Madrid, 26. Okt. Das Volk hat auf dem Hinrichtuugs- platz ein Schaffst verbrannt als Kundgebung gegen die Todesstrafe.
Prim wird von einem Korrespondenten der N. Fr. Pr. folgendermaßen geschildert: „General Prim trägt einen einfachen Waffenrock mit zwei goldenen Sternen auf dem Stehkragen, ein weijzes Käppi, wie es die spanischen Reiter haben, mit breiten Goldborten nmgebcn — das ist auch alles, was Einem sagt: der Mann ist Soldat, ist General! Stellte man mir ihn ohne jegliches Soldatenabzeichen, im Civilanzuge, vor, ich würde ihn für einen feinen Kavalier, für einen exquisiten Salonmenschen, der da gewiß liebt Reiten, Jagen, Spielen, galante Abenteuer u. dgl. m., halten. Alles Martialische, Haudegenmäßige oder auch nur soldatisch Breite, Grobe liegt seinem Aussehen vollständig fern. Er ist von zierlicher, schlanker Figur, nicht ganz mittelgroß zu nennen, und kann auch zu Pferde nichts weniger als einem Mars ähnlich sehen. Prims Kopf erregt aber bei all dem weit mehr Interesse, als ein Duzend sogenannter Soldatenköpfe zusammen erregen. Es liegt ein geheimxißvoller Glanz über ihm, wie über den Charakterköpfen eines Tintorctto. Das tief intensive Schwarz seiner großen Augen, seines Haares und des dünngezogenen Backen- und Schnurrbartes frappirt auch in diesem an dunkeln Gestalten gerade nicht armen Lüden, und vereint mit dem olivenfarbcnen Teint gibt es Symptome einer großen Leidenschaftlichkeit. Ein Zug von steter innerer Unruhe geht auch durch dieses Antlitz: man glaubt auf ihm immer ein Sinnen nach großen Erfolgen ausgeprägt zu sehen." VonOlo- zaga heißt es: „Olozaga ist ein untersetzter, breitschulteriger, ältlicher Herr von gewiß sechszig Jahren, aber von rüstigem, kräftigem Aussehen. Sein Kopf hat etwas Deutsches, möchte ich sagen, etwas Gelehrtes, nichts von der Fieberphysiognomie des Spaniers; er weist auf ein geordnetes, ruhiges, klares Denken. Seine Redeweise ist flüssig, sein Organ kraftvoll und wohltönend; er betont stark mit den Händen, überhetzt aber seine Worte nicht in der gewohnten spanischen Weise. Es ist viel Würde, und zwar geistige Würde in seinem ganzen Auftreten".
Eine Gcistergtschichtc aus dem Leben Pauls P Vau Rußland.
(Schluß.)
„Plötzlich vernahm ich eine hohle, schwermüthige Stimme, welche aus dem Mantel hervorzukommen schien, da dieser auch den Mund verhüllte; sie nannte meinen Namen, und ich antwortete unwillkürlich, wie von unsichtbarer Macht getrieben: „Was willst du?" Darauf antwortete die Stimme abermals: „Paul!" diesmal aber mit noch wohlwollenderem und traurigerem Tone als das erste Mal. Jetzt erwiderte ich nichts; mein Begleiter hemmte seine Schritte und ich sah mich genöthigt, es auch zu thun. Darauf sagte er:
„Paul! armer Paul, armer Prinz!"
„Ich wandte mich wieder zu Kurjakin und fragte ihn, ob er gehört habe? Er wollte jedoch nichts vernommen haben."
„'Nun nahm ich meine ganze Geistesgegenwart zusammen und fragte den geheimnißvollen Mann, wer er sei und was er wolle?"
„Armer Paul!" antwortete er, „wer ich bin! Ich bin derjenige, der Theil an dir nimmt. Was ich will? Ich will, daß du dein Herz nicht allzu sehr an diese Welt hängest, da du nicht lange mehr in derselben bleiben wirst. Lebe gerecht, wenn du in Frieden sterben willst. Mißachte nicht die Gewissensbisse, sie sind die biliersle Qual für große Seelen."
„Hierauf ging er weiter, indem er mich immer von der Seite aublickte. Wie ich einen Augenblick vorher genöthigt war, mit ihm stillzustehen, so fühlte ich'mich jetzt veranlaßt, ihm zu folgen. Leine Augen schienen sich aus dem Kopfe hervorzuheben, um mich besser anblicken zu können Er sprach nichts mehr, und ich war auch nicht geneigt, ihn wieder anznreden; er gab unser» Schritten die Richtung und mir waren über eine Stunde gegangen, ohne daß ich hätte sagen können, welchen Weg wir znrückgelegt."
,, Korjakin und meine Lakaien waren höchlichst verwundert. (Sehen Sie um, wie er lächelt, er glaubt noch immer, daß ich getrüum h'N, ) Endlich n hten wir uns dem großen Platze zwischen N w brücke und arm Palaste der Senatoren, Mein
Begleiter schritt einer Stelle auf diesem Platze zu und ich folgte ihm, bis er stehen blieb.
„Paul," sagte er nun, „du wirst mich hier und auch anderswo Wiedersehen!"
„Dann hob sich der Hut von seinem Kopfe, wie wenn er ihn mit seiner Hand zum Gruß abgenommen Hütte, und ich konnte sein Gesicht erkennen. Unwillkürlich fuhr ich zurück, es war das Adlerauge, die düstere Stirn, das strenge Lächeln — Peter's des Großen.... Ehe ich mich von meinem Staunen erholt hatte, war er verschwunden."
„An derselben Stelle läßt jetzt die Kaiserin ein Monument errichten, welches bald die Bewunderung von ganz Europa erregen wird, und welches „Peter den Großen" zu Pferde darstellt. Ich habe aber nicht die Stelle bezeichnet, und als ich zum ersten Male die Statue erblickte, ergriff mich ein wunderbares Gefühl. Fast möcht' ich's Furcht nennen, trotz des Fürsten Kurjakin, der mir einreden will, daß ich wachend geträumt, während ich in den Straßen spazieren gegangen war. Ich erinnere mich indessen jener Vision bis auf die kleinsten Details. Ich kehrte damals mit einer solchen Müdigkeit in den Gliedern in meinen Palast zurück, als ob wir wer weiß was für einen weiten Weg gemacht hätten, und war ganz erstarrt auf der linken Seile. Es bedurfte mehrere Stunden, um in einem gutdurchwärmten Bette wieder warm zu werden."
„Wissen Ew. kaiserl. Hohheit auch, was das beweist?" fragte der Fürst von Ligne, als Paul geendet hatte.
„Daß ich jung sterben werde."
„Verzeihung, Hohheit, ich bin nicht dieser Meinung. Es beweist erstens, daß mau nicht des Nachts spazieren gehen soll, wenn man Lust zu schlafen hat, und zweitens, daß man sich nicht an der kalten Mauer reiben darf, vorzüglich bei einem Klima, wie es das russische ist."
Kaiser Paul I. wurde bekanntlich 51 Jahre alt, che er meuchlings ermordert ward, hat also nach jener Nacht noch ziemlich lange gelebt. Kurz vor seiner Ermordung war die Gemahlin eines der Verschworenen bei ihm erschienen, um sich über die barbarische Behandlung ihres Gatten zu beschweren.
„Sire," sagte sie „mein Gemahl mißhandelt mich!"
„Madame," antwortete darauf Paul l., „was geht denn das mich an?"
„Er spricht auch schlecht van Ew. Majestät."
„Madame," erwiderte der Kaiser, „was geht das Sie an?"
Die Seele des ComplotS, dem Paul l. zum Opfer fiel, war ein Kurländer, der Gouverneur von Petersburg, Graf Pahlen, der Mörder war ein Hannoveraner, General Levin August Theophil Graf von Benningsen. Das Lchlafgemach, in welchem der grauenvolle Act vollzogen worben (ein Eckzimmer des Michailow- Palais), ist schon seit Jahren in eine Kapelle umgewandelt worden.
— Von der Mosel. ( Lounenvlumen-Anpflanzung.) Seit einigen Jahren wird dem A.>, m der Sonnenblume Seitens der Ockonomcn immer mehr Ansmeriiunkeit gewidmet. Wir glauben, daß diese Pflanze, welche uns ein so kostbares Oel liefert, bald mit den andern Oelpflanzeu rivalisiren wird. Das Oel ist sehr wohlschmeckend und kommt dem Baumöl gleich. Die Pflanze liefert etwa 500 Körner, welche schon allein ein bedeutendes Oelquantum ergeben. In Rußland werden bedeutende Strecken Landes mit Sonnenblumen angepflanzt, und auf die Märkte zu Moskau und Petersburg kommen schon große Quantitäten dieses Oels. Die Pflanze wird dem Landwirthe noch besonders wichtig, weil sie auch Brennmaterial und Winterfutter liefert. Auch dem Bienenzüchter wird sie wegen des vielen Honigstosfes, den sie enthält, von großem Nutzen.
— (Gemeinnütziges) Zur Beseitigung der Stickluft in den Kellern, wo viel gährender Wein aufbewahrt liegt, empfiehlt Dr. M ce h in Brackenheim die Einführung von Wasser- dämpsen, einfach durch Ausgießen von siedendem Wasser, da diese Behandlung nicht nur die einfachste und schnellste, sondern auch wirksamer sei, als das Hineinschießen oder das Einbringen von Kalk oder Kalkwasser, um so mehr, wenn es sich um Rettung eines im Keller bereits betäubten Menschen handelt.
Redaktion. Druck und Verlag der G. W. Zaiier'icben Au ,