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war sondern weil sie ein tätiges Dasein «l« unentbehrliche Grundlage ihres Daseins erachtete.
Es war aber noch etwas anderes, das ihr die Arbeit im Geschäft so angenehm machte, und das war der tägliche Umgang mit den Kindern ihrer Wohngegend, in der eine große Schule lag. Sie verkaufte ihnen bunte Griffel und Bleistifte, Schiefer» lafeln und mehr oder weniger dickleibige Hefte, die, in einen jtrengen, schwarzen Umschlag gebunden, schon von außen ehr- surchtgebietend aussahen, wie die ganze Schulweisheit selber. Luise Hessebach verkaufte viel, weil die Kinder gerne zu ihr Mgen, das Geschäft ging so gut, wie sie es sich nur wünschen konnte. Als aber der Krieg kam, ermahnte sie von selbst die kleinen und größeren Kunden zu Sparsamkeit an Papier und anderen Schrcibwaren. Sie tat noch mehr als dieses: sie setzte sich ein im Luftschutz, und ihre Hilfsarbeit der großen, nun schon breithüftig werdenden Frau war so, daß niemand sie hätte missen wollen. Ja, niemand hätte auch ihre unverwüstliche, von einem starken Sinn zeugende Heiterkeit missen wollen. „Na, Mut und lustig eins gepfiffen, es wird sich alles geben, wie es soll", sagte sie, wenn sie bei Alarm die beiden in ihrem Hause wohnenden jungen Mütter in den Keller geleitete und auch hier und da einmal die Säuglinge trug, so sorgsam, als seien sie aus zerbrechlichem Stosf.
Seht, das war Luise Hessebach, und in ihrem Wohnviertel liebte man sie und war auch irgendwie stolz aus sie. da sie sich als so vorbildlich erwies. In ihr selbst aber glühte nun, da sie sich ganz und gar einsetzen konnte für andere, ein neues und schöneres Daseinsbewußtsein. Sie war dessen froh und ahnte nicht, daß das Schicksal noch Größeres für sie aufgespart hatte. Denn es bringt immer seine schwierigsten Ausgaben denen, die bereiten und willigen und ganz erschlossenen Herzens sind.
Es war in einer Herbstnacht. Man hatte Alarm gegeben und die Flakgeschütze dröhnten. Am anderen Morgen wußte man: ein Haus war zerstört worden. Ein Kind aber war durch einen guten Zufall unverletzt, und da es noch klein war, kaum drei Jahre, mußte es auch nichts davon, daß es durch einen grausamen feindlichen Ueberfall elternlos geworden.
Luise Hessebach rechnete lange an jenem Vormittag, der dieser Nacht gefolgt. Dann schloß sie ihr Geschäft und machte sich auf zu der amtlichen Stelle, die sich der Obdachlosgewordenen, besonders aber der Kinder, annahm.
„Ich möchte die Kleine haben", sagte sie und legte die Ausweise, die alles Behördlich-Genaue über ihre Person aussagten, auf den Tisch. Ja, fuhr sie fort, sie wolle das Kind Heidemarie Wilkens zu sich nehmen, das in dieser Nacht die Eltern und das Heini verloren habe.
Man sah die Frau, deren Kinn energisch vorgeschoben war und deren Augen feucht schimmerten, mit Achtung an. „Ja", wiederholte Luise Hessebach und schlug mit der flachen Hand auf den gelben Bürotisch, „der Krieg soll uns fest zusammenschließen, immer fester, immer fester. . ." Sie unterbrach sich. Was rede sie denn soviel und noch dazu ganz selbstverständliche Dinge, die ein jeder Mensch mit vernünftigem Verstand ein- sehen könne. Es gehe hier um das Kind: sie wolle einstweilen die kleine Heidemarie zu sich nehmen, und wenn Sie so plötzlich Verwaiste keine Verwandten habe, dann wolle sie es behalten. „Ich bin ja eine alte Jungfer, wie man das früher genannt hat", sagte sie, jetzt fast mürrisch, weil sie das Anstarren der vielen Augen, die auf sie gerichtet waren, nicht vertragen konnte, „aber", nahm sie den Faden wieder auf, „alte Jungfer hin — alte Jungfer her. Ich lebe in auskömmlichen Verhältnissen, mein Wille ist gut, ich liebe Kinder, also geben Sie mir die Heidemarie, und wenn es nur für kurze Zeit fein tann." Sie schneuzte sich umständlich in ein großes weißes Taschentuch und sagte, indes ihre Blicke, wie um einen Halt zu suchen, an den weiß getünchten Wänden der Amtsstelle emporliefeu: „Ich werde Heidemarie eine gute Mutter sein." Sie schneuzte sich nochmals, und es klang wie ein Trompetenstoß in die achtungsvolle Stille.
Das Kind Heidemarie wurde zu Luise Hessebach gebracht. Es hatte blonde Löckchen und streckte die Arme aus nach der großen Frau mit dem gütigen Gesicht. Es war nur ein Augenblick: sie sahen sich an, da wußten sic, daß sie einander lieb hatten. Luise Hessebach wußte es mit der vollen Empfindung ihres fraulichen Wesens, und die kleine Heidemarie wußte es mit den, sicheren Sinn für das Echte und Wahre, der den Kindern oftmals mehr gegeben ist als den Erwachsenen.
Der nächste Tag war ein Sonntag. Die Sonne schien, die bunten Blätter fielen, rot und gelb, und am frühen Morgen hatte es sogar schon ein wenig Reif gegeben, der auf manchen Dachziegeln noch lag wie dünner Zuckerguß. Luise Hessebach nahm Heidemarie an die Hand und ging mit ihr langsam durch die sonnenhellen Straßen. Einer ihrer Kunden, ein älterer Mann, kam ihr grüßend entgegen. „Ei, das Luftkind", sagte er scherzend, um eine gewisse Rührung, die er für unmännlich hielt, zu verbergen. Luise Hessebach sah ihn frohleuchtenden Auges, in dem dennoch ein tiefer Ernst war, an: „Sie können es mir glauben: auch das, was die Feinde für uns böse meinen, wirkt
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Er ließ sich in den Stuhl zurücksinken, nahm eine kleine Lupe und entzifferte die wenigen Zeichen. Sie waren kaum zu lesen.
„. . . Heute nacht soll zwischen A. und einem Unbekannten das vor zwei Tagen angebahnte Geschäft er- lediqt werden. Eingang durch den Hofraum, Grenadier, strafe 33."
Das war alles. Aber es genügte dem Doktor vollkommen. Er zerknitterte das dünne Blättchen, stand auf.
„Die kleine Nelly hat Witz, ich habe mich nicht in ihr getäuscht," sagte er.
Er brannte den Papierstreifen an und ließ ihn ver- koblen. den Rest der demolierten Zigarre warf er in den
offenen Kamin, nachdem er die Blätter erst zerzupft hatte.
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Seit einer Stunde schon stand der Doktor in der Maske des Professors Hinterhuber in einem dunklen, übelriechenden Hofraum der Grenadierstraße.
Den Toreingang vorn hatte er unschwer gefunden.
Eine elende Laterne brannte unter dem Torbogen, aber das Licht reichte kaum eine Sprungweite. Dahinter lag der stinkende Hofraum. Aus mehreren Fenstern der Rückgebäude fielen gelbe Lichtstreifen herab, hinter den verwaschenen Gardinen hörte man keifende oder auch lachende Stimmen.
Der Doktor hatte sich rasch orientiert. Kein Mensch beobachtete ihn hier, wo jedermann ein- und ausgehen konnte. Es gab einen kleinen Rebenhof, noch dunkler und muffiger als der Borbos. Die Gebäude dahinter waren
_Nagoldrr Tagblatt „Der Gesellschafter*_
sich in guter Weise aus, wenn wir nur die rechten Menschen danach sind und wenn wir das rechte Herz haben für die Erfordernisse der Zeit." Sie nickte dem Manne freundlich zu: „Das- waren wohl ein paar große Worte, die ich da gesagt habe? Es ist ja auch eine große Aufgabe, die wir alle haben. Uns kann nichts umwerfen und schwach machen." Sie strich dem Kind über die blonden Löckchen und schloß sehr sorglich einen Knopf am Kragen seines Mantels. Ihre Seele war weit aufgetan, und ihre Hand war weich. Sie hatte ein ganz neues Leben gefunden, und dessen Inhalt war mehr wie je zuvor Arbeit und Fürsorge.
24 deulsche Grenadiere
Nahkamps um eine Schneestellung Von Feldwebel Oefele
NSK Gestern erst sind wir abgelöst worden, heute schon lösen wir wieder ab. Also wieder nach vorn in das Revier des unabänderlichen Kampfes. In die Kälte, die uferlose Ebene, in den Schnee und Schnee und Schnee . . .
Der neue Abschnitt ist uns unbekannt, ein schäbiges, zerschossenes Nest. Ich beziehe mit dem Zug Verteidigungsstellung am linken Flügel der Kompanie am Ortsrand. Beziehen können wir eigentlich nichts, wir müssen erst bauen. Es ist dunkel. Dennoch geht es rasch, denn der Schnee ist tief. Wir bauen Schneestel- tungen, auch Verbindungsgräben, ohne die Erde auszugraben.
Den Zugtrupp nehme ich in meine Bauernkate. Dahinein kommt auch der VB der Artillerie, das Auge unserer Haubitzen. Kaum ist es hell geworden, als eine ME.-Earbe von drüben gut gezielt einjchlügt. Also raus und auch in den Kartosselbunker. Jede Gruppe hat nun einen. SO Meter davon ziehe» sich die Stellungen durch den Schnee.
Der Feuerstoß aus unsere Kate war das Fanal. Es geht nun los. Die Sowjets sitzen leicht überhöht 1000 Meter vor uns in einer Ortschaft und zerschießen nun systematisch mit ihrer Pak und anderem schwerem Kaliber jedes Haus am Ortsrand. Wie Feuersäden jagen die Sowjetgeschosse auf uns zu und zerkrachen über unseren Deckungen. Wir wissen, was dann kommt. Wir warten
„Rankommen lassen", sage ich, „und dann auf Pfiff. . 2ü>
weise die Grenadiere ein.
„Ihr wißt Bescheid!" 24 Mann sind bereit. Vor uns die freie Flüche, da können sie kommen. Und bei uns ist alles wie ausgestorben. Wie tot liegen die Gärten und Kusseln und die Sowjets wissen nicht, daß hier 24 verbissene Grenadiere mit der Faust am Karabiner steyen.
Und die Sowjets kommen! Erst bellen ihre Geschütze herüber, Stunde um Stunde, und die Granatwerfer aller Kaliber speien sich auf unser Nest aus, dann kurz vor Mitternacht ruzr der Posten mit unterdrückter Stimme: „Jetzt tommen sie!"
Jeder an seinem Platz warret. Noch sehen wir nur undeutlich, aber wir hören klar, wie sie sich durch den Schnee wühlen.
Langsam schiebt sich die Wand der grauen Schatten näher heran. Ich oeijnche zu zählen, cs ist ein ganzes Bataillon. Heiß steigt es uns den Riiaen hoch, aver der neben mir am MG. liegt da, die Finger am Aozug. Sein Gesicht ist starr wie eine Maske, seine Augen glühen. Und die Gewehrschützen sind mit angezogenem Karabiner bereit. Die Finger frieren und die Füße, es ist bitter kalt.
Langsam, ganz langsam kommen sie näher. Aber noch warten! Nur die Nerven behalten, — warten! Gestalten werden erkennbar, — warten!
Noch 100 Meter etwa. Die Augen schmerzen . . .
75 Nieter. Herrgott, geht das langsam. Ob sie uns bemerkt haben?
50 Meter. Da schiebe ich langsam die Signalpfeife in de» Mund, überlege noch einmal, uno dann — der Atem stockt — der Pfiff! Da peitscht es über die Ebene und mäht hinein in das feindliche Leben.« Wie eine Salve auf dem Exerzierplatz Und die Maschinengewehre hämmern auf und die Grenadiere schießen weiter.
Die Bolschewisten stocken und versuchen, sich zu setzen. Poti- truks brüllen, aber Verwundete schreien lauter. Unsere MG. schlagen in ihre Formation. Und dann ist es aus. Gewehre und, Stahlhelme fliegen zur Seite und die graue Welle brandet zurück, hastend, springend, schleppend, wie nur jeder es vermag. Mit unseren mähenden Geschoßgarben in den Nacken . . .
Der Spuk ist verflogen. Weg und eingetaucht in eine lauernde Stille. Aber vor uns ein grausiges Bild: Ei« Leichenfeld, von dem sich die härtesten Krieger abwenden.
Abgewehrt. Welche Flut abgewehrt!
Posten bleiben am MG., die anderen gehen in die Kartoffel- bunker. vollzählig. 24 Mann. ,
Eineinhalb Stunden sind verstrichen, als ich die Posten auf. suche. Das Vorfeld ist still. „Nichts Neues", meldet der vorne.
unbeleuchtet. Soviel in dem Nebel zu erkennen war, lagen im Erdgeschoß vermutlich Lagerräume. Die Fenster waren mit Holzläden versperrt. Einige Stufen, ganz ausgetreten, führten hinab zu einer Tür, die sich hinter dicken Bal- ken halb versteckte.
Dieser Teil mußte von rückwärts an das alte Haus stoßen, in dem der Weinkeller von Moses Aron lag.
Also hier wollte er warten, in diesem zweiten Hof- raum, eine volle Stunde lang. Der Doktor lehnte an der Mauer, das Warten machte ihm keinen Kummer.
Plötzlich entstand ein Geräusch im Hof nebenan. Es war jemand bereingekommen, ging ein paar Schritte, blieb stehen und schien zu horchen.
Der Doktor drückte sich dicht an die Mauer. Er hatte das instinktive Empfinden: das ist der Mann!
In einem sehr schwachen Lichtstreifen, der doch auf dem glitzernden Pflaster des vorderen Hofes lag, tauchte eine Gestalt auf: ein Mann in dunklem Havelock, den Kragen vermutlich ganz hochgeschlagen, den Kopf gesenkt, völlig unter dem Schlapphut vergraben. Bon dem Gesicht war jedenfalls keine Spur zu erkennen. Ebensowenig ließ sich feststellen, ob es ein jüngerer oder älterer Mann war.
Wie ein Luchs verfolgte der Doktor die Bewegungen des Fremden. Der Mann betrat den Nebenhof, aber nun war noch weniger von seinem Gesicht zu erkennen. Einen Moment zauderte er, dann ging er hastig, den Kopf vorgeschoben, irgend einen GegenstWd unter dem Mantel an sich drückend, direkt nach de^EMle, an der die ausgetretenen Stufen nach unten 4AWE»
Noch einmal ein Horchen . . . nun war der Mann an der Tür und machte sich daran zu schaffen. Ein Schlüs- sei klapperte, ein Riegel sprang zurück.
Der Doktor schob sich hastig vor da war der Mensch im Innern des unbeleuchteten Gebäudes verschwunden. An der Tür schnappte eine Feder vor, dann wurde es still.
Mit einer raschen Bewegung glitt der Detektiv über die Stufen. Er wollte dem Unbekannten folgen. Der
_Samstag de» 27. Februar 1943
„aber ich weiß nicht —!" Es schneit nicht mehr, ich stapfe zurück. Versonnen, wie nach einer gelungenen Sache, stehe ich vor meinem Unterstand und denke irgendeine friedliche Sache.
Da kommt es von vorn: „Sie kommen!" Sofort sind wir draußen.
Und sie kommen abermals. Schwächer diesmal, aber auch erbitterter. Aber auch unerbittlicher wir.
Es geht wie beim ersten Angriff. Eiserne Ruhe bis zum Pfiff. Bei 50 Meter Entfernung schlägt unser entfesseltes Feuer drein und reißt sie nieder. Dann sind sie wieder fort, wie weggeblasen.
Am Morgen zähle» wir 160 tote Sowjets vor unseren Stellungen. Ein sowjetisches Bataillon griff an, 24 deutsche Grenadiere hielten!
Veeschtedenes
Alt-Marseille verschwindet vom Erdboden
Das alte Hafenviertel von Marseille wird niedergerissen, nachdem es durch eine polizeiliche Großrazzia evakuiert worden ist.
Aus den modernen Stadtteilen von Marseille führt die Tane- biere, eine breite moderne Geschäftsstraße, zum alten Hafenviertel herab, das seit zweieinhalb Jahrtausenden der Kern der Stadt ist. Dort standen einst die Pfahlbauten der ersten griechischen Ansiedler, die Kastelle der mittelalterlichen Seefahrer, und heute liegt hinter den 86 Meter hohen Eittertllrmen, die den Hafen flankieren, ein Labyrinth von Häusern, Durchgängen und schmalen Steigen, für die selbst die Bezeichnung Gaste zu anspruchsvoll ist. In diesem Teil von Marseille hat sich die Armut, der Schmutz, das Elend und das Laster zusammengezogen. Wenn man von dem Turm des Wahrzeichens der Stadt, der Kirche Notre Dame de la Garde, auf Stadt und Meer heruntersieht, kann man wohl den Stolz der Marseiller auf ihre Heimat begreifen. Sie vergleichen sie in landschaftlicher Schönheit gern mit Neapel und seiner Bucht, aber alle diese Schönheiten verschwinden, sobald man in die Tiefen der Altstadt eintaucht. Eine polizeiliche Ileberwachung dieses unübersichtlichen Gebietes war fast unmöglich-, die Verbrecher aus aller Welt suchten und fanden früher in Marseille einen Unterschlupf. Selbst weitgereiste Franzosen haben zugeoeben. daß ein von den internationalen Behörden verfolgter Uebeltäter sich weder in Schanahai noch in Pokobama so out verbergen konnte, wie in der Altstadt von Marseille. Die Bewohner des Hafenviertels hielten überdies wie die Kletten zusammen, und mancher Hüter der Ordnung hat dort sein Leben verloren.
Seitdem Frankreich von seinen nordafrikanischen Kolonien abgeschnitten ist, bat sich das Elend im Altstadtviertel von Marseille noch weiter verschärft. Hinzu kam, daß Emigranten ieder Art dort ihr Quartier aufschlnaen. Den Behörden von Vichy blieb es nicht verborgen, daß sich das Hafenviertel von Marseille neuerdings auch zu einer Brutstätte der staatsfeindlichen Tätigkeit entwickelt hatte. Deshalb wurde kürzlich eine große Polizeirazzia angesetzk, bei der über 40600 Versonen ausgehoben und in ein nabegelegenes Militärlager überführt wurden. Sie sollen, soweit sie dazu willens sind, in den umliegenden Departements einer nutzbringenden Arbeit zugeführt werden. Soweit sic sich aber weigern, bleiben sie interniert. Auf keinen Fall wird einer von ihnen in die Altstadt von Marseille zurück- kehren. weil die französische Regierung entschlossen ist, das ganze Viertel niederreis-en zu lasten. Nur einige geschichtlich wertvolle Bauten bleiben stehen, und dazu gehört auch die auf einem Hügel stehende Kathedrale der Notre Dame de la Garde, die hoch über die Altstadt hinwegragte.
Schon aus sanitären Gründen hat sich eine Beseitigung des Hafenviertels als unumgänglich erwiesen. Trotz aller Bemühungen konnten die Grundsätze einer modernen Stadthygiene nicht verwirklicht werden. Wie im Mittelalter wurden auch jetzt noch alle Abfälle und aller Unrat einfach auf die Gaste geworfen. Um wenigstens qb und zu eine notdürftige Säuberung durchzuführen, wurden Sturzbäche von Wasser durch die Gassen gejagt, aber das half immer nur für wenige Tage. Nachdem alle kleinen Hilfsmittel nichts genützt haben, wird die Spitzhacke eine Radikallösung herbeiführen.
Eisen aus dem Meere
Die Salzgewinnung aus dem Meere ist seit dem Altertum bekannt und wird auch heute noch von manchen Völkern betrieben. Der indische Führer Gandhi hat sogar vor Jahren einen „Salzstreik" gegen die Brite» organisiert, indem er die Salzgewinnung aus dem Meere verstärken ließ, um das britische Salzmonopol für Indien zu schädigen. Sogar in Europa gibt-, es Stellen, wo Salz noch heute aus dem Meerwasser gewonnen wird, vor allem auf der Adriainsel Pag. Recht selten ist jedoch die Gewinnung von Eisen aus dem Meere; immerhin sind auf diesem Gebiete von der italienischen.Eisenindustrie recht erfolg-
Mensch trug etwas bei sich . . .
Er drückte gegen die Tür. Sie gab nicht nach. Sie be- saß zwar einen Griff, aber der funktionierte nicht. Verriegelt also!
Der Doktor nahm einige Instrumente aus der Tasche und im Dunkeln arbeitete er.
Es nützte nichts. Das Schloß war zu gut und zu kompliziert. Die Feder ließ sich nicht zurückbiegen. Der Detek- tir legte das Ohr an das wurmstichige Holz. Er hörte verhallende Schritte im Innern, dann nichts mehr.
Hier war nichts zu machen. Der Doktor untersucht« in Eile die geschlossenen Fensterläden. Sie hielten aber ebenso fest wie die Tür.
Sein neuer Entschluß war schon gefaßt. Zehn Minuten später betrat er unauffällig den Weinkeller von Moses Aron. Es war das übliche Bild: einige Gäste, ziemlich harmlos, saßen an dem großen Ecktisch und spielten Karten Nelly bediente. Bon dem lahmen Baruch war nicht» zu sehen. Aber auch nichts von Moses Aron.
Das Mädchen erkannte den Detektiv sofort, blieb aber völlig ruhig. Nur in dem Blick, den sie für ein« Sekunde mit ihm wechselte, lag eine stumme Meldung.
Der Doktor ließ sich hüstelnd auf seinem alten Platz in der Nische nieder. Er schien zu frösteln, drehte dann den Rücken.
Nelly stand bei .den Leuten und machte ein paar spöttische Bemerkungen über den „Tintenfisch," der sich da herunter verirrte.
„Ein Doktor ist's, der von Moses Aron alte Münzen kaufen will. Er hat ihn herbestellt." wisperte das Mädchen. Dann ging es zu dem Doktor, fragte kurz und holte eine kleine Flasche Wein.
„Der Unbekannte ist bei ihm ..." flüsterte er leise.
„Ja — ich weiß," gab Nelly ebenso zurück.
„Wer ist es? Weiß man's?"
„Nein — der Alte hält es geheim . . ."
(Forts, folatZ ,