Kleinarbeit im Reichstag.

Berti», 25. Jan. Der Reichstag hat am Montag Sie zweite Lesung des Gesetzentwurfes zur Bekämpfung der Ge­schlechtskrankheiten beendet. Die dritte Lesung soll am Mitt­woch vor sich gehen. Die AuSspvach« hielt sich in engen Gren­zen. Die Sozialdemokraten legten eine Lanze für die Kur­pfuscher e>in, unter denen es doch auchLeute mit Instinkt und Erfahrung" gebe. Aber es blieb bei dem Kurpfuscher­paragraphen, wie ihn der Regierungsentwurf vorfleht. Da­mit ist also den Aerzten das Behandlungsmonopol gesichert, und zwar nicht nur für die ansteckenden, sondern für alle Ge­schlechtskrankheiten. An ven übrigen Paragraphen des Ge­setzes wurde nur wenig geändert. Das Wenige aber berührt die grundsätzliche Tendenz in keiner Weife. Das Verbot der Kasernierung der Prostitution, das durch das Gesetz ausge­sprochen wird, bedingt gleichzeitig eine Aenderung d«S Straf­gesetzbuches Man darf gespannt sein, wie sich die Wirkung des Gesetzes, das am Mittwoch verabschiedet werden dürfte und am 1. Oktober in Kraft treten soll, in der Praxis gestalten wird.

Zeppelin-Derkehr EuropaAmerika ab 1928.

TU Berti», 25. Jan. Die Blätter bringen eine Erklärung des Vertreters der Zeppelinaverke, Mayenberger, nach der dt« A. s.'.al.me des Zeppelinluftverkehrs zwischen Sevilla und Bue- nos-Aires schon mit Anfang des nächsten Jahres beabsichtigt wird. Zu diesem Luftverkehr sollen ganz große Zeppeline gebaut werden, die Raum für hundert Passagiere böten und mit zwei Maschinen ausgerüstet würden. Ein solches Luftschiff soll noch in diesem Jahre fertiggestellt werden und lange Probefahrten u. a. auch eine Fahrt von Sevilla nach Berlin unternehmen.

Die Räumungsfrage.

Maginot gegen die Rheinlandränmung.

TU. Paris, 25. Jan. ImEcho de Paris" nimmt Ma­ginot, der Leiter der militäri,chen Operationen beim Ruhrein­fall, zur deutsch-französischen Annäherung Stellung. Er betont, die deustch-französische Annäherung könne nur unter der Be­dingung erfolgen, daß sie nicht zu tteuer komme und nicht mit der Rhoinlandräumung bezahlt werde.

Erst Ausbau der französischen Festungen, dann erst Erwägungen über Rheinlandränmung.

TU. Paris, 25. Jan. Am Sonntag veranstaltete Sie repu­blikanische Föderation in Saint-Etienn« eine politische Kon­ferenz. in der der Deputierte Soulier gegen die Aufgabe des Rheinlandes sprach. Er erklärte u. a., die Rheinlandräumung könne erst in Erwägung gezogen werden, wenn die französischen Stellungen gegen Deutschland genügend ausgebaut und die neuen Heeresresormen durchgeführt seien.

Das Haager Dawes-Schiedsgericht.

Tue Auslegung des Dawesplans.

TU. Haag, 25. Jan. In Beantwortung der Fragestel­lung der Schiedskommission zur Auslegung von Streitfragen aus dem Dawespian (Deckung deutscher Liquidationsschäden im Werte von 9 Milliarden Mark) nahm der Vertreter der Reparationskommisston, Sir Fisher Williams,-das Wort. Er

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l57. Fortsetzung.> (Nachdruck verboten.)

Nein, lieber Freund, ich klage nicht, ich dars es auch nicht, da der Gras in ieinem Telegramm zugleich in aller Form um meine Hand angehalten hat. die ich ihm zu- sagle Ein stilles, ruhiges Glück liegt vor mir. und ich will es dankbar genießen, aber das wird mich nicht hin­dern, oft und gern an die letzten Wochen zurückzudsnken. in denen Sie so oft den Weg zu mir nach Zerbsthos her­ausfanden. in denen ich mich jedesmal herzlich freute wenn ich Sie bei mir eintrelen sah. Ich war mit Ihnen noch einmal jung, und das danke ich Ihnen.

Und nun. mein lieber Freund. leben Sie wohll Ich brauche Sie wohl nicht erst zu bitten, mich nicht zu ver­gessen. und ich denke, daß ich in Ihrer Erinnerung weiter­leben werde. Trotzdem hätte ich Ihnen gern ein Anden- ken an mich übersandt, mein Bild, aber Sie haben mich nie darum gebeten, obgleich es schon lange für Sie bereit lag Ich habe geglaubt. Sie würden eines Tages mit der Bitte kommen. Daß Sie es nicht taten, beweist mir, daß aus Ihrem Schreibtisch ein anderes Bild steht, neben dem Sie mir keinen Platz einräumen wollen.

Bielleicht, weil die andere der Vergangenheit angehört, die sie nicht aus Ihrem Gedächtnis verschwinden lassen wollen, melleicht.we'l die andere für sie die Zukunft bedeut Hund weil Sie mich vielleicht doch ein klein wenig gern hotten und es mir nicht ankun wollten, daß ich mit der anderen zu­sammen täglich vor Ihnen stände. Und wenn es mich zu- zuerst auch etwas kränkte und verletzte, daß Ihnen so gar nichts an meinem Bilde gelegen war. ich danke es Ihnen jetzt doch, daß Sie mich nicht darum baten.

Leben Sie wohl, lieber Freund. Grüßen Sie die Ka­meraden Ihres Regiments, insonderheit den guten To­bias. und vergessen Sie nicht, was ich Ihnen über den sagte. Ist der in Not und läßt der wirkliche Onkel ihn auch dieses Mal im Stich, dann will ich ihm gern wieder Helsen, denn auf seine Art hat auch er mich wohl wirklich «eliebt und dafür möchte ich mich dankbar erweisen.

tst der Auffassung, daß Re Alliierten aus den DawrSein- gängen IVO Prozent erhalten müßten. Wenn Deutschland di« Liquidationsschäden aus dem Reparationsfonds zahlen lassen wolle, so wünsche eS damit, den Alliierten etwa 10 Prozent des ihnen Zustehenden zu entziehen. Das sei eine Auslegung der einschlägigen Bestimmungen, die im internationalen Recht keinerlei Begründung finden würde. Wenn die deutsche Auf­fassung richtig sei, so stehe di« Bestimmung der Höhe der zu gewährenden Schadenersatzzahlungen den einzelnen alliierten Mächten zu. Hier aber wünsche Deutschland ebenfalls diese Bestimmung selbst vorzunehmen. Sir Fisher Williams betonte zum Schluß, daß das internationale Recht die Konfiszierung feindlichen Eigentums durchaus kenn« und daß dies« nach eng­lischem und amerikanischem Recht statthaft sei. Di« Verhand­lungen gehen weiter. _

Rußland

und die Wettwirtschaftskonferenz.

D-e Sowjetregierung bleibt der Weltwirtschaftskouferenz fern.

TU Senf, L5. Jan. Die Sowjetreglerung hat jetzt dem Völ­kerbund ihr« Antwort auf die Einladung zu der am 4. Mai in Genf beginnenden Weltwirtjchaftskonferenz in einer vom 19. Januar datierten und von Litwinow Unterzeichneten Note zu­gehen lassen. Schon di« Einladung nach Genf, d. h. in die Schweiz, schließe die Teilnahme der Moskauer Regierung an der Weltwirtsckaftskonserenz aus. Sie siei daher weder in der Lage, zu der Weltwirtschaftskonferenz Stellung zu nehmen, noch Delegierte zu entsenden.

Chinas Selbstständigkeilskamps.

Eine Erklärung der Kanlonregierung.

TU. London, 25. Jan. Nach einer Reutermeldung aus Hankau veröffentlicht die Kantonregierung eine Erklärung, in der eine Einmischung Englands und anderer Mächte in die chinesischen Verhältnisse scharf zurückgcwiesen wird. Das neue China sei stark und sich seiner Macht und Fähigkeit bewußt, aus wirtschaftlichem Gebiet seinen Willen gegen jede Macht durch­zusetzen. Nicht darum handle es sich, was Großbritannien oder irgend ein anderer Staat China gewähren könnte, um denAspirationen der chinesischen Nation" entgegenzukommen, sondern darum, was das nationalistische China den Mächten gewähren könne. Das Ziel der chinesischen Nationalisten sei die Wiederherstellung der politischen Unabhängigkeit. Vorher könne keine Rede von einem echten Frieden mit dem britischen Nationalismus sein.

Neue China-Zirknlar-Note Englands?

TU. Berlin, 25. Jan. Wie die Morgenblätter aus Rom melden, ist dort eine neue Zirkularnotc Englands an di«. Mächte bezüglich des Vorgehens in China eingetroffen, worin! weitere Konzessionen vorgeschlagen werden, deren Ablehnung jedoch ohne weiteres ein militärisches Durchgreifen Englands zur Folge haben würde. In der von den diplomatischen Vor­besprechungen Lusgefüllten Zwischenzeit würden die dazu er­forderlichen Streitkräfte in China oingetroffen sein, um dem letzten Angebot den nötigen Nachdruck zu geben.

Wie aus Tokio berichtet wird, hat Japan den englischen Vorschlag auf militärische Zusammenarbeit in China abge­lehnt.

euw nun zum tttzienmai: Leben Sie wohl, lieber Freund! Es sollte nur ein Spiel bleiben zwischen uns das Spiel ist jetzt aus.

Ich grüße Sie in herzlichster Gesinnung als Ihre

Baronin von Zerbst."

Das Spiel war aus! Was nun. und warum war es nur ein Spiel geblieben? Fritz von Ziegelbach saß da und brü­tete vor sich hin. War er denn blind gewesen die ganze Zeit, daß er es gar nicht gemerkt hatte, wie lehr ihm die Baronin zugeian war? Jetzt, da er. wenn auch nur im Fluge, über alles wieder nachdachte, fiel ihm >o manches wieder ein, das er damals gar nicht ernsthaft nahm, manches kleine Zeichen der Gunst und der Zuneigung, das er sicher

ganz anders ausgefaßt haben würde, wenn er selbst-

Hatte er die Baronin wirklich nicht geliebt? War es nur Freundschaft gewesen, was er für sie empfand?

Jetzt, da sie ihn verlassen hatte, verneinte er sich diese Frage.

Aber war es wirklich Liebe, die er in diesem Augenblick für die Baronin hegte, oder war es mehr ein Gefühl des Mitleids, daß er. ohne es beabsichtigt zu haben, Hoffnungen in ihr erweckte, die sich nicht erfüllten? Er sah sie so klar und so deutlich vor sich, daß er unwillkürlich die Hand aus­streckte. um nach ihren kleinen Händen zu Haschen, um diese, wie Io ost. zu küssen und um ihr gleichzeitig zuzurufen: Baronin, vergeben Sie mir. was ich tat."

Und er schämte sich vor ihr und vor sich selbst, daß er sie nie um ihr Bild bat. Wie oft halte er es nicht tun wollen, wie oft hatte ihm die Bitte nicht auf den Lippen gelegen, ober er hatte sie trotzdem aus Gründen, über die er sich nie recht klar geworden war. doch niemals ausgesprochen. Mit vollem Recht hatte die Baronin das als Kränkung empfun­den. und wenn sie es ja auch zu wissen glaubte, weshalb er es nicht lat und wenn sie ihm sogar dafür dankte, sein schlechtes Gewissen rührte und regte sich doch. Warum hatte er nicht ganz einfach Luttis Photographie entfernt und da­für die der Baronin hingestellt? Lutti gehörte für ihn weder der Vergangenheit noch der Zukunft an. Ihr Bild erinnerte ihn lediglich an eine Episode seines Lebens, die mit ihren etwaigen Folgen vielleicht nicht einmal zu den ange­nehmsten gehören würde Aber was er bisher unterließ, konnte er jetzt ja noch nachholen. Was lag ihm daran, ob Luttis Bild dastand oder nicht?

Sv erhob er sich denn plötzlich, um die Photographie zu entfernen, aber als er schon die Hand ausgestreckt hatte, zog

Bo, einer entscheidenden Wendung der amerkkankschr« Chinapolitik.

TU. Reuyork, 25. Fan. Senator Borah will im amerika­nischen Kongreß eine Debatte über die amerikanisch« China­politik erzwingen, da verlautet, daß die neuen weitgehenden Vollmachten an Admiral Williams in Schanghai eine bedeu­tende Wendung der amerikanischen ChmapolitÄ bedeuten.

Kleine politische Nachrichten.

Die Wirtschaftspartei fordert Aufhebung der WohnungS Zwangswirtschaft. Im preußischen Landtag hat di« Wirtschaft­liche Vereinigung einen Antrag eingebracht, nach dem die preu­ßische Regierung auf die Reichsregierung einwirken soll, durch ein neues Reichsgesetz das Reichsmietengesetz, sowie da» Ge­setz über Mieterschutz und Mietseinigungsämter aufzuhcben. Für die Uebergangszeit steht der Antrag für die Mieter die für die Kündigung von Mietverträgen angemessenen Fristen vor.

Der Landtag des Memelgebiets aufgelöst. Wie aus Memel gemeldet wird, wurde dem zweiten Vizepräsidenten des Land­tags, Seewild, sine Verfügung des Gouverneurs überreicht, durch die der Landtag auf Antrag des Direktoriums ausgelöst wird. Gründe für diese Maßnahme sind in der Verfügung nicht angegeben.

Geldstrafe» im norwegischen Ministerprozeß. Wie die Mor­genblätter aus Oslo melden, hat der Oberste Gerichtshos in dem gegen den früheren Ministerpräsidenten Berge und 6 Mit­glieder seines Kabinetts eingeleiteten Verfahren wegen Ver­letzung der Verfassung das Urteil gesprochen. Berge wurde zu 10 000 Kronen, zwei Mitglieder seines Kabinetts zu 8000 und die übrigen zu 5000 Kronen Geldstrafe verurteilt.

Die südslawischen Kreistvahleu. Nach dem bisher vorlie­genden Ergebnis der Kreiswahlen in SüLsiawien haben die beiden Regierungsparteien, die radikale und die Raditschpartci, überall starke Verluste erlitten. In politischen Kreisen glaubt man, daß das Ergebnis der Kreiswahlen für das Parlament Neuwahlen zur Folge haben wird.

Aus aller Welt.

Schweres Einsturzuuglück bei Kanalbaute«.

Bei Kanalarbeiten in Aschaffenburg stürzte die Verschalung ein, wobei drei Arbeiter verschüttet wurden. Zwei der Ver­schütteten konnten sich retten, während der dritte bisher noch nicht geborgen werden konnte.

23 900 Mark aus einem Postzug gestohlen.

Aus dem Personenzug BremervördeWesermünde ist ein« Geldkiste der Reichspost mit 23 900 Mark Inhalt gestohlen worden, ohne daß von den Tätern eine Spur vorhanden ist.

Explosion einer Höllenmaschine in Slraßburg.

Wie die Morgenblätter aus Paris melden, ist Ui Sftäßbnrg eine Höllenmaschine explodiert. Sämtliche Fensterscheiben der Umgebung zersprangen. Einige Häuser wurden schwer beschä­digt, Es soll sich um den Racheakt eines Mannes handeln, der kürzlich aus seiner Wohnung auSgcwiesen wurde.

Feuer i» der Zentrale des französischen Marineflugdienstes.

In der Zentrale des französischen Marincflugdienstes in Saint Cyr brach em Feuer aus. Ein Schuppen, in dem sich die Archive und die Buchhaltung befanden, wurde völlig zer­stört.

er sie doch wieder zurück. Halte die jo lange dorr gestanden, konnte sie auch weiter da bleiben, wenigstens so lange, bis die Baronin ihm ihr Bild schickte, um das er sie gleich heule bitten wollte.

Wie vorhin In seinem Lehnstuhl, so saß er setzt vor seinen, Schreibtisch und brütete vor sich hin. Die Abreise der Ba­ronin war zu plötzlich und unerwartet erfolgt, als daß er dir so schnell hätte überwinden können Er fuhr aus seinen Gedanken empor, als es jetzt plötzlich an die Tür klopfte und a!r kurz darauf Herr Schlevogt eintrat, um den Postbolen anzumelden, der auch seinerseits gleich in dos Zimmer trat: Ich habe einen eingeschriebenen Brief für den Herrn Leut­nant, ich war schon vor einer Stunde einmal hier aber der Herr Leutnant waren noch nicht zu Hause."

Ein eingeschriebener Brief?" fragte Ziegelbach ganz ver. wundert,da bin ich wirklich neugierig," und auch, als er dann auf den Umschlag blinte. erriet er den Absender nicht, die Handschrift war ihm ganz fremd.

Sein erster Gedanke war, daß auch diese Zuschrift irgend­wie mit der alten Kommodengeschichie zuiammenhinge. denn die Briefe hörten immer noch nicht auf, ober als er dann, sobald er wieder allein war. den Umschlag öffnete und den Briefbogen herausnahm, da belehrte ihn die Unterschrift über den Absender, es war der Onkel des braven Tobias, der Kommerzienrat gleichen Namens. Ungefähr acht Tage waren es her, daß er dem schrieb Tobias Halle gedrängt doch nicht erst die Rückkehr des Onkels abzumarlen. sondern die Rechnungen schon jetzt mit dem Vermerk:Eilig, bitte sofort nachsenden" abzuschicken, und er Halle offen eingesian- den. daß die Sache dringend sei, weil lein Mariechen ihm be­ständig damit in den Ohren läge, daß er das Geld von jbr annchmen solle, und daß er keine Ruhe vor ihr habe, bis die Schulden nicht tatsächlich bezahlt wären.

So hatte er lang und ausführlich an den Kommerzienrat geschrieben und sich für den Freund nach besten Kräften verwandt. Und er hatte a"es angeführt, was er nur konnte, um den reichen Onkel milde, nachsichtig und freigebig zu stimmen.

Trotz alledem hatte er damit gerechnet, daß die Antwort, wenigstens die erste, wenig erfreulich lauten würde, ober daß die nun so ausgefallen war, das hätte er denn doch nicht ge­dacht.

Und dabei las man aus jedem Wort hervor, der Brief war nicht einmal in der Erregung und !m ersten Unwillen geschrieben, sondern kalten Blutes, wie es in dem Schreiben leibst hieß,nach einer reiflichen Ueberlequng von vierund­zwanzig Stunden."