k. Seite — Nr. 1S2
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"
Die äußeren Berrvattungsgrerizen des Grotzdeulfchen Reiches
Wenn auch die endgültige Gestaltung Europas und damit der Grenzen des Eroßdeutschen Reiches erst nach der siegreichen Beendigung des Krieges erfolgen wird, so erfordert doch das vielfältige Bedürfnis der praktischen Verwaltung schon jetzt — mitten im Kriege — die Festlegung von Grenzen, an denen sich das Inland vom Ausland (sei es auch vom besetzten Ausland) scheidet. Denn zu viele Ordnungen, vor allem kriegswirtschaftlicher und verkehrsmäßiger, aber auch kultureller Art, sind nach Inhalt und Zweckbestimmung nur innerhalb des großdeutschen Verwaltungsbereichs anwendbar. Heber den Verlauf dieser äußeren Verwaltungsgrenzen gibt ein jüngst ergangener Erlaß, des Reichsführers ^ und Chefs der deutschen Polizei vom 9. Juli 1941 Auskunft Er knüpft an die polizeiliche Aufgabe der Kontrolle des über die Grenzen gehenden großen Reiseverkehrs an und zählt die zugelasfenen Grenzübergangsstellen des Eisenbahn-, Landstraßen-, Binnenschiffahrts- und Seeverkehrs mit Namen abschließend auf.
> Fassen wir die Landgrenze ins Auge, so ergibt sich folgendes: Nicht nur das Protektorat Böhmen und Mähren, sondern auch das Generalgouvernement erscheinen in der Uebersicht als Bestandteile des Großdeutschen Reiches. Ferner sind (gegenüber dem Stand der Grenzen bei Beginn dieses Krieges) folgende Gebiete dem Inland gleichgestellt worden: die Untersteiermark bis zur Save (bei der südöstlichsten Stadt des Reiches Rann an der Save ist eine neue Dreiländerecke zwischen dem Deutschen Reich, Kroatien und Italien entstanden), die nördliche Krain bis zur alten italienisch-jugoslawischen Grenze (die Strecke Villach—Triest verläuft setzt also vom Karawankentunnel über das Alpenseebad Veldes bis zur Grenzstation Wocheiner Freistritz auf deutschem Gebiet), Elsaß und Lothringen bis zur alten Reichsgrenze von 1914, Luxemburg (in seinem unveränderten Gebietsumfang) und die wieder heimgekehrten Erenzkreise Eupen und Malmedy sowie einige vorgelagerte altbelgische Gemeinden des deutschen Sprachgebiets bei Bocholz und in der Umgegend von Montzen (westlich von Aachen). Die übrigen Grenzen entsprechen denen des Deutschen Reiches bei Beginn des Krieges. Die „neuen Gebiete" find besonderen „Chefs der Zivilverwaltung" unterstellt worden, nur Eupen-Malmedy (nebst deutschsprachigem Hinterland) ist unmittelbar dem Regierungsbezirk Aachen und damit einer Verwaltungsbehörde des Altreichs wieder eingegliedert worden. Der gesamte Ost raum (östlich des erweiterten Ostpreußens und des Generalgouvernements) wird in der Uebersicht als „bisher sowjetrusstsches Operationsgebiet" bezeichnet; hier sind auf der Strecke von Memel bis zur Quelle des San in den Karpathen die zugelassenen Grenzübergangsstellen besonders dünn gesät. Es bedarf kaum besonderer Hervorhebung, daß gegenüber de» bisher sowjetrusflschen Ostgebieten, wie sich das endgültige Schicksal dieser Länder auch gestalten mag. noch lange Zeit eine scharfe Verwaltungsabgrenzung als eine Art Absperrlinie gegen bolschewistische Verseuchung notwendig sein wird. Bis auf weiteres ist hier Kriegsgebiet.
Im übrigen hat daß Großdeutsche Reich folgende zehn Länder als Erenznachbarn: die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Italien, Liechtenstein, die Schweiz, das besetzte Frankreich, das besetzte Belgien, die besetzten Niederlande und Dänemark. Die vier erstgenannten Länder find verbündet, die vier letztgenannten Staatsgebiete find besetzt; nur die Schweiz und ihr kleiner Trabant Liechtenstein verharren, vom Krieg bisher äußerlich unberührt gelassen, in ihrer traditionellen Rolle der Neutralität.
Eine Stadt lebt von Reißwolle
Forst, das Zentrum der Lausttzer Tuchindustrie
NSK. Es ist nicht von ungefähr, daß sich in dem Sechsgestirn ver deutschen Städte Forst. Guben. Spremberg. Cottbus. Sommerfeld und Finsterwalde schon seit Jahrhunderte» ein großes Zentrum der deutschen Tuchmacherindustrie entwickelt hat. Es hat das seinen Grund in dem besonders weiche» Wasser der Neiße und der Spree, das eine ausgezeichnete Eignung bei verschiedenen technisch-chemischen Vorgängen der früher handwerklich, seit etwa hundert Jahren industriell betriebenen Tuchmacherkunst besitzt. Innerhalb des erwähnten Sechsgestirns glänzt als Stern besonderer Größe die Stadt Forst, die sich infolge ihrer blühenden Textilindustrie von knapp 8000 Einwohnern noch im Jahre 1870 bis zu 4S000 Einwohnern im Jahre 1940 entwickeln konnte. Daß man von einem Stern besonderer Größe ohne Uebertreibung sprechen kann, erhellt auch schon aus der Tatsache, daß in der Textilindustire der Stadt Forst allein so viel Web- hühle klappern, wie in de« anderen genannten fünf Städten zusammen.
Aber das allein ist es nicht, was das besondere Charakteristikum der Förster Textilindustrie ausmacht. Ihr spezifisches Gepräge erhält diese Stadt dadurch, daß in ihre« Textilwerke« fast ausschließlich Reißwolle versponnen wird, jener Rohstoff, der durch die Reichsspinnstoffsammlung 1941 in das besondere Interesse der Öffentlichkeit gerückt wurde. Und das kommt daher, daß vor etwa hundert Jahren ein findiger Tuchmacher die Entdeckung machte, daß in den Exporttuchen des einstmals wollereichsten Landes der Erde, nämlich England, nicht nur „garantiert reine Schurwolle" verarbeitet wurde, sondern zu einem gewissen Prozentsatz auch „wool regained", zu deutsch regenerierte, das heißt aus Lumpen zurückgewonnene Wollfasern und Wollfäden. Der pfiffige Lausitzer Tuchmacher namens Groeschke erkannte weiter, daß sich durch die Beimischung andersfarbiger Reißwolle auch besonders schöne Muster erzielen ließe«. Um sie Herstellen zu können, verpflichtete er sich einen Gesellen aus dem verwandten Leinenmacherhandwerk, was ihm zwar einen Jahrzehnte währenden Preetz wegen Verstoßes gegen die engherzigen Standes- und Verufsvorschriften, außerdem aber den Ruf einbrachte, der Begründer der modern« Förster Textilindustrie zu sein, die neben Westdeutschland der bedeutendste Mittelpunkt der deutschen Streichgarnherstellung und -Verarbeitung wurde.
Eine Stadt lebt von Lumpen und von der aus ihr gewonnenen Reißwolle. Dieser Satz, den der Oberbürgermeister der Stadt Forst, Dr. Friedrich, prägte, erweist sich als keineswegs übertrieben. lleberall ragen die hohen Mauern der Textilwerke, von allen Eiebelflächen leuchten die Firmenschilder der Tuchindustrie, an jedem zweiten Haus fast wird darauf hingewiesen, daß sich hier eine Appreturanstalt, eine Lohnreitzerei oder eine Tuchgroßhandlung befinde. Eine Unsumme von technischer Erfahrung auf einem Spezialgebiet verbirgt sich hinter diesen Mauern, eine Erfahrung, die es zuwege brachte, in normalen Zeiten jährlich rund 30 Millionen Meter Tuch aus Lumpen wieder hervorzuzau- bern, eine Erfahrung, die heute, da wir Textilrohstoffe nicht beliebig einführen können, besonders wertvoll ist. Den Rohstoff nämlich, den die Förster Textilindustrie seit fast hundert Jahren mit bestem Erfolg verwendet, haben wir in großen Mengen im eigenen Lande. Wurden die Lumpen früher vom gewerblichen Handel mobilisiert, so tritt heute, da ein hoher Prozentsatz seiner Männer im Wehrdienst steht, an seine Stelle die Reichsspinnstoff- ammlung 1941, die alle Alttextilien erfassen will, die sich durch sas Fehlen der Sammler feit Jahren in den deutschen Haushalten angehäuft haben. Und auch den zweiten, zur Beimischung notwendigen Rohstoff erzeugen wir in riesige» Mengen innerhalb der großdeutschen Grenzen: die Zellwolle, die neben vielen »«deren hervorragenden Eigenschaften als das „weiße deutsche Gold" sich besonders gut mit der aus Lumpen gewonnenen Reißwolle mischen läßt.
Man könnte noch erwähnen, daß allein im Jahre 1931 21 Millionen Kilogramm Lumpen die „Reißwölf e" in den Förster Tuchwerken als feinste, selbst unter dem Mikroskop von der Aeuwolle nicht zu unterscheidende Reißwolle verließen, um dann als Neutuche Wiederauferstehung zu feiern. Aber diese Zahl schon deutet an, daß Lumpenverarbeitung nicht eine kriegsbedingte Maßnahme ist. Und auch die Reichsspinnstoffsammlung ist das nur insofern, als sie den Ausfall der gewerblichen Sammler ausgleiche« will. Den Nutzen dieser Sammlung hat über die hungrigen „Reißwölfe" und die klappernden Webstühle in Forst und anderen Zentren der deutschen Textilindustrie tas deutsche Volk selbst, das durch seine Spende auch auf dem Textilgebiet den Bedarf von Front und Heimat sichern Hilst
Buntes Allerlei
Richtig frankieren!
Ein 37jähriger Angeklagter hatte Schretbmaschinendurchfchläge als Drucksache mit Dreipfennigmarken frankiert. Er war mehrfach von der Post verwarnt worden, daß das nicht zulässig sei, und l>aß solche Durchschläge als Geschästspapiere mit 8 Pfennig Porto ;u frankieren seien. Trotz der Warnung schickte der Mann die Briefe weiterhin zu gering frankiert ab. Die Post zeigte ihn schließlich wegen Betrugs an. Das Amtsgericht Frankfurt a. M. verurteilte ihn zu ISO RM. Geldstrafe.
Sie sammelte Liebesbriefe
Aufsehen erregte in Schweden der Fall eines Ichkchrige« Mähens, das Liebesbriefe sammelte, und zwar sozusagen an der Quelle, nämlich im Postamt, wo sich die Sammlerin als Helfeei« hatte anstellen lassen, nur um ihrer Sammelleidenscheft fröne« ;u können. Sie konnte schon mit einem Blick an den Umschlägen rrkennen, ob die darin verschlossenen Briefe wert waren, i^m Sammlung einverleibt zu werden. Allmählich kamen jedoch allzu' viel Beschwerden über das fortgesetzte Verschwinden von Briefen
Urlmlnsl^unct /tbsntsusrromsn von LMLtt K/tkN.
ll,did«-X«ch,Nchuo, Mmichn 8sm»n-vevj>g »«rm, e, lln»errichl. val> s»ch>, fiiiadmrl
29j
Am gleichen Morgen machte sich Adelheid Kohlmann in der Villa des Generaldirektors Linholt bereit, mit der kleinen Hilde einen Spaziergang in den Anlagen des Grunewalds zu unternehmen.
„Es ist gut, daß das Kind nun wieder seit einigen Tagen hinaus unter andere Menschen kommt!" erklärte Frau Linholt. „Hilde spielt so gern mit anderen Kindern, die sie draußen trifft. Achten Sie nur darauf, daß dem Kinde nichts zustößt!"
Adelheid Kohlmann lachte breit.
„Ich werd' schon aufpassen, gnäd'ge Frau, daß dem goldigen Kind nichts zustößt!" erwiderte sie beruhigend. „Auf meiner vorigen Stelle habe ich vier Kinder gehabt, und nichts ist passiert! Auf mich können Sie sich verlassen!"
Der Chauffeur in grauer Korduniform hatte inzwischen den großen Wagen des Generaldirektors aus der Garage gefahren. Linholt kam die Treppenstufen herab. Bevor er einstieg, um zu seinem Werk zu fahren, hob er sein Töch- terchen stolz in die Höhe.
Die kleine Hilde jauchzte hell auf und schlang ihre runden Ärmchen um den Hals ihres Papas. Linholt war glücklich: seine Augen strahlten vor Stolz.
„Papa muß jetzt fort. Geh' nun schön brav mit Fräulein Kohlmann spazieren!" sagte er.
„Mit Tante Erna gehen!" rief die Kleine in ihrer kindlichen Ausdruckswelse.
„Tante Erna hat jetzt keine Zeit!" erwiderte Frau Linholt beschwichtigend. „Fräulein Kohlmann ist auch lieb zu dir!"
Das Kindermädchen nahm die kleine Hilde bei der Hand und ging mit ihr durch die stillen Straßen des vor
nehmen Villenviertels zu den gepflegten Spazierwegen des Grunewalds, wo die Kleinsten miteinander im Sande spielen, während die zur Aufsicht mitgegebenen Frauen und Mädchen je nach Veranlagung schwatzen oder häkeln.
Adelheid Kohlmann fand eine Bank, die noch leer war, und zog ihre Handarbeit aus der Tasche. Die kleine Hilde nahm ihren Sandeimer und machte sich an einem Hügel zu schaffen. Das Kindermädchen warf ab und zu einen Blick auf das Kind, das mit Leib und Seele beim Spiel war.
Mit diesem Dienst war Adelheid Kohlmann sehr zufrieden. So gut hatte sie es in ihrer letzten Stellung bei vier Kindern, die zudem manchmal recht lebhaft waren, nicht gehabt. Hoffentlich konnte sie sich recht lange bei dieser angenehmen Herrschaft halten. Den Gedanken, selbst einmal zu heiraten und eine Familie zu haben, hatte sie seit einigen Jahren schon aufgegeben, als sie gemerkt hatte, daß der spärliche Rest ihrer sehr bescheidenen fraulichen Reize keine Freier mehr anziehen oder gar festhalten konnte.
Plötzlich stand ein Herr vor ihr, etwa 40—50 jährig, stattlich, mit leicht ergrauten Schläfen, in dunklem Anzug, eine Marguerite im Knopfloch, einen schwarzen Spazierstock mit silberner Krücke in der fleischigen Hand. Ehe Fräulein Kohlmann alle diese Feststellungen machen konnte, sprudelte er schon los:
„Ah, guten Tag, Fräulein Schmitz! Schon da? Das nenne ich pünktlich! Das ist nett von Ihnen, das gefüllt mir! Und ein Wetter haben wir heute! Herrlich! Sie gestatten doch, daß ich.Platz nehme! Also denken Sie nur, beinahe hätte ich unsere Verabredung versäumt! Ich wäre wahrhaftig erst morgen gekommen. Aber zum Glück sehe ich mir heute in aller Frühe nochmal Ihren netten Brief an. .Herrjeh, Gustav!' sage ich zu mir. ,Du bist doch ein Dussel! Da hättest du beinahe dein Glück versäumt!' Da hat's also doch noch geklappt. Fein! Was?"
Adelheid Kohlmann war verblüfft. Aber sie hätte auch sonst den Wortschwall des zungenfertigen Herrn nicht eher unterbrechen können. Endlich brachte sie mühsam hervor:
„Ich weiß nicht, Herr —"
Montag, den 18. August 1941
zerave dieser Art. Man leitete eine geheime Untersuchung ein, t» »eren Verlauf das junge Mädchen dann auf frischer Tat ertapp» ivurde. Das Gericht verurteilte sie zu sechs Monaten GefSngnk.
Ter Maharadscha und die Engländer
Der indische Maharadscha Fürst Narojani von Kolapur, der oeben im Alter von 43 Jahren starb, hatte eine Vorliebe für veiße Tiere. Da diese verhältnismäßig selten sind, wurde er oft »eim Kauf betrogen. Ein Engländer verkaufte dem Maharadscha üne schneeweiße Hündin zu sehr teurem Preise, aber als der Maharadscha einmal mit dem Hund durch den Garten ging und nn Regenguß eintrat, verlor das Tier seine angepinselte Farbe rnd zeigte sein natürliches dunkelgraues Fell. Der Maharadscha, »hne sich weiter zu erregen, sagte nur zu seiner Umgebung: „Dir kngländer wenden die Regeln ihrer Politik, wie es scheint, auch n ihren persönlichen Angelegenheiten an!" Die Erfahrungen nit den betrügerischen Versprechungen Englands hatten den Maharadscha diese Wahrheit gelehrt.
Der Bräutigam im Frauenhaus
Der Vorgang der Verheiratung bei dem Stamm der Dayak in Mittel-Borneo ist von einer kaum zu überbietenden Einfachheit und Primitivität. Unter dem Dache des Dorfhauses befindet sich ein bodenartiger Raum, in dem die Frauen schlafen. Bevor die letzte schlafen geht, zieht sie die Leiter herauf. Hat nun ein Jüngling sein Auge auf eine Maid geworfen, so steigt er nachts, wenn alles schläft, hinauf. Hat er dann mit vieler Schwierigkeit rm Dunkeln die Auserwählte gefunden, und will sie ihn erhören, so zieht sie ihn lautlos auf ihr Lager nieder. Im anderen Falle erhebt sie einen gewaltigen Lärm, so daß das ganze Haus erwacht. Ist der Jüngling dann nicht gewandt genug, um seinen Verfolgern zu entrinnen, so erhält er eine tüchtige Tracht Prügel. Hat die Auserkorene ihn aber erhört, so ist sein erster Gang am nächsten Tage, mit einem Schwein und einem Huhn beladen, zum Häuptling. Nachdem dieser die Gabe erhalten hat, erklärt er vor dem versammelten Dorfe die beiden jungen Leute für vermählt. Damit erhält der Dayakbräutigam auch das Recht, sich ein Stück an dem Hause anzubauen und dort sein Familienlager aufzuschlagen. Dafür muß er jedes Jahr ein Schwein an den Häuptling als Steuer abgeben.
Das wertvollste Element, das deutsche Radium
WPD. Lange Zeit hat das Gramm Radium auf dem Weltmarkt einen Preis von 280 000 RM. gehalten, ehe er in den letzten Jahren auf etwa unter 100 000 RM. gesunken ist. Auch bei diesem Preis aber ist Radium Immer noch das wertvollste Element der Welt. Der Laie fragt natürlich, wie solch ein kaum vorstellbar hoher Preis zustande kommt und meint vielleicht, es sei das eben sozusagen ein „Liebhaberwert", nur dadurch entstanden, daß einem verhältnismäßig hohen Bedarf eine sehr geringe Menge dieses Stoffes gegenüberstehe. Tatsächlich ist das aber ein Irrtum, denn in Wirklichkeit ist der Gestehungspreis des Radiums eben so hoch, imß es bei den jetzigen Preisen von unter 100 000 RM. eigentlich schon gar nicht mehr „lohnt", die llranpechblende ans dem Berg zu holen, die die Radiumspuren enthält.
Am besten zeigen das ein paar nackte Zahlen. Gewinnen wir in dem einzigen europäischen Fundort der Uranpechblende, dem sudetendeutschen Radiumbad St. Joachimsthal, 100 000 Tonnen Gestein (Berge) aus den drei dort betriebenen Schächten und Stollen, dann ergeben sich daraus im Durchschnitt 300 Tonnen Erz, d. h. Uranpechblende. Diese ergeben in der gleich nach der Förderung anschließenden Aufbereitung 30 Tonnen Erz mit 60 v. H. Uranoxyd, das find also 18 Tonnen reines Uranoxyd, «nd hieraus kann man dann in der eigentlichen Radiumgewinnung je Tonne 0,28 Gramm, aus 18 Tonnen reinen llranoxyd also 5,04 Gramm reines Radium gewinnen. Jeder kann sich aus diesen Zahlen selbst ausrechnen, welcher Arbeits- und Einrichtungsaufwand für die Förderung von 100 000 Tonnen Gestein und seine Weiterverarbeitung erforderlich ist, und daß aus den daraus gewonnenen S Gramm Radium dann auch noch sämtliche Unkosten des ganzen Bergwerks-, Aufbereitungs- und schließlich Reinherstellungsbetriebs gedeckt werden müssen. Dabei muh man berücksichtigen, daß nicht nur die Gewinnung, sondern auch die Aufbereitung und Reindarstellung des Radiums technisch außerordentliche Schwierigkeiten bereitet, weil die mechanische und chemische Auslösung des Edelerzes Radium aus dem Urgestein nur unter sehr erheblichem Arbeitsaufwand und nach sehr vielen Umsätzen gelingt. Hinzu kommt, daß die Bodenschätze an Uranpechblende auch in St. Joachimsthal sehr selten sind. Im ganzen wurden seit der Entdeckung im Jahre 1898 in St. Joachimsthal etwa 80 Gramm, in der ganzen Welt etwa 1 Kilogramm Radium gewonnen.
„Gustav Weinrich, Lebensmittel en grc>8! Entschuldigen Sie! Ich habe gar nicht daran gedacht, daß ich ja in der Anzeige nur die Offertennummer angegeben hatte. Und dann war ich ja so darüber erfreut, daß Sie schon hier waren, daß ich ganz vergessen habe, mich erst vorzustellen. Also Gustav Weinrich, Lebensmittel-Großhandlung!"
„Ich bin etwas verwirrt, Herr Weinrich, ich glaube —"
„Natürlich, natürlich! Etwas verwirrt! Kann ich mir denken! Wenn man so vor der wichtigsten Entscheidung im Leben steht! Aber, offengestanden, in dieser holden Verwirrung sehen Sie allerliebst aus! Haben Sie schon übrigens darüber nachgedacht, wohin die Hochzeitsreise gehen wird?"
Adelheid Kohlmann schnappte nach Luft.
„Herr-"
„Weinrich, jawohl, Weinrich! Ich trinke zwar ganz gern ab und zu ein Gläschen Wein. Aber sonst hat der Name keine üble Bedeutung. Sie können ganz beruhigt sein! Brav, wohlerzogen, immer heiter, aber mäßig! Also keine Sorge!"
„Herr Weinrich, Sie müssen sich irren! Ich bin nicht die Dame, die Sie hier treffen wollten!" Endlich war es ihr gelungen, sich Gehör zu verschaffen.
Herr Weinrich war verblüfft.
„Wie? Sie wären nicht die Dame, die ich hier treffen wollte? Aber erlauben Sie mal, Fräulein Schmitz! Machen Sie, bitte, keine unpassenden Scherze! Hier! Einen Augenblick! Hier ist Ihr Brief, den Sie auf mein Heiratsgesuch geschrieben haben. Schlanke Erscheinung, Ende der Zwanzig, stimmt das nicht alles? Treffpunkt Bank im Seitenweg hinter dem kleinen Stern! Erkennungszeichen: Handarbeit! Stimm: das nicht alles auffallend? Also, Fräulein Schmitz, Spaß beiseite! Lassen Sie uns vernünftig reden wie zwei, die wohl wissen, was sie tun!"
„Herr Weinrich, Sie sind bestimmt im Irrtum! Ich heiße nicht Schmitz! Mein Name ist Adelheid Kohlmann. Ich glaube..."
(Fortsetzung folgtz