Staat, glaubt aber, baß solch' gewaltige Veränderungen sich nicht ohne Uebergang vollziehen können, da hiezu auch in den Anschauungen des Volkes eine Aenderung erforderlich sei, daß dies aber nicht die Sache kurzer Zeiträume sei. Vor seinem Scheiden forderte Hr. Chevalier diejenigen, welche noch um ihn versammelt waren, mit warmen, herzlichen Worten und sichtlichem Ernste auf, den Kampf mit dem römischen Wesen mit allen Kräften und allem Ernste zu betreiben. So haben wir den Eindruck bekommen, daß wir uns Glück wünschen dürfen, einen solchen Mann gefunden zu haben für unsere Vertretung im ersten deutschen Reichstag. — Der Schreiber dieses bekannte sich seither im Allgemeinen zu den Ansichten der Volkspartci und trug innerlich Bedenken, einen Mann aus dem Landeskomite der deutschen Partei auf seinen Stimmzettel zu setzen, allein der heutige Tag hat ihn eines Andern belehrt, und sein Entschluß steht fest, freudig zu stimmen für
Herr Commerzienrath Olievnll«?» und allen Wählern, gleichviel welcher Ansicht sie sonst waren und sind, das Gleiche zu empfehlen. B.
Stuttgart, 24. Febr. Der „Staatsanzeiger" meldet: Se. Majestät der König reiste heute Mittag 12 Uhr nach Versailles ab, um das Hauptquartier des deutschen Kaisers und die württem- bergischen Truppen zu besuchen. Die Begleitung des Königs bilden: Kriegsminister v. Suckow, der erste Adjutant des Königs Freiherr v. Spitzcmberg, Freiherr v. Egloffstcin, ferner die Adjutanten Graf v. Pückler, v. Gaisberg, v. Fränzinger, v. Bal- dinger. Die Abwesenheit des Königs dauert voraussichtlich bis zum 5. März.
München, 23. Febr. Professor Friedrich hat vom Erzbischof ein zweites Monitorium bezüglich der Annahme des Un- fehlbarkcitsdogma's erhalten. Als Uuterwerfungstermin wurde ihm der 15. März bestimmt. Auch an Döllinger soll ein Schreiben des Erzbischofs ergangen sein.
Die aus Bayern treffenden 11 Millionen der Pariser Kontribution sind, laut Meldung der „A. Postztg.", bereits an Bayern bezahlt worden.
Flach dem Frieden soll das bayerische Korps von der Tann über Berlin, das 11. norddeutsche Korps (21. Division, aus hessischen und nassauischen, und 22. Division, aus 3 thüringischen — Meiningen, Koburg-Gotha und Weimar — und einem hessischen Regiment bestehend) über München heimmarschireu.
Berlin, 21. Febr. Ein Telegramm der „Presse" meldet: „In der heutigen Conferenz zwischen Bismarck, Thiers und Jules Favre gaben die beiden Letzteren die Gebietsabtretung im Principe za. ThierS zeigte sich überrascht über die Ausdehnung der Annexion und Höhe der Kriegsentschädigung, obschon ihm beides durch Favre mitgetheilt sein mußte. Er schlug die Schleifungen der Gränzfestungen vor und verlangte unter Anderem Verzicht aus den Einzug in Paris. Graf Bismarck erklärte in erschöpfender Auseinandersetzung, von den präliminirten Friedensbedingungen nicht abgehe» zu können: er bestand auf den Einzug und wies auch ein europäisches Schiedsgericht zurück. Tie Unterredung dauerte fünf Stunden. Hieraus begaben sich die Diplomaten nach Paris, wohin die 15 politischen Commissäre ihnen vorausgegangen.
Berlin, 22. Febr. Die Prov.-Korr. schreibt: Am 3. März soll das gesummte deutsche Volk von Memel bis an den Bodensee, von den Gestaden der Nordsee bis an die Alpen zum ersten Male eine gemeinschaftliche Vertretung zum deutschen Reichstage wählen. Es ist die erste und zugleich die höchste Errungenschaft unserer glorreichen Erhebung, daß die deutsche Nation, wie sie mit einigem Sinn und Geist in den gewaltigen Kampf eintrat, nunmehr mit gesicherter politischer Einigung als ein fest verbundenes Staatswesen ans dem Kampfe hervorgeht. Dieses geistige Vermächtniß der jetzigen großen Zeit zu wahren und zu pflegen, das wird das Streben aller wahrhaften deutschen Patrioten sein, und in solchem Sinn wird unser Volk vor Allem auch an die ersten Neichs- tagswahlen schreiten. Der Geist der Einheit und der Einigkeit, der Versöhnung und des inneren Friedens war es, dem wir Deutschlands wunderbare Auferstehung und Neugestaltung zu danken hatten: möge derselbe Geist das deutsche Volk au die Wahlurne geleiten, damit der erste deutsche Reichstag das Werk des Friedens und der Versöhnung vollauf bestätige und zur allseitigen Er-" süllung bringe.
Berlin, 23. Febr. Die Kreuzzcitung meldet: Der Kaiser kehrt voraussichtlich sofort nach Abschluß der Friedensprämilinarien zurück. Die Grafen Bismarck und Moltke und her Kriegsminister v. Noon erst später.
Berlin, 24. Febr. Der „Staatsanzeiger" veröffentlicht die Verordnung über die Geltung des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste vom 9. Nov. 1867 in Württemberg, Baden und Hessen südlich des Mains.
Bre m e n, 24. Febr. Die hier nntergebrachten französischen Geißeln sind auf telegraphischen Befehl aus Versailles heute sämmtlich in Freiheit gesetzt worden.
Wien, 23. Februar. Auf eine Interpellation Rechbaner's antwortet Graf Hohenwart, daß er mit der gegenwärtigen äußeren Politik vollständig einverstanden sei, nnd daß auch ihm wesentlich daran gelegen sein müsse, mit dem deutschen Kaiserreiche die besten Beziehungen erhalten zu scheu.
Genf, 21. Febr. Es gährt offenbar in dem nahen Savoyen, wo eine ziemlich gut organisirte Partei offen die Losrcißung von Frankreich, die Neutralisirung des Landes oder dessen Einver
leibung in die Schweiz verlangt. In der Befürchtung, daß es in Savoyen leicht zum Bürgerkriege und zu einer eventuellen Besetzung durch eidgenöss. Truppen kommen könnte, ist ein größeres Truppenkorps hier zusammengezogen worden. So stießen zu dem schon hier befindlichen Zürcher Bataillon und den zwei halben Dragonerkompagnicn von Zürch und Thurgau gestern noch zwei Bataillone aus Thurgau und Aargau, welche bei Privaten untergebracht wurden.
In der Nacht vom 6. zum 7. Februar scheiterte das französische Transportschiff „Le Cers" auf den Klippen des Kap de la Hague und ging mit 1080 französischen Verwundeten und Rekonvaleszenten, wie einer Bemannung von 150 Mann unter.
Paris, 20. Februar. Die Regierung hat beschlossen, den Sold der Nationalgarden noch weiter zu zahlen, da aus der Einstellung der «soldzahlungen Manifestationen zu besorgen seien. Bestimmend ist dabei die Ueberzenguug, daß die Arbeitersklassen jetzt keine Beschäftigung finden können.
Bordeaux, 20 Februar. In Deputirtenkrciscn verlautet, daß die gemäßigte Linke die Absicht hat. eine Resolution zu beantragen, welche als Antwort aus die Napoleonische Proklamation feierlich die Absetzung der kaiserlichen Dynastie aussprechcn soll.
Bordeaux, 23. Februar. Der „Moniteur" bestätigt die Nachricht, daß der Papst die französische Negierung anerkannt hat. — Thiers hat Dufanre zum Präsidenten des Ministerconseils ernannt.
Bordeaux, 23. Febr. Der Bischof von Angers hat an den Kaiser Wilhelm einen langen Brief gerichtet, dessen Hanpt- stelle folgendermaßen lautet: „Sie sind vom Kriegsglück im höchsten Maße begünstigt worden; Sie haben Frankreich besiegt; besiegen Sie sich jetzt selbst: entsagen Sie einer Gebietsvergrößerung. (Franks. Jonrn.)
Bordeaux, 24. Febr. Die Friedensbedingnngen beiderseitiger Bevollmächtigter sind sestgestelli, den einzigen Streitpunkt bilden noch die Garantien für die Kriegskosten-Entschädignng, welcher wahrscheinlich im Laufe des Tages beigclegt wird.
Bordeaux, 21. Febr. Das „Journal de Bordeaux" meldet: Man erwartet die Zusainnrenberufung der Nationalversammlung aus Sonntag. Picard kehrt morgen, Thiers und Favre übermorgen zurück. Der Kaiser Wilhelm entsagt der Einverleibung von Lothringen. sFran- zösisch-Lothringends Die Großmächte unterstützen die deutschen Forderungen. (Frkf. I.)
Paris, 21. Febr. Der „Francais" meldet: Thiers ist ties bekümmert über die Forderungen Bismarcks." — Das „Pavs" sagt: Unterwersen wir uns, ohne zu verzweisetn, dem Verhängnisse des Augenblicks. Die Schande liegt nur in dem Provisorium Frankreichs." — Alle Journale sehen den Einzug der Deutschen in Paris als ausgemacht an.
General Marot Pcnhoet ordnete die Auslösung der Ga- ribaldiner und die Entlassung der Freicorps an.
Neiins, 20. Febr. Die Wohnung des Exkaisers im Lager zu Ehalous ist in der Nacht zum 18. Febr. durch eine Feners- brunst gänzlich zerstört worden, lieber die Entstehung des Feuers ist nichts bekannt. Der Schaden ist übrigens nicht bedeutend, da das Gebäude gänzlich aus Holz errichtet war und Möbel sich nicht mehr in demselben befanden.
Die Akademie der Wissenschaften zu Paris wird nächstens eine feierliche Sitzung halten, um zu beschließen, sämmtliche ihren Mitgliedern angchörenden Diplome deutscher gelehrter Körperschaften zurückzusenden nnd den letzteren zu erklären, daß man hinfort keinerlei Beziehungen mir dem feindlichen Nachbarlande unterhalten werde.
Nom, 20. Febr. Gestern hat hier ein Ereigniß von historischer Denkwürdigkeit, nämlich die erste, auf dem Grund und Boden des weiland päpstlichen Gebietes celebrirte Civilehe statt- gesunden. (Frkf. I.)
Madrid, 22. Febr. Nach einem Telegramm der „Berliner Börsen-Zeitung" soll die neulich gemeldete Verhaftung des Minister-Präsidenten Marschall Serrano wegen des Verdachts, daß derselbe an der Ermordung Prim's betheiligt gewesen, erfolgt sein.
London, 23. Febr. Eine Depesche der „Daily News" aus Paris meldet: Thiers und Kollegen reisen heute nach Bordeaux ab und bringen morgen im Parlament das Resultat der Friedensverhandlungen zur Berathung. Sie kehren am Sonnabend nach Paris zurück.
^ London, 21. Febr. Ein Pariser Telegramm der „Daily News" von heute meldet: „Die Deutschen beabsichtigen außer dem Einmarsch in Paris auch die Besetzung der Champs Clysees."
DM- Offiziell. Versailles, 26. Febr. Tiefbewegten Herzens, dankbar gegen Gottes Gnade, zeige ich Dir an, daß soeben die Friedenspräliminarien unterzeichnet wurden. Noch ist die Einwilligung der Nationalversammlung abzuwarten. — Wilhelm an die Kaiserin. Die Unterzeichnung fand Sonntag Abend statt, nnd wie verlautet, fällt Metz an Deutschland; Bel- fort soll an Frankreich zurückgegcben werden. Kriegskostcn 5000 Millionen, welche binnen 3 Jahren abzntragcn sind; inzwischen Okkupation der französischen Festungen. Der Waffenstillstand ist bis 1. März verlängert. Trnppeneinzug wahrscheinlich Montag._
" Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser 'schen Buchhandlung.