sAum Konzils Ueber die Sitzung der Generalkongre- gaiion am 2. Juni wird der Wiener Presse ans Rom geschrieben : Der Redner waren süns. Der rumänische Erzbischof Vancsa von Fogaras führte aus, daß es, wolle man die orientalischen Riten der Kirche nicht entfremden, gerathen sei, in Betreff der Autorität des Papstes nicht üben- das Konzil von Trient hiuauszugehcn. Bischof Dreux-Breze von Monlins sprach für die Unfehlbarkeit, aber seine Argumenta waren der Mehrzahl nach höchst naiver Natur. So deduzirte er z. B.: Christus war Lehrer, Richter und König und in jeder dieser Beziehungen unfehlbar; folglich muß auch der Papst, der Statthalter Christi, als höchster Lehrer, Richter und König unfehlbar sei! Diese Art von Logik zu- ' gegeben, ließe sich auch beweisen, daß der Papst einfach dasjenige sei, was Christus gewesen : Gottmensch, Heiland, der allgemeine Snhner der Menschheit u. s. w. und wir hätten dann zu dreien eine vierte göttliche Person anzuerkennen! Der Hauptredner des Tages war Bischof Stroßmayer. Er sprach so würde- und maß­voll, daß auch die reizbarsten Gegner nicht nur keinen Anlaß zu mißbilligendem Gemurre fanden, sondern von der Kraft seiner Argumente gefesselt werden mußten. An der Hand einer über­reichen Fülle von Schrift- und Vaterstellen ging er die christlichen Jahrhunderte durch, um nachzuweisen, daß sich für die Unfehlbahr- keit keine fortlaufende, allgemeine Tradition und Ueberzeugung anssinden lasse. Namentlich ließ er sich's angelegen sein, den blendendsten Redner der Mehrheit, den Patriarchen von Jerusalem, sowie den Primas von Irland, Kardinal Cnllcn, zu widerlegen. Leine Rede war so frei, gewandt und schwungvoll, daß er selbst, was die rhetorische Schönheit derselben anbelangr, mit Elfterem wetteifern konnte. Die ganze Versammlung folgte dem Vortrage mit gespannter Aufmerksamkeit. Stroßmayer schloß mit dem Wunsche, der Papst möchte in vorliegender Frage dem Beispiele des Heilandes nachahmen, der sich selbst soweit erniedrigte, daß er um unsertwillen Knechtsgestalt annahm, Stroßmayer's Rede war andern Tags Gegenstand ernstester Erwägungen.

Eine Nacht aus einer algerischen Niederlassung.

(Fortsetzung.)

Man möchte sagen, daß ein Vorgefühl hohen Glücks sie erfreut! Freunde, ich denke, wir trinken noch eine Flasche, nicht wahr? sagte der Pariser. Das ist köstlicher Wein!

Halt! rief Robert, der lange Zeit Znave gewesen und sich auf das Exercitium verstand, man schreitet zur Vcrthcilnng der Kreuze. Die Truppe wird sich dann in eine Tirailleurkette auflösen; seht zu, das ist herrlich! Die Reihen der Compagnien bewegen sich dann in- und durcheinander wie die Tänzerreihen einer Quadrille. Dort steht der Secretär des Bnreau's der Araber, der die Decorirtcn mit Namen aufruft. Es sind deren sechs.

O, welch beneidcnswerthes Loo«s! rief der Pariser. Ist das herrlich, zum Ritter der Ehrenlegion ernannt zu werden! Wäre ich doch nur schon siebzehn Jahre alt!

Nun denn, fragte Robert hastig, was thätest Du dann?

Soldat würde ich und verdiente mir das Kreuz der Ehren­legion!

Oder ein hölzernes Kreuz unter einer Palme mit einer Aufschrift, falls Deinen Kameraden noch die Zeit bliebe, mit dieser zu Stande zu kommen! entgegnete Robert.

Stille, der Oberst läßt eine Kundmachung des General- Statthalters vorlesen!

Und in der That, das Commandowort erscholl die ganze Linie entlang, die Soldaten machten Gewehr in Arm und die Formiere traten vor die Compagnien mit einem Schreiben des Marschalls Bugcaud, einem Tagesbefehl des Armee-Commando's an die Garnison von Nemours.

Dann ritt der Oberst näher an die Linie heran und befahl einen Kreis zu schließen, und nachdem diese Bewegung ausgeführt worden, drängten sich die Bewohner der Stadt und die Colonisten so nahe als möglich an die Hinteren Reihen der Truppe, um zu hören und zu sehen, was innerhalb des Kreises vorging.

Die Dienerschaft des Herrn Morales erhob sich, wie alle klebrigen und drängte sich zu dem anziehenden Schauspiele.

Eine feierliche Pause trat ein.

Der Oberst ergriff das Wort, wobei sich in seinen Zügen ein Ausdruck hoher Trauer kundgab. Er rief seinen Soldaten die glorreichen Erinnerungen der Expediton, bei welcher er sic geführt, in's Gedächtniß zurück, daukte ihnen für ihre Todesver­achtung und Hingebung und kam dabei auch auf den jungen Unteroffizier der Spahis zu sprechen, der plötzlich in den Verlust gerathen war.

Die Lobeserhebungen und das Bedauern, unter denen er seiner gedachte, weckten in jeder Brust sympathischen Wiederhall.

Es gibt keine Armee auf Erden, die so glühend wie die afrikanische ihre Anhänglichkeit an ihre Führer und ihre Verehrung für ihre Helden an den Tag legt.

Obigny war eine jener herrlichen Gestalten, für welche der Soldat in's Feuer geht; das ganze Lager sprach immer nur von seinen kühnen Unternehmungen. An dem entgegengesetzten Ende

der Colonie, wo ihn nie ei» Auge gesehen, erzählt man sich sei­nen Lebenslauf und seine Thatcn wie eine Legende, die von Mund zu Mund geht. Und wenn ein Bataillon von der marokkanischen Grenze an jene von uns hinüberzog, so fragte sman in jedem Dorfe die Soldaten:

Habt ihr den Löwen- und Panthertödter nicht gesehen?"

Zweimal war die Colonne eingeschlossen worden, zweimal hatte er sie durch die Gums (feindlichen Truppen) hindnrchgeführt.

Da verkündete der Oberst, daß Obigny decorirt worden sei ; er sprach sein Bedauern aus, ihn unter der Truppe nicht zu finden. Sollte man," setzte er daun hinzu,weiter nichts von ihm er­fahren , so würde er ihm ein Denkmal auf dem Friedhofe der Redoutc (auf der Südseite von Nemour gelegenes Vorwerk) setzen und auf dem Grabsteine das Kreuz der Ehrenlegion, das ihm zu Theil geworden, anbringen lassen."

Weder in der Truppe, noch in der Bevölkerung blieb ein Herz ungerührt bei diesen Worten.

Wohlan, rief der Pariser, mein Entschluß ist gefaßt! Ich bin mit mir einig, mich meinetwegen in Stücke hauen zu lassen! Ich sterbe, ein hochbeglückter Mann, wenn mir über einer Bahre eine Leichenrede gehalten wird wie diese. Ich bitte euch, blickt nur um und ihr werdet Zuaven sehen, in deren Auge eine Thräne zittert!

Donner und Wetter, rief Robert, bei uns ist ein Regiment eine Familie, und die Zuaven haben an Obigny ihren besten Waffenbruder verloren! Immer war er mit ihnen voraus!

Seht nur, seht, Fräulein Rita wird ohnmächtig!

Kein Wundor, die Worte des Statthalters haben ihr vielleicht das Herz gebrochen!

Aber da erhob sich plötzlich eine Stimme:

- Die Augen auf, ihr Christen!

Abdallah hatte sich nicht getäuscht, der Löwentödtcr sprengte daher.

Der Hufschlag eines Rosses, das in sausendem Galopp da- hcrjagte, wurde vernommen. Ein Reiter drang aus der Menge vor, die sich bei seiner Annäherung unter dem lauten Rufe:Er ist's, er ist's!" auseinandertheilte.

Paul erkannte Obigny auf den ersten Blick.

Der junge Unteroffizier brachte einen Eingeborenen, den er, wohl gebunden, quer über den Satielknopf gelegt, daher. Hart vor dem Statthalter angelangt, ließ er seinen Renner steigen und ihn eine jener prächtigen Wendungen machen, mit welcher die Araber ihre Rosse im raschesten Laufe auzuhalten pflegen.

In ruhig soldatischer Haltung begrüßte er dann seinen Com- mandanten.

Darauf ließ er den Gefangenen, den er gemacht, auf den Boden Hinabrollen, sprang vom Pferde und sagte:

Herr Oberst, ich bringe Ihnen den Sheriff Ben Mussa, den Anstifter des letzten Aufstandes, der, wie Ihnen bekannt, sich nicht unterwerfen wollte und nicht aushörtc, den Stämmen den Aufstand zu predigen.

Der Gefangene war eine Persönlichkeit von hervorragender Bedeutung.

Ben Mussa übte auf die Araber einen gefährlichen Einfluß

Donnerwetter, da ist Obigny! rief der Statthalter, dem jungen Manne herzlich die Hand drückend. Schon waren wir besorgt, daß wir Euch nicht mehr sehen sollten. Laßt Euch herzlich umarmen und nmpfangt mit dieser Umarmung die Aner­kennung als Ritter! Ihr seid decorirt und Unterlieutenant!

Mit diesen Worten überreichte der Oberst dem jungen Manne das Kreuz der Ehrenlegion, innerlich vielleicht noch mächtiger ergriffen als dieser.

Die Augen der Zuaven leuchteten vor Freude, ihre Gesichter glühten, mit freudigem Zurufe drängten sie sich zu dem jungen Spahi.

Ein krutes Lebehoch erhob sich alle Reihen der Truppe ent­lang, der Name des Obersten ging mit dem Obigny's von Mund

u Mund.

Paul hatte sich an Rita gedrängt und flüsterte ihr etwas n's Ohr, worauf ihr Bewußtsein alsbald wiederkehrte.

Ihr Oheim hielt sie in den Armen.

Als ihr der Pariser zuflüsterte:Obigny ist zurück!" schlug ie alsbald die Augen auf und ihre Blicke suchten den jungen Nann, der, von dem Triumphe, den er feierte, unberührt, in ren umherstehenden Gruppen eben nur sie zu entdecken suchte.

Ein Blitz der Freude überflummte sein Antlitz, als sein Blick rem der jungen Dame begegnete.

Ben Mussa wurde zwei maurischen Gendarmen überliefert. Obigny schwang sich wieder auf's Pferd und wollte sich beschei­den dem Gefolge des Obersten anschließen; dieser aber behielt .hn an seiner Seite und gab die nöthigen Befehle, um die Truppe m sich vorüberdefiliren zu lassen. Diese reihte sich in breite Mieder und zog mit klingendem Spiele dahin. Der Spanier Kgab sich mit seinen Leuten ans seine Pflanzung zurück; Rita solgte ihm.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Za - ser 'schen Buchhandlung.