Daß die Deutschen nicht viele guten Freunde in der Welt haben, das haben wir in diesen Kriegszeiten recht gesehen. Die Nachbarn und sogenannten guten Freunde zogen sich überall zurück, freuten sich heimlich, daß uns der Krieg erklärt war und waren vor Neid und Mißgunst außer sich, als das Kriegsglück mit den deutschen Waffen war und ein Sieg nach dem andern uns ge­geben wurde. Wo sie konnten, halfen sie heimlich dem Feind und unterstützten ihn mit Waffen, Lebensmitteln und Kleidungs­stücken und halsen ihm auf die Strümpfe. Der einzige Monarch, der einige Sympathie für die deutschen Feldherren zeigte, war der Kaiser von Rußland. Dagegen speien die ächten Russen täglich Feuer und Flammen gegen uns aus und drohen fort­während, daß sie mit uns abrechnen wollen, obschon wir uns keiner Schuld bewußt sind. Das Beste bei der Sache ist, daß wir uns nicht fürchten.

Berlin, 2. Dez. In der gestrigen Sitzung des Bundcs- raths hat der Vertrag mit Bayern wegen Beitritts zum deutschen Bunde nur etwa zwei Drittel der Stimmen erhalten.

Berlin, 5. Dez. DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt:Heute aus Versailles cingetroffene militärische Nach­richten drücken Bewunderung aus über den Heldenmuth, welche» die Württembcrger gemeinschaftlich mit ihren Waffenbrüdern aus Pommern und dem Königreich Sachsen bei den französischen Ausfällen am 30. November und 2. Dezember bewiesen haben, indem sie sich 80,000 Franzosen entgegenwarfen und sic aufs Haupt schlugen.

Berlin, 5. Dez. Reichstagsdebatte über die Ver­träge mit den südd. Staaten. Delbrück erklärt, die Vorlagen streben die Vereinigung aller Glieder Deutschlands an, welche gegen Erwarten schnell durch ein großes weltgeschichtliches Ereig- niß erfolgte. Die Initiative zur Einigung kam von Bayern. Redner ging zur Anhörung der bayerischen Vorschläge nach Mün­chen, instruirl, sich jeder Aeußerung zu enthalten, welche als Druck Seitens des Präsidiums deutbar wäre. Inzwischen regte Würt­temberg Unterhandlungen an, Baden beantragte den Eintritt in den Bund, Hessen meldete den Anschluß an. So entstanden die Versailler Konferenzen. Die Verträge selbst anlangend, so ist nur das Nothwendigste zur Fortentwickelung der staatlichen Ei­nigung Deutschlands ausgenommen, Weiteres der künftigen Ent­wickelung und Vereinbarung mit dem künftigen Parlament über­lassend. Die Verfassungsänderung charakterisier sich in Verstär­kung des föderativen Bundescharakters. Redner wendet sich zum Heerwesen und weist die gemeinsamen großen Grundlagen nach; Abweichungen für Einzelstaaten seien zumeist transitorischer Natur. Die Zusammensetzung des Bundcsrathes und des diplomatischen Ausschusses seien lcdigliglich durch die Verstärkung des föderati­ven Elements erforderlich. Ebenso die Bestimmungen über die Kriegserklärung. Man muß dem Ausland klar machen, der Bund sei wesentlich defensiv^ Charakters, die Verträge seien erwachsen aus dem Bdd- 7 > der Thatsachen. Ich bitte Sie, diesen Standpunkt zu chnien, und erinnere Sie, daß es mehr als einmal Deutsch­land nicht zum Segen gereichte, das Erreichbare Besserem ge­opfert zu haben. (L>. M.)

Berlin, 0. Dez. Im Reichstag theilte bei der Debatte über die Vcrfassungsverträge Delbrück mit, der König von Bayern habe ein Schreiben an den König von Preußen gerichtet, worin er letzterem die Kaiserwürde anträgt. Die in Versailles weilenden Fürsten stimmen zu. Die Zustimmung der übrigen Fürsten und der freien Städte sei zu erwarten.

Berlin, 5. Dez. Bei Annahme des Kaisertitels auf Wunsch der deutschen Fürsten wird nach der lleberzeugung Unterrichteter Wilhelm l. zugleich König von Preußen mit letzterer Bezeichnung dieiden. Der Kaisertitel bedeutet die Uebernahme hoher Würde in Deutschland. Die Regierung soll jede sachliche Abänderung der süddeutschen Verträge als Verwerfung derselben zurückweisen. Frankreichs Zulassung zur Orientkonferen; setzt voraus, daß die Provisor. Negierung keineswegs ihre eigene förmliche Aner- kennuna verlange. (^. M)

Berlin, P. Dezbr. Sämmtliche amerikanischen Gesandten ! wurden neuerdings angewiesen, keinem Kollektivschritt europäischer ! Politik beizmrcten. Amerika wird nirgends interveniren. i

Ein gesunder Kern muß in den Oldenburgern stecken. Die > norddeutsche Verlustliste Nr. ! >4 erwähnt eines Dragoners vom owenburgischen Dragoner-Regiment Nr. 19, der von vier Stichen im Rücken, drei Stichen in der Seite, zwei imJinken Arm, einem in dem rechten Arm, einem am Kopfe, in summa durch cils Stiche bei Vionville verwundet worden war, er ist dennoch aebeiil zum Regiment znrückgekchrt. Fast alle andern Verwnn- de:en dieses Regiments haben mehrere Schuß- und Hiebwunden: merkwürdig ist, daß bei der größern Zahl derselben die Heilung einen io guten Verlaus genommen hat, daß viele Schwerverwim- dcte wieder znm Regiment als geheilt zunickgekehrt sind.

In Leipzig sind einige französischc Offiziere, die mit lie­derlichen Dirnen in anständigen Gasthäusern erschienen, auf den Königstcin adgcsnhrt worden.

Wien, 1. De;. Das russische Kabinet scheint vor Allem mit der Piortc eine Verständigung erzielen zu wollen, um der

Konferenz, welche die Frage des Schwarze» Meers behandeln soll, positive Vorschläge machen zu können. General Zgnatieff hat der Regierung des Sultans, wie uns aus Koustantinopel telegraphirt wird, als Kompensation für die gekündigte Addikioiral- konveiition zum Pariser Vertrag die Garantie des otiomanischen Gebietes von Seite Rußlands vorgeschlagen. Eine solche Bürg­schaft wäre wegen der moralischen Wirkung ans die Rajahbc- völkerung der Balkan-Halbinsel nicht zu unterschätzen.

Ein Dekret der Regierung von Tours vom 1. Dez. eröffnet einen Kredit von 30 Mill. Fr. für die Liquidirung der »och schwebenden Waffenlieferungsverträge und einen Ergänzungskredit von 10 Mill. für weitere Waffenankäufe. Desgleichen werden 1,200,000 Fr. für den Ankauf von Saatgetreide und Provisionen in Algerien angewiesen. Das Wetter ist kalt und hell. Am Morgen des 1. Dez. harter Frost.

Paladine sagt in einem Tagesbefehl:Paris hat die preußischen Linien gebrochen. Dncrot marschin an der Spitze seiner Armee auf uns zu. Gehen wir ihm mit dem Schwünge entgegen, von dem uns die Armee von Paris ein Beispiel gibt."

Die Regierung will jetzt auch alle Spezereiwaren u. dgl. requirireii und sie rationemveise käuflich abgebiii. Eßwaren jeder Art werden, wie bereits gemeldet, ebenfalls requirirt, so daß nur noch die Katzen, Ratten und Hunde frei verkauft werden können. Die Ratten werden jetzt mit 30 Cent, das Stück und eine halbe Katze mit 3 bis 4 Fr, je nach der Größe, bezahlt. Natürlich liegt in Paris die ganze Industrie brach. Nur das Allernoihwendigste wird gearbeitet, so daß fast Niemand das Geringste verdient und sehr Viele aus den mittleren Klassen kaum das nothwendigste Geld anftreiben können, um die kargen Rationen zu bezahlen, welche man ihnen täglich zumißt- Die ärmeren Klassen, welche theilweise von der öffentlichen Mildthä- tigkeit unterstützt werden, ernähren sich natürlich mir auf das Nothdürfligste, und auch die Privatunterstützuugen haben fast ganz ansgehört. Diejenigen, welche früher in guten Umständen lebten, befinden sich kaum in einer besseren Lage. Den Einen ist das Geld gänzlich ansgegangen, und die Anderen müssen sich mit ihren Rationen Fleisch, mit Brod und Wein begnügen, da die übrigen Nahrungsmittel so theucr sind, daß, wenn sie besser leben wollen, ihr baares Geld ebenfalls bald ausgegeben sein würde.

Nach einer vom Moniteur de Paris veröffentlichten Statistik sind von 79 beim Ausbruch des Kriegs angeftellten Generalen nur noch 13 im Dienst. Der Rest ist gefangen, todt oder ver­wundet.

In Havre wurde am 4. Dezbr. an der Börse folgender Ausruf angeschlagen:Bürger! Die Republik hat beschlossen: Es muß gesiegt werden! Die Befreüiiigsstunde hat geschla­gen! Der Feind verläßt die ringsum gewonnene» Stellungen. Von uns hängt es ab, seinen Rückzug in Flucht und Untergang z» verwandeln. Havres Flagge muß, eine der ersten, auf den Mauern des befreiten Paris wehen! Erhebt Euch! Schwören wir, nicht zurückzukehren, so lange Frankreich nicht wieder an der Spitze der befreiten Nationen marschirt! Oberkommandant Ballier. Unrerpräfekt Chamel, Bürgermeister Guillemard. Ob wohl die Herren der Börse sich sehr beeilt haben werden?

In Weißen bürg ist ein Postbeamter verhaftet worden. Er ist beschuldigt, das Privatvermögen des Marschalls Mac Mahon, bestehend in 2 Mill. Werthpapieren, unterschlagen zu haben. Dieselben wurden nach dem Falle Strnßburgs pnsts restante- abgefeudet. Mau fand die Papiere in der Privatwoh- ming des Beamten.

Florenz. 20. Nov. Da der Pabst volle Freiheit genießt, in Rom alle feine Beschlüsse zu veröffentlichen, mußte die im Auslande publicirte, nach Italien importirle Encyclica vom >. November, die den König excommunicirt, von der Regierung als apokryph behandelt werden, obwohl sie echt ist. So motivirt die Regierung die Konfiskationen der Journale, welche diese Ency­clica reproducirlen.

London, 0. Dez. Antwort des Grafen Granville vom 28. Nov. ans die Gorlschakoff'schc Depesche vom 20. Nov. Die brit. Regierung beharrt bei ihrer früher gemachten Erklärung bezüglich'der von Rußland erhobenen wichtigen Völkerrechtsfrage. Die russ. Regierung kann sich nicht durch sehlgeschlagene Versuche zur Abhaltung einer Konferenz rechlseriigen, aber die Höflichkeit der Gonschakoffschen Note bestärkt die brit. Regierung in ihrer Erwartung ans Entfernung des Hindernisses gegen beiderseitige Frerindschafrsbeziehnirgcn. Die brit. Regierung hat nichts gegen die Annahme der preuß. Konferenzvorschläge einzuwcnden, voraus­gesetzt, daß keine Antizipirung des Ergebnisses der Konferenz statisuidei. Die brit. Negierung wird die russ. Vorschläge, als von einer sreundschasllichcn Großmacht herrnhrend, erörtern.

Zwischen England und Amerika schwebt neben der Alabama- sraqe, die noch immer unerledigt ist, ein neuer Zankapfel: Der englische SteamerBlonvcr" Hai bei Char lottcstown den amerr- kanischen SchoonerFriend" ans Gloncestcr »r Massachusetts wegen angeblicher Verletzung der Fischereigesctze gefangen, -Z-1

Redaktion, Druck und PerRcr der G. W- K a i t e r "cken Buckbandlrrng.