Posen, 15. Januar. Berliner Blätter melden von einer Art Verschwörung, die hier unter den französischen Gefangenen entdeckt, welche mit hiesigen Polen im Einverständnisse gestanden hätten. Es ist dieserhalb eine Anzahl Verhaftungen vorgenommen wordem (Frkf. I.)
Köln, 16. Jan. Im Barackenlager der französischen Kriegsgefangenen verbreitete sich vorgestern gegen Abend plötzlich die verfrühte Nachricht, daß Paris kapitulirt habe. Sofort brach das ganze Lager in Freudenrufe aus. Das ist vielleicht in manchen Augen nicht übermäßig patriotisch gewesen, aber jedenfalls verständiger, wie das Geschrei der Thoren: „Widerstand bis zum Aeußersten."
Mainz, 16. Jan. Die Hausuntersuchungen nach Waffen nehmen immer größere Dimensionen an. Am verflossenen Samstag fanden in verschiedenen Häusern auf der Kapuzinergasse abermals Untersuchungen statt, welche ein sehr ergiebiges Resultat zu Tage förderten. Man fand eine große Anzahl Chassepots und die dazu gehörige Munition. Bis jetzt sind wegen Waffendiebstählen 1? Personen (fast ausschließlich Bahnpersonal) inhaftirt worden. Als dieser Tage ein Eisenbahnarbeiter ebenfalls wegen Waffendefraudation zum Arrest gebracht wurde, soll er geäußert haben, „wenn auf der Ludwigsbahn Jeder, der im Besitz von Chassepots ist, eingesteckt werden solle, müßte wenigstens auf einige Zeir der Betrieb eingestellt werden". Diese wenigen Worte cha- racterisiren die Unterschleife. (Frkf. Journ.)
Conditoren essen ihr Zuckerwerk nicht, die Erbswurstarbeiter aber in Berlin haben so unverschämt zu ihrem Fabrikat zugelangt, daß sie alle fortgejagt werden mußten.
Wien, 16. Jan. Wie der „Bert. Börsen-Zeitung" von hier telegraphirt wird, hat der König von Preußen in dem Neujahrs-Glückwunschschreiben an den Papst erwähnt, daß nach dem Schluß des Krieges die römische Frage erwogen werden solle; für Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes könne jedoch nichts gethan werden. Demselben Blatte geht telegraphisch folgende Nachricht von hier zu: „An der gestrigen Abendbörse circulirte das Gerücht, Trochu sei zurückgetreten und Vinoy sein Nachfolger geworden."
Unsere Schweizer Nachbarn werden Deutschland täglich feindlicher gesinnt. So läßt sich die „N. Z. Z." aus Giarus schreiben: „Früher hielt man es mit den Deutschen, jetzt sympathisirt man mit dem heldenmüthigen französischen Volke. Und in der That, von welcher Seite haben wir gegenwärtig Schlimmes zu befürchten?"
Bern. Die Sympathieen für die Franzosen versteigen sich hier bereits so weit, daß ein „schweizerischer Offizier" in dem „Schweizerischen Handelskonrier" den Rath ertheilt, mit 100,000 Mann in Süddeutschland einzufallen, dort die französischen Gefangenen zu befreien und im Verein mit diesen die Schwester- Republik zu retten. Und da wundert man sich hier, daß die Süddeutschen den Schweizern aufsäßig werden!
AuS Paris wird gemeldet, es seien Vorkehrungen beabsichtigt, die Bewohner des linken Seineufers möglichst aus dem rechten Ufer unterzubringen. Auch sollen der Bevölkerung zum Schutz gegen die Bomben die Eingänge der Katakomben eröffnet werden.
Gambetta arbeitet an einem Decret, das alle Franzosen bis zum 50ten Jahre unter die Waffen ruft. Er will den Krieg auch nach dem Fall von Paris fortsetzen.
Brüssel, 17. Jan. Das Echo du parlement theilt mit, daß Graf Bismarck die Entsendung von Bevollmächtigten nach Luxemburg Behufs Schlichtung der entstandenen Differenzen vorgeschlagen und daß der Statthalter diesem Vorschläge zugestimmt habe.
Nom, 14. Jan. Eine Sensationsnachricht! Die Jesuiten sprengen das Gerücht aus, König Wilhelm von Preußen werde sich von der lutherischen Confession „losreißen" und in den Schooß der römisch-katholischen Kirche zurückkehrcu. Der feierliche Act des Uebertritts soll im Petersdome „im Augenblick der Kaiser- krönnng" stattfinden. (Frkf. Journ)
Aus Madrid meldest der Korrespondent der „Times" manches Interessante über das Privatleben des neuen Königs. Am 2 Jan. nahm er Besitz von seinem Palaste und Tags darauf sandte er schon die Geschütze vor demselben und die Wachen im Innern, mit Ausnahme von 50 Mann, hinweg. Die Karte für die Tafel, bestehend aus 24 Schüsseln, hat er auf 4 herabgesetzt und die Hälfte der im Gebrauche befindlichen Palast-Gemächer bereits geschlossen. Bei seinen Ausfahrten nimmt er nie mehr als einen oder zwei Adjutanten, einen Bedienten hinten auf und einen Vorreiter mit, und duldet nie mehr als zwei Pferde vor dem stets offenen Wagen. Der König pflegt früh nnfzustehen und verlangte am ersten Morgen um 7 Uhr sein Frühstück. Der Hausmeister erklärte, man habe erwartet, Se. Maj. werde nach Landessitte erst zwischen 11 und 12 Uhr frühstücken, worauf Amadeo mit seinem Adjutanten in das Hotel de Paris ging, um dort sein Frühmahl einzunehmen. Um 10 Uhr werden im Palaste die Thüren geschlossen, um 12 Uhr die Lichter ausgelöscht und der König geht schön kurz nach 10 Uhr zur Ruhe. Madrid ist
erstaunt. Bei den Empfaugsvorstellungen von Beamten wurde sofort der Handkuß abgeschasft und dafür der demokratische Händedruck eiugeführt. Am 6. erhielten die Armen von Madrid und die dürftigen Milizmanuschaslen ein königliches Geschenk von je 1000 L. Zu Fuß, von einem Adjutanten nur begleitet, macht der König seine Besuche und besorgt seine kleinen Einkäufe. Er besuchte Prim's Adjutanten, den armen Vandin, und sagte ihm zum Tröste, er werde ihn und die übrigen Adjutanten des Verstorbenen in seine Dienste nehmen. Als er horte, daß die Gehälter der Schullehrer im R ickstande seien, erklärte er dem Finanz- minister, er werde keine Zahlung annehmen, bis diese Leute befriedigt seien. Es ist so ruhig in Madrid, daß die Königin beabsichtigt, gegen Ende des Monats einznlreffeu, und daß es heißt, die Cx-Kaiserin Engenie beabsichtige, ihre Mutter, die Gräfin Montijo, zu besuchen. (Frkf. Journ.)
London, 17. Jan. Die „Times" glaubt, cs sei Grund anzunehmen, daß das Bombardement in Paris zu wirken beginne. Die Unzufriedenheit zwischen Volk und Regierung sei im Steigen begriffen, es dürfte daher zu Gewaltausbrüchen kommen.
London, 18. Jan. Die Conferenz ist nach Erledigung der einleitenden Förmlichkeiten bis zum 24. d. vertagt worden, um den allenfallstgen Bevollmächtigte» Frankreichs zu erwarten.
Belgrad, 15. Jan. I» Prizren, in Albanien, fand ein Kampf zwischen Zinzareu und Serben wegen einer Kirche, die sich die crsteren aneigneten, statt; 500 Opfer (?) sind in Folge des Konflikts zu beklagen.
Die deutschen Lebensversicherungs-Anstalten im Jahre 1868 .
„Immer strebe zum Ganze», und kannst Du selber kein Ganzes werden, als bienendes Glied schließ' an ein Ganzes Dich an!" I» diesen Worten Schillers hat das Prinzip der Assoziation seinen prägnanten Ausdruck gefunden. Jnnncr weiter greift das Genossenschaftswesen um sich und eine seiner schönsten Errungenschaften bildet die Lebensversicherung. Das größte menschnche Erdengut ist das Leben. All sein anderes Be- sitzthnm empfängt erst durch dieses seinen Werth für ihn. Die Bande, die Leben mit Leben verknüpfen, sind die thenersten. Wo sie jählings zerrissen werden, wo der Vater, der Versorger, plötzlich abgernsen wird, da zieht ein tiefer Schmerz in die Brust der Zurückgebliebenen, der doppelt hart trifft, wenn sich ihm noch ungewohnter Mangel beigesellt. Drum wer es auch sei , von dessen Erwerbsfähigkeit. das Wohlbefinden lieber Angehörigen abhängt, er wird darauf bedacht sein, dieselben nach seinem Hinscheiden versorgt zu sehen. Gern sucht er von seinen Einkünften Etwas zu erübrigen, und nach und nach ein Kapital ausznsparcn, das als Nothpfennig dienen kann für hereinbrechende Unbilden des Lebens und das nach seinem Tode der Witiwe und den Kindern die nöthigen Subsistenzmittel bietet. Wer aber vermag ihm die Gewißheit zu geben, daß er lange genug lebt, um seiue Ersparnisse zu einem Kapital anwachsen zu lassen? Wer verbürgt ihm die Dauer seines Daseins und wer vermöchte auf die Fälle seiner Gesundheit zu pochen, sich geseiet zu wähnen gegen die meuchlerisch Heranschieichende Seuche und den tückischen Zufall? Die sorgsamste und beharrlichste Sparsamkeit bleibt ohnmächtig, sobald der Lebensfaden des Sparenden vorzeitig zerreißt. Drum kann der Einzelne bei aller Sorgfalt und Wirthschaftlichkeit nicht die Garantie übernehme», die er seinen Lieben so gern geben möchte, die Garantie eines sorgenfreien Lebens. Was aber der Einzelne nicht zu gewähren vermag, das ermöglicht genossenschaftliche Vereinigung. Drum „schließ an ein Ganzes Dich an!" Während das einzelne Individuum den Zufälligkeiten des Lebens, namentlich was Gesundheit und Lebensdauer anbeirisst, ungeschützt ausgesetzt ist, hat die Erfahrung bewiesen, daß bei ganzen Gesellschaften auch die Sterblichkeit bestimmten Gesetzen gehorcht. Der Zufall bei dem Einzelnen stellt sich für die Gesammtheit als Folgewirkung eines großen Naturgesetzes dar; er läßt sich nach Prozenten berechnen. Mit dem Erkennen dieses Gesetzes war auch die Möglichkeit gegeben, jene durch den Zufall gewirkten Schäden auszugleichen. Es bedurfte nur der Assoziation, um die Vorbedingungen zu schaffen, welche die Anwendung und Beobachtung jenes großen allgemeinen Gesetzes ermöglichten. Diese Vorbedingungen sind erfüllt, sobald große Gesellschaften sich zu dem gleichen Zwecke vereinen, sobald Tausende zniammentretcn, um gemeinsam für das Wohl ihrer Hinterbleibenden zu sparen. Verkörpert ist dieser Zweck in der Lebensversicherung. Sie will die kostbaren Werthe, welche einzelne Leben in ihrem Produktivnsvermögen in sich bergen, nicht ohne Ersatz verloren gehen lassen, die Schaffenskraft, welche mit dem Tode des rüstigen Mannes zu wirken auihört, durch ein entsprechendes Kapital aufwiegen. Insofern sie dies thut, wohnt ihr ein hoher volkswirthschaft- licher Werth inne, und in wie weit es ihr in unserem Vaterlande gelungen ist, lehrt ein Blick auf die Ergebnisse der deutschen Lebensversi- chernngsanstalten im Jahre t869. lieber diese Ergebnisse gibt eine vor Kurzem im Bremer Äandelsblatts erschienene Zusammenstellung ausführliche Auskunft. Wir vernehmen aus dem dieselbe begleitenden Berichts, daß gegenwärtig in Deutschland 40 Lebensversichcrungsanstalten existiren, bei welchen zu Anfang des Jahres 1869 899,571 Personen mit 379,811,924 Thtr. Versicherungssumme versichert waren. Im Laufe des Jahres traten 95,696 Personen mit einer Versicherungssumme von 81,858,200 Thl. hinzu, für 7011 Gestorbene aber wurden 0,090,973 Thl. ansdezahlt und am Ende des Jahres ergab sich ein Versicherungsbestand von 456,144 Personen, welche mit einer Gesammtsnmme von 426,703,171 Thaler versichert waren. Zur Aufrechterhaltung dieser Versicherungen wurden an Prämien und Zinsen der ansehnliche Betrag von 16,944,625 Thal, ausgebracht und für die Solvenz der Anstalten bürgt neben einem nominellen Aktienkapital von 43,129,045 Thl. und neben der bei den Gsgenseitigkeitsanstalten vorhandenen Garantie der Mitglieder unter sich ein Gesammtgeschäftsfond von 56,811,235 THIr. Diese Resultate brin- einen neuen Beleg dafür, daß die wertthätige Familienliebe dem deutschen Volke in hervorragendem Grade eigen ist, und der reiche Zugang an neuen Versicherungen, der noch von keinem der Vorjahre üdertrossen wurde, berechtigt zu den besten Erwartungen für die Zukunft. Mögen sie sich in immer höherem Maße verwirklichen und der Kampf, den die Lebensversicherung gegen Mangel und Sorge, gegen Elend und Proletariat ausgenommen hat, ein immer weiterschreitcnder und siegesgewisserer werden!
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zais er'schen Buchhandlung.
Abvnnew in Nagold tich 54 kr-, Nagold 1 im übriger seres Land
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