Motto.
16. April: Wer noch einem goldenen Rade ringt, erhält wenigstens eins
Speiche davon.
17. „ Psyche! Berloos't das erhabene Nathsel Deiner Bestimmung
Hier und im ganze» Olymp Amor der freundliche nur?
18. „ Ohne die That ist Wissen wie ohne Honig die Biene.
19. „ Der Blick in die Zukunft heilige Deine Gegenwart.
20. „ Durch Gottvertrauen wirst ew'ges Glück du dir erbau».
Der „unbefangene Beobachter", schreibt der Schw. Merkur, welcher schon einmal an dieser Stelle seine Stimme zu Gunsten des nicht nur durch die Pflicht, sonder» auch durch das eigenste Interesse des Südens selbst gebotenen Anschlusses an das ganze Deutschland erhoben, richtet im Nachfolgenden einen neuen Mahnruf an solche, welche ihrerseits unbefangen genug sind, gegen einfache geschichtliche Wahrheiten sich nicht zu verschließen. Wer nur einigen historischen Sinn hat, schreibt er, wird anerkennen müssen, daß seit dem wehevollen dreißigjährigen Kriege, der Deutschland auf Jahrhunderte lahm legte, und der Noms Rachegeschenk für die Reformation war, Preußen derjenige deutsche Staat wurde, an welchen sich der Begriff „Deutschland" heften konnte. Der große Kurfürst, welcher Franzosen und Schweden in Respekt zu halten wußte, regierte als wahrhaft deutscher Fürst und hat den Dichtergenius eines Heinrich v. Kleist zu jenem herrlichen Charakterbilde im „Prinzen von Hessen-Homburg" begeistert. Unter dem ersten Könige Preußens konnte ein so deutsch gesinnter Mann wie Leibniz wirken, und wenn Friedrich der Große sich vom französischen Esprit bestechen ließ , so mar sein Wesen doch deutsch, und seine Siege wurden als nationale gefeiert, auch in nicht preußischen Landen. Vorzugsweise durch preußische Begeisterung und Thatkraft wurde der „moderne Attila" zu Boden geworfen, und man kann dreist sagen: hätte Preußen nicht mit beispielloser Sammlung und Festigkeit auf den Augenblick des Entscheidungskampfes gegen den Korsen in aller Stille sich vorbereitet, so würde es heute kein Deutschland mehr geben, sondern nur noch deutsche Länder und Ländchen unter der Botmäßigkeit der Nachbarreiche. Endlich im Jahre 1866 ist Preußen sich seiner nationalen Aufgabe wieder bewußt gewesen, es hat den Bundestag, der so lange das Gespött und der Unsegen der Nation gewesen, gesprengt, es hat das slavisch-magyarische Oestreich aus dem deutschen Staatsver- bande, welchem es nie auch nur Eine Wohlthat gebracht, entfernt und hat seine Stellung als protestantische Großmacht und deutsche Vormacht genommen. Es hat einen Staatenbnnd geschaffen , der zum erstenmal in der Geschichte 30 Mill. Deutscher ein staatsbürgerliches „Heim" gewährt, wie es Engländer und Franzosen, Russen und Italiener haben — und wie es Baiern und Schwaben und Südhessen und Badenser nicht haben. — Soll nun gegen dieses Preußen, das seit dritthalb Jahrhunderten an dem Wiederaufbau eines deutschen Reiches arbeitet, der deutsche Süden Front machen? Soll hier die alte deutsche Erbkrankheit, der ceutrifugale Partikularismus fortwuchern? Den Druck einheimischer Fürsten, welche Ludwig XIV. nachäfften, hat man sich gefallen lassen, und einem fremden Eroberer hat mau die Hceresfolge geleistet, und jetzt sträubt man sich gegen eine partielle Unterordnung unter eine deutsche Großmacht, welche berufen ist, ganz Deutschland auf die Stufe einer Großmacht und wahrlich nicht der kleinsten in Europa zu erheben? Ist es denn nicht klar, daß die Volkssage, welche von dem Erwachen des Rothbart umgeht, und welche so sprechend die Sehnsucht nach einer politischen Wiedergeburt ausdrückt, zur Wirklichkeit wird, wenn auch andere Volksstämme die Träger der Neugestaltung sind? Wahrlich es hilft auch hier nicht wider den Stachel zu locken. Das norddeutsche Staalsgebüude ist stark genug, um auch heftigen Stürmen zu trotzen, und ihr werdet es nicht mit Stich- und Schlagwörtern umwerfen. Die preußische Volkskraft ist in dem langen Frieden seit 1815 nicht erlahmt, und das norddeutsche Bundesheer ist ein Volkshecr im besten Sinne, wie es kein zweites in Europa gibt, im Frieden für den Krieg geschult. Dennoch liegt, wie alle Welt weiß, wenn auch viele sich die Miene des Zweifels geben, jeder Gedanke an aggressive Tendenzen dem neuen Bunde fern; dieser will nichts weiter erobern als — Deutschland, soweit es noch draußen ist, und nicht mit dem Schwerte, es müßte denn sein, daß das Ausland ein friedliches Zusammenschmelzen hindern wollte. Die Einigung von ganz Deutschland ist nicht mehr zu Hintertreiben, sie liegt sogar im wohlverstandenen Interesse Europas. Wohl aber läßt sie sich durch abstrakte Politik, durch falsche Ideale, durch dünkelhafte Verbissenheit verzögern, freilich zum Schaden Aller, aber weitaus zumeist zum Schaden Derer, welche den Hemmschuh anlegen.
Tages-Neuigkeiten.
Im „Ulmer Tagblatt" lesen wir: Am letzten Montag verweilte in den Mauern unserer Stadt der Chef des Departements des Innern, Hr. Staatsrath v. Scheurlen. Sämmtliche Oberamtmänner des Donaukreises hatten sich hier eingefunden, um
demselben vorgestellt zu werden. Ein Mahl im Kronprinzen vereinigte Nachmittags die Herren. Der „Beobachter" sieht gerade in diesem Minister eine verkörperte Reaktion. Das Ulmer Oberamt hat ihn bei der Wahl-Agitation im Jahre 1864 kennen gelernt, wo er als Cnndidat im hiesigen Oberamtsbezirke auftrat. Wir bekämpften aus mannigfachen Gründen seine Wahl. Sollte er aber heute noch zu allen den Grundsätzen sich bekennen, die er damals mit Geist und Gewandtheit verfocht, so ist eine Reaktion von seiner Seite nicht zu fürchten, es sei denn eine Reaktion gegen Bestrebungen, die auf einen Vertragsbruch lossteuern. — Wir werden scheu.
In Kusterdingen starben in einer Familie innerhalb 14 Tagen fünf Kinder von 1—10 Jahren an den Masern, nur das jüngste blieb am Leben!
Der seit Samstag vor dem Schwurgerichte in Eßlingen verhandelte Preßprozeß wegen Majestätsbeleidignng gegen den Redakteur der „Kritik", Abt, endigte mit einer Verurtheilung des Angeklagten zu einer auf der Festung zu erstehenden Arbeitshausstrafe von 8 Monaten. (T. CH.)
In Pforzheim hatte die Abstimmung über die Vereinigung der dortigen evangelischen und katholischen Volksschulen das Ergebnis daß die gemischte Schule fast einstimmig beschlossen wurde. Von 868 abstimmenden Evangelischen waren 860 für, 8 gegen, von 248 abstimmenden Katholiken alle für die gemischte Schule. Die Stadt feierte den gestrigen Tag, (12. April.) an welchem das Resultat verkündet wurde, wie einen Festag mit Böllerschüssen, Beflaggung der Häuser, Umzug, Banket rc. (St.-A.)
Kein deutscher Fürst hat von Anfang des Concils an so entschieden persönlich Partei genommen gegen die drohenden Ueber- griffe der von den Jesuiten gegängelten römischen Hierarchie in den modernen Staat wie der junge König von Baiern. Dem Stiftspropst Döllinger, der den wissenschaftlichen Kampf gegen die Jesuiten und ihr Treiben im Concil eröffnete, schenkte er sofort und öffentlich und laut seinen Beifall. Brieflich hat er jetzt wieder seinen Beifall einem andern Münchener Gelehrten, dem Professor Huber zu erkennen gegeben. Dieser hatte geistvolle, tief gedachte Aussätze über das Papstthum und den Staat in der „Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht, ganz im Sinne Döllingers und der bedrohteu Cultur. Der König zeigte ihm sofort seine Freude an, dankte ihm und sprach den Wunsch aus, daß noch recht oft die großen kirchlich-politischen Fragen der Gegenwart durch Männer der Wissenschaft freie und öffentliche Besprechung finden möchten.
Bei dem nächsten Schwurgericht für Niederbayern kommen allein 13 Fälle über Meineid zur Verhandlung.
Berlin, 14. April. Die den meisten europäischen Regierungen übergebene französische Konzilsdepesche wurde erst nach Rom gesandt, nachdem die Bewilligung der Großmächte telegraphisch nach Paris gemeldet war. (S. M.)
Die Summe, welche der untreue Kassier Tassius dem Hause von Rothschild unterschlagen hat, beläuft sich auf 2,500,000 Franken; welche er in Börsenspeculationen verloren hat. Derselbe hat sich freiwillig dem Gerichte gestellt. (T. CH.)
In Koblenz haben die Sch neider gesellen Oster- und Pfingstfeiern zugleich bekommen. Sie verlangten von ihren Meistern als Macherlohn für einen Rock 4 Thaler, für einen Frack 5 Thaler, für eine Weste 1 Thlr. 5 Sgr. Die Meister entließen sofort alle und verpflichteten sich bei 100 Thlr. Strafe, keinem dieser Gesellen vor Pfingsten Arbeit zu geben. — Auch in München haben viele Schneidergesellen die Arbeit eingestellt. —
Die Militärfreimacher Gebrüder Dickhoff sind je nach ihrer Verschuldung zu 3, 2 Jahr und 8 Monat Gefängniß und entsprechender Geldstrafe verurtheilt worden. Es kam ihnen zu gut, daß mehrere Freigewordenc ohnehin untauglich zum Militär waren.
In Leipzig ist der Professor Schenk, früher inWürzburg, von der katholischen zur evangelischen Kirche übergetreten und hat in der Peterskirche das evangelische Abendmahl genommen. Er erklärte ausdrücklich, er thue es in Folge der Haltung des Concils, welche die Grundlagen der Gesittung und die Freiheit der Wissenschaft bedrohte.
In Köthen ist der weltberühmte Homöopath Dr. Arthur Lutze gestorben.
Wien, 12. April. Die amtliche Ztq. veröffentlicht acht kaiserliche Handschreiben vom 12. April an die Mitglieder des bestandenen Ministeriums, welche durch dieselben ihrer Funktionen enthoben werden. Giskra, Herbst und Brestel haben die Geheimerathswürde erhalten. — Dje amtliche Zeitung veröffentlicht weiter ein Handschreiben des Kaisers, wodurch Potocki zum Ministerpräsidenten und Leiter des Ackerbauministeriums, Taafe zum Minister des Innern und Leiter des Landesvertheidigungsministe- riums, Hofrath Tschabuschnig zum Justizminister und Leiter des Kultusministeriums ernannt werden und dem Sektionschef Distler die Leitung des Finanzministeriums, ferner dem Sektionschef De- pretis die Leitung des Handelsministeriums übertragen wird.
Wien, 13. April. Feldmarschall Frhr. v. Heß ist gestorben. (S? M.)
In Paris wachen täglich 100,000 Menschen auf, die Mor-