ihm bewohnten Palast stark befestigt und mit Kanonen ausgerüstet hat. An diese Thatsache knüpft sich die Hoffnung, daß Gordon sich vielleicht noch in diesem Palaste verteidigt. Andererseits wird auf die Aeußerung Gordon's, daß er niemals als Gefangener in die Hände des Mahdi fallen werde, um als solcher im arabischen Lager herumgeführt und gezeigt zu werden, hingewiesen und Befürchtungen über sein Schicksal ausge­sprochen. Leider sieht es auch gar nicht darnach aus, als würde diese Un­gewißheit bald positiven Nachrichten weichen. Gubal bei Metamneh ist gegenwärtig der südlichste Punkt, welcher sich in den Händen der Engländer befindet und an ein Vorgehen gegen Khartum, welches allein vollständige Klarheit über Gordon bringen könnte, ist vorläufig nicht zu denken. Für das Ministerium Gladstone ist der Fall Khartums ein besonders schwerer Schlag. Allgemein schreibt man diese Katastrophe der Zauderpolitik Gladstone's zu, welcher sich trotz des fortwährenden Drängens der öffentlichen Meinung, trotz aller Warnungen über die Gefährlichkeit der Lage Gordon's in Khartum, welches als Hauptstadt des Sudans dem Angriffe des Mahdi besonders ausgesetzt sei, erst im Herbst vorigen Jahres entschloß eine Expedition zum Entsätze Gordon's auszurüsten. Jetzt sind allerdings energische Maßregeln zu erwarten, allein es ist fraglich, ob sich Ltz Stellung des Cabinets von dieser Erschütterung vollständig erholen wird, besonders da der nun bevor, stehende Kampf mit dem Mahdi, der, wie die Schlacht bei Abu Klea beweist, für die Engländer zeitweilig eine ernste Wendung nehmen kann, dieselbe noch weiter schwächen könnte.

Die Beraubunng desDiederich". Im Polizeigerichts­hofe in Great Darmouth wurde am Dienstag die Untersuchung gegen die Schiffer Rust, Chalk und Preston, die am 29. Juli das deutsche FahrzeugDiedrich" auf offener See enterten und Spirituosen verlangten, fortgesetzt. Der Schiffskapitän desDiedrich" bekundete, daß er den Ange­klagten auf ihr Verlangen Rum verabfolgte, worauf sie mehr forderten. Dann wurden ihnen noch zwei Flaschen gegeben, sie verlangten aber ein oder zwei Dutzend Flaschen. Dies wurde verweigert, bis die ersten beiden Flaschen bezahlt worden seien. Dadurch aufgebracht, versuchten die Ange­klagten in den Vorratsraum zu gelangen. Der Kapitän verteidigte seine Waren, wurde aber schließlich überwältigt und die Angreifer bedienten sich selber. Später betraten noch andere Schiffer das Fahrzeug und die Vor­räte wurden geplündert. Sämtliche Angeklagten wurden vor die Geschworenen verwiesen, aber gegen Bürgschaft auf freiem Fuß belassen.

Gcrges-Wsuigkeiten.

Calw, 9. Febr. Heute wird ein Mann zu Grabe getragen, der nicht nur in seiner Familie und seiner Gemeinde, sondern auch in weiteren Kreisen eine schmerzliche Lücke hinterläßt. Schultheiß Lörcher von Ober- kollwangen ist am 7. ds. im Alter von nicht ganz 55 Jahren einer Lungen- Entzündung unterlegen, nachdem schon seit mehreren Jahren seine Gesundheit etwas angegriffen war. Viele werden den Rat des Mannes mit seinem g-.sunden klaren Urteil vermissen, de»- bei seinem biederen, wohlwollenden Charakter und seinem richtigen Takte in allen Kreisen gerne gesehen und geachtet war. Sein Gedenken wird unter uns ein gutes bleiben.

Pforzheim, 6. Febr. Auf Anregung des hiesigen Kolonial- vereins hat sich in unserer Stadt ein, aus Mitgliedern verschiedener politischer Parteien bestehendes Komite gebildet, zum Zwecke der Annahme von Beiträgen behufs Ueberreichung eines Ehrengeschenkes für Fürst Bis­marck. Es darf bei der hier vorwaltenden Stimmung für die nationalen Bestrebungen und Erfolge des Reichskanzlers wohl angenommen werden, daß die zu veranstaltenden Sammlungen ein schönes Resultat haben werden. Es ist auch in Aussicht genommen, das Jubiläum unseres großen deutschen Staats­mannes hier durch ein Bankett zu feiern.

Blaubeuren, 5. Febr. Dieser Tage wurde zu Urspring in Anwesenheit vieler Eingeladenen ein prächtiger, neuerbauter Saal eingeweiht, den die Besitzer der dortigen mechanischen Weberei, Gebrüder Rall, zur Ver­größerung ihrer ohnedies schon ausgedehnten Fabrikräume hatten Herstellen und durch die bekannte Firma Fein in Stuttgart mit elektrischer Beleuchtung versehen lasten. Sämtliche Arbeiter und Arbeiterinnen wurden bei dieser Gelegenheit festlich bewirtet. Im Unterland ist nun wohl Eis und Schnee bald spurlos verschwunden, wirda oben rum" durften uns aber bis Sonn­tag unserer Eisbahn erfreuen und auf der Höhe liegt die weiße schützende Decke der Saaten vielfach noch fußtief. Es war auch seit Jahren die Schlittenbahn nicht von solch langer Dauer und so vorzüglicher Beschaffen­heit wie Heuer. Diese günstige Gelegenheit wurde denn auch häufig und so stark benützt, daß an manchen Tagen, besonders an Sonn- oder Festtagen, oft nicht genug Schlitten vorhanden waren, um die Fahrlustigen befördern zu können, und Pferde- und Fuhrwerkbesitzer machten flotte Geschäfte. Auch die 120 Kleinkinderschüler unv die jüngste Klaffe der Volksschule durften zu ihrer großen Freude eine Schlittenfahrt mitmachen. Häufig war Ulm. Thal- steußlingen, besonders aber die Orte auf der Alb, vor allem Laichingen das Ziel. Gestern noch fuhr eine stattliche Gesellschaft von Herren, einer freund­lichen Einladung unseres Postverwalters Otto Autenrieth folgend, nach Feld­stetten in die Post, wo man mehrere Stunden recht vergnügt beisammensaß.

Halle a. d. Saale, 7. Febr. Heute Samstag Morgen wurden die Anarchisten Reinsdorf und Küchler im Hofe des hies. Zuchthauses enthauptet. Ca. 60 Personen, Juristen, Mediciner und Offiziere, alle in schwarzem Anzug, hatten Einlaß gefunden. Scharfrichter Kraut trug die­selbe Kleidung und hatte sich mit seinen 6 Schergen bereits auf dem Blut­gerüst aufgestellt. Das Henkerbeil lag im Etui auf einem Tische. Der erste Staatsanwalt und 2 Mitglieder des Reichsgerichts erschienen in Robe und Barett. Die carmoisinrothen Mäntel der Reichsgerichtsräthe erhöhten das Grausige der Situation. Ein Zug Infanterie mit aufgepflanztem Seiten­gewehr stand dem Blutgerüste gegenüber. Schlag 8 Uhr begann das Armen­sünderglöckchen und Reinsdorf erschien hochaufgerichtet und sicheren Schrittes. Kurz vor 8 Uhr hatte er in seiner Zelle noch ein Zigarre ge, raucht und dazu gesungenStiefel muß sterben, ist noch so jung jung jung"