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* Nagold, 30. Okt. Die Eisenbahnbauarbeiten auf hiesiger Markung, wozu am Eisberg und Galgenberg bis zur allen Steige und gegen Emmingen 44 Mrg. 30,7 Nth. Feld uin den Werth von 32,30 fi. 40 kr. vom Staat erworben wurden, nehmen einen stetigen Fortgang, und wenn die Witterung nicht ganz ungünstig, dürfte auch den Winter über der größere Theil der Arbeiter beschäftigt bleiben, weil durch die Bodenbeschaffenheit die Planierungsarbeitcn mit keinen besonderen Schwierigkeiten ver- ' knüpft sind. Bon den Befürchtungen, mit welchen man sich von dem Zugang der Eisenbahnbauarbeiter lange vorher getragen, ist bis jetzt fast so viel als nichts zu bemerken, wenigstens hatte die Polizei noch keine Veranlassung, wegen grober Excesse einzuschreiten, und wenn der eine oder der andere Kost- oder Logisreicher schon das leere Nachsehen solcher Zugvögel hatte, so trifft solche die meiste Schuld selbst, weil sie Leuten, deren Leben unstet und flüchtig, trotz öffentlicher Warnungen leichtfertig kredi- lirien. Um auch den ruhigen Bürger in Haus und auf seinen Wegen für jetzt und in Zukunft vor Unholden in Eisenbahnarbeiter- und anderer Gestalt zu schützen, haben unsere Väter der Stadt die Polizeimannschaft in der Person eines Wachtmeisters verstärkt. Noch mehr aber dürften mit diesem neuen Mann der Ordnung unsere Frauen ein Freudelächeln wechseln, denn es soll demselben zur besonderen Aufgabe gemacht sein, auf strengere Einhaltung der Polizeistunde Bedacht zu nehmen, wodurch den sogen. Hockern ein dicker Strich in ihr Gewohnheitsleben gemacht wird. Wir hätten in diesem Punkte die Aufhebung der Polizeistunde gerner gesehen, denn statt dieses lästigen Geschäfts der Polizei könnte diese jene Zeit zu viel wichtigeren Exkursionen im Dunkel der Straßen benützen, und es ist noch in keinem Orte, wo das monotone „Meine Herren, die Polizeistund ist vorbei!" nicht mehr eine ruhige Gesellschaft stört, die Wiedereinführung der Polizeistunde für nöthig befunden worden. Ist es doch eine wahre Anomalie, wenn Männer in ruhiger, geordneter Weise ein Spielchen machen oder über Politik, persönliche Freiheit w. disputiren und sie auf einmal wie Kinder nach Hause befohlen werden. Jedenfalls wäre das gegebene Beispiel der Aufhebung der Polizeistunde vieler Städte wohl auch eines Versuchs für unsere Stadt iverth. — Am letzten Mittwoch hatte unsere Feuerwehr wieder eine Hauptprobe, und es zeigte sich hiebei abermals nicht nur die Zweckmäßigkeit der vorhandenen Löschapparate, sondern auch das gewandte, präcise Handhaben derselben. Eine Probe ihrer Tüchtigkeit hat sie besonders bei dem letzten Wildberger Brand gezeigt, so daß das allgemeine Unheil dahin geht, daß wenn dieselbe auch nur eine halbe Stunde bäl- der auf den Brandplatz hätte gelangen können, wenigstens ein bis zwei Gebäude von dem Feuer verschont geblieben wären. Noch sei erwähnt, daß durch eben dieses kräftige Eingreifen unserer Feuerwehr bei diesem Brande Herr Oberamlmaim Böltz bei einer Nechmmgsabhör in Altenftaig Veranlassung nahm, dieselbe zur Nachahmung für andere Orte unseres Bezirks als mu-^. stergiltig zu empfehlen.
Stuttgart, 28. Okt. Dem Vernehmen nach sollen die Wahlen für die erste evangelische Landessynode im Laufe des Monats November vorgenommen werden. Der Zusammentritt würde etwa im Januar erfolgen, damit die Synode nicht kolli- dire mit den voraussichtlich im Dezember zusammentretenden Landständen. In der K. Verordnung, betreffend die Einführung der Landessynode, ist ausdrücklich bestimmt, daß die Ständeversammlung und die Landessynode, welche ja möglicher Weise einzelne gemeinschaftliche Mitglieder haben könnten, nicht gleichzeitig tagen sollen. (St.A.)
i- Stuttgart. Wie wir vernehmen, ist von dem K. Kriegsministerium die Einleitung getroffen worden, daß die militärpflichtigen Lehrgehilfen erst in den Monaten Juni und Juli des nächsten Jahres die ihnen gewährte sechswöchige Präsenzzeit abzuleiften haben. Dieselben sind zwar mit den übrigen Rekruten auf den 3. Nov. einberufen worden, sie werden jedoch unmittelbar nach erfolgter Cintheilung und Beeidigung wieder entlassen" werden.
Herrenberg, 27. Okt. Nach der Ansicht bewährter Land- wirthe ist das Resultat der Ernten dieses durch viermaligen Hagelschlag, welcher sich fast über den ganzen Bezirk ausbreitete, traurig bezeichneten Jahrgangs in gedrängter Kürze Folgendes :
Was die Hauptfrucht, den Dinkel, betrifft, so lieferte ein Morgen 8—9 Scheffel vorzügliche Frucht, 1 Schffl. Dinkel zeigte ein Gewicht von 160 Pfd. und gerbte 3'/4—3*/« Sri. Kernen im Gewicht von je ;34 Pfd. Vom Morgen Krautland gewann man 3000 Stück von geringer Beschaffenheit; Kartoffeln per Morgen 150—160 Sri., ansgezeichnetes, durchaus gesundes Gewächs; Hopfen per Morgen 5'/,—6 Ztr., von guter bis sehr guter Qualität; Heu und Ochmd von 16—32 Ztr. mittlerer, guter und sehr guter Qualität. Der Fruchthandel ist nicht belebt, nur in Haber werden Geschäfte gemacht. Kernobst gab es wenig, das Steinobst von guter Qualität lieferte 1*/« Mittelertrag. (St.-A.)
Cannstatt, 28. Okt. Gestern Abend gegen 10 Uhr brach in der Sprduergasfe, unweit der Kirche, ein bedeutender Brand aus, der 2 Wohnhäuser und 3 Scheuern mit bedeutenden Frucht-, Futter- und Hopfenvorräthen verzehrte, mehrere andere Gebäulichkeiten schwer beschädigte. (S. M.)
Berlin, 28. Okt. Graf Bismarck wird, da seine Gesundheit der Schonung bedürftig ist, noch einige Wochen in Bar- zin bleiben und der Eröffnung des Landtags nicht beiwohnen.
Auf der Bahnstrecke Kiel-Altona werden zweistöckige Eisenbahnwagen eingeführt.
Wien, 27. Okt. Bei den Verhandlungen über die Ehegesetze erlaubte sich Greuter von Tyrol Ausfälle gegen die Staats- grundgesetze, die konfessionellen Gesetze und die Ausführungsgesetze. Der Justizminister erwiderte darauf, die Regierung sei des beständigen Kampfes müde und gesonnen, die geeigneten Mittel zu ergreifen, um demselben ein Ende zu machen, die Seelsorger hätten die Matrikel nur als Beamte des Staats zu führen. Der Minister des Innern erklärt, die Ausführungsverordnungen seien nur durch die bekannten bischöflichen Instruktionen hervorgerufen worden. Er werde seine Pflicht gegenüber jeder Widersetzlichkeit thun.
Wien, 27. Okt. Nach der N. Fr. Presse ist der Hauptinhalt der Erklärungen des Reichskanzlers Frhr. v. Beust in der gestrigen Sitzung des Wehrausschusses folgender: Oestreich unterhalte mit England und Frankreich die besten Beziehungen, auch mit Italien stehe es auf freundschaftlichem Fuße; nur habe Italien nicht immer freie Hand. Oestreich treibe gegenüber Preußen keine Politik der Wiedervergeltung. Auch mit Rußland versuchte Oestreich die freundschaftlichen Beziehungen zu unterhalten. Gegenüber der Eventualität eines Konfliktes zwischen Preußen und Frankreich müßte Oestreich gerüstet sein, um der eigenen Neutralität' Achtung zu verschaffen und andere vielleicht zum Eingreifen geneigten Mächte zurückzuhalten. Die Donau- fürstenthümer seien ein beachtenswerther Punkt für die Verhältnisse des Orients. (S. M.)
Der Regierungsrath von Obwalden hat das Tabakrauchen und Schnupfen aller Minderjährigen (unter 18 Jahren) bei Geld- und im Nichtbezahlungsfalle bei Leibesstrafe verboten.
Paris, 28. Okt. Die dreifache Karte von Europa, die -Frankreichs ungeschwächte Kraft und Größe veraugenscheinlichen soll, ist heute ausgegeben worden. Der Text zu der Karte von der heutigen Gestalt Europas sagt: Unter dem zweiten Kaiserreich hat Frankreich seine natürlichen Alpengränzen wieder erlangt. Italien ist befreit worden. Holland hat die Bande zerrissen, welche es, mittelst Limburgs und Luxemburgs an den deutschen Bund knüpften. Der deutsche Bund ist aufgelöst, die Bundesfestungen haben aufgehörk zu bestehen. Mainz ist von Preußen allein besetzt, Landau und Germersheim gehören Baiern und sind durch dieses bewacht, Rastatt ist von badischen Truppen besetzt, Ulm gemeinschaftlich von Baiern und Württemberg. Preußen hat sich merklich vergrößert, allein im Ganzen ist das europäische Gleichgewicht nicht zum Nachtheil Frankreichs zerstört. Vor den letzten Ereignissen waren Preußen und Oestreich zusammen Herren von Deutschland und konnten uns 80 Millionen Menschen gegenübcrstellen, die durch Verträge und eine furchtbare Militärorganisation verbunden waren. Heute sind die Frankreich umgebenden Mächte unabhängig. Belgien und die Schweiz sind neutral. Preußen mit dem Nordbund zählt 30 Mill., die süddeutschen Staaten, welche militärisch mit Preußen verbunden sind, zählen 8 Mill., Oestreich 35 Mill., Italien 22 Mill. Frankreich mit seiner Einheit und mit seinen 40 Mill., wenn man Algerien dazu rechnet, hat von niemanden etwas zu fürchten.