Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

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Tages-Nenigkeilen.

Seine Kgl. Majestät haben das erledigte Oberamt Nagold dem Assessor Güntner bei der Regierung für den Jaxtkreis und die erled. Stelle eines Präceptors in Herreubcrg dem Präceptor Schemer in Neuenstadt übertragen.

Stuttgart, 1. Dez. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten beantwortete Minister ».Wächter die Interpel­lation des Abg. Wächter über die Verspätung der Telegramme aus der Linie Stuttgart-Frankfurt-Berlin dahin, daß die württembergische Regie-- rung sich durch die Telegraphenverlräge eine Lirecte Leitung von Stutt­gart nach Frankfurt gesichert, daß jedoch der Verkehr auf derselben so zugenommen habe, daß sie an manchen Tagen nicht mehr genüge. Es seien daher Unterhandlungen mit der Rcichstelegraphcn-Direction (nicht mit der badischen) wegen einer zweiten directen Leitung angeknüpft wor­den. Nach Berlin bestehen zwei Linien, über Frankfurt und über Heft, auch hier werde su?" weitere Leitungen, wahrscheinlich über Hof, Sorge getragen werden. In, Inner» des Landes laste die Regierung ohnedies stets so viele Leitungen anlegen, als der Verkehr nothwendig macht. Die Kammer geht hierauf au die Becathung der Eifenvahndau-Gesetze. Es sind deren zwei: ->. über die weitere Ausdehnung des Eisenbahnnetzes und d über den Bau von Eisenbahnen in der jetzigen Etatsperiode. Nach dem ersten Entwurf soll gebaut werden: I) eine Eisenbahn von Hall (Hestcnthal) über Gaildorf- und Murrhardt nach Backnang und von da in zwei Zweigen nach Waiblingen und nach Bietigheim; 2) von Stutt­gart aus eine directe Bahn über Böblingen, Herrenberg, Eutingen nach Freudcnstadt Die Mehrheit der Commission beantragt, auf den Gesetz­entwurf einzugehen, die Minderheit will denselben ablehnen. Jndeß ist auch die Minderheit nicht gegen den Bau dieser Bahnen überhaupt, son­dern nur aus finanziellen Gründen gegen den jetzigen Bau, weil das Defizit ans den Eisenbahnen, das durch die Steuerpflichtigen aufzubringen sei, jetzt schon 2 Millionen betrage und durch die neuen Bahnen um 910,000 fl. vermehrt werde. Die Anhänger des Baues bestreiten, daß das Deficit vermehrt werde, stellen aber jedenfalls die nationalökonomi­schen Vorthcile höher, als die finanziellen Bedenken.

Stuttgart, 5. Dezbr. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde die allgemeine Debatte über den Gesetzentwurf wegen weiterer Ausdehnung des Eisenbahnnetzes vollends zu Ende geführt. Zuerst sprach Berichterstatter Dr. Elben, um die Einwendungen gegen den Entwurf durch dis Minorität der Commission zu entkrästen. Er widerlegte, daß die Finanzlage des Landes keine so ungünstige sei, wie z. B. v. Rümelin sie dargestellt. Das bewiesen die zunehmenden Staats­einnahmen aus allen den Steuerquellen, die mit dem Erwerbsleben Zu­sammenhängen, wie aus den Eisenbahnen, Posten, den Hüttenwerken, besonders Wasseralfingens, de» Wirthschaftsabgaben- der Malzsteuer, der Accisc, der Capitalsteuer (die beiden letzteren haben allein in der Stadt Stuttgart die Accise 853,000 fl-, die Capitalsteuer 60,000 fl. eingetragen.) Er sei überzeugt, daß wie nach 1366, jo jetzt nach 1970 Einnahmen und Ausgaben bald wieder in's Gleichgewicht kommen würden. Ebenso steige die Rente aus den Eisenbahnen wieder, sie betrage bereits 4 pCt, und es sei also kein jo großes Deficit zu decken, als v. Rümelin annehme. Ueberbaupt seien die Eisenbahndauten in Deutschland in eine neue Phase getreten, in die des Baues der Abkürzungsbahne», und da dürfe, beson­ders bei den großen Austrengungen der Nachbarstaaten Bayern, Baden und Schweiz, auch Württemberg nicht Zurückbleiben, ohne den anderen gegenüber in große Nachtheile zu kommen. Nachdem Redner noch die volkswirthschastliche Seite gewürdigt, appellirt er, an den Patriotismus der Abgeordneten und empfiehlt die Annahme des Regierungsantrags. Er wird hierin unterstützt von v. Hofacker, Simon, Uhl, Gutheinz und Barnbüler. Bei der Abstimmung wird der Minderheitsantrag mit 79 gegen 8 Stimmen abgelehnt und der Mehrherts- (Regierungs-) Antrag angenommen.

Stuttgart, 6. Dezbr. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde der Regierungs-Entwurf in Betreff des Baues der Murr- thaldahn angenommen, welcher bestimmt, daß die Bahn über Marbach geführt werde, während die Commission noch offen lasten wollte, ob die Tracirung über Marbach oder Pleidelsheim zu führen sei. Zugleich wurde eine Bitte an die Regierung auf eine Zweigbahn durch das Bott- warthal gerichtet, die über Marbach und Belhingen nach Ludwigsburg führen würde. In Betreff der Böblingsr Bahn wurde die Debatte nicht zu Ende geführt, sondern es wird erst morgen Beschluß gefaßt werden, doch hat eine am Schluffe der Sitzung abgegebene Erklärung des Abge­ordneten der Stadt Stuttgart, Dr. Wächter, großes Aussehen erregt: derselbe bot im Austrage der bürgerlichen Kollegien Stuttgarts der Ei- senbahnverwaltung alles im hiesigen Thal denöthigte Areal unentgelt­lich an. Damit scheint der direkte Bau von Stuttgart aus entschieden.

Stuttgart, 7. Dez. Die Abgeordnetenkammer nahm in ihrer heutigen Sitzung den Art. L des Eisenbahngesetzes an, demzufolge von Stuttgart eine direkte Eisenbahn über Böblingen, Herrenberg und Eu­tingen nach Freudenstadt hergestellt werden soll. Ein Antrag auf Strei­chung des Wortesdirekte" wurde mit 71 gegen 10 Stimmen verwor­fen. Der RegierungS-Commiffär erklärte, ein zweiter Bahnhof im Stutt­garter Thal werde nicht errichtet werden, die Frage einer Station über der Stadt auf dem Hasenderg sei eine offene. Me Rede, die unser Abgeordneter, Herr Richter, zur Besürwortung einer Nagoldthalkinie gehalten, werden wir in den nächsten Blättern mittheilen.)

Von Oberfchw.aben, 4. Dez. Unbegreiflich dünkt es uns,

daß holl. Silbergekd bis heute immer noch zum vollen Nenn- werthe im Handel angenommen wird, während dasselbe nur zu 98'ft fl. das Hundert und selbst zu diesem Kurs noch mit gro­ßem Portoverlust gegenüber Wechselzahlungen nach Hand zu be­geben ist. Die immer stärkere Cirknlalion dieser Münze von allerneuestem Gepräge bestätigt die Thalsache, daß von einigen Seiten ein Geschäft, und ein sehr gutes daraus gemacht wird, Holland. Silbergeld in großen Beträgen von Holland zu beziehen und voll in den Verkehr zu bringen; so war in letzter Zeit zn sehen, wie einzelne Kornhändler am Schrannentag ausschließlich mit holl. Silbcrgeld auszahlten. So lange aber unser Handcls- stand, was ihm jedoch nicht zur Ehre gereicht, durch Annahme dieser Münze zum vollen Rennwerthe derartige Transaktionen unterstütz!, , wird der Vermehrung dieser Münze in die Hand ge­arbeitet, und enorme Verluste sind früher oder später unvermeidlich. Es ist daher wiederholt und dringend anzuempfehlen, Holland. 2'/s fl.-Slücke nur zu 2 fl. 2? kr. und fl-Stücke zu 58"s kr. anzunehmen, wie solches vom Handclsstand im benachbarten Baden schon längst geschieht, und in Düsseldorf sogar von der Negierung cmgeordnet worden ist. Möge sich auch bei uns der Handelsstand endlich ermannen und sich und das Publikum vor größerem Ver­luste schützen. (S. M.)

Mit dem 1. Januar 1873 soll nun auch die deutsche Ge­werbeordnung in Bayern in's Leben treten und damit auch den Kindern, die in Fabriken arbeiten, ein besseres Loos bereitet werden. Es haben aber die Fabrikherrcn in der Pfalz eine Ein­gabe gemacht, daß man diesen Punkt noch ein halbes Jahr hinaus- schiebe. Die Arbeiter selbst aber haben die Bitte ausgesprochen, daß der Wunsch der Fabrikhcrren nicht erfüllt werden möchte, da sie Zeil genug gehabt hätten, um sich statt der Kinder nach andern Arbeitskräften umzusehen.

Berlin, 5. Dez. (Herrenhaus.) Der Präsident theilt die Liste der 24 neuernannlen Herreuhausmitgliedcr mit, welche bis auf den nicht ernannten früheren Minister v. d. Heytd der bekannten Liste entsprechen und größlentheils im Hause an­wesend sind. Das Haus beschließt sodann, die Kreisordnungs­vorlage zur Dorberalhung im Plenum zn stellen.

Wien, 4. Dec. Gestern wurde imniederösterreichischen Landtage über die Jesuiten verhandelt, und es kam dabei zu stürmischer Aufregung über eine Beleidung des Kaisers Joseph durch Abg. Weltgeistlichen Renk. Derselbe sprach für die Jesuiten, anfänglich unter großer Heiterkeit, und erklärte, der Jesuiten­orden sei der beliebteste und geachteste Orden in Oesterreich und die Entwickelung des österreichischen Volksschulwesens sei durch Aushebung des Jesuitenordens gehemmt worden. Dann sagt« der Redner : ,,Alle Achtung vor Kaiser Joseph's Absichten, aber seine Geistesbegabung war keine besondere." (Stürmische Unter­brechung und Rufe:Das ist schmählich und eine Beleidigung unseres großen Tobten I") Renk fuhr fort: Kaiser Joseph habe den Jesuitenorden nur auf Friedrich des Großen Rath aufge­hoben, der aber selbst Jesuiten als Lehrer berufen habe. Kaiser Joseph habe, meine man, eine österreichische National-Kirche er­richten wollen, und es sei ein Verdienst der Jesuiten, dies ver­hindert zu haben. Diese Rede erzeugte anhaltenden Widerspruch und Aufregung.

Pest, 5. Dez. (Unterhaus.) Es kommt ein kgl. Reskript zur Verlesung, durch welches Szlavy zum Ministerpräsidenten, Graf Zichy, jun. zum Handelsminister ernannt und die bisherigen Minister der übrigen Ressorts in ihren Aemtern bestätigt werden, Szlavy erklärt, das Ministerium werde die bisherige Richtung befolgen, solange es das Vertrauen der Majorität besitze.

Auch in Freiburg soll ein altkatholifcher Verein gegrün­det werden, der sich als Pfarrgemeinde constituiren wird und bereits einen Pfarrer in Aussicht hat, der sich unabhängig vom Bisthum erklärt. Auch gute Conservative sind dabei betheiligt. Die Gemeinde wird um Einräumung der Peterskirche nachsuchen. Seit dem 2. d., also zu sehr ungelegener Zeit, haben die Juwelier-Arbeiter in Genf einen Strikc ins Werk gesetzt.

In Versailles fanden gestern die Wahlen von 30 Mitglie­dern für die Kommission zur Vorberathung der konstitutionellen Reformen statt. 19 Mitglieder gehörten der Rechten, 11 der