Motto.

18. Juni: Schwer ist's zu sterben: schwer ost zu leben.

Doch weicht der Tapfre keinem Ungemach.

19. Tie Sprache der Religion ist die der Liebe, ihre Gewalt die

der Ueberzeugung.

20. Der Mensch ist der lebendig fühlende,

Der leichte Raub des mächtigen Augenblicks.

Herr Redakteur!

In Nro. 68 Ihres Blattes bringeu Sie einen Artikel, in welchem der Dürrenhardtcr Schäfer beschuldigt wird, seinen Hund und Schafe mißhandelt zu haben. Ihr Gewährsmann hätte gut gethnn, genaue Erkundigungen einzuziehen, oder besser, zu schwei­gen, als durch Veröffentlichung seines Artikels Leute zu compro- mittiren, die an dem Vorgcsallenen durchaus nicht schuldig sind.

Der schuldige Schäfer ist Philipp Schäfer von Oberschwan- dors, der blos zur Aushilfe über Wasch und Schur hier dienen sollte. Daß dieser seinen Hund mißhandelte, wurde von mir so sehr mißbilligt, als von andern; wenn aber die Nagolder Feld- und Flurschützen in ihrer Pflichterfüllung eben so eifrig wären, als im Trinkgelder nehmen, wäre dieser Fall gar nicht vorge­kommen. Diese meine Erwiderung soll dazu dienen, denDür­renhardter Schäfer" der Beschuldigung Ihres Gewährsmanns zu enJwhin und letzterem selbst den Rath zu ertheilen, in Zukunft bei Bearbeitung solcher Dramas Stoff und besonders handelnde Personen besser zu stndiren, als es dießmal der Fall war, denn wer den betreffenden Schuldigen nur halbwegs kennt, weiß, daß derselbe sehr beschränkten Verstandes ist.

Gutsverwalter Schüttle.

T a g r s - N e » i g l e i t e n.

Wildberg, 15. Juni. Unserer Stadt ist die hohe Ehre widerfahren, Ihre Majestät die Königin in unserer Mitte zu sehen. Sie kam, um das Hans der Barmherzigkeit, das sie von Anfang an unter ihren Schutz genommen hat, zu besuchen, be­zeugte aber auch für die verschiedenen Verhältnisse der Stadt ein theilnehmendes Interesse. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß I. Maj. nicht blos vom Zustande des Hauses der Barmherzig­keit, sondern auch der Stadt befriedigt uns verlassen Hst. (S.M.)

Stuttgart, 15. Juni. Heute Vormittag empfing Seine Majestät eine Deputation, bestehend aus dem Vorstand der Han­dels- und Gewerbckammer, Commerzicnrath Sick dahier, dem Oberamtspflcger Hartranft von Böblingen, dem Stadtschultheißen Fink von dort, Sautter von Herrenberg, Frank von Sindelsingen und dem Buchhändler Witzgall von Tübingen, um von derselben eine Denkschrift des Böblinger Eisenbahn-Komite's über eine direkte Bahn von Stuttgart über Böblingen einerseits nach Tübingen, andererseits nach Herrenberg und Freiidenstadt entgegenjunehmen. Seine Majesläl erwiderte auf eine Ansprache des Oberamtspflegers Hartranft, daß Höchst Sie Sich lebhaft für die Entwicklung der Verkehrsmittel, soweit dieß die Rücksicht auf die Steuerkraft des Landes znlasse, interessiren, und daß Seine Majestät den Minister der Verkehrsanstalten zur eingehenden Erwägung und Aeußerung über den Inhalt der Denkschrift werden auffordern lassen. So­dann unterhielt sich der König mit jedem Einzelnen der Mitglieder der Deputation. (St.-A.)

Stuttgart, 11. Juni. Die Mehrheit des ständischen Aus­schusses hat der Regierung erklärt, daß die von letzterer zugesagte Abminderung des Kriegsbudgets um 500,000 fl. nicht genüge. Vergebens suchte der Kriegsminister v. Succow geltend zu machen, daß weitere Abstriche die vollständige Desorganisation der Armee zur Folge hätten. Der Ausschuß blieb unerschütterlich.

Stuttgart, 16. Juni. Heute sind sehr schöne reise italieni­sche Kartoffeln auf dem Wochenmarkt verkauft worden; das Pfund kostet 20 kr., thut netto 77 fl. für den Sack. (B.-Z.)

Kirchheim u. T., 15. Juni. Zu dem am 2l. Juni be­ginnenden Wollmarkt sind bereits 8000 Ctr. Wolle beigeführt und ist alle Aussicht vorhanden, daß auch Heuer wieder ein sehr großes Quantum zu Markt gebracht wird. Die Wasch ist zu einem großen Theil sehr schön ausgefallen.

Ulm, 16. Juni. (Wollmarkt.) Heute, Vormittags 9 Uhr, war noch kein Kauf abgeschlossen, doch sind die Käufer sehr zahlreich am Platz; ein lebhaftes Geschäft ist sicher.

Vom Härtsfeld. Heute 14. Juni brannten inElchin - gen innerhalb 1'/, Stunden ca. 40 Häuser ab. Die Ursache ist, wie allgemein behauptet wird, in dem Spielen eines achtjäh­rigen Knaben mit Zündhölzchen zu suchen. Die umliegenden Ortschaften leisteten alsbald, soviel ihnen möglich war, Hilfe, konnten aber nicht verhindern, daß der Brand von Haus zu Hans um sich griff. Weiter können wir mittheilen, daß die 36 Haupt- und 8 Nebengebäude so ziemlich den 3. Theil des Orts ausmachen. Ein Verlust an Menschenleben ist glücklicherweise nicht zu beklagen; die meisten Beschädigten sind mit ihren Mo­bilien versichert, und das Vieh ist bis auf ganz wenige Stücke gerettet worden. Menschen und Vieh fanden ihr Unterkommen theils im Ort selbst, theils in der Nachbarschaft. Trotz allen Anstrengungen, die gemacht wurden, konnte dem Brand nicht früher Einhalt gethan werden, da der Ostwind das Umsichgrei-

- fen des Feuers bei den meist mit Stroh bedeckten Gebäuden, deren Dächer überdies bei der großen Dürre für das Feuer sehr empfänglich waren, beförderte. Die abgebrannten Häuser standen fast alle an einer langen Gasse. Das Schul- und Nathhaus befindet sich unter den abgebrannten Häusern; die öffentlichen Bücher konnten aber gerettet werden. Der Schaden an Gebäuden beträgt ca. 54,000 fl., der an Mobiliar kann noch nicht ange­geben werden. Das Feuer ist zweifelsohne durch mehrere Kna­ben entstanden, welche im Alter von 7 10 Jahren zum Zweck des Rauchens oder vielmehr des Anzündens von Hölzern, die sie als Cigarren benützten, in dem offenen Aborte eines mit Stroh bedeckten Hauses ein Feuer anmachten. (St.-A.)

Berlin, 13. Juni. Hier eingetroffene, als zuverlässig gel­tende Nachrichten aus Rom stellen übereinstimmend den Peter« niid Panltag (29. Juni) als den Tag hin, an welchem die Ver­kündigung der Unfehlbarkeitslehre erfolgen werde. Unmittelbar daurauf werde das Konzil vertagt, wenn nicht, was noch wahr­scheinlicher sei, geschlossen werden. Die Stimmung in der Op­position soll eine sehr niedergeschlagene sein, da ja, wenn die neue Lehre einmal verkündigt worden, ein Widerspruch dagegen nicht mehr ohne Schisma (Kirchenspaltung) möglich ist, und zu einem solchen bei keinem Theil der Bischöfe vorhanden ist.

Köln, >4. Juni. Wie aus zuverlässiger Quelle mitgetheilt wird, haben auch die katholischen Reichs-, bez. Landtagsabge­ordneten, die HH. Reichensperger, Mallinkrodt, Windthorst u. a., sich gegen die Unfehlbarkeit des Papstes erklärt, und zwar in einem direkt an ihn selbst gerichteten Schreiben, in welchem sie zugleich auf all das Unheil Hinweisen, welches, zumal der katho­lischen Kirche Deutschlands, aus einer derartigen Dogmatisation unfehlbar erwachsen würde.

Potsdam, 14. Juni. Die Kronprinzessin von Preußen ist heute Abends von einer Prinzessin entbunden worden.

Frankfurt a/M. Dem Beschlüsse des Ausschusses zufolge wird der 5. deutsche Jonrnalrstentag vom 3.-4. Juli d. I. hier abgehalten werden. Die Tagesordnung hat der Ausschuß vor­läufig dahin festgesetzt: 1) Die Frage des Autorenschutzes: 2) Altersversorgung für Journalisten; 3) Kautionen, Inseraten- und ^Stempelsteuer; 4) Prcßgesetzgebung und Preßmaßregelungen; 5) Aenderungen in den Satzungen des Journalistentages.

In Emleben bei Gotha sind in der Nacht des 11. Juni 65 Wohnhäuser nnd die Kirche sammt Thurm abgebrannt. Rin­der, Schweine und Schafe sind in Menge umgekommen, in einem Stalle allein 7 Kühe. Man vermuthet Brandlegung.

Die Frauen sind immer gescheidter und praktischer als die Männer. Keine nimmt auf der Straße den Hut ab und wenn sie der Königin oder dem Herrn der Welt begegnet; sie macht ihren graziösen Knix mit den 100,OM Nüancen und läßt das Auge verbindlich spielen. Die Männer erkälten sich den heißen Kopf und arbeiten dem Hutmacher in die Hände. Das soll anders werden. In Lippspringe grüßt kein Badearzt einen Kurgast mit Abnahme des Hutes; sie haben cs den Kurgästen durch Circular bekannt gemacht und gebeten, es ebenso zu halten. Vorsichtig erinnern sie an Göthe:Grüßet mit Neigen grüßet mit Beu­gen des bedeckten männlichen Hauptes."

Die infallibilistische Mehrheit des Konzils bestärkt sich zusehends in ihren Planen: man hört jetzt in ihren Reihen das Argument: daß, wenn die päbstliche Unfehlbarkeit ein Jrrthum wäre, der Teufel den Krieg, welcher gegen dieselbe geführt werde, nicht erregt haben würde. Immer kann man aber noch annehmen, daß 120 Bischöfe, falls nicht eine faule Transaktionsformel er­funden wird, mit Ikon plaeet stimmen werden. Ob trotzdem das Dogma verkündigt werden wird, steht noch nicht so fest, als man Mon geschrieben hat. (St.-A.)

Die Leute werden kleiner, wenn sie alt werden. Schweden hat einst unter seinen Königen Gustav Adolf, Carl XII. u. s. w. eine große Rolle in der Politik gespielt, und Dänemark ebenso. Jetzt werden sie immer kleiner und unbedeutender, und man kann nicht wissen, ob sich einmal Schweden an Dänemark oder Däne­mark an Schweden erholt; vorläufig speknlirt jedes darauf. Schwe­den nimmt ab durch Auswanderung nach Amerika; im Jahre 1868 hat es um 23,000 Köpfe abgenommen, im Jahre 1869 um 14,000 K. Im Jahre 1860 sind fast 40,000 Schweden nach Amerika gezogen, eine besondere Liebhaberei haben sie für die Mormonen.

Mutter Erde ist unerschöpflich in ihrer Güte, die Aerzte sollten nur mehr an ihrem Busen liegen. Gesiebte trockene Erde ist nicht nur gut, um die Aborte zu entstänkern, sondern auch, um bösartige Wunden zu heilen. Ein amerikanischer Arzt l)r. Hamson, kein Charlatan, hat große Erfolge mit dieser Erde erlebt; bei einem sehr gefährlichen Bruche wurde die Wunde mit trockener Erde bedeckt und durch sie der Geruch beseitigt und rasche Besserung der Wunde herbeigeführt. Derselbe Arzt gebrauchte dasselbe Mittel bei ansteckenden Krankheiten, die mit Geschwüren, Eiterung und Blntzersetzung verbunden sind. Auch bei Schuß- und Brand­wunden und sogar bei KreLsübeln erwies sich gesiebte trockene Erde sehr wirksam. Jetzt will vr. Hawson den Pocken mit ihr zu Leibe steigen.