6V. Jahrgang

Dro. 17.

Amts- unä Intelkigeazökatt jur äen liczir!:.

MN

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Spalte im Bezirk, sonst 12 H.

Samstag, äen 7. Februar 1885.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 sonst in

ganz Württemberg 2 70

Amtliche WekLmrrimcrchurrgen.

Calw.

An die K. Pfarrämter.

Die K. Pfarrämter werden unter Bezugnahme auf die Bekanntmach­ung der K. Commission für die Erziehungshäuser vom 10. Januar ds. Js., (Staatsanzeiger Nr. 13) betr. die Festsetzung des für die Zöglinge des Taubstummen- und Minden-Instituts zu Gmünd zu entrichtenden Kostgelds hiemit aufgefordert, die auf 1. Febr. d. I. verfallene Berichte über blinde und taubstumme bildungsfähige Kinder, soweit sie nicht eingekommen sind, alsbald einzusenden, auch etwaige Bittschriften um die Aufnahme für den im Monat Mai d. I. beginnenden Lehrkursus mit den vorgeschriebenen Beilagen versehen so zeitig hier einzureichen, daß deren Vorlage an die K. Commission für die Erziehungshäuser vor dem letzten Februar erfolgen kann.

Hiebei wird noch besonders darauf aufmerksam gemacht, daß die jähr­lich einkommenden tabellarischen Notizen über die vorhandenen blinden und taubstummen Kinder die Stelle der Aufnahmsgesuche nicht vertreten können.

Den 5. Febr. 1885. K. gemeinsch. Oberamt.

Flaxland. Berg.

Calw.

Arr die Grtsvsrsteher.

Erlaß, betr. äie Oürgeransfebußwabkea.

Nachdem in dem Monat Dezember v. I. in sämmtlichen Gemeinden die Bürgerausschußwahlen vorgenommen sein werden, werden die Ortsvor­steher daran erinnert, eine Anzeige über das Wahlergebniß unter der Be­zeichnung portopflichtige D.-S. alsbald hierher einzusenden, welche die Namen der ausgetretenen und die Namen der neugewählten Mitglieder zu enthalten hat.

Den 4. Februar 1885. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Calw.

An die Ortsvorsteher.

Der bestehenden Vorschrift gemäß werden die Ortsvorsteher veranlaßt,

bis 1. März I.

hierher zu berichten, wie viele Veränderungen in der Bodeneintheilung und Bodenkultur seit dem 1. April v. I. angefallen über wie viele derselben die vorgeschriebenen Meßurkunden und Handrifse beigebracht sind, und bei wie

vielen der hienach noch nicht vermessenen Aenderungen der nach Punkt 4 der Ministerialverfügung vom 22. April 1865 zur Beibringung der Meßurkunden ertheilte Termin bereits abgelaufen ist.

- Die Berichte sind als portopflichtige Dienstsache (un- fränkirt) zu verschicken.

Den 5. Febr. 1885. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

H>oMifche Wcrchvichten.

Deutsches Reich.

DerStaatsanzeiger" bringt in seiner gestr. Nummer anläßlich des 70. Geburtstags des Reichskanzlers Fürsten Bismarck folgenden mit mehr den Hundert Unterschriften aus bereits allen Städten Württemberg versehenen Aufruf:

Am 1. April d. I. feiert unser Reichskanzler, Fürst Bismarck, seinen ?0. Geburtstag und zugleich die 50jährige Wiederkehr des Tags, da er begonnen hat, seine Kraft dem Dienste des Vaterlandes zu widmen. Nächst Sr. Majestät unserem Kaiser dankt Deutschland Ihm vor Allem seine Wieder­geburt, er hat sie von der ersten Zeit seines Wirkens an fest ins Auge ge­faßt, durch alle Kämpfe hindurch hoch gehalten und das erhabene Ziel er­reicht ' er hat seither als erster Rat unseres Kaisers mit fester Hauo das Steuer geführt und sein Deutschland zu dem sichersten, mehr und mehr von allen einst so eifersüchtigen europäischen Mächten anerkannten Horte des Friedens erhoben; er hat es in hochherziger Weise unternommen, den minder begünstigten Klassen des Volkes die Not des Lebens zu mildern und allen, soweit das möglich, die Wohlthat eines gegen alle Wechselfälle gesicherten Daseins zu gewähren; er hat dem Vaterlande und seinem Erwerbsleben durch eine geniale, ebenso maßvolle als erfolgverheißende Kolonialpolitik, wie sie für ein mächtiges Volk unentbehrlich ist, große Aussichten der Zukunft eröffnet.

Für all' diese Großthaten will ihm das deutsche Volk ein Zeichen seiner Treue, seines Dankes darbringen: Es wird dem Reichskanzler an seinem Ehrentage ein nationales Ehrengeschenk gewidmet werden.

Wenn wir unsere Mitbürger zur Beteiligung an diesem patriotischen Unternehmen einladen, so hegen wir das Vertrauen, daß der Fürst selbst am besten über die Verwendung der Ehrengabe bestimmen wird: er wird auch hier mit glücklichem Griffe eine hohe Aufgabe des nationalen Wohles bezeichnen, welche durch die vaterländische Spende ins Leben gerufen oder gefördert werden soll.

Feuilleton. ^- 4 ^- -°rb°,-n.

Me Königin Louise

«nd ihre Schützlinge.

Historische Erzählung von Karl Prenzlau.

1.

Durch die Straßen der ostpreußischen Kreisstadt Tilsit bewegten sich nn einem Hellen Sommertage des Jahres 1807 zahlreiche Truppen von Soldaten. Die Mannigfaltigkeit der Uniformen ließ auf verschiedene Na­tionalitäten schließen, und in der That waren es französische und russische Garden, welche im Gefolge der beiden mächtigsten Kaiser der damaligen Zeit nach Tilsit gekommen waren.

Böse Tage waren über das unglückliche Preußen hereingebrochen. Den unglücklichen Schlachten bei Jena und Auerstädt war die Uebergabe der wichtigsten Festungen an Frankreich, so wie der Verlust aller Länder zwischen der Elbe und Weser gefolgt, und das Land seufzte unter dem furchtbaren Drucke der Einquartierungs- und Kriegskontributionslasten.

An dem Parterrefenster eines in der Nähe der großen Schiffbrücke belegenen Hauses saß ein junges, blondgelocktes Mädchen im ungefähren Alter von 18 Jahren und sah dem Vorbeimarsch der Truppen zu. Ihr gegenüber hatte eine Frau in einfach bürgerlicher Kleidung Platz genommen. Ihr bleiches, abgehärmtes Gesicht verriet eine an Kämpfen und Leiden reiche Vergangenheit, ohne daß jedoch diese Spuren des Schmerzes der ursprüng­lichen Schönheit Eintrag gethan hätten.

Mutter", unterbrach die jüngere der beiden Damen endlich das Schweigen,es sind bereits so viele Truppen in der Stadt, und der Ein­

marsch dauert noch immer fort. Ich fürchte, auch wir werden diesmal nicht ohne Einquartierung davon kommen."

Das wäre dann schon das vierte Mal in dieser Woche" , sagte die Mutter seufzend, bei unserm geringen Einkommen leiden wir emsetzlich da­runter. Ja, wenn der Vater noch lebte, dann wäre es gewiß anders. Er würde Rat wissen in dieser trüben Zeit, denn er war ein Mann, der sich in den schwierigsten Lagen des Lebens zu helfen wußte."

Und doch, Mutter, wollte ich alle Opfer gern und freudig bringen, wüßte ich, daß wir dadurch endlich den lang ersehnten Frieden erreichen würden.

Unsere vortreffliche Königin ist bereits auf der Reife hierher begriffen und man hofft allgemein, daß es ihrem versöhnenden Einfluß gelingen wird, die möglichst günstigen Bedingungen für unfer unglückliches Land zu er­reichen."

Gebe es der Himmel", sagte die Tochter,ich habe nur geringe Hoffnungen. Der Franzosenkaiser soll so stolz, so eigensinnig und hochmütig sein, daß an eine gütliche Einigung kaum zu denken ist!"

Ein Klopfen an die Thür unterbrach das Gespräch. Mutter und Tochter fuhren erschreckt zusammen. Die letztere öffnete, und ein kleiner elegant gekleideter Herr, der durch sein pockennarbiges Gesicht und seine ver­wachsene Schulter als ein Urblld von Häßlichkeit gelten konnte, trat ein.

Die beiden Frauen wechselten einen angstvollen Blick. Die Tochter deutete schweigend auf einen Stuhl.

Ihr Diener, meine verehrten Damen", begann der Ankömmling, in­dem er sein häßliches Gesicht zu einem widrigen Lächeln verzog.Sie kennen die Angelegenheit, in der ich zu Ihnen komme. Es ist also überflüssig, noch ein Wort darüber zu verlieren."

Herr Kreuzer, Sie wissen wohl, daß es in diesen schweren Zeiten unmöglich ist, Geld aufzutreiben. Handel und Wandel stocken. Die Grund«