zwischen zwei Völkern, welche nicht dazu bestimmt sind, sich zu bekämpfen, sondern sich im Wettkampf der Gesittung und der Friedenswerke zu messen, früher wieder zu bessern, als dies bei harter und hartnäckiger Festhaltung sämmtlichcr Forderungen ge­schehen könnte. Wir werden nun eben durch die Herstellung anderer Schutzwerke für die Sicherheit unserer Grenze im süd­lichen Elsaß sorgen müssen.

Auch an den Kaiser von Rußland hat der deutsche Kaiser ein Telegramm gerichtet, das nach den bekannten Mittheilungen über die Unterzeichnung der Friedenspräliminarien schließt: Nie wird Preußen vergessen, daß es Ihnen verdankt, daß der Krieg nicht die äußersten Dimensionen angenommen hat. Gott segne Sie dafür! Ihr für's Leben dankbarer Freund Wilhelm." Der Kaiser von Rußland antwortete an demselben Tage:Ich danke für die Mittheilung der Friedenspräliminarien und theile Ihre Freude! Gott gebe, daß ein dauerhafter Friede folge! Ich bin glücklich, daß ich Ihnen meine Sympathien als ergebener Freund beweisen konnte. Möge die Freundschaft, die uns ver­bündet, das Glück und den Ruhm unserer beiden Länder sichern. Alexander."

Alle vom ersten Napoleon in Deuschland geraubten Kunst­schätze werden nach Deutschland zurückgebracht.

DerNeuen Freien Presse" in Wien wird aus Berlin telegraphirt, der Kaiser solle bestimmt haben, daß die von Paris bezahlten 200 Millionen Franken ganz der Armee zu Gute komme. (B.-Z.)

(Aus den Hauptquartieren in Versailles, 22. Febr.) Die Audienz, die Hrn. Thiers gestern Mittag 1 Uhr von Sr. Mas. dem Kaiser und König bewilligt wurde, fand ohne Zeugen statt. Herr Thiers hatte um halb 2 Uhr in der Villa Les Ombra- ges eine Unterredung mit dem Kronprinzen, die dreiviertel Stunde» währte, und in welcher der Chef der französischen Republik mit großer Ausführlichkeit auf die innere Lage Frankreichs eiugiug. Auch zu den Verhandlungen, die zwischen dem Bundeskanzler Grafen Bismarck und Herrn Thiers stattfauden, war Niemand zugezogen, obwohl der Letztere bei seiner Anwesenheit in Versailles die 15 Mitglieder der Friedenskommission, Hrn. BarthelemrpSt. Hilaire und außerdem einen Obersten vom Stabe des General Vinoy in seiner Begleitung gehabt hatte. Gestern Abend tras im Hauptquartier der III. Armee der Ehrensäbel ein, den die deutsche Sanitary Fair" in Philadelphia dem Kronprinzen über­sandt hat.

(Officiell.) Versailles, 1. März. Der Kaiser an die Kaiserin. Soeben kehre Ich von Longchamp zurück, wo Ich die Truppen des sechsten und elften und des ersten bayerischen Korps, 30,000 Mann inspicirte, die zuerst Paris besetzen. Die Truppen sahen vortrefflich aus. Die Avantgarde ist um acht Uhr eiuge- rückt, ohne alle und jede Störung.

Paris, 26. Febr. Zur Vorbereitung des Einzugs oder Durchzugs hat die Polizei an vielen Orten genaue Untersuchung angestellt, und sollen bereits an dreitausend Handgranaten aufgefunden morden sein. Hr. Thiers hat gestern persönlich zwei Exemplare dieser Attentatgeschosse nach Versailles mitgenommen, um, mit den Argumenten versehen, von dem Einzug abzuralhen. Der Gedanke ist äußerst naiv. Nicht daß man indeß hier dem Kaiser oder dem Bismarck den Muth der persönlichen Lebensge­fahr abläugnete; man fürchtet vielmehr die Folgen einer verein­zelten That. (Frkf. I.)

Paris, 27. Febr. Eine Proklamation von Thiers, Favre und Picard fordert die Pariser auf, sich während der Okkupation ruhig zu verhalten.

Paris, 2 t. Febr. Die Direktoren von 43 Journalen er­ließen ein Manifest, worin sie die Bevölkerung auffordern, die Ruhe und Würde zu bewahren, welche die Umstände gebieterisch fordern. Ihre Journale erscheinen während der Okkupation nicht. Die Börse und das Theater bleiben geschlossen. Die Deutschen dürfen die Stadtviertel, welche sie okkupirt halten, nicht verlassen. Gestern wurde eine Pulverfabrik in La Vilette durch Soldaten und Nationalgarden geplündert. DemFranpaiS" zufolge werden die südlich der Seine gelegenen Departements nach Rati­fikation der Friedenspräliminarien durch die Nationalversammlung geräumt. Die anderen nicht zur Okkupation bestimmten Departe­ments werden nach Bezahlung von 500 Millionen geräumt.

Paris, 27. Febr. Osficielle Bekanntmachung der Regie­rung. Die feindliche Armee wird in Paris keinerlei Requisitio­nen vornehmen und in Staalsgbäuden einquartirt werden. Die französischen Truppen werden das linke Seine-Ufer besetzen. Kein Franzose darf bewaffnet oder uniformirt die von den Deutschen occupirten Stadttheile betreten.

Bordeaux, 28. Febr. (Nationalversammlung. Oesfcnt- liche Sitzung 4'/r Nachmittags.) In Mitten tiefen Stillschwei­gens spricht Thiers: Wir übernahmen eine schmerzliche Mission und machten alle möglichen Anstrengungen. Mit tiefem Bedauern müsse» wir Ihnen folgenden Gesetzentwurf unterbreiten, wofür wir Dringlichkeit verlangen: 1. Artikel: Die Nationalversamm­lung, der Nothwendigkeit weichend und die Verantwortlichkeit zu­rückweisend, nimmt die in Versailles am 26. Febr. Unterzeich­

neten Friedens-Präliminarien an. (Hier verlassen Thiers die Kräfte und er ist genöthigt, den Saal zu verlassen. Barthelemy St. Hilaire setzt die Vorlesung fort.) 1) Frankreich verzichtet zu Gunsten Deutschlands auf '/» von Lothringen, darunter Metz, Thionvillc; ferner auf Elsaß, ausschließlich Bclfort. 2) Frank­reich zahlt 5 Milliarden Frks.. eine im Jahr 1871, den Rest in Frist von 3 Jahren. 3) Die Räumung des Landes beginnt unmittelbar nach Ratifikation des Vertrages, und zwar werden die deutschen Truppen zunächst das Innere von Paris und ver­schiedene Departements, darunter vorwiegend die westlichen, räu­men. Die Räumung der übrigen Departements erfolgt allmälig nach Zahlung der ersten Milliarde und entsprechend nach Erle­gung weiterer Milliarden. Die noch zu zahlenden Summen ge­ben 5 Prozent Zinsen, vom Ratifikationstage an beginnend. 4) Die Deutschen unterlassen alle Requisitionen in den von ihnen besetzten Departements, jedoch werden dieselben auf Kosten Frank­reichs unterhalten. 5) Der Bevölkerung der annektirtcn Gebiete wird eine Frist gewährt zur Entscheidung, welcher Nationalität sie augehören wollen. 6) Die Kriegsgefangenen werden unver- weilt zurückgegeben. 7) Die Eröffnung der allgemeinen Friedens­verhandlungen erfolgt in Brüssel nach der Ratifikation des Ver­trages. 8) Die Verwaltung der okkupirten Departements wird französischen Beamten übergeben, jedoch stehen dieselben unter den Befehlen der deutschen Korpskommandeure. 9) Durch ge­genwärtigen Vertrag wird jedes Recht auf Häfen oder anderes nichtbesetztes Territorium ausgeschlossen. 10) Der Vertrag soll der Ratifikation der Nationalversammlung unterbreitet werden.

Bordeaux, 1. März. In der Nationalversammlung hält Conti, früherer Chef des kaiserlichen Kabinets, eine Rechtferti­gungsrede für das Kaiserreich. Die Versammlung beschließt durch Akklumation eine Resolution, wodurch die Absetzung der napoleoui- schen Dynastie nochmals ausgesprochen und der Kaiser für das gegenwärtige Unglück Frankreichs verantwortlich erklärt wird.

Bordeaux, 1. März. Beginn der Sitzung der National­versammlung 1 Uhr Nachmittags. Zwei Mitglieder protestiren gegen jede Gebietsabtretung. Hierauf erklärt der Berichterstatter der Friedenskommissio», Lefranc, daß die Kommissionsbeschlüsse einstimmig gefaßt wurden. Es sei ein Gebot des Patriotismus, für die Friedcnprälimiuarien wie sie sind, zu stimmen. Alles, was die Sachlage gestattete, sei gefcheheu. Die Ehre Frankreichs sei gerettet. Redner begründet die Annahme der Präliminarien. Die Ablehnung derselben würde die Besetzung von Paris und die Ucberfluthung Frankreichs durch den Feind zur Folge haben. Lefranc fordert die Versammlung auf, sich nicht der Verzweiflung zu überlassen. Niemand möge sich der Abstimmung enthalten. Edgard Quinet protestirt energisch gegen die Annahme der Präli­minarien, welche die Gegenwart und die Zukunft Frankreichs ver­nichten. Bamberger beschwört die Versammlung, die Friedens­bedingungen nochmals zu prüfen. Sitzung dauert fort. Man glaubt, die Sitzung werde heute nicht geschlossen, ohne daß über die Präliminarien abgestimmt würde. Extrazug steht immer be­reit, um das Abstimmungsprotokoll sofort nach Paris zu bringen.

Bordeaux, 1. März. Die Nationalversammlung nahm die Ratifikation der Friedenspräliminarien mit 546 gegen 107 Stimmen an. (S. M.)

DasJournal officiell" enthält folgenden von Picard Un­terzeichneten Bericht:Die Friedenspräliminarien sind unterzeich­net worden und werden der Nationalversammlung unterbreitet werden. Der Waffenstillstand ist uni 4 Tage verlängert worden und werden von jetzt alle Kontributionen und Requisitionen fort­fallen. Trotz aller Bemühungen ist es jedoch unmöglich gewesen, den Einzug eines Theiles der deutschen Armee in bestimmte Stadt­viertel von Paris zu verhindern. Wir haben nicht nöthig, den Empfindungen Worte zu verleihen, welche diese neue Prüfung in uns weckt; die Regierung würde gerne Paris geschont haben, indessen die deutschen Unterhändler machten den Vorschlag, auf das Einrücken in Paris nur zu verzichten, wenn ihnen der wich­tige Platz Belfort abgetreten würde. Es wurde ihnen hierauf erwidert, daß wenn es etwas gebe, was Paris in seinen Leiden trösten könne, dies der Gedanke wäre, durch seine Leiden dem Lande eines seiner Bollwerke wieder verschaffen zu können, wel­ches noch in jüngster Zeit sich durch den Widerstand unserer Soldaten ansgeze'ichnet "hat Wir wenden uns an den Patrio­tismus der Einwohner von Paris und beschwören sie, sich ruhig zu verhalten. Für diejenigen, welche das Geschick vcrrathen hat, bleibt immer noch die Hoffnung ans eine bessere Zukunft."

Rom, 27. Febr. Zufolge eines Telegramms aus Bordeaux machte die Anerkennung der französischen Republik Seitens des Papstes dort den besten Eindruck. In diplomatischen Kreisen versichert man, daß Thiers dem Papste einen Aufenthalt auf Corsika angeboten habe.

Garibalbi ist mit Oberst Basso wieder in Caprera an­gelangt. (Frkf. 3)

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiier'icken Buckbandlung.