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fiir. 2l

Donnerstag, den 27. Januar 1927.

1^1. ^ahN;c>»Ig

Einigung über das Negierungsprogramm

Abschluß

der sachlichen Verhandlungen.

Das amtliche Communtque.

TU. Berlin, 27. Jan. Amtlich wird mitgeteilt:

Nachdem gestern der Herr Reichskanzler um 10 Uhr vor­mittags dem Herrn Reichspräsidenten über den Stand der Re­gierungsbildung Bericht erstattet hatte, fanden gegen Mittag die Verhandlungen über die Richtlinien des Herrn Reichskanzlers über die künftige Rcgiernngspolitil mit den deutschnationalen Unterhändlern nach einer eingehenden Erörterung ihren Ab­schluß. Die in dieser Besprechung vereinbarten Grundsätze über Außenpolitik, Verfassung, Reichswehr, Kulturfrngen, so­wie Sozial- und Wirtschaftspolitik wurden sodann seitens des Herrn Reichskanzlers den Fraktionsführern des Zentrums, der Deutschen Volkspartei, der Demokratische« Partei, der Wirt­schaftlichen Vereinigung und der Bayerischen Volkspartei mit- gcteilt. Der Herr Reichskanzler richtete an die genannten Fraktionen das Ersuchen, sich nunmehr namentlich auf Grund der geschaffene» Grundlage an der Regierungsbildung zu be­teiligen. Da während der weiteren Nachmiittagsftiurdcn sich die Fraktionen mit der Beratung der obeubezeichneten Grundsätze befaßten, mußten die weiteren Verhandlungen, namentlich über die Personalfrage auf heute vormittag verschoben werden.

Die abgeändenen Richtlinien Dr. Marx'.

Die vom Reichskanzler Dr. Marx ausgearbeiteten Richt­linien für das Regierungsprogramm haben, wie wir erfahren, folgenden Wortlaut:

1. Außenpolitik.

Fortführung der bisherigen Außenpolitik im Sinne gegen­seitiger friedlicher Verständigung. Anerkennung der Rechtsgül­tigkeit des Vertragswertes von Locarno, loyale, gleichberechtigte Mitarbeit im Völkerbund.

2. Verfassung.

Anerkennung der Rechtsgültigkcit der in der Verfassung von Weimar begründeten republikanischen Staatsform, unbedingter Schutz dieser Verfassung in ihrer Gesamtheit sowie der verfas­sungsmäßigen Reichsfarben (Art. 3 der Reichsverfassung) gegen alle herabsetzenden Verunglimpfungen und rechtswidrigen An­griffe. Vorgehen gegen alle Vereinigungen und alle Bestrebun­gen, die den Umsi irz der bestehenden Staatsform bezwecken, Ver­bot an alle Beamt:, sich an solchen Vereinigungen oder Bestre­bungen zu beteiligen. Die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte der Beamten werden hierdurch nicht berührt.

3. Reichswehr.

Bezüglich der Reichswehr wird der entsprechende Teil der Rede des Reichskanzlers vom 16. Dezember 1926 als maßgebend anerkannt.

a) Die Verordnung des Herrn Reichspräsidenten vom 31. De­zember 1936 ist strengstens durcbxuführen.

b) Den Angehörigen der Reichswehr ist die ZugeKrigkeit, das Zusammenarbeiten mit politischen Verbänden aller Richtun­gen, zu denen die sog. Wehrverbände aller Richtungen und Form in erster Linie gehören, verboten.

c) Es wird eine Rekrutierungsvcrordnung erlassen, mit der Vorschrift, daß keine verfassungsfeindlichen Personen im Sinne der Ziffer 2 in die Reickswehr aufgenommen werden.

1. Kultursragen.

Es ist angeregt: Erlaß eines Reichsschulgesetzes unter Wah­rung der Gewissensfreiheit und des Elternrechte?, grundsätzliche Gleichstellung der im Artikel 146 der Reichsverfas'urrg vorgese­henen Schularten, Sicherung des Religionsunterrichts (Art.149).

5. Sozialpolitik.

Tatkräftige Förderung der Sozialreform, Ausbau und Voll­endung des Arbeitsrechtes. Der nächste Schritt auf diesem Ge­biet soll die Schaffung einer umfassenden Avbeiterschutzgesetz- gebung unter besonderer Berücksichtigung der Bergarbeiter sein. Darin ist ausgehend von den deutschen Verhältnissen die Arbeitszeit einschließlich der Sonntagsruhe im Einklang mit den internationalen Vereinbarungen zu regeln. Auf Grund einer solchen Regelung ist die deutsche Regierung zur Ratifizie­rung des Wa'hingtoner Abkommens gleichzeitig mit den ande­ren westeuropäischen Industrieländern bereit. Dis zum In­krafttreten dieses Gesetzes sollen durch Ilebergangs- und Not­matznahmen Mißstände auf dem Gebiete der Arbeitszeit besei­tigt werden. Die im Artikel 165 der Reicksverfassung vorgese­hene Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten in der Wirt­schaft ist im Sinne der im Rcichswirtsckaftsrat zustandegekom­menen Einigung weiter auszubauen. Dringlich ist die Verab­schiedung einer Versicherung gegen Arbeitslosigkeit, damit im Zusammenhang stehen Maßnahmen zur Verbesserung des Ar­beitsnachweises, Ausbau und Verfahren der Sozialversicherung solle» nach Möglichkeit vereinfacht werden. Die verschiedenen Versicherungszweige bedürfen einer organischen Verbindung und Ausgestaltung. Die Lage der Invaliden muß verbessert wer­den. Für die Seeleute ist eine Krankenversicherung zu schaffen. Entschlossene Bekämpfung der Erwerbslosigkeit und Fürsorge

für die Erwerbslosen mit allen zweckdienlichen Wirtsckafis- und sozialpolitischen Mitteln. Die Sozialreform ist auch internatio­nal, insbesondere im Zusammenwirken mit dem internationalen Arbeitsamt, zu fördern.

Amtlich wird hierzu folgendes mitgeteilt:

Die beabsichtigte Bekanntgabe der in den gestrigen Verhand­lungen des Herrn Reichskanzlers mit den Partci'ührern festge- stedien Vorschläge über Richtlinien einer künftigen Regierungs- politik, die übrigens nicht alle für ein Regicrungsprogra-mm in Betracht kommenden Fragen umfaßt, konnte noch nickt erfolgen, weil noch nicht sämtliche in Detrackt kommenden Fraktionen zu den Erklärungen der Parteiführer ihre Zustimmung gegeben ha­ben. Alle über den Inhalt der Vereinbarungen erfolgenden Ver­öffentlichungen können nicht als authentisch angesehen werden. Deutsche Bolkspartei und Zentrum stimmen den Richtlinien zu.

TU. Berlin, 27. Jan. Nach Schluß der gestrigen Plenar­sitzung traten die für die Regierungsbildung in Betracht kom­menden Fraktionen des Reichstags wieder zu Fraktionssitzun­gen zusammen.

Die Zentrumsfraktion stimmte einmütig den Richtlinien für das Regrcrungsprogramm zu. Der Reichsausschuß der Zen­trumspartei ist auf den 6. Februar einbcrufen worden.

Die Deutsche Bolkspartei hat sich ohne wesentlich« Erörte­rung mit den Richtlinien einverstanden erklärt, die sie als eine brauchbare Grundlage für ein zukünftiges Negierungsprogramm ansieht.

Noch keine Entscheidung der Deutschnationalen.

Die dcutschnationale Reichstagsfraktion teilt mit:

Die Fraktion ist in die Beratung des Entwurfs von For­mulierungen eingetreten, die eine Grundlage für einzelne Punkte der künftigen Regierungserklärung bilden sollen, und als solche Grundlage naturgemäß der näheren Erläuterung und Vervoll­ständigung bedürfen. Eine Beschlußfassung wird erst erfolgen, wenn die Verhandlungen über die Regierungsbildung bis zum endgültigen Abschluß gefördert sind und b's eine Zustimmung der Parteiführer zu den Richtlinien erfolgt ist.

Tie Forderungen der Demokraten.

Die demokratische RoichstagSfraktion beschäftigt« sich gestern abend eingehend mit den Richtlinien des Reichskanzlers, führte aber die Beratung noch nicht zu Ende, sondern vertagte sich auf heute vormittag. Der Fraktion«»».stand Koch wurde jedoch be­auftragt, bereits heute vormittag dem Reichskanzler mit­zuteilen. daß die schulpoMschcn Teil« der Richtlinien in dieser Form für die demokratische Fraktion nicht annehmbar seien. Dem Kanzler soll we'ter mitgcteilt werden, daß die De­mokraten S cherung einer exporlförderuden Handelsvertrags- Politik sowc energische Förderung der Siedlungspolitik durch das Reich verlangen.

Regierungserklärung am 1. oder 3. Februar.

TU. Berlin, 27. Jan. Der Aeltcstenrat des Reichstags be­schloß gestern, am heutigen Tage noch eine kurze Sitzung abzu­halten, um die Fraktionen bis zur endgültigen Bildung der Re­gierung zusammenzuhalten. Dann soll in den Verhandlungen des Reichstages eine kurze Pause emtreten, deren Dauer noch nicht bestimmt ist. Jedenfalls bleiben der Freitag und der Sonn­abend wegen der Thüringer Wahlen noch sitzungsfrei. Die Re­gierungserklärung wird entweder am Dienstag, den 1. Februar, oder am Donners den 3. Februar, abgegeben werden.

Elrkärungen Dr. Streftmanns über Regierungskrise> Außeupolitik.

TU. Berlin, 27. Jan. Reichsaußenminlster Dr. Strese- mann gewährte dem Berliner Vertreter derTimes" ein In­terview, in dem er sich eingehend mit der gegenwärtigen Re­gierungskrise befaßte. Er betonte, daß die Regierungskrise aus­schließlich um Fragen der inneren Politik ginge, während auf dem Gebiete der auswärtigen Politik die von ihm geführte und vom Reichspräsidenten Hindenburg gebilligte Politik flcherge- stellt sei. Daher könne kein Vernünftiger «»nehmen, daß jetzt, wo die inneren Widerstände gegen die von ihm geführte Außen. Politik so seDr zusammengeschrumpft seien, er sich nun von dem klar vorgezcichneten Wege abbringen lasse. Das gleiche gelte für den Reichskanzler Marx. Wenn jetzt die Deutschnationale Bolkspartei die Opposition aufgeb«, unb wieder in di« Regierung cintrete, und wenn dies, wie unzweifelhaft feststehe, unter Fest- Haltung des bisherigen Kurses der Außenpolitik geschehe, so ke­imte dies in außenpolitischer Hinsicht nichts anderes, als daß sich seit dem Oktober 1925 ein bedeutsamer Wandel vollzogen habe. Dieser sei «in Beweis dafür, daß auch in den Kreisen, die hinter der Deutschnationalen Partei stehen, inzwischen das Verständnis für die Locarno-Politik lebendig gewoüxn sei, und daß sich diese Politik In Zukunft sowohl im Parlament, als

Tages-Spiegek.

lieber die Richtlinien des Ncgierungöprogramuts ist in den gestrigen Vc-Handlungen Tr. Marx mit den Paucisichcer-r ein sachlicher Abschluß erzielt worden.

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Zentrum und Bolkspartei haben den Richtlinien für das Rr- gicruugsp rogrannn zugcft > m,',rt.

»

Die Den schnationole« haben sich ihre Entscheidung Vorbehalten, bia die Verhandlungen zu endgültigem Abschluß gefördert sind.

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Tie demokratische Reichstagsfraktion hat Bedenken namentlich gegen die schnlpolitischen Sätze der Richtlinien vorgebracht.

Die Verhandlungen über die Personenfrage sollen heute be­ginnen.

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Der Reichstag nahm gestern in dritter Lesung den Grsetzente Wurf zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten am

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Der Rechenschaftsbericht Poincares vor der Finanzkommission der Kninmer befriedigte in Paris nur in geringem Maße. Besonders bemängelt wird, daß Poincare noch nicht die end­gültige Stabilisierung vornehmen will.

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Einstimmig hat der amerikanische Senat die Resolution ange­nommen, welche ein Schiedsverfahren im Konflikt mit Mexiko fordert.

auch in der Oeffentl- chke-it auf eine ganz überwiegende Mehr- h:it stützen könne. Man solle die Schwier'^keiten. die sich der Locarno-Politik entgegenstellten, nicht noch künstlich vermehren.

Die Nestpunklverhandlungen.

Die gestrige Sitzung des Versailler MifitäriomUces.

TU. Paris, 27. Jan. Gestern nachmittag trat das Ver­sailler Militärkomitee unter Vorsitz des Maischalls Fach zu einer S.tzung zusammen, an der auch General von P»:welsz und Legationsrat Dr. Förster teilnahmen. Zur Erörterung kamen die Einzelheiten eines Dcrftändigungsprojcktcs.

In unterrichteten französischen Kreisen rechnet man weiter­hin mit dem Zustandekommen einer Einigung noch vor dem 31. Januar. _

Der deutsche Kulturkampf in Pole«.

Eine neue Entscheidung Calouders für den deutschen Volksbund.

TU Berlin, 27. Jan. Wie di« Morgenblälter aus Kattowitz melden, hat der Präsident der Gemischten Kommission aus die Beschwerde des Deutschen Volksbundes wegen Nichteröffnung der deutschen Minderheitsschule in Bobrownski-Piekar und Rubne eine Stellungnahme verkündet, nach der di« Minberhcits- schule unverzüglich zu eröffnen ist. Es sind in den Gemeinden Bobiownski, Piekar und Rudne neue Anmeldungstermine von angemessener Dauer durch Veröffentlichung in beiden Sprachen anzusctzen. Diese Anmeldungstermine sind der Gemischten Kom- miffivn bekanntzugeben. Diejenigen Kinder, die für die Min- derheitssch-ule nicht an gemeldet werden, sind von Amts wegen in die Schule zu überführen.

Ein deutscher Protest im polnischen Sejm.

TU. Warschau, 27. Jan. Bei der gestrigen Budgetdebatte im polnischen Sejm gab der Vertreter der deutschen Fraktion, Abg. Pisch, die Erklärung ab, daß auch seine Fraktion gegen das Budget stimmen werde, da die Verfolgungen, denen die deutsche Bevölkerung in Oberschlesien ausgesetzt seien, alles menschlich Erträgliche übersteigen.

Die Mitlelamerikapotttik derAS.A.

Der amerikanische Kongreß für die Schiedsgerichtspolitik.

TU Ncwyork, L7. Jan. Die mehrfach geänderte Resolution Robinsons, die der Regierung empfiehlt, den Mexikokonflikt einem Schiedsgericht zu unterbreiten, ist vom Kongreß einstim­mig angenommen worden, weil di« Republikaner in der Reso­lution keine zwingende Verpflichtung für die Regierung gesehen haben. Zur Resolution erklärte Robinson, daß außer der schieds­gerichtlichen Beilegung des Konfliktes nur noch zwei Wege offen sind: der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Mexiko, was einer neuen mexikanischen Revolution und dem Sturz Talles gleichkäme und der Krieg, durch den die amerikanischen Truppen gezwungen werden würden, für inen rer in dem un­ruhigen Mexiko zu bleiben. In eingeweihten Kreisen nimmt man an, daß sich bie Regierung von der Resolution des Kon­gresses nicht beeinflussen lassen wird.