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Nr. 19

Dienstag, den 25. Januar 1927.

101. Jahrgang

Vertzandlmell Skr das Rtsieraassprsgra««.

Aussicht auf Einigung.

Dr. Marx' Verhandlungen mit den Veutschnationalen.

Der amlliche Bericht.

TU. Berlin, 25. Jan. Amtlich wird mitgetsilt: Reichs­kanzler D?. Marx nahm gestern vormittag die Verhandlungen über ein Regierungsprogramm mit den in Betracht kommenden Fraktionen des Reichstages auf. Zunächst wurden in Gegen­wart des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns und des Reichs- außenministers Dr. Stresemann die Vertreter der deutsch- nationalen Fraktion unter Führung des Grafen Westarp zu oiuec einleitenden Besprechung empfangen. Im Laufe des Nachmittags hatte der Reichskanzler nacheinander Besprechun­gen mit dem Vorsitzenden der Reichstagsftaktioii der Deutschen Volk-Partei Dr. Scholz und den Vertretern der Wirtschaftlichen Vereinigung Drewitz und Alpert. Gegen 6 Uhr abends emp­fing der Reichskanzler den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktion Hermann Müller-Franken zu einer Aussprache. Die Verhandlungen werden heute vormittag fortgesetzt werden.

Der Verlaus der Verhandlungen.

Reichskanzler Dr. Marx, Minister Braun und Außenmini­ster Dr. Stresemann traten gestern vormittag mit den Führern der Deutschnationaten, Wallraf, Nippel, von Eoldacker und Tre- viranus zu Verhandlungen über die Regierungsbildung zusam­men. Gegenstand der Beratungen war der Entwurf eines Regie- rungsprogrammes, das im Laufe des Sonntags ressortmäßig festgesetzt worden war.

Aus d in .^gle-ungsprogramm wird bekannt, daß es außen­politisch die Fortsetzung der Locarnopolitk und die loyale Mit­arbeit am Vvllerbunde versteht und im klebrigen die Foul­st >rung der bisherigen Art der Außenpolitik verlangt. Innen­politisch wiederholt es die Forderung bezüglich der Punkte, die tu Bezug aus die Reichswehr am 4. Dezember aufgestellt waren, v.. langt weiterhin die Anerkennung der Symbole der Republik, die Ausreck/erhaltuiig der '«.-sp-immungen »um Schutze der Re­publik gegen Verleumdungen, Schutzmaßnahmen gegen umstiirz- lerische iB-.roande, sowie endlich die Fortsetzung des bisherigen sozialpolitischen Programmes.

Die Verhandlungen des Reichskanzlers Dr. Marx mit der deutschnationaten V:rhandlunas'ommiston dehnten sich bis ge­gen halb 2 Uhr nachmittags aus. Die Verhandlungen wurden dann aus heute vormittag 10 Uhr vertagt. Wie aus parlamen­tarischen Kreisen miigeteilt wird, soll der Stand der Verhand­lungen nicht ungünstig sein.

Beim Empfang der Vertreter der Wirtschaftlichen Bereini­gung erklärt« der Abg. Drewitz, daß die Wirtschaftliche Vereini­gung mit der geplanten Regierungsbildung einverstanden sei, behielt aber die Stellungnahme seiner Fraktion zu dem unter­breiteten Programm für di« Regierungsbildung und die Beant­wortung der Frage, ob die Fraktion sich durch Präsentierung von Ministern aktiv an der Regierung beteiligen will, der auf heute angesetzien Fraktionssttzung vor. Die Unterhaltung des Reichskanzlers mit dem Abg. Müller-Franken trug lediglich in­formatorischen Thärakter. Der Reichskanzler unterbreitete dem Mg. Müller das Regierungsprogramm und unterrichtete ihn über den Stand der Verhandlungen.

Die gestrige Fraktionssttzung d«r Dentschn"tionalen.

TU Berlin, 25. Jan. Die deutschnationale Reichstagsfrak­tion gibt über ihre gestrige Sitzung folgenden Bericht aus: Die

Fraktion nahm den Bericht der Unterhändler entgegen und bil­ligte ihr Verhalten.

Weiter erläßt die Fraktion folgende Erklärung: Einzelm- Zeftungen wiederholen trotz der mittlerweile erfolgten energi- ichen Zurückweisung seitens aller angeblich beteiligten Personen die Behauptung, daß zwischen katholischen Abgeordneten der deutschnationalen Reichstagsfraktion und dem Zentrum unter Beteiligung hoher, katholischer Würdenträger behufs Annähe­rung beider Parteien vertrauliche Verhandlungen, u. a. über die Konkardatsfrage geführt worden sind. Wir können nach Rücksprache mit allen katholischen Ai^eordnsten der deutschnatio­nalen Reichstagsfraktion nochmals erklären, daß diese Meldun­gen in jeder Hinsicht unwahr sind und nur als Tendenzliigen gewertet werden können.

Bedenken der Liberalen Bereinigung.

TU Berlin, 25. Jan. Von der Liberalen Vereinigung wird miigeteilt: Der geschüftsführend« Ausschuß der Liberalen Ver­einigung hat in seiner Sitzung am Momag die politische Lage eingehend besprochen, wie sie sich durch den jetzigen Stand der Verhandlungen zur Bildung eines neuen Kabinetts ergibt. So wünschenswert schon aus außenpolitischen Gründen das Zu­standekommen einer gesicherten Mehrheitsregierung ist, war man sich in der Erkenntnis der schweren Gefahren einig, die durch ein Zusammenwirken des Zentrums mit den Deutsckzuationalen in Frage der Schul- und Kirchenpolitik heraufbeschworen wer­den. Da die Vormachtstellung des Zentrums auf der Spaltung des Liberalismus beruht, wurde beschlossen, in allen liberalen Kreisen die Aufmerksamkeit auf dies« dem freien deutschen Gei­stesleben drohende Gefahr zu lenken und auf eine einheitliche Abwehrfront hinzuarbeiten.

DieGermania" bemerkt, daß sich aus den präzisen Formu­lierungen des Zentrums bei den Behanrdlungen ergebcn müsse, daß das Zentrum sich der ungeheuren Verantwortung, die es in dieser Stunde trage, vollauf bewußt sei und zwar bewußt so­wohl seiner Verantwortung gegenüber dem Staatsganzen, als auch gegenüber seinen überzeugt republikanischen Wählern. Das Zentrum werde auch in Zukunft wachsam zu kontrollieren wis­sen, daß sein Manifest und die von Koalitionsparteien ubernom- meiren Verpflichtungen nicht verletzt würden. Wenn die Deutsch- nationalen oder ein Teil von ihnen ehrlichen Sinnes auf den Boden des Manifestes treten, bestehe dein grundsätzliches Hin­dernis gegen ihren Eintritt in die Regierung. Aber die An­nahme der Grundsätze des Manifestes müsse eine so offenkun­dige und überzeugende fein, daß alle Welt sich sage, daß eine Sinneswandlung vor sich gegangen sei. Wenn es zu einem sol­chen Ergebnis kommen sollte, könne von einemBürgerbkock" keine Rede mehr sein.

Optimismus in Berlin.

In Berlin glaubt man, daß die Verhandlungen zur Re­gierungsbildung heute schon zum Abschluß kommen. Die Per» sonalfragen werden allerdings noch etwas Aufenthalt verur­sachen, da di« Deutschnationalen nicht weniger als fünf Mini­sterien für sich verlangen, während der Kanzler ihnen nur drei anbieten will. Die Deutschnationalen beanspruchen mindestens das Innere, di« Justiz und das Ernährungsmiiristerium für sich, was das Ausscheiden des bisherigen Ministers Dr. Has- linde bedeuten würde, da das Zentrum das Finanzministerium haben möchte, das dem badischen Finapzminister Dr. Köhler angeboten werden soll. Gerade bei der Personalfrage ist aber ncch mancherlei Verschiebung möglich, je nachdem die Demo­kraten endgültig entschlossen bleiben, sich an der Regierung nicht zu beteiligen, was aber noch bestritten wird.

DiePmser"'. ' V .

Die Abfchlusiverhandlrmgen über das KriegsgeräSegesetz.

Vor der Einberufung der Botschafierkonfcrrnz.

TU. Paris, 25. Jan. Wie der Quai d'Orsay mitteilt, hat da? Versailler Mibitärkomitee nunmehr den Bericht der Inter­alliierten Militärkonirollkommifsion aus Berlin erhalten und mit seiner Prüfung bereits begonnen. In gut unterrichteten Kreisen rechnet man mit der Möglichkeit der Einberufung der Botschafterkonferenz für den kommenden Sonnabend oder Montag.

Lcgationsrat Dr. ClodiuS, der in Berlin die Vorverhand­lungen über das Kriegsgerätegesetz mit den Sachverständigen der Interalliierten Militärkontrollkommisston geführt und ab­geschlossen hat, hat sich nach Paris begeben, um dort an de» abschließenden Verhandlungen teilzunohmen, die zwischen dem ReichSkommissar General von Pawelsz und der Botschafter­konferenz über den Gesetzentwurf stattfinden. In Berliner diplomatischen Kreisen glaubt man, daß die Botschafterkonfe­renz dem Gesetz zustimmen wird,

Gleichzeitig mit den Verhandlungen über das Kriegs- gerätegesetz gehen in Paris die Besprechungen über die Frage der Ostsestungen weiter, die in den letzten Tagen ins Stocken geraten stnd, trotzdem über ihre juristische Seit« bereits eine Einigung erzielt worden ist.

Neue polnische Vorstellungen m Paris wegen der Ostfestungen.

TU. Berlin, 25. Jan. Wie die Morgenblätter aus War­schau melden, hat die polnische Regierung beschlossen, sofort eine Kommission, bestehend aus zwei höheren Offizieren des Generalstabes und einem Vertreter des Kriegsministeriums, nach Paris zu senden, die dort Vorstellungen in der Angelegen­heit der deutschen Ostsestungen erheben sollen. Die Kommission soll, falls den polnischen Forderungen nicht Gehör gegeben wird, darauf Hinweisen, Laß Polen sich mit einer solchen Lö­sung nicht beruhigen werde. In den Kreisen der polnischen Nationaldemokrati« ist ferner ein Memorial versaßt worden, dessen Inhalt in der Pariser Presse »»erbreitet werden soll, und das die deutschen Ostsestungen als eine Gefahr für Polen und Osteuropa hinstellen soll.

Tages-Spiegel.

Dr. Marx verhandelte gestern mit den Ver retern der Deutsch- nationale», der Vottspartei, der Wirtschaftlichen Vereini­gung und der Sozialdemokraten.

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Den Verhandlungen liegt ein Rcgicnmgsprogrannn zugrunde, das unter anderem Anerkennung der Locaruopoluir und den Schuh der Republik fordert.

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Die Dcutschnationale Reichstagsfraktion hat in ihrer gestr'ge» Sitzung den Bericht ihrer Unterhändler gebilligt.

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Die Wirtschaftliche Vereinigung ließ durch den Abg. Drewitz ihre Zustinmumg zu der geplanten Regierungsbildung er­klären.

Der Reichstag hat gestern den Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in zweiter sjxsung angenommen.

«

Nachrichten aus Paris besagen, daß die Reftpunlteverhand- lungen in den letzten Tagen befriedigende Fortschritte ge­macht habe».

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Die Sowjetregierung lehnte in einer Note die Teilnahme an der WirtlHastskonferenz ab.

Der polnische Gesandte in Rom über Polens Beziehungen zu den europäischen Staaten.

TU. Rom, 25. Jan. Der neue polnische Gesandte in Nom, Knoll, gab demCorriere dclla Sera" ein Interview, in dem er sich zunächst darüber beklagte, daß Polen noch nicht die ihm gebührende internationale diplomatische Stellung erworben habe. Es werde ihm noch nicht das Recht zugestanden, bet allen großen und keinen europäischen und «> reuropäischen Problemen miizusprechen. Die polnischen Beziehungen zu Deutschland seien korrekt, alle zwischen den beiden Ländern be­stehenden Fragen seien geregelt. Polen habe die Länder und Menschen, die man ihm geraubt (!) habe, zurückbekommen und nichts anderes. Die Beziehungen zu Rußland seien nicht nur gut, sondern sogar herzl.ch. Auch zu den Staaten der Keinen Entente seien die Beziehungen ausgezeichnet.

Wirtschaftspolitik u. Landwirtschaft,

Eine Rede des Reichserniihrungsministers.

TU Dresden, 25. Jan. In Anwesenheit zahlreicher Vertreter der Reichs- und Staatsbehörden, des Landbundes und anderer Verbände wurde hier die 7. sächsische Lanwirtschaftswoche er­öffnet. Aus diesem Anlaß hielt Reichsernährungsminister Dr. Hast in de eine Rede, in der er auf die besonder« Lage Lex deutschen Landwirtschaft hinwies. Das Ergebnis der deutschen landwirtschaftlichen Berufszählung vom Jahre 1925 sei ein rela­tiver Rückgang der landwirtschaftlichen Bevölkerung, der zum Teil auf Dlulsopfer des Landvolkes im Kriege, andererseits aber auf die schlechte Wirtschaftslage der Landwirtschaft zurück- zuführen sei. Jedoch dürfe man hieraus keine ungünstigen Schlußfolgerungen für die Bedeutung der Landwirtschaft in der deutschen Volkswirtschaft ziehen, sondern müsse tm Gcgemeil darauf Hinweisen, daß durch weitgehendste Rationalisierung die deutsche Landwirtschaft ihre volkswirtschaftliche Produktivität gesteigert habe. Bevölkerungs- und sozialpolitisch sei der Rück­gang des Anteils der Landbevölkerung an der Eesamrbcoölke- rung aber zu bedauern und lege uns die Pflicht auf, die land­wirtschaftliche Basis insbesondere auch durch Siedlung zu ver­breitern. Ein Hauptcrsordernis du Landwirtschaft sei nach wie vor die Rentabilität, die durch ein« entsprechende Wirtschafts­politik ermöglicht werden müsse. Das habe insbesondere durch ein Zollsystem zu geschehen, das di« Landwirtschaft einigermaßen schütze. Regierungsmaßnahmen könnten aber immer nur ein« Stütze sein. Das Wesentliche müsse die Wirtschaft selbst tun. Von besonderer Bedeutung für die künftige Gestaltung der Wirtschaftspolitik würden die Arbeiten der Wirtschrftsenquete sein, deren Ergebnisse verwertet werden müßten. Zur Frage der internationalen Beziehungen der Landwirtschaft übergehend, betonte der Minister, daß die Landwirtschaft sich trotz einer ge­gebenen Zwangslage bisher bei internationalen Fragen Zurück­haltung auferlegt habe. Aber auch hier müsse die Landwirt­schaft prüfen, wie weit ein Zusammenarbeiten mit der La»», Wirtschaft anderer Länder geboten sei. Ein solches Bestreben scheine sich auch in dem Bemühen der landwirtschaftlick-:» Ver­bände der wichtigsten Länder zur Schaffung einer internatio­nalen Plattform anzubahnen. Jedoch würde alles Bestreben auf wirtschaftliche Zusammenarbeit fruchtlos sein, wenn nicht rin« weiter Klärung der politischen Atmosphäre erfolge, zu der unbedingt di« Räumung der Rheinland« gehöre.