Nährmütter; aber ich kenne viele sehr schlechte. Es gibt deren, welche das Handwerk seit 10, 12, Id Jahren treiben und niemals ein Kind seinen Eltern zurückgegeben haben." Bemerken wir schließlich noch, daß auf 900,000 Geburten in ganz Frankreich 80,000 uneheliche, in Paris aber auf 54,000 jährliche Geburten ! 16,000 uneheliche kommen. (S. M.) j

Paris, 15. Juli. Das linke Ceutrum hielt gestern Abend ! eine Versammlung im Grand Hotel ab. Anwesend waren im Ganzen 28 Deputirte. Man beschäftigte sich zuerst mit der St. Gotthardfrage. Daru, Estaucelitt, de Barante und Latour-Du- moulin ergriffen das Wort, worauf die Versammlung folgenden Beschluß faßte:Die Versammlung will energisch, daß die Ver­träge respektirt werden, aber sie will nicht, daß man dem Bau der St. Gotthardbahn Opposition mache. Dagegen ist sie der Ansicht, daß man die Simplonbahn begünstige, und daß das Ka- binet derselben gegenüber die nämliche Haltung einnehme, wie das Preußische Kabinet der St. Gotthardbahu gegenüber. (St.-A.)

Brüssel, 15. Juni. Die Wahlen sind sehr günstig für die katholische Opposition ausgefallen. Diese wird die Mehrheit in der Kammer erlangen. Der Rücktritt des liberalen Ministeri­ums ist wahrscheinlich. Das unerwartete Ergebniß macht großes Aufsehen/ (S. M.)

Bei Erze rum ist der französische Konsul Gilbert von Räu­bern überfallen worden. Er wurde total geplündert und konnte kaum das Leben retten. Der französische Gesandte hat dieses Vorfalls wegen einen energischen Protest an die Pforte gerichtet.

Frankreich denkt nicht an Krieg, sondern an die Erndte. Die Besorgnisse sind groß, da die Hitze und Trockenheit unver­ändert anhält. An einem Börsentage stieg der Mehlpreis um 4 Franks und Hafer noch mehr. Nach Ungarn und der Krim sind Bestellungen ans ungeheure Massen von Getreide ergangen. Die Angst vor der Erndte und ein neues Unwohlsein Napoleons drückte die Herren und Papiere au der Börse ziemlich stark. Auch in England sind die Getreide-, namentlich Wcizcnpreise gestiegen.

Das ungarische katholische KirchenblattMag. Allam" schreibt:Unser heiliger Vater, Pius IX., hat auf eine untcr- thänigste Eingabe des Episcopats durch ein apostolisches Breve vom 6 Mai l. I. aus hinreichende» Motiven zu gestatten ge­ruht, daß das samstägige Fasten das ganze Jahr hindurch auf­höre und am Freitag mit jeder Art Fett gekocht werden darf."

Konstantinopel, 10. Juni. Die Zahl der zerstörten Gebäude, welche den Namen Haus verdienen, beläuft sich auf ca. 4000. Der Todten zählt man bis jetzt 1000, und fortwährend werden neue gesunden. 30,000 Personen haben ihr Obdach verloren und kampiren im Freien, unter Zelten, in Kasernen u. s. w. Zum Glücke ist das Wetter milde und warm, und die Regierung fährt in ihren Unterstützungen fort. Der Sultan hat am Montag bereits eine Summe von 10,000 Ltgs. zur Ver­fügung gestellt.

Eine Nacht aus einer algerischen Niederlassung.

(Fortsetzung.)

Sie müssen die Befangenheit meines Empfanges mit der überstandenen Angst entschuldigen. Wer nicht viel Muth hat, dem wird das Her; einem Manne gegenüber, der Löwen erlegt hat, im Busen erbeben.

Die Aufrichtigkeit dieser Entschuldigung, die eine so hohe Bewunderung für ihn in sich schloß, entzückte den Spahi. Sein Blick ruhte nun schärfer auf Rita's Antlitz, die nicht emporzublickcn wagte. Die Ahnung der keuschen und tiefen Empfindungen, die unter diesem zarten Busen gleich einem Schatze verborgen lagen, stieg in ihm empor.

Er verstummte.

Und als sie, über sein schweigen befremdet, emporschaute, begegneten sich ihre Blicke.

Ans dem Auge des Spahi blitzte bereits das Feuer einer auslodernden Leidenschaft; desto schüchterner wich Rita's Blick zurück.

Niemand versteht sich besser auf die stumme Sprache der Augen, als die Frauen. So las auch Rita in denen des Spahi ein Gefühl, vor dessen Enthüllung ihre mädchenhafte Seele An­fangs zurückschreckte. Ihr bangte vor der Entzifferung der Zei­chen, die das WortLiebe" bedeuten, und darum wagte sie es nicht, Obiguy in's Antlitz zu schauen.

Wohl aber bemerkte sie, daß die Hand des jungen Mannes blutete.

Sie sind verwundet! rief sie aus.

O, ganz unbedeutend! entgegnete Obigny. Der Löwe war noch nicht ganz todt, als ich mich ihm näherte; eine seiner Krallen hat mich geritzt. Beunruhigen Sie sich deßhalb nicht, ich bitte sehr.

Aber Rita hörte nicht mehr, was er sprach.

Sie war aus ihr Zimmer geeilt, nahm dort ein Tnch von feinstem Linnen aus dem Schranke und ergriff ein Gefäß mit Wasser. Ihr Weg führte sie an dem Spiegel vorüber, der das Licht in ihrer Hand zurückstrahlte. Es währte nur drei Secun-

den aber drei Sekunden weilte sie vor dem Spiegel.

Dieser zeigte ihr ihr reizendes Antlitz. Sie hob eine ihrer schönen Locken, lächelte und kehrte dann zu Obigny zurück.

Sie erlauben mir, Sie zu verbinden? fragte die junge Dame, als sie in den großen Saal zurückgekehrt war.

Ohne die Antwort abzuwarten, hieß sie Obigny sich setzen, kniete sich mit wahrhaft bezaubernder kindlicher Anmuth vor ihn hin, zerriß das battistene Sacktuch, wusch die Wunde aus und legte vorsichtig den Verband an.

Tausendmal zu viel Güte, Seunorila! rief Obiany, von so viel Theilnahme gerührt.

Zu viel Güte? O, gewiß nicht!

Und wieder blickten sie sich in's Auge, und diesmal länger als vorher.

Der Spahi ergriff die kleinen Hände des Fräuleins, drückte sie an seine Lippen und küßte sie.

Sie erröthete, wand sich los und entfloh.

In diesem Augenblicke wurde es vor dem Saale draußen plötzlich laut. Der alte Morales und seine Diener brachten den von Obigny gctödteteu Löwen: eine große Menge Araber, den in der Nähe ansässigen Tribns angehörig, hatte sich ihnen ange- schlossen. Das alles bewegte sich vor, neben und hinter dem erlegten Raubthiere einher, welches zwei an einander gekoppelte Maulthicre auf ihren Rücken trugen.

Der Eintritt auf den Wirthschaftshof erfolgte unter Fackel­beleuchtung und glich einem Triumphzuge; die Erlegung eines Löwen ist für die Eingeborenen ein wahres Jubelfest. Und als Obigny sich zu Don Morales hinansbegab, empfing ihn dieser wie einen Gleichgestellten.

Der Spahi setzte nun seinem Hauswirthe aus einander, daß in einem benachbarten Duar ein Araber ei» Pferd für ihn bereit halte und beauftragt sei, dasselbe, sobald er einen Flinten­schuß hören werde, herzubringen, da er nicht gewußt habe, ob man den Schuß auch auf dem Wirthschaftshofe hören werde, dessen Bewohner doch jedenfalls von dem günstigen Erfolge der Jagd unterrichtet werde» mußten.

Der Hof wimmelte von Arabern, die den Löwentödter mit allen Zeichen der tiefsten Ehrerbietung umdrängten. Sie küßten seinen Burnus, berührten seine Hand und baten ihn sogar, seine Finger auf den Lauf ihrer Flinten zu legen.

Rita war heimlich Zeugin dieses wunderbaren Schauspiels.

Sie sah, wie den Löwentödter seine Tapferkeit zu einer Art König machte und ihm einen nahezu zauberhaften Einfluß auf seine Umgebung gewährte. Das Herz der Spanierin konnte davon nicht ungerührt bleiben.

Die ganze Nacht wurde auf dem Wirthschaftshofe in freudiger Erregung hingebracht. Als die Erfrischungen aufgetragen wurden, erhielt Obigny seinen Platz neben Rita und mehr als einmal begegneten sich ihre sympathischen Blicke.

Seit dieser Stunde war der Spahi ein hochwillkommener Gast auf dem Wirthschaftshofe und sah Rita von Zeit zu Zeit wieder. Die Liebenden tauschten ihre Geständnisse aus und suchten sich gleich Anderen, die mit den Anliegen ihres Herzens vollauf beschäftigt sind, wenn es sich thuu ließ, allein zu sprechen. Solcher Zusammenkünfte hatten sie schon vor dem Kriegszuge in das Schneegebirge mehrere gehabt. Zuletzt hatten sie sich einen vollen Monat nicht mehr gesehen.

Wenn Obigny vor dieser letzten Trennung eine geheime Zusammenkunft mit Rita hatte, hielt er sich sammt seinem Pferde hinter einer Mauer an der Rückseite des Wirthschaftshofes auf einer Wiese. Das Fräulein öffnete sei» Fenster und die Lieben­den sprachen nach Herzenslust unter dem Schutze der Nacht mit einander. So war es auch heute gekommen.

Gegen acht Uhr bog sich Rita über ihr Fenster vor und der Spahi säumte nicht, zu erscheinen.

Rita, meine theure, liebliche Rita, liebst Du mich noch? fragte Obigny.

O zweifle nicht! entgegnete die junge Dame. An jenem Morgen, an dem sich die Nachricht verbreitete, daß Du gefallen seiest, meinte ich zu sterben; jetzt aber, Karl, beschwöre ich Dich, bleibe nicht länger!

Woher diese Strenge? entgegnete Obigny. Als ich mit der Expedition fortzog, ließest Du mich hoffen, daß ich nach meiner Rückkehr bei Deinem Oheim um Deine Hand anhalten dürfe. Schon wiederholt wurde ich in dieser Hoffnung getäuscht; immer hast Du Dich hartnäckig geweigert, mir das unbegreifliche Ge­heimnis; aufzuklären, das über unserer Zukunft schwebt und unserer Verbindung im Wege steht. Heute muß ich darauf bestehen, die Gründe Deines Widerstandes zu erfahren.

Die junge Dame war sichtbar peinlich ergriffen. Sie ver­stummte längere Zeit und sagte dann nur:

Unmöglich!

Obiguy trat einige Schritte zurück; eine Aufregung sonder­gleichen bemächtigte sich seiner.

^ ^ <F°rtsehug folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.