Motto.

10. Februar: Bete zu Gott, damit Gott dir deine Gedanken erleuchte. Stärke den Willen, der dir uöthig zum Handeln auch ist. ZI. Reichtkum verloren ist viel, m.hr noch die Labe des Freun­des, Aber Alles verlierst du, wenn dir sinket der Muth.

Jahresbericht des Gewcrbevereiiis Nagold für das Ver- ^'einSjahr 186970,

erstattet in der Geuer'Äversammlung am 2. Februar von dem Borstande Spinnereibesitzer Bannwald.

Meine HeMen! Seit wir vor einem Jahre bei dem glei­chen Anlasse mMrer Generalversammlung Ihnen Rechenschaft ab- legtcn über die Thätigkeit des Vereins und über seine Einwir­kung auf die hiesige Industrie, hat sich im Wesentlichen Weniges verändert. Der Verein verfolgte ruhig sein Ziel, das er sich vor jetzt 13 Jahren gesteckt halte: die Hebung und Beförderung der Gewerbe des hiesigen Bezirks. In wie weit ^vir nun be­müht waren, unserem Ziele nachzukommen, werden Sie ans nach­folgendem Berichte ersehen. Allerdings scheint mancher vei dem gegenwärtig 'wieder beginnenden Aufschwung der Geschäfte der Fürsorge eines derartigen Vereins nicht zu bedürfen; allein ge­rade in solchen Zeiten hänfen sich die Gefahren, die dem Ein­zelnen drohen, der sich, ohne seiner Aufgabe völlig bewußt, dem Gewerbestande widmet. Ueberdies rückt bei uns der Zeupunkt immer näher, der uns durch Eröffnung der Bahn den Welunarkt erschließt, was jedoch blos dann den gehofften günstigen Auf­schwung unserer Industrie zur Folge haben kann, wenn wir im Stande sind, der großen uns gegenüber tretenden Concurrenz mit Erfolg zu begegnen.

Es wird wohl kein Zweifel sein, daß in Hinsicht auf oben Gesagtes besonders unsere Jugend, die Lehrlinge und Arbeiter, mehr als je einer Fürsorge bedürfen, und hat deßhalb, wie bis­her, auch Heuer Ihr Ausschuß der gewerblichen Fortbildungs­schulen seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Leider sind mir aber auch wieder wie voriges Jahr genöthigt, unser Be­dauern auszudrücken, daß die gute Gelegenheit, sich auszubilden, die den Lehrlingen hier geboten ist, noch gar nicht so benützt wird, wie es erwartet werden könnte. Es kann zwar allerdings von 1417jährigen Lehrlingen nicht erwartet werden, daß sie die Nothwendigkeit einer bessern Ausbildung einsehen, auch fehlt ihnen häufig, wenn sie den Tag über gearbeitet haben, am Abend die nöthige Lust zum Lernen; es ist daher besondere Pflicht der Lehrherren, daß sie hier nachhelfen und ihre Lehrlinge zum Ler­nen anhalten.

Der hiesige Gewerbeverein, dessen wesentliche Aufgabe in Heranziehung eines tüchtigen Gewerbestandes besteht, kann da­her denjenigen Lehrherren, denen die weitere Ausbildung ihrer Lehrlinge gleichgiltig ist, nicht genug ins Gewissen reden, daß sie die Lehrlinge an den Bildnngsmitteln theilnehmen lassen, die ihnen so reichlich geboten sind.

Indessen war Ihr Ausschuß wie seither bemüht, den Mit­gliedern auch Stoff zu wissenschaftlicher Fortbildung an die Hand zu geben und in den cirkulirenden Journalen das Wissenswür­digste in Betreff neuer Entdeckungen und Erfindungen darzubieten.

Die in dem besonderen Lesekreis cirkulirenden Zeitschriften sind: 1) Gewerbeblatt für Württemberg, in 2 Ex.mpl.; 2) Ar­beitgeber; 3) Jllustr. Gewerbezeitung; 4) Gewerbehalle; 5) Ba­dische Gewerbezeitnng, in 2 Exempl.; 6) Fortschritt; 7) Gerichts­zeitung, die aber zu erscheinen aufgehöct hat; 8) Zeitschrift für Wollengewerbe.

In obigen Journalen ist für den Einzelnen so viel des Be­lehrenden und Anziehenden zu finden, daß wir unfern Lesezirkel als Hauptmittel zu Erreichung unseres ZweckesHebung und Förderung der Gewerbe" erblicken dürfen.

In Betreff der Bibliothek finden Sie die vorhandenen Bü­cher und Schriften in den neu ausgegebenen Statuten einzeln aufgeführt; cs kommt diese auch denen zu gut, die dem Lese­zirkel nicht beigetreten sind, leider können wir aber keine beson­ders lebhafte Benützung derselben konstaliren.

Als besonders belehrendes Mittel erkennt Ihr Ausschuß die Veranstaltung von Vorträgen über wichtige gewerbliche und son­stige Tagesfragen, und hatten wir das Vergnügen, Ihnen hierin Folgendes zu bieten:

1) Vortrag über das neue Strafverfahren von Hrn. Rechts­konsulent Bohnenberger;

2) Vortrag über den neuen Steuer-Entwurf von Hrn. Ver­waltungs-Aktuar Wurst;

3) Vortrag über die zweckmäßigste Bereitung und Behand­lung des Obstmostes von Herrn Tuchscheerer Blum;

4) Vortrag über die..weiblichen Freiheiten von Hrn. Ver­waltungs-Aktuar Wurst.

Diesen reihte sich an Bericht über die Wanderversammlung der Gewerbevereine in Hall von Hrn. Pfleiderer, sowie eine allgemeine Versammlung auf dem Rathhaus in Angelegenheiten einer hier zu errichtenden Eisenbahn-Reparatur-Werkstätte.

Die Thcilnahme und der Beifall, mit welchen obige Vor­träge ausgenommen wurden, wird uns zur willkommenen Auf­forderung, auf -dem betretenen Wege fortzuschreiten, und indem

ich den betreffenden Herren nochmals verbindlich danke, hoffe ich auch in Zukunft gleiche Geneigtheit zu solchen Vorträgen zu fin­den. Dabei kann ich aber nicht umhin, der vielfach verbreiteten irrigen Ansicht entgcgenzutreten, als ob blos Redner vom Fach zu solchen Vorträgen berufen seien; im Gegenlheil bin ich der Ueberzeugung, daß unser Vereinslcben ungemein erstarken würde, wenn von einer Anzahl Mitglieder einmal der Anfang gemacht werden wollte, in unfern Versammlungen in einfacher zwangloser Rede über beliebige Gegenstände ihres Geschäftsbetriebs zu spre­chen, es wird dadurch Ansicht und Gegenansicht hervorgerufen und können solche gegenseitigen Belehrungen nicht ohne besten Nutzen für den Einzelnen bleiben.

Um nun auf die spezielle Thätigkeit des Ausschusses zu kom­men, so hat derselbe in 13 Sitzungen mancherlei gewerbliche Fragen behandelt. Mit besonderer Genugthuung führe ich an: daß wir, um die Einführung von Nähmaschinen in unserem Be­zirke zu befördern, einen Nähcours im Maschinennähen durch Herrn Baumann in Calw veranstaltet haben, der von bestem Erfolg war. Von der königl. Centralstelle wurden wir hierin in dankenswerther Weise durch Verabfolgung eines Beitrags von 105 fl. kräftig unterstützt. Diese Summe wurde unter 5 Teil­nehmer des Courses (3 hiesige und 2 auswärtige) in der Weise venheilt, daß jedes 25 pCt. der Anschaffnngskosten einer Näh­maschine erhalten hat. Dabei ist noch zu erwähnen, daß wir bereits früher bei Anschaffung einer Nähmaschine für die hiesige Nähschnle einen Beitrag von 20 fl. von der königl. Centralstclle ausgewirkt haben.

Nächstdem wirkten wir für Einrichtung eines weiteren Post- conrses von Pforzheim nach Horb, bei der gänzlichen Abgeneigt­heit Badens jedoch ohne Erfolg.

Eine durch mehrere Tuchmacher in Sachen von Militärtuch- liefernngen veranlaßte Eingabe an die königl. Centralstelle von Seiten des Ausschusses hatte wenigstens vorläufig zum Theil den gewünschten Erfolg.

Außer diesem behandelten wir in Kurzem noch folgende Ge­genstände: Abgabe von Prämien für die Fortbildungsschulen; Gutachten an die Handelskammern über die Nützlichkeit von Vieh- und Krämermärkten; Revision der Statuten; Wahlen zur Han­dels- und Gewerbekammnr; Abfassung des gewerblichen Jahres­berichts für die Handelskammer; Ausstellungen in Utrecht und London, und besonders in letzter Zeit die Ausstellung in Ulm.

Sie sehen aus Obigem, daß Ihr Ausschuß jede sich bie­tende Gelegenheit zu Nutz und Frommen des Vereins bestmög­lich zu verwenden suchte und bleibt mir nun nichts mehr übrig, als dem Hrn. Sekretär und denjenigen Herren Ausschußmitglie­dern, die sich durch pünktliches Erscheinen bei den Ausschußsitzun­gen auszeichneten, meinen besonderen Dank auszusprechen, dabei hoffe ich, daß durch allseitig thatsächlich bewiesenes Interesse sämmtlicher Mitglieder der Verein immer mehr in Ttand gesetzt werde, seine große Ausgabe zu erfüllen und daß der nächste Jah­resbericht in dieser Hinsicht recht günstig lauten möge.

T a g e s -- N e u i g k e i t e n.

Gestorben: Den 6. Febr. zu Kuppingcn Schullehrer Ne stlen, 69 I. a.

Stuttgart, 4. Febr. In der Sitzung des Gemeinderaths und Bürgerausschusses von heute ist beschlossen worden, in diesem Jahre bei Abhaltung des Stuttgarter Pferdemarktes die in den letzten Jahren mit demselben in Verbindung gebrachte Lotterie der Privatindustrie zu überlassen.

Calw. In der Sitzung des K. Kreisstrafgerichts vom 29. Jan. d. I. wurde die ledige 04 Jahre alte Heinrike Müller von Unterjettingen, OA. Herrenberg, wegen wiederholter Ueberschrei- tung der Begrenzung und wiederholter Landstreicherei, wiederhol­ten Bettels und wiederholten Asotie zu 6 Monaten Zuchtpolizei­haus und der ledige 43 Jahre alte Müllerknecht Johann Georg Walz von Ebhausen wegen eines seinen dritten Rückfall be­gründenden Diebstahls zu der Arbeitshausstrafe von 1 Jahr und 5 Monaten verurtheilt. (C. W.)

5V. 0. Die Uracher wollen's den Kirchheimern gleich- thnn und sich eine Prioatbahn erbauen. Der ganze Bauaufwand soll 650,000700,000 fl. betragen. Das Uracher Amtsblatt berichtet darüber:Um den finanziellen Theil des Unternehmens ordnen zu können , ist zu wissen nöthig, in welchem Umfang die Stadtgemeinde Urach sich bei dem Unternehmen zu betheiligen gesonnen ist. Die bürgerlichen Cvllegien beschlossen einstimmig, sich für eine 5prozentige Zinsengarantie aus 400,000 fl. Prio­ritäten auszusprechen, und bezüglich der Erwerbung des Uracher Bahnhofs sich zu jedem pecuniären Opfer bereit zu erklären. Die Amtsversammlnngen der Bezirke Urach und Münsingen sollen ebenfalls ins Interesse gezogen werden.

äV. 6. In den letzten Tagen ist in Deißlingen (bei Rottweil) eine Gewerbevereinsbank gegründet worden, deren Mit­gliederzahl sich alsbald auf 60 Köpfe gehoben hat;sie wird, sagt dieSchwarzw. Bürgerztg.", sicherlich eine noch weit grö­ßere werden, wenn das Ersprießliche und Segensreiche dieser