Ruine zu übergeben, als den Triumph des Versailler Gouvernements zu acceptiren. Es ist bei den Brandstätten ein Weib verhaftet worden, welches Zündfäden und Petroleumbehälter trug und zwei Briefe von Felix Pyat. Beim Hotel de Bille wurde ein 44jähriger Knabe mit einer Prtroleumflasche erwischt und sofort füsilirt. Der arme Teufel weinte jämmerlich und sagte: „cs seien ja noch so viele, die Petroleum schütten müssen." Bei der Exekution hielt er einen Arm vor das Gesicht, wie ein Schuljunge, der eine Züchtigung erhalten soll. Bei einer der verhafteten Frauen, welche auf den Brandstätten festgehalten wurden, fand man, wie gesagt wird, Briefe von Felix Pyat und unterzeichnet im Namen der Kommune, in denen ihnen für jeden Tag ihrer unheimlichen Thätigkeit eine Prämie von 50 Frks. versprochen war. — ES ist unmöglich, auch nur annähernd die Zahl der Weiber anzngeben, die als Brandstifterinnen gefangen genommen und füsilirt wurden; aber es unterliegt keinem Zweifel, daß ihre Zahl sehr groß ist.
Viktor Hugo, der es nicht für rathsam erachtete, seiner Ausweisung aus Belgien den nngedrohteu Widerstand zu leisten, auch nicht als „Mauer" in Paris Stand hielt, hat sich in das Großherzogthum Luxemburg begeben, um seinen Aufenthalt zu Vianden zu nehmen, wo er bereits früher längere Zeit verweilte.
Vorgestern wurde in der Rue de l'Elisee auf den General Ladmirault zum dritten oder vierten male seit dem Eindringen seiner Truppen geschossen. Der General blieb unverletzt; der Thäter, ein Arbeiter, wurde verhaftet.
Das „Paris Journal" bringt eine höchst komische Enthüllung: daß niemand anders als die deutschen Demokraten Karl Marx, Jacoby, Diebneck (Liebknecht) die Pariser Verschwörung angezcttelt und die Befehle zur Verbrennung der Stadt ertheilt hätten.
Am ersten Pfingstfeiertage fanden in der Kathedrale zu Versailles die öffentlichen Gebete für Frankreich statt. Die Nationalversammlung und die Regierung wohnten der Feier bei.
Aus Versailles, 30. Mai wird geschrieben: Wie viel Menschenleben zu beklagen sind, wird niemals festgestellt werden; denn selbst bei der Armee fand nach Abbruch der Feuers kein Appell statt, so daß etwa konstatir! worden wäre, was geblieben, was verwundet ist. Tausende sind schon eingebettet, und noch Tausende harren des Augenblicks, wo man auch sic in das schauerliche Loch stürzt. Am Luxeinburg wurden durch die wüthenden Soldaten die Menschen schaarenweise geschlachtet; da standen die Opfer roher Wuth mit Stricken aneinandergefesselt, ein Peloton trat vor und schoß so lange ans dieselben, bis sie alle in die mit Kalk gefüllte Grube gefallen- waren; wer noch nicht todt war, erstickte in dem durch das Blut zum Kochen gebrachten Kalk. Herzzerreißend war, wie ein Augen- und Ohrenzeuge mich versichert, das Gewimmer der Schlechtgetroffenen, die aber durch ihre Leidensgefährten unaufhaltsam bei dem Sturz in das Grab mit fortgerissen wurden. Glücklich derjenige, der den Tod im Kampfe fand.
Versailles, 3. Juni. Die Nationalversammlung hat mit Einstimmigkeit einen Credit von 1,053,000 Frks. für die Wiederherstellung des Hauses Thiers' bewilligt. Die zur Prüfung des Antrages auf Aufhebung der Verbannungsgesetze gewählte Commission ist fast durchweg der Aufhebung günstig.
Versailles, 4. Juni. Pascal Grousset ist gestern in Paris verhaftet worden. Man forscht eifrig nach Pyat, welcher Paris wahrscheinlich gar nicht verlassen hat. Man bestätigt, daß morgen in der Nationalversammlung ein Antrag auf Verlängerung der Vollmachten Thiers' (auf 2 Jahre) gestellt werden wirb.
Versailles, 5. Juni. (Nationalversammlung.) Bei der Berathuug über die Giltigkeitserklärung der Wahlen der Prinzen von Orleans erklärt Thiers, er sei in der Kommission gewesen, diese habe mit ihm erkannt, daß es unmöglich sei, heute über eine Frage, welche solche Verantwortlichkeit im Gefolge habe, schlüssig zu werden. Die Kommission glaube, daß die Berathuug über die Giltigkeitserklärnng der Wahl und die über die Aufhebung des Exilgesetzes gleichzeitig stattfinden müßte. Er verlange Vertagung der Berathuug bis Donnerstag. Die Versammlung beschließt demgemäß.
In Versailles macht man jetzt kurzen Prozeß mit Paris. Mac Mahon hat sogar gemäßigt-republikanische Blätter von der Richtung des „Temps" prohibirt. In der Versammlung werden Thiers zwar beständig Vertrauensvota ertheilt, aber die Wühlereien gegen ihn und die Republik dauern fort, die „Bauernas- sembloe" steht vor ihrem Staatsstreich. In dritter Linie aber beginnen die napoleonistischcn Jntriguen plötzlich mit äußerster Energie aufzutreten: der Brief des Prinzen Napoleon und die Broschüre Rouher's sind wahre Brandschriften. Die englische Nachbarschaft wirkt um so schlimmer, da sie theilweise von der elenden Presse in London secundirt wird.
In Havre arbeitet die antipreußische Liga mit aller Rührigkeit; sie veröffentlicht die Namen aller dort sich befindenden oder ankommenden Deutschen, fordert die Einwohner aus, keinem derselben eine Wohnung zu vermiethen, noch in Geschäftsverkehr mit ihnen zu treten, kurz, nicht Ein 'Wort mit ihnen zu wechseln, um ihnen durch eine solche Jsoliruug das Leben in Havre un
erträglich und unmöglich zu machen. Eine vielleicht noch stärkere Triebfeder bei dieser Deutschenhetze ist der Brodneid.
Brüssel, 4. Juni. Privatnachrichten der „Jndependance belge" zufolge wären Groufset und Pyat allerdings in der Schweiz verhaftet worden, aber aus der Haft entwichen und seitdem verschwunden; die schweizerische Regierung hatte erklärt, nicht zu wissen, was aus ihnen geworden sei.
In auswärtigen Blättern circulirt die Nachricht, daß P. Hvacinth beim Pabste, um diesem „sein Herz auszuschütten", eine Audienz nachgesucht und als diese ihm verweigert worden, geklagt habe, daß während im Evangelium der Hirte daS Schaf suche, diesmal das verirrte Schaf den Hirten, und vergebens, ausgesucht habe.
London, 2. Juni. Der „Globe" will wissen, daß Gras Moltke nach England kommen wird, um im nächsten September einem großen Manöver beizuwohnen. EZ ist zu hoffen, fügt das genannte Abendblatt hinzu, daß dieses Manöver etwas mehr, als ein bloßer militärischer Piknik sein wird.
London, 5. Juni. Der „Daily Telegraph" meldet aus Paris von gestern: „Lambrecht wurde zum Minister des Innern, der Herzog v. Broglie zum Minister des Neußern ernannt.
Es existirt in Newyork ein „Verein deutscher Patrioten von 1813 und 1819". Dieser Verein, an dessen Spitze gegenwärtig die Generale Franz Sigel und Max Weber stehen, hatte beschlossen, am 22. v. M. ein großes Fest zu veranstalten und dazu den alten Freiheitshelden Friedrich Hecker einzuladcn. Hecker konnte nicht selbst kommen, er schrieb aber einen Brief, dem wir folgende charakteristische Stellen entnehmen: „Sind auch unsere republikanischen Bestrebungen in Deutschland vor der Hand vertagt, so hat doch das deutsche Volk seine Macht und Kraft fühlen und verwerthen gelernt und wird das auch nach Innen vermißen; und endlich sind Volk und Land aus der erniedrigenden Stellung unter den Nationen herausgetreten. Nicht länger gehorcht Deutschland fremden Diktaten; es diktirt selber. Das sind im Leben eines Volkes gewaltige Errungenschaften und folgenschwere; nur kleine Geister und ein enger Horizont nörgeln an dieser Thatsache herum. Kein Mensch, selbst kein einsichtsvoller Gegner, leugnet cs ferner, daß ohne unsere Bestrebungen von 1818-19 die Jahre 1870—71 in ihrer ereignißvollen Tragweite möglich gewesen wären. Wir zeigten der Nation die Miserabilität der Kleinstaaterei, die nie auf eigenen Füßen stehen kann; wir verkündeten, daß wir einem freie», großen, mächtigen Gemeinwesen deutscher Nation zustrebten; unsere Leiber wurden besiegt, unsere Gedanken schritten, stetig Gebiet erobernd, vorwärts. Wir haben nicht umsonst geduldet, wenn auch nicht unsere Wünsche nnd Ziele vollständig erreicht wurden. Ich fürchte nichts für die Zukunft Deutschlands, dem äußere» Feinde ist das bewaffnete Volk ebenso gewachsen, als es dem Feinde seiner Freiheit wäre. In dieser Zeit der Aufklärung und Naturwissenschaften, der Bewegung im Handel und im Verkehr ist Despotismus eine Unmöglichkeit und gleichbedeutend mit Tod, Vernichtung."
Die Nachrichten von der Hungers noth in Persien sind entsetzenerregend. Wie man dem Levant-Herald aus Tabris vom 30. April schreibt, hat die Dürre des vorigen Jahres am schlimmsten die südlichen und mittleren Provinzen heimgesucht. Selbst in den Straßen der Hauptstadt sterben die Armen zu Hunderten; aber in Khorasan ist es so weit gekommen, daß die Eltern ihre Kinder den Turkmanen in die Sklaverei verkaufen, um sie nur vor dem Tode zu retten, und in Jspahan soll man Leute angetroffen haben, wie sie Leichen ausgruben, um sie als Nahrung ihren verschmachtenden Familien zu bringen.
Allerlei
— <Der ächte Fluch des Pabstes Johann XXII. über Kaiser Ludwig den Bayer.) Pabst Johann XXll. erließ einst eine Bulle, in der es heißt: „Verflucht sei dieser Ludwig, verflucht, wenn er eingeht, verflucht, wenn er ausgcht. Der Herr plage ihn mit Berstandeslosigkeit, Blindheit und Tollheit! Der Himmel sende seine Blitze auf ihn herab! Der Zorn des allmächtigen Gottes und der seligsten Apostel Petrus und Paulus, deren Kirche er zu verwirren gedachte und noch gedenkt, entbrenne über ihn in dieser und in dex künftigen Welt! Die Erde öffne sich und verschlinge ihn lebendig! In einer einzigen Generation verschwinde sein Name und seine Angedenken von der Erde! Möchten doch alle Elemente ihm zuwider sein und sein Haus wüste werden! Möchten seine Kinder von ihren Wohnungen vertrieben werden und vor den Augen ihres Vaters in die Hände ihres Feindes fallen!" Dieser so vom Pabste Verfluchte ist der deutsche Kaiser Ludwig der Bayer (I3j3-1317), -das so vermaledeite Geschlecht ist das Haus Wittelsbach, die dem Verderben, dem Zorne Gottes rc. überantworteten Kinder sind die Fürsten des bayerischen Volkes. Wir sind in der Lage, die Echtheit dieser päbstlichen Bulle nachzuweisen, denn dieselbe ist in verschiedenen historischen Schriften der Nachwelt zum bleibenden Andenken an eine Zeit überliefert worden, in welcher die Kirche über den Staat zu herrschen sich ertühnte. Damals war die Unfehlbarkeit in Blüthe. Nicht wahr, das war eine köstliche Zeit?!
— Bei den verwundeten Soldaten kommt es zuweilen vor, daß Fleischwunden nicht heilen wollen und trotz der üblichen Mittel eine neue Haut sich über die wunde Stelle nicht bildet. Da hat man nun in den Berliner Baracken aus dem Tempelhofer Felde folgende interessante Operation mit dem größten Erfolge vollzogen. Man schnitt aus den Armen von gesunden Soldaten, die sich dazu vorher bereit erklärten, kleine Stückchen Haut, legte diese auf die wunde Stelle des blessirten Soldaten und verband es dann mit Heftpflaster. Die gesunde Haut wuchs in der Regel schnell an, vergrößerte sich und trug wesentlich zur raschen Verheilung der ganzen Wundfläche bei.
— Man macht setzt auf die Schädlichkeit der Papierkragen aufmerksam. Die chemische Untersuchung solcher Kragen hat ergebe», daß sie entweder mit Zinkweiß oder mit Schwerspath überzogen sind. Beide Substanzen sind mehr oder weniger giftig. Das Tragen solcher Kragen erzeugt bei Manchen Hautanfressung am Halse dadurch, daß die Hautausdünstung die weiße Farbe löst und deren Eindringen in die Hauptporen vermittelt.
Redaktion, Druck und Verlag der G.W. Z al s er'scheu Buchhandlung.